Читать книгу Einführung in die Sprachphilosophie - Albert Newen - Страница 28
2.3 Semantik und Pragmatik – Maximen rationaler Verständigung und die Theorie der Implikatur: Herbert Paul Grice a) Maximen der rationalen Verständigung
ОглавлениеIn der Sprachtheorie hat sich in den dreißiger Jahren des 20. Jh. bereits die grundlegende Unterscheidung von Syntax, Semantik und Pragmatik herausgebildet. Dabei umfasst die Syntax nur die Zeichenverbindungsregeln, die festlegen, welche Zeichenverbindungen erlaubt bzw. verboten sind. Die Semantik ist zuständig für die Verbindung von Zeichen und Welt, genauer für die Festlegung des wörtlichen Inhalts eines Satzes. Schließlich meint man mit Pragmatik die Beziehung von Zeichen und Sprecherabsicht (bzw. Hörerinterpretation). Damit soll erfasst werden, was der Sprecher mit der Äußerung meint. Austins lokutionärer Aspekt entspricht dem semantischen Gehalt eines Satzes und die illokutionäre Rolle erfasst die Pragmatik, die Sprecherabsicht. Wir wollen nun die Theorie von Grice vor dem Hintergrund dieser Unterscheidungen entfalten.
Kooperationsprinzip
Grice hat eine ausgefeilte Theorie der rationalen Verständigung entwickelt, die von dem Prinzip ausgeht, dass der Sprecher einer Äußerung kommunikative Absichten hat, die der Hörer aufgrund der Äußerung erkennen kann (Grice 1957). Der Sprecher kann beispielsweise mittels einer sprachlichen Äußerung den Hörer in die Lage versetzen, die Überzeugung, dass p, zu erfassen, die der Sprecher ihm mitteilen möchte. Um erfolgreich zu kommunizieren, d.h. in diesem Fall, um zu erreichen, dass der Hörer genau die Überzeugung erfasst, die der Sprecher ihm mitteilen möchte, muss der Sprecher sich an eine Reihe von Gesprächsprinzipien halten. Das Grundprinzip ist das Kooperationsprinzip: Es verlangt von kooperativen Gesprächspartnern, so zu reden, wie es angesichts des Gesprächsverlaufs und des Gesprächszwecks angemessen ist. Dieses allgemeine Prinzip wird durch eine Vielfalt von Konversationsmaximen erläutert. Grice hat die Maximen analog zu Immanuel Kants (1724–1804) Kategorien in vier Gruppen aufgeteilt, die er wie Kant in der „Kritik der reinen Vernunft“ (B95, B106) mit den Begriffen Quantität, Qualität, Relation und Modalität bezeichnet.
Konversationsmaximen | |
Quantität | Versuche deinen Beitrag informativ adäquat zu machen! a) Mache deinen Beitrag so informativ wie nötig! b) Mache deinen Beitrag nicht informativer als nötig! |
Qualität | Versuche deinen Beitrag so zu machen, dass er wahr ist! a) Sage nichts, was du für falsch hältst! b) Sage nichts, wofür dir angemessene Gründe fehlen! |
Relation | Sei relevant! |
Modalität | Sei klar! a) Vermeide Dunkelheit des Ausdrucks! b) Vermeide Mehrdeutigkeit! c) Vermeide unnötige Weitschweifigkeit! d) Halte die Reihenfolge (der Ereignisse beim Bericht) ein! |
Maximen der rationalen Verständigung
Die Maxime der Quantität zielt darauf ab, dass man seinen Beitrag zu einem Gespräch bezüglich des Informationsgehalts angemessen wählt, weder zu informativ noch zu informationsarm. Die Maxime der Qualität fordert, den Gesprächsbeitrag so zu wählen, dass er wahr ist, wobei man insbesondere nichts sagen soll, was man für falsch hält oder für das man keine angemessenen Gründe hat. Hier ist für nicht wahrheitswertfähige Äußerungen eine entsprechende Erweiterung erforderlich. Die Maxime der Qualität besagt in erweiterter Form, dass man einen Sprechakt nur dann vollziehen soll, wenn man glaubt, dass die Bedingungen für eine erfolgreiche Durchführung des Sprechakts erfüllt sind. Die Maxime der Relation besteht in der Aufforderung, relevant zu sein; d.h. man sollte seinen Gesprächsbeitrag so wählen, dass erkennbar ist, in welche Richtung das Gespräch sich weiterentwickelt und was genau der Beitrag zu dieser Gesprächsentwicklung ist. Schließlich verlangt die Maxime der Modalität Klarheit. Sie soll insbesondere erreicht werden, indem man Dunkelheit des Ausdrucks, Mehrdeutigkeiten, unnötige Weitschweifigkeit und ungewöhnliche Anordnungen bei der Wahl der Erzählreihenfolge vermeidet. Mit Blick auf alle Typen von Äußerungen soll die Forderung der Klarheit sicherstellen, dass der Sprechakt, den man vollziehen will, sowie der damit beabsichtigte Beitrag zum Gespräch eindeutig erkennbar sind. Welche Rolle diese Maximen spielen, wird bei der Theorie der Implikatur deutlich.