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Der Olymp als Berg

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Als expliziten Beleg dafür, dass der Olymp von Homer als Berg, und zwar als ein konkreter Berg in Nordgriechenland, aufgefasst wurde, kann man eine Stelle aus seinem Epos Odyssee nehmen. Darin wird berichtet, dass Otos und Ephialtes, zwei aufrührerische Söhne des Meeresgotts Poseidon, den Olymp stürmen und die unsterblichen Götter angreifen wollten:3

»Die drohten sogar den Unsterblichen auf den Olymp zu tragen,

das Getümmel des vieltobenden Kriegs,

und strebten, den Ossa auf den Olymp zu setzen und auf den Ossa

den blätterschüttelnden Pelion, damit der Himmel ersteigbar wäre,

und hätten es vollbracht, wenn sie zum Maß der Jugendreife gekommen wären. « (Hom. Ody. 11,313–317)

Hier wird zunächst deutlich, dass der Himmel (griechisch: ouranos) und der Olymp nicht identisch sind, denn die Berge, darunter der Olymp, werden aufgetürmt, um in den räumlich über dem Olymp vorgestellten Himmel zu gelangen. Dabei wird der Olymp als Berg gedacht, auf den man zwei weitere Berge, Ossa und Pelion, stapeln konnte. Ossa und Pelion sind zwei Berge südlich des Olymps, die durch literarische Quellen gut lokalisierbar sind. So zeigt sich, dass der Olymp nicht nur als Berg verstanden wurde, sondern als ein Berg, der ganz konkret in Nordgriechenland in einem bekannten topographischen Gefüge lag ( Abb. 2).4 Die prominente Erwähnung der Berge bei Homer rührt daher, dass alle drei Berge wichtige Landmarken der Küstenschifffahrt darstellten und in der geographischen Vorstellung der Griechen präsent waren.5

Weitere Beschreibungen und Beinamen des Olymps verweisen darauf, dass konkret an einen Berg gedacht wurde.6 So spricht Homer immer wieder von den »Häuptern« oder »Gipfeln« des Olymps, wenn er auf Griechisch die Olympoio karenon, die »Häupter des Olymps«, erwähnt. So heißt es in der Ilias über Apollon: »Und schritt herab von des Olympos Häuptern, zürnend im Herzen«7.

Die Pluralform »Häupter« zeigt, dass Homer eine Vorstellung davon hatte, dass der Olymp mehrere Gipfel hatte. In dieselbe Richtung deutet auch eine Begebenheit, von der uns Homer in der Ilias berichtet: Wir befinden uns in der Situation kurz vor einem Streit zwischen Hera und Zeus. Schon vorher wurde Zeus von Thetis angegangen, für ihren Sohn Achill Partei zu ergreifen. Da heißt es über Thetis:

»Und stieg in der Frühe hinauf zum großen Himmel und zum Olympos und fand den weitumblickenden Kroniden, wie er entfernt von den anderen saß auf der höchsten Kuppe des vielgipfligen Olympos«. (Hom. Il. 1,497–499)

Dieselbe Formulierung und dasselbe Abseitssitzen des Zeus finden sich immer wieder in der Ilias und Zeus beruft auf der höchsten Kuppe des vielgipfligen Olympos die Götterversammlung ein.8

Eine eher allgemeine Spezifizierung des Olymps im Sinne eines Berges erfolgt über die griechische Bezeichnung makros oder megas, »groß«, was insgesamt 17 Mal für den Olymp belegt ist. Die Bezeichnung aganniphos, »stark beschneit« findet sich zweimal in der Ilias, und ein weiteres Mal nur »beschneit« (niphoeis) wird er in dem Epos genannt.9 Der Olymp ist auch heute die meiste Zeit des Jahres schneebedeckt; und daher lässt Homers Charakterisierung auf tatsächliche Kenntnis der klimatischen Gegebenheiten schließen. Es ist allerdings bemerkenswert, dass Homer in der Odyssee genau das Gegenteil behauptet, um den überweltlichen Charakter des Olymps als Göttersitz herauszustellen.10 So heißt es in dem Text, nachdem Athena mit Nausikaa im Land der Phäaken gesprochen hat:

»Als sie so gesprochen hatte, ging sie hinweg, die helläugige Athene,

zum Olymp, wo sie sagen, daß der Sitz der Götter ist, der wankenlose immer.

Weder von Winden wird er erschüttert noch auch von Regen je benetzt,

noch auch naht Schnee ihm, sondern Himmelsheitre ist durchaus ausgebreitet,

wolkenlos, und ein weißer Glanz läuft darüber hin. Auf ihm erfreuen sich die seligen Götter alle Tage. Dort ging die Helläugige hin, nachdem sie der Jungfrau Weisung gegeben hatte.« (Hom. Ody. 6,42–46)

Auch weitere Beschreibungen bei Homer lassen eindeutig darauf schließen, dass Homer an einen Berg dachte, wenn er vom Olymp sprach: »Glänzend« (aigläeis) ist der Olymp in der Ilias und in der Odyssee.11 »Spitz« (akros) ist eine Position auf dem Olymp, wo Ares in der Ilias sitzt,12 und »steil/hochgelegen« (aipys) ist der Berg wiederholt in der Ilias.13 In der Ilias verlässt Hera die »Spitze« (rion) des Olymps und Zeus bindet eine Kette um die »Spitze« (rion).14 Polyptychos (»schluchtenreich«) ist der Olymp in der Ilias15, und an die zerklüftete Landschaft scheint auch andernorts in der Ilias gedacht zu sein, wenn die Schluchten (ptychai) des Olymps genannt werden.16

Alle diese Beschreibungen und Charakterisierungen können problemlos mit der realen Topographie des Berges in Einklang gebracht werden, und es ist jeweils der Berg als Sitz und Aufenthaltsort der Götter gedacht.

Dass der bei Homer genannte Olymp der makedonisch-thessalische war, kann sowohl an der bereits besprochenen Stelle mit den benachbarten Bergen Ossa und Pelion gesehen werden als auch aus einer berühmten Stelle der Ilias, welche einen Flug der Hera beschreibt.17 In der Ilias wird der Weg der Hera vom Olymp zur Insel Lemnos beschrieben:

»Here aber schwang sich hinab und verließ die Kuppe des Olympos,

schritt über Pierien hin und die reizende Emathie

und stürmte über der rossepflegenden Thraker beschneite Berge,

über die obersten Gipfel, und berührte nicht die Erde mit den Füßen.

Vom Athos aber schritt sie auf das Meer, das wogende,

und gelangte nach Lemnos, der Stadt des göttlichen Thoas.« (Hom. Il. 14,225–229)

Diese Wegbeschreibung ist ein bemerkenswertes Zeugnis, da mit Pieria, Emathie, Thrakien, Athos und Lemnos eine eindeutige geographische Einbettung des Olymps in die nordgriechische Landschaft stattfindet ( Abb. 8). Darüber hinaus ist die Stelle von besonderem Interesse, da wir einiges über die zeitgenössische Raumauffassung erfahren. Hera fliegt, aber sie fliegt nicht Luftlinie, wie wir das heute mit dem Blick auf eine Landkarte machen würden. Vielmehr fliegt sie über das Land und überquert das Meer an der engsten Stelle. Diese Route folgt der Küstenschifffahrt und ist zudem Zeugnis einer linearen Raumauffassung, die sich – vergleichbar einem heutigen U-Bahn-Plan – an Strecken und nicht an den absoluten Relationen des tatsächlichen Raums orientiert.18


Abb. 8: Der Flug der Hera vom Olymp zur Insel Lemnos.

So viel zu den homerischen Zeugnissen, die eine topographisch-naturräumliche Spezifizierung des Olymps als Berg vornehmen. Dabei wurde deutlich, dass der Olymp konkret als ein Berg gedacht war, der in Nordgriechenland lag.

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