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Erstes bis drittes Bändchen
VI

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Der Mond begann sich zu erheben, als der Vicomte, gefolgt von dem treuen Pompée das Gasthaus des Meister Biscarros verließ und auf der Straße nach Paris forteilte.

Nach ungefähr einer Viertelstunde, während welcher sich der Vicomte ganz seinen Gedanken überließ und etwa anderthalb Lieues zurücklegte, wandte sich dieser gegen seinen Stallmeister um, welcher ernst drei Schritte hinter seinem Herrn ritt.

»Pompée,« fragte der junge Mann, »daß Du vielleicht meinen Handschuh von der rechten Hand?«

»Nicht, daß ich wüßte, gnädiger Herr,« antwortete Pompée .

»Was machst Du denn an Deinem Felleisen?«

»Ich sehe, ob es gut angebunden ist, und ziehe die Riemen fester, aus Furcht, es könnte klingen. Der Klang des Goldes bringt Unglück, gnädiger Herr, und veranlaßt besonders bei Nacht ein schlimmes Zusammentreffen.«

»Das ist wohl gethan, Pompée,« versetzte der Vicomte, »und ich sehe es gern, daß Du so sorgfältig und klug bist.«

»Das sind ganz natürliche Eigenschaften bei einem Soldaten, Herr Vicomte, Eigenschaften, welche sich vortrefflich mit dem Muthe vereinigen lassen. Da der Muth jedoch nicht Verwegenheit ist, so bedaure ich, offenherzig gestanden, daß Herr Richon uns nicht begleiten konnte; denn zwanzigtausend Franken sind besonders in so stürmischen Zeiten, wie die gegenwärtigen, schwer zu bewachen.«

»Was Du da sagst, ist sehr gescheit, Pompée antwortete der Vicomte, »und ich bin in jeder Beziehung Deiner Meinung.«

»Ich wage sogar zu behaupten,« fuhr Pompée in seiner Furcht durch die Billigung des Vicomte ermuthigt, fort, »daß es unklug ist, sich so preiszugeben, wie wir es thun. Reiten wir also neben einander, wenn es Euch gefällig ist, damit ich meine Muskete untersuchen kann.«

»Nun, Pompée?«

»Das Feuerrad ist in gutem Zustande, und wer uns anhalten wollte, könnte eine schlimme Viertelstunde durchzumachen haben. Oh! Oh! was seh’ ich dort?«

»Wo?«

»Vor uns, etwa ans hundert Schritte, gegen unserer Rechten. Schaut, in dieser Richtung.«

»Ich sehe etwas Weißes.«

»Oh! Oh!« sprach Pompée »Weißes; Lederwerk vielleicht. Auf meine Ehre, ich habe große Lust, die Hecke dort links zu benutzen; das heißt man in der Kriegssprache sich verschanzen. Verschanzen wir uns, Herr Vicomte.«

»Ist es Lederwerk, Pompée, so wird es von Soldaten des Königs getragen, und die Soldaten des Königs plündern die Vorüberziehenden nicht.«

»Laßt Euch nicht täuschen, Herr Vicomte. Man hört im Gegentheil nur von Straßenläufern sprechen, die sich einen Schild aus der Uniform Seiner Majestät machen, um tausend Niederträchtigkeiten zu begehen, von denen die einen immer verdammenswerter sind als die andern. Kürzlich erst hat man in Bordeaux zwei Chevauxlegers gerädert, welche . . . Ich glaube, ich erkenne die Uniform der Chevauxlegers, gnädiger Herr.«

»Die Uniform der Chevauxlegers ist blau, Pompée, und was wir sehen ist weiß.«

»Ja, aber oft ziehen sie eine Blouse über ihre Uniform an; das hatten die Elenden gethan, welche kürzlich in Bordeaux gerädert wurden. Diese dort gebärden sich gewaltig, wie es mir scheint; sie drohen; das ist ihre Taktik, Herr Vicomte; sie legen sich gewöhnlich am Wege in Hinterhalt und nöthigen, den Carabiner in der Faust, den Reisenden von ferne, seine Börse niederzuwerfen.«

»Aber, mein lieber Pompée,« sprach der Vicomte, der, obgleich selbst sehr erschrocken, doch seine Geistesgegenwart nicht verlor, »wenn sie von ferne mit ihrem Carabiner drohen, so thue dasselbe mit dem Deinigen.«

»Ja, aber sie sehen mich nicht,« erwiederte Pompée, »meine Kundgebung wäre also unnöthig.«

»Wenn sie Dich nicht sehen, so können sie Dir, wie es mir scheint, auch nicht drohen,« sprach der Vicomte.

»Ihr versteht durchaus nichts vom Kriege,« versetzte der Stallmeister in sehr übler Laune. »Es wird hier dasselbe geschehen, was mir in Corbie begegnet ist.«

»Hoffentlich nicht, denn, wenn ich mich recht erinnere, wurdest Du in Corbie verwundet.«

»Ja, und zwar furchtbar verwundet. Ich war bei Herrn von Cambes, einem verwegenen Mannes wir machten eine Nachtpatrouille um den Ort zu recognosciren, wo die Schlacht stattfinden sollte. Wir bemerken Lederwerk, ich fordere ihn auf, sich nicht durch unnöthige Tapferkeit einer Gefahr auszusetzen. Er ist halsstarrig und reitet gerade auf das Lederwerk zu. Ich drehe aus Zorn den Rücken. In diesem Augenblick kommt eine verfluchte Kugel . . . Vicomte, wir wollen klug sein!«

»Wir« wollen klug sein, Pompée, damit bin ich ganz einverstanden. Sie scheinen mir jedoch unbeweglich.«

»Sie riechen ihre Beute; wir wollen warten.«

Die Reisenden hatten zum Glück nicht lange zu warten. Nach einem Augenblick befreite sich der Mond von einer Wolke, deren Fransen er versilberte, und beleuchtete etwa fünfzig Schritte von den zwei Reisenden ein paar Hemden, welche mit ausgespannten Ärmeln hinter einer Hecke getrocknet wurden.

Das war das Lederwerk, welchen Pompée an seine unselige Patrouille bei Corbie erinnert hatte. Der Vicomte brach in ein Gelächter aus und gab seinem Pferde die Sporen. Pompée folgte ihm, rufend:

»Welch’ ein Glück, daß ich nicht meiner ersten Eingebung folgte! Ich wollte eine Kugel in dieser Richtung absenden, und hätte das Aussehen eines Don Quixote gehabt. Seht, Vicomte, wozu Klugheit und Kriegserfahrung nützen!«

Auf große Gemüthsbewegungen folgt immer eine Zeit der Ruhe. Nachdem die Reisenden an den Hemden vorüber waren, legten sie zwei Lieues in angenehmer Stimmung zurück. Das Wetter war herrlich; der Schatten fiel breit und schwarz wie Ebenholz von dem Gipfel eines Waldes herab, welcher eine von den Seiten des Weges begrenzte.

»Ich liebe den Mondschein durchaus nicht,« sagte Pompée. »Wird man von ferne erschaut, so läuft man stets Gefahr, unversehens überfallen zu werden. Ich habe oft von Kriegsleuten sagen hören, der Mond begünstige von zwei Menschen, die sich sehen, immer nur einen einzigen. Wir sind im vollen Lichte, Herr Vicomte, das ist unklug.«

»Nun, so laß’ uns im Schatten marschieren, Pompée.«

»Ja, aber wenn Menschen am Saume dieses Waldes im Hinterhalte lägen, so würden wir buchstäblich uns ihnen in den Rachen werfen. Im Felde nähert man sich nie einem Walde, den man nicht zuvor hat recognosciren lassen.«

»Leider fehlt es uns an einem Vortrabe zu diesem Behuf. Nennt man nicht so diejenigen, welche, den Wald recognosciren, mein braver Pompée?«

»Allerdings,« murmelte der Stallmeister; »dieser Teufel von einem Richon, warum ist er nicht mitgekommen? Wir hätten ihn als Vorhut abgeschickt, während wir selbst den Kern des Heeres gebildet haben würden.«

»Nun, Pompée, wozu entschließen wir uns? bleiben wir im Mondscheine oder gehen wir in den Schatten?«

»Wir wolle-n in den Schatten gehen, Herr Vicomte, es ist, glaube ich, doch klüger.«

»In den Schatten also.«

»Ihr habt Furcht, nicht wahr, Herr Vicomte?«

»Nein, mein lieber Pompée, das schwöre ich Dir.«

»Ihr hättet Unrecht, denn ich bin da und mache. Ihr begreift, wäre ich auch allein, so würde mich das doch wenig bekümmern. Ein alter Soldat fürchtet weder Gott, noch den Teufel. Aber Ihr seid so schwer zu bewachen, als der Schatz, den ich hinter mir habe, und diese doppelte Verantwortlichkeit erschreckt mich. Ah! Ah! was ist das für ein schwarzer Schatten den ich da unten sehe? Diesmal geht er.«

»Das ist nicht zu bezweifeln,« sprach der Vicomte.

»Wie ersprießlich ist es doch, in der Dunkelheit zu marschiren: wir sehen den Feind, und er sieht uns nicht. Kommt es Euch nicht vor, als trüge der Unglückliche eine Muskete?«

»Ja, aber dieser Mensch ist allein, Pompée, und wir sind zu zwei.«

»Herr Vicomte, diejenigen, welche allein marschiren, sind am meisten zu fürchten, denn dieses Alleinsein deutet entschlossene Charaktere an. Der berüchtigte Baron des Adrets marschierte immer allein. Ah! seht er schlägt auf uns an. Er wird schießen, bückt Euch!«

»Nein, Pompée, er nimmt nur die Muskete auf die andere Schulter.«

»Gleichviel, bücken wir uns immerhin, das ist so der Brauch. Wir wollen das Feuer, die Nase auf dem Sattelknopf, aushalten.«

»Aber Du siehst doch, daß er nicht schießt, Pompée.«

»Er schießt nicht?« sprach der Stallmeister, sich erhebend; »gut, er hat sich wohl gefürchtet, und ist von unserem entschlossenen Aussehen eingeschüchtert worden. Ah! er hat bange. Last mich zuerst mit ihm sprechen, und sprecht nach mir, schwellt aber Eure Stimme an.«

Der Schatten rückte immer mehr vor.

»Holla! Freund, wer seid Ihr?« rief Pompée.

Der Schatten hielt mit einer Bewegung sichtbaren Schreckens an.

»Schreit doch ebenfalls,« sagte Pompée.

»Es ist überflüssig,« erwiederte der Vicomte. »Der arme Teufel hat genug Angst.«

»Ah, er hat Angst,« sagte Pompée und ritt rasch den Carabiner in der Hand vor.

»Gnade, Herr,« sprach der Mensch auf die Kniee fallend; »ich bin ein armer Handelsmann und habe seit acht Tagen kein Sacktuch verlauft und folglich keinen Pfennig in der Tasche.«

Was Pompée für eine Muskete gehalten hatte, war ein Ellenstab, mit dem der arme Teufel seine Waaren maß.

»Erfahrt, mein Freund,« sprach Pompée majestätisch, »das wir keine Räuber, sondern Kriegsleute sind, welche bei Nacht marschiren, da sie nichts fürchten. Zieht also ruhig Eures Wegs, Ihr seid frei.«

»Nehmt, mein Freund,« fügte die sanftere Stimme, des Vicomte bei, »hier ist eine halbe Pistole für die Angst, die wir Euch gemacht haben und Gott geleite Euch.«

Der Vicomte reichte mit seiner kleinen, weißen Hand eine halbe Pistole dem armen Teufel, welcher sich, dem Himmel für dieses glückliche Zusammentreffen dankend, entfernte.

»Ihr habt Unrecht gehabt, Herr Vicomte, Ihr habt sehr Unrecht gehabt,« sprach Pompée nach zwanzig Schritten.

»Unrecht! Worin?«

»Darin, daß Ihr diesem Menschen eine halbe Pistole gabt. Bei Nacht muß man nie zugestehen daß man Geld hat. War nicht der erste Ruf dieses Hasenfußes, er habe keinen Pfennig bei sich?«

»Das ist richtig,« erwiederte der Vicomte lächelnd, »aber es war ein Hasenfuß, wie Ihr sagt, während wir, wie Ihr ebenfalls sagt, Kriegsleute sind, welche nichts fürchten.«

»Zwischen Fürchten und Mißtrauen, Herr Vicomte, ist ein eben so großer Unterschied, wie zwischen Bangigkeit und Klugheit. Ich wiederhole aber, es ist nicht klug, einem Unbekannten, den man auf der Landstraße trifft, zu zeigen, daß man Geld besitzt.«

»Wenn dieser Unbekannte aber allein und ohne Waffen ist?«

»Er kann einer bewaffneten Bande angehören; er kann ein Spion sein, den man vorgeschoben hat, um das Terrain zu recognosciren; er kann mit Massen zurückkommen, und was sollen zwei Menschen allein, so brav sie auch sein mögen, gegen Massen thun?«

Der Vicomte erkannte diesmal die Wahrheit des Vorwurfs, den ihm Pompée machte, oder schien sich vielmehr, um den Verweis abzukürzen, dem Urtheilsspruche zu unterwerfen, und man gelangte so an das Ufer des kleinen Flusses Sape bei Sainte-Genès.

Es war keine Brücke da, und man mußte durchwaten.

Pompée gab dem Vicomte nun eine gelehrte Theorie, wie man über Flüsse setzt, zum Besten, insofern jedoch eine Theorie keine Brücke ist, mußte man nichtsdestoweniger, sobald die Theorie abgemacht war, durchwaten.

Zum Glück war der Fluß nicht tief, und dieser neue Vorfall diente dem Vicomte abermals zum Beweise, daß von ferne betrachtet und besonders bei Nacht die Dinge viel furchtbarer sind, als von Nahem betrachtet.

Der Vicomte fing an sich wirklich zu beruhigen, und überdies sollte in etwa einer Stunde der Tag erscheinen, als die zwei Reisendem zu dem Walde gelangt, welcher Marsas umgibt, plötzlich anhielten. Sie hatten wirklich und zwar ganz deutlich hinter sich den Galopp von mehreren Pferden gehört.

Zu gleicher Zeit hoben ihre eigenen Pferde den Kopf in die Höhe, und eines desselben wieherte.

»Diesmal,« sprach Pompée mit erstickter Stimme, das Pferd seines Gefährten am Zügel fassend, »diesmal, Herr Vicomte, werdet Ihr hoffentlich ein wenig Gelehrigkeit zeigen und die Sache der Erfahrung eines alten Soldaten überlassen. Ich höre eine Truppe berittener Leute; man verfolgt uns. Ah! es ist die Bande Eures falschen Handelsmannes. Ich sagte es Euch wohl, Unkluger, der Ihr seid. Keinen falschen Muth, retten wir unser Leben und unser Geld; die Flucht ist zuweilen ein Mittel zu siegen. Horaz stellte sich, als wollte er fliehen . . .«

»Wohl, fliehen wir, Pompée, erwiederte der Vicomte zitternd.

Pompée gab beide Sporen; sein Pferd, ein vortrefflicher Rothschimmel, sprang unter dem Stachel mit einem Eifer, der das Berberroß des Vicomte entflammte, und Beide jagten wie der Blitz aus dem Pflaster fort, aus welchem Funken sprangen.

Dieser Lauf dauerte ungefähr eine halbe Stunde; aber statt Boden zu gewinnen, kam es den zwei Flüchtlingen vor, als näherten sich ihre Feinde.

Plötzlich erhob sich eine Stimme mitten aus der Finsterniß, eine Stimme, welche gemischt mit dem Pfeifen, hervorgebracht durch den Wind, den die zwei Reiter durchschnitten, die unheilschwangere Drohung der Geister der Nacht zu sein schien.

Diese Stimme machte, daß sich die grauen Haare auf dem Haupte von Pompée sträubten.

»Sie rufen: »»Haltet an!«« murmelte er, »sie rufen: »Haltet an!«

»Nun, sollen wir anhalten?« fragte der Vicomte.

»Im Gegentheil, verdoppeln wir unsere Geschwindigkeit, wenn es möglich ist! Vorwärts! Vorwärts!«

»Ja, ja, vorwärts! Vorwärts!« rief der Vicomte, diesmal eben so sehr erschrocken, als sein Vertheidiger.

»Sie kommen näher! hört Ihr sie?« sprach, Pompée .

»Ach, ja!«

»Es sind ihrer mehr als dreißig. Hört Ihr, sie rufen abermals. Wir sind verloren!«

»Reiten wir die Pferde todt!« sprach der Vicomte, am ganzen Leibe zitternd.

»Vicomte! Vicomte!« rief die Stimme. »Haltet an! haltet an! Angehalten, alter Schuft!«

»Das ist Einer, der uns kennt. Das ist Einer, der weiß, daß wir der Frau Prinzessin Geld bringen. Das ist Einer, der weiß, daß wir conspiriren. Wir werden lebendig gerädert!«

»Aufgehalten, aufgehalten!« fuhr die Stimme fort.

»Sie schreien, man solle uns aufhalten,« sagte Pompée, »sie haben Leute voraus; wir sind abgeschnitten.«

»Wenn wir uns auf die Seite werfen würden, in dieses Feld hier, und ließen unsere Verfolger vorüberziehen?«

»Das ist ein Gedanke,« sprach Pompée »vorwärts!«

Dies zwei Reiter ließen ihre Thiere zugleich den Zügel und das Knie fühlen, und wandten sich links. Das Pferd des Vicomte sprang, geschickt gehoben, über den Graben; aber das plumpere Roß von Pompée nahm zu wenig Rand; die Erde sank unter seinen Füßen, und es stürzte mit seinem Herrn nieder. Der arme Stallmeister stieß einen Schrei der Verzweiflung aus.

Der Vicomte, welcher bereits fünfzig Schritte auf dem Felde gemacht hatte, hörte diesen Unglücksruf, wandte, obgleich selbst voll Schrecken, sein Pferd um und kehrte zu feinem Gefährten zurück.

»Gnade!« rief Pompée. »Lösegeld! ich ergehe mich! ich gehöre zu dem Hause Cambes.«

Ein ungeheures Gelächter antwortete auf dieses klägliche Geschrei, und der Vicomte, welcher in diesem Augenblicke anlangte, sah Pompée den Steigbügel des Siegers umfassen, der ihn mit einer vom Lachen zusammengepreßten Stimme zu beruhigen suchte.

»Der Herr Baron von Canolles!« rief der Vicomte.

»Ja, bei Gott! Aber, Vicomte, es ist nicht schön, daß Ihr die Leute, welche Euch suchen, so rennen laßt.«

»Der Herr Baron von Canolles!« wiederholte Pompée, immer noch an seinem Glücke zweifelnd. »Der Herr Baron von Canolles und Herr Castorin.

»Ja, Herr Pompée,« sprach Castorin, sich auf den Steigbügeln erhebend, um über die Schultern seines Herrn zu sehen, welcher lachend sich auf den Sattelknopf beugte. »Was macht Ihr denn in diesem Graben?«

»Ihr seht es,« erwiederte Pompée; »mein Pferd stürzte in dem Augenblick, wo ich mich, Euch für Feinde haltend, zum Behufe einer kräftigen Vertheidigung verschanzen wollte. Herr Vicomte,« fuhr Pompée aufstehend und sich schüttelnd, fort, »es ist Herr von Canolles.«

»Wie mein Herr, Ihr hier?« murmelte der Vicomte, mit einer Art von Freude, welche unwillkürlich in seinem Tone durchdrang.

»Meiner Treue, ja, ich selbst,« antwortete Canolles und schaute den Vicomte mit einer Festigkeit an, welche sich durch das Auffinden des Handschuhes erklärte. »Ich langweilte mich zum Sterben in dem Gasthause. Richon verließ mich, nachdem er mir mein, Geld abgewonnen hatte. Ich erfuhr, Ihr wäret auf der Straße nach Paris abgereist. Glücklicher Weise hatte ich in derselben Richtung ein Geschäft und begab mich auf den Marsch, um Euch einzuholen. Ich vermuthete nicht, daß ich, um dies zu erlangen, mit Sturmeseile jagen mußte. Teufel, mein Herr, was für ein Reiter seid Ihr!«

Der Vicomte lächelte und stammelte einige Worte.

»Castorin,« fuhr Canolles fort, »hilf doch Herrn Pompée auf den Sattel; »Du siehst, daß es ihm trotz seiner Geschicklichkeit nicht gelingen will.«

Castorin stieg ab ab und unterstützte Pompée der nach und nach wieder seinen Sattel erreichte.

»Nun laßt uns weiter reiten, wenn es Euch gefällig ist,« sprach der Vicomte.

»Einen Augenblick,« sagte Pompée sehr verlegen, »einen Augenblick, Herr Vicomte, es scheint mir, es fehlt etwas.«

»Ich glaube wohl,« erwiederte der Vicomte, »es fehlt Dir das Felleisen.«

»Ah, mein Gott! rief Pompée, ein tiefes Erstaunen heuchelnd.

»Unglücklicher,« sprach der Vicomte, »solltest Du es verloren haben.«

»Es kann nicht fern sein, gnädiger Herr,« antwortete Pompée.

»Ist es nicht dieses?« fragte Castorin, den verlangten Gegenstand mühsam aufhebend.

»Allerdings,« rief Pompée.

»Gewiß,« sagte der Vicomte.

»Es ist nicht sein Fehler,« versetzte Canolles, der sich einen Freund aus dem alten Stallmeister machen wollte. »Bei dem Sturze werden die Riemen gebrochen sein, und das Felleisen hat sich losgemacht.«

»Die Riemen sind nicht gebrochen, gnädiger Herr, sondern abgeschnitten,« sagte Castorin.

»Oh, oh, Herr Pompée rief Canolles, »was soll das bedeuten?«

»Das soll bedeuten,« versetzte der Vicomte, mit ernstem Tone, »daß Herr Pompée in seiner Furcht von Räubern verfolgt zu werden, das Felleisen geschickt abgeschnitten hat, um nicht der Verantwortlichkeit des Schatzmeisters ausgesetzt zu sein. Wie nennt man diese List mit einem Kriegsausdrucke, Herr Pompée.

Pompée wollte sich mit seinem Jagdmesser entschuldigen, das er ungeschickter Weise gezogen hätte: da er aber keine genügende Erklärung geben konnte, so blieb in den Augen des Vicomte der Verdacht an ihm kleben, er habe das Felleisen seiner eigenen Sicherheit opfern wollen.

Canolles war in der besten Laune.

»Gut! gut! Gut!« sprach er, »laßt die Sache abgemacht sein. Bindet nur das Felleisen wieder fest. Castorin, hilf Herrn Pompée . Ihr habt Recht, Meister Pompée wenn Ihr die Räuber fürchtet, denn der Sack ist schwer und wäre eine gute Beute.«

»Scherzt nicht, gnädiger Herr,« murmelte Pompée zitternd; »jeder nächtliche Scherz ist zweideutig.«

»Ihr habt Recht, Pompée, immer Recht,« fuhr Canolles fort; »ich will auch Euch und dem Vicomte als Geleite dienen. Eine Verstärkung von zwei Männern wird Euch nicht unnütz sein.«

»Nein, gewiß nicht,« rief Pompée, »die Anzahl bildet die Sicherheit.«

»Und Ihr, Vicomte, was denkt Ihr von meinem Anerbieten?« sprach Canolles, als er sah, daß der Vicomte seinen höflichen Vorschlag mit weniger Begeisterung aufnahm, als sein Stallmeister.

»Ich, mein Herr,« versetzte der Vicomte, »ich erkenne darin Eure gewöhnliche Artigkeit und danke Euch aufrichtig dafür. Aber wir verfolgen nicht denselben Weg, und ich müßte Euch lästig zu werden befürchten.«

»Wie,« sprach Canolles ärgerlich, da er wahrnahm, daß der Streit in dem Gasthause auf der Landstraße wieder beginnen sollte, »wie, wir verfolgen nicht denselben Weg? Geht Ihr nicht nach . . .«

»Nach Chantilly,« rief eilig Pompée, zitternd bei dem Gedanken, seine Reise ohne einen andern Gefährten als den Vicomte fortsetzen zu müssen.

Dieser machte eine sehr bezeichnende Geberde der Ungeduld, und wenn es Tag gewesen wäre, hätte man sehen können, wie ihm die Röthe des Zorns in die Wangen stieg.

»Vortrefflich!« rief Canolles, ohne daß er den wüthenden Blick zu bemerken schien, mit welchem der Vicomte Pompée niederschmetterte. Chantilly ist gerade mein Weg. Ich gehe nach Paris, oder vielmehr,« fügte er lachend bei, »seht, Vicomte, ich habe nichts zu thun und weiß nicht, wohin ich gehe. Geht Ihr nach Paris, so gehe ich nach Paris; geht Ihr nach Lyon, so gehe ich nach Lyon; geht Ihr nach Marseille, ich habe längst eine Leidenschaft, die Provence zu sehen, und ich gehe nach Marseille; geht Ihr nach Stenay wo die Heere Seiner Majestät stehen, so gehen wir nach Stenay. Obgleich im Süden geboren, habe ich doch stete eine Vorliebe für den Norden gehabt.«

»Mein Herr,« versetzte der Vicomte mit einer gewissen Festigkeit, die er ohne Zweifel dem von Pompée in ihm angeregten Zorne zu danken hatte, »muß ich es Euch sagen, ich reise ohne Gesellschaft, wegen persönlicher Angelegenheiten von höchstem Belange, aus sehr ernsten Gründen, und wenn Ihr auf Eurer Absicht besteht, so nöthigt Ihr mich zu meinem großen Bedauern, Euch zu bemerken, daß Ihr mich in meinen Schritten belästigt.«

Es brauchte nichts Geringeres, als die Erinnerung an den kleinen Handschuh, welchen Canolles auf seiner Brust zwischen seinem Rocke und seinem Hemde verborgen hielt, daß der Baron, lebhaft und aufbrausend wie ein Gascogner, nicht losbrach. Doch er hielt an sich.

»Mein Herr,« versetzte er mit ernstem Tone, »ich habe nie sagen hören, die Landstraßen gehören eigenthümlicher der einen Person, als der andern. Man nennt sie sogar, wenn ich mich nicht täusche, den Weg des Königs, zum Beweise, daß alle Unterthanen Seiner Majestät das gleiche Recht haben, sich derselben zu bedienen. Ich befinde mich also auf dem Wege des Königs, ohne die Absicht, Euch zu belästigen. Ich bin sogar hier, um Euch Dienste zu leisten, denn Ihr seid jung, schwach und ohne große Vertheidigungsmittel. Ich glaubte nicht auszusehen wie ein Mensch, der die Reisenden ausplündert; da Ihr Euch jedoch auf diese Art erklärt, so unterwerfe ich mich dem Spruche, meine ärgerliche Miene beklagend. Vergebt mir, daß ich Euch lästig war. Ich habe die Ehre, Euch mein Compliment zu machen. Glückliche Reise!«

Und Canolles ließ sein Pferd eine leichte Wendung machen und ritt, nachdem er den Vicomte gegrüßt hatte, auf die andere Seite der Straße, wohin ihm Castorin in der That und Pompée in der Absicht folgte.

Canolles spielte diese Scene mit so anmuthiger Höflichkeit, mit so verführerischer Geberde, indem er mit seinem breiten Hute seine so reine, von schwarzen, seidenen-Haaren beschattete Stirne wieder bedeckte, daß der Vicomte mehr von seiner vornehmen Miene, als von seinem Verfahren berührt wurde. Er hatte sich, wie gesagt, entfernt; Castorin folgte ihm gerade und steif in seinen Steigbügeln, Pompée welcher auf der andern Seite den Wegen geblieben war, stieß Seufzer aus, daß die Kieselsteine ans der Straße hätten zerspringen sollen; der Vicomte, welcher zahlreiche Betrachtungen angestellt hatte, beschleunigte nun den Gang seinen Pferdes, holte Canolles ein, welcher sich stellte, als sähe und hörte er ihn nicht, und flüsterte ihm, mit einer kaum verständlichen Stimme die Worte: »Herr von Canolles!« zu.

Canolles bebte und wandte sich um, ein Schauer der Lust durchlief seine Adern, und es kam ihm vor, als ob sich alle Musik der himmlischen Sphären vereinigte, um ihm ein göttliches Concert zu geben.

»Vicomte!« entgegnete er.

»Hört, mein Herr,« antwortete dieser mit einer weichen, samtartigen Stimme, »ich fürchte in der That, unhöflich gegen einen Mann von Eurem Verdienste zu sein. Vergebt mir meine Schüchternheit. Ich wurde von Aeltern erzogen, welche voll von Befürchtungen, entstanden aus Liebe für mich, waren: ich wiederhole, vergeht mir, ich habe nie die Absicht gehabt, Euch zu beleidigen, und zum Beweise unserer aufrichtigen Aussöhnung erlaubt mir, an Eurer Seite zu marschiren.«

»Wie?« rief Canolles, »hundertmal, tausendmal! Ich hege keinen Groll, und zum Beweise . . .«.

Und er reichte ihm die Hand, in welche ein zartes, leichtes, flüchtiges Händchen fiel oder vielmehr schlüpfte.

Der Rest der Nacht ging in tollen Plaudereien des Barons hin, und der Vicomte hörte beständig und lachte zuweilen.

Die zwei Diener folgten. Pompée erklärte Castorin, wie die Schlacht von Corbie verloren worden war, während man sie hätte vollkommen gewinnen kennen, würde man es nicht versäumt haben, ihn in den Rath zu rufen, welcher am Morgen der Schlacht gehalten wurde.

»Doch sagt,« sprach der Vicomte zu Canolles, als der erste Schimmer des Morgens anbrach, »wir habt Ihr Eure Angelegenheit mit dem Herzog von Epernon abgemacht?«

»Die Sache war nicht schwierig,« erwiederte Canolles. »Nach dem, was Ihr mir mittheiltet, hatte er mit mir und ich nicht mit ihm zu thun. Entweder ist er müde geworden, mich zu erwarten, und hat sich zurückgezogen, oder er ist halsstarrig gewesen, und wartet noch.«

»Aber Fräulein von Lartigues ist, fügte der Vicomte mit einem richten Zögern bei.

»Fräulein von Lartigues, Vicomte, kann nicht zugleich zu Hause mit Herrn von Epernon und im Goldenen Kalbe mit mir sein. Man muß von den Frauen nicht zu viel verlangen.«

»Das ist keine Antwort, Baron; ich frage Euch, wie Ihr Euch, verliebt in Fräulein von Lartigues, von Ihr trennen konntet?«

Canolles schaute den Vicomte mit bereits zu klar sehenden Augen an, denn es war Tag, und es lag aus dem Gesichte des jungen Mannes kein anderer Schatten als der seines Hutes.

Er fühlte sich nun von einer tollen Lust erfaßt, zu antworten, wie er dachte; aber Pompée, aber Castorin, aber die ernste Miene des Vicomte hielten ihn zurück. Dann regte sich noch ein Zweifel in ihm.

»Wenn ich mich täuschte, wenn es trotz dieses kleinen Handschuhs und dieser kleinen Hand ein Mann wäre. In der That, ein solcher Mißgriff müßte mich völlig niederschmettern!« sagte er zu sich selbst.

Er geduldete sich also und erwiederte die Frage des Vicomte mit jenem Lächeln, mit welchem man Alles beantwortet.

Man hielt in Barbezieux an, um zu frühstücken und die Pferde ausschnaufen zu lassen. Canolles frühstückte diesmal mit dem Vicomte, und bei dem Frühstücke bewunderte er diese Hand, deren nach Bisam duftende Hülle eine so große Aufregung ihn ihm hervorgebracht hatte. In dem Augenblick, wo man sich zu Tische setzte- war der Vicomte überdies genöthigt, seinen Hut abzunehmen und seine so glatten, so schönen, in eine so zarte Haut gepflanzten Haare zu entblößen, und jeder Andere, als ein bereits verliebter und folglich bereits blinder Mensch, wäre von seiner Ungewißheit befreit gewesen. Aber Canolles hatte zu sehr Furcht zu erwachen, um nicht die Dauer seines Traumes auszudehnen. Er fand etwas Reizendes in diesem Incognito des Vicomte, das ihm eine Menge von kleinen Vertraulichkeiten gestattete, welche ihm ein gänzlichen Erkennen oder ein volles Geständniß untersagt hätten. Er sprach also kein Wort, das den Vicomte auf den Verdacht bringen konnte, sein Incognito wäre verrathen.

Nach dem Frühstück begab man sich wieder auf den Weg, und man marschierte bis zum Mittagessen. Von Zeit zu Zeit brachte eine Müdigkeit, die er nicht länger verbergen konnte, auf das Gesicht des Vicomte eine bleichere Farbe oder in seinen Körper ein leichtes Beben, nach dessen Ursache ihn Canolles freundschaftlich fragte. Herr von Cambes lächelte dann und schien nicht mehr zu leiden. Er schlug sogar vor, den Schritt zu verdoppeln, was aber Canolles mit der Bemerkung zurückwies, man habe einen weiten Weg zu machen, und es sei folglich wesentlich, die Pferde zu schonen.

Noch dem Mittagessen fühlte der Vicomte eine gewisse Schwierigkeit, aufzustehen. Canolles erhob sich und unterstützte ihn.

»Ihr bedürft der Ruhe, mein junger Freund,« sagte er zu ihm; »eine auf diese Art fortgesetzte Reise würde Euch auf der dritten Etappe tödten. Wir reiten in dieser Nacht nicht, sondern schlafen im Gegentheil. Ihr sollt Euch eines guten Schlummere erfreuen, und das beste Zimmer den Gasthofs soll das Eurige sein, oder ich will sterben.«

Der Vicomte schaute Pompée mit so verblüffter Miene an, daß Canolles seine Lust zu lachen nicht unterdrücken konnte.

»Wenn man eine große Reise unternimmt, wie wir,« sprach Pompée »so müßte Jeder sein Zelt haben.«

»Oder ein Zelt für zwei,« versetzte Canolles mit der natürlichsten Miene der Welt, »das würde genügen.«

Ein Schauer durchlief den ganzen Körper den Vicomte.

Der Schlag war gethan und seine Wirkung entging Canolles nicht: aus einem Augenwinkel sah er, daß der Vicomte Pompée ein Zeichen machte. Pompée näherte sich seinem Herrn, dieser sagte ihm leise einige Worte, und bald ritt Pompée unter irgend einem Vorwande voraus und verschwand.

Anderthalb Stunden nach diesem Vorfall, worüber Canolles nicht einmal eine Erklärung forderte, erblickten die Reisenden, als sie in einen großen Flecken einritten, den Stallmeister auf der Schwelle eines Gasthauses von ziemlich gutem Aussehen.

»Ah! Ah,« sagte Canolles, »es scheint, wir werden die Nacht hier zubringen, Vicomte?«

»Ja, wenn Ihr wollt, Baron.«

»Ich will Alles, was Ihr wollt, denn, wie gesagt, ich reise für mein Vergnügen, während Ihr Eurer Äußerung nach in Geschäften reist. Nur befürchte ich, Ihr werdet in diesem Neste nicht bequem sein.«

»Oh!« erwiederte der Vicomte, »eine Nacht ist bald vorüber.«

Man hielt an und rascher als Canolles lief Pompée herbei und hielt seinem Herrn den Steigbügel. Canolles bedachte überdies, daß ein solcher Eifer eines Mannes gegen einen andern Mann lächerlich wäre.

»Rasch, mein Zimmer,« sagte der Vicomte. »In der That, Ihr habt Recht, Herr von Canolles,« fügte er, sich nach seinem Gefährten umwendend, bei, »ich bin wirklich sehr müde.«

»Hier, gnädiger Herr,« sprach die Wirthin und deutete auf ein ziemlich großer Zimmer; es ging nach dem Hofe, seine Fenster waren vergittert und darüber lagen die Speicher des Hauses.

»Wo ist mein Zimmer?« rief Canolles.

Und er warf lüstern seine Augen auf eine Thüre, welche an die des Vicomte stieß und deren Dünnleibigkeit einen sehr gebrechlichen Wall gegen eine so geschärfte Neugierde, wie die seinige, bildete.

»Das Eurige?« sprach die Wirthin, »folgt mir, gnädiger Herr, ich werde Euch führen.«

Und ohne daß es den Anschein hatte, als bemerkte sie seinen Ärger, führte sie ihn an das Ende einer ganz mit Thüren bevölkerten und von dem Zimmer des Vicomte durch die volle Breite des Hofes getrennten Hausflur.

Der Vicomte verfolgte dieses Manoeuvre von der Schwelle seines Zimmers.

»Nun bin ich meiner Sache gewiß,« sagte Canolles; »aber ich habe wie ein Dummkopf gehandelt, wollte ich jedoch eine böse Miene machen, so würde ich mein Spiel unwiederbringlich verlieren; nehmen wir also unser freundlichstes Gesicht an.«

Und er lehrte auf den Balcon zurück, der, wie gesagt, die äußere Hausflur bildete und rief:

»Gute Nachts lieber Vicomte, Ihr bedürft in der That der Ruhe; soll ich Euch morgen wecken? Nein. Nun, so werdet Ihr mich vielleicht wecken, wenn Ihr aufgestanden seid. Gute Nacht!«

»Gute Nacht, Baron,« erwiederte der Vicomte.

»Doch, fehlt es Euch an nichts? fuhr Canolles fort, »soll ich Euch nicht Castorin leihen, um Eure Nesteln zu lösen?«

»Ich danke, ich habe Pompée; er schläft im nächsten Zimmer.«

»Eine ganz gute Vorsichtsmaßregel; ich will Castorin dasselbe thun lassen. Eine Klugheitsmaßregel, nicht wahr, Pompée? Man kann in einem Wirthshause nicht vorsichtig genug sein. Gute Nacht, Vicomte.«

Der Vicomte antwortete durch einen ähnlichen Wunsch, und die Thüre schloß sich.

»Gut, gut, Vicomte,« murmelte Canolles, »morgen ist die Reihe an mir, die Wohnungen zu bestellen, und ich werde mich zu entschädigen wissen. Schön, er schließt Alles bis auf die doppelten Vorhänge; er breitet ein Tuch davor aus, damit sogar sein Schatten unsichtbar wird. Beim Teufel, es ist ein sehr schamhafter Junge, dieser kleine Edelmann, aber gleichviel Morgen.«

Und Canolles ging brummend in sein Zimmer zurück, kleidete sich sehr übler Laune aus, legte sich verdrießlich nieder und träumte, Nanon fände in seiner Tasche den perlgrauen Handschuh des Vicomte.

Der Frauenkrieg

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