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Zweiter Teil
I

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Ich hatte nicht vergessen, was mir Gratian. der künftige Gatte der kleinen Zoe, gesagt hatte:

»Ich warte bis ich von einem unbekannten Onkel in Amerika dreitausend Franks erbe, um mich für meine Rechnung besetzen zu können; bis dahin begnüge ich mich mit meinem täglichen Erwerb von fünfzig Sous.«

Von meinem Gewinn blieben mir fünftausendfünfhundert Franks, überdies die dreihundert Francs. die mir Zoe. wie Gratian sagte. schuldig war.

Am Tage nach meinem Besuche bei Frau von Chambray, die einen Theil des auf ihrem Leben liegenden Schleiers gelüftet und deshalb einen so tiefen Eindruck auf mich gemacht hatte, reiste ich noch Bernay, ohne Alfred davon in Kenntniß zu setzen. Es sollte Niemand wissen, wohin ich ging.

Uebrigens war der liebe Alfred. das muß ich ihm lassen, nichts weniger als neugierig oder zudringlich.

Ich fragte ihn blos, ob ich eines seiner Reitpferde auf zwei oder drei Tage benutzen könne, und auf seine bejahende Antwort ließ ich satteln und einen leichten Mantelsack auflegen. Um meine Absichten nicht zu verrathen, ritt ich in einer andern Richtung fort und erreichte die nach Bernay führende Landstraße auf einem Umwege.

Bernay war das Ziel meiner kurzen Reise.

In Beaumont-la-Roger ließ ich mein Pferd ausruhen. Zwei-Stunden nachher war ich zu Bernay im Gasthause zum »goldenen Löwen.«

Ich war in Bernay ganz unbekannt. Ich war noch nie da gewesen. Ich mußte daher bei meinem Wirthe Erkundigungen einziehen.

Ich fragte zuerst nach dem Schlosse des Herrn von Chambray.

Das Schloß lag auf einem Hügel im Charentonnethale. Der reizende kleine Fluß, der dem Thale den Namen gibt, floß in malerischen Windungen an dem Park vorbei und begrenzte denselben auf der einen Seite. Etwas weiter aufwärts theilten sich die beiden Arme. um sich jenseits des Städtchens wieder zu vereinigen und in südlicher Richtung weiter zu fließen.

Dies war Alles was ich wissen wollte.

Ich ging auf das Schloß zu. – Es war ein Gebäude aus der neuesten Zeit, die ganze Facade zeigte die kahlen, geraden Formen, die den Bauwerken aus dem Anfange des neunzehnten Jahrhunderts eigen sind.

Sehr schön war Übrigens der Park, der das Schloß umgab. Er war etwa einen halben Kilometer von den letzten Häusern des Städtchens oder vielmehr Dorfes entfernt.

Am Ende des Ortes bemerkte ich einen Zettel an einer Hausthür. Es war ein hübsches, pittoreskes Häuschen, aus Bruchsteinen und Holz erbaut. Balken und Fensterläden waren grün angestrichen; oben auf dem Strohdache blühte ein ganzes Beet von Schwertlilien.

Thüren und Fensterläden waren geschlossen; aber auf dem Zettel stand, daß man sich an Herrn Dubois. Kirchengasse Nr. 12. zu wenden habe.

Die Kirchengasse war ganz in der Nähe. Ich schellte bei Herrn Dubois.

Der alte Mann machte eben seinen gewohnten Spaziergang; aber in seiner Abwesenheit erbot sich ein kleines Mädchen, das sich als seine Nichte zu erkennen gab, mir das Häuschen zu zeigen.

Ich nahm das Anerbieten an. Die Kleine nahm den Schlüssel und ging schnell und geschäftig voran; sie schien sich auf dieses Beschließeramt nicht wenig einzubilden.

Das kleine Haus hätte mir nicht besser gefallen können, wenn ich selbst den Plan gemacht hätte. Das Erdgeschoß bestand aus einem großen Zimmer, das als Kaufladen oder Waarenlager benutzt werden konnte, aus einem kleinen Zimmer und einer Küche. Im ersten Stocke waren zwei Zimmer.

Alles dies war naiv eingetheilt, wie in den kleinen hölzernen Häuschen, die man den Kindern als Spielzeug kauft und deren wohl dreißig sammt den aus Papier geschnittenen Bäumen in eine Schachtel gehen.

Ein Gärtchen gehörte zu dem Hause. Aus dem Gärtchen und den Fenstern sah man das Schloß Chambray.

Ich fragte nach dem jährlichen Miethpreise. Die Kleine sagte: hundertfünfzig Francs.

Auf meine Frage, ob das Haus zu verkaufen sey, antwortete die Kleine. sie wisse es nicht, ich müsse ihren Onkel Dubois fragen. Dieser Name fiel mir zum zweiten Male auf, ich glaubte ihn schon gehört zu haben.

In diesem Augenblicke hörte ich hinter mir ein Geräusch.

Ich sah mich um und bemerkte einen alten Mann. den ich leicht als den Eigenthümer erkannte.

Der alte Mann. ein Sechziger, hatte kleine lebhafte Augen und eine stark gebogene Nase; das ganze Gesicht hatte den Ausdruck der Schlauheit.

Wir begrüßten uns und ich erneuerte die Frage, die ich bereits an seine Nichte gerichtet hatte.

»Nun, das kommt auf den Preis an,« sagte er.

Ein Normann sagt bekanntlich nie ja oder nein.

»Auf was für einen Preis?« fragte ich.

»Auf den Preis, den Sie mir geben würden.«

»Ich habe den Preis nicht zu bestimmen, erwiederte ich; »Ihr habt als Verkäufer einen Preis zu fordern.«

»Auf dem Zettel steht, daß das Haus zu vermiethen ist, von einem Verkauf ist nicht die Rede.«

»Ihr wollt es also nicht verkaufen?«

»Das sage ich nicht.«

Ich fing an ungeduldig zu werden.

»Ich habe nicht lange Zeit,« sagte ich. »Macht es kurz.«

»Das freut mich.« sagte er.

»Wie, das freut Euch.«

»Ja. ich mache gerne Geschäfte mit Leuten, die keine Zeit haben.«

»Ich möchte gern ein Geschäft mit Euch machen, aber Ihr müßt mir entschieden antworten.«

Der Alte sah mich etwas betroffen an.

»Was meinen Sie damit?« fragte er.

»Ich meine damit. daß Ihr ja oder nein antworten müßt auf die ganz einfache Frage: Wollt Ihr euer Haus verkaufen oder nicht.«

»Wie wär’s erwiederte er, »wenn wir zu Herrn Blanchard gingen?«

»Wer ist Herr Blanchard?«

»Der Notar.«

»Gut, gehen wir zum Notar.«

»Kommen Sie.«

Die Kleine blieb in der Thür stehen. Der Onkel hatte ihr durch einen Wink zu verstehen gegeben. daß wir wahrscheinlich wiederkommen würden. – Wir begaben uns zu dem Notar.

Der ehrenwerthe Mann des öffentlichen Vertrauens war zu Hause.

Ein junger Springinsfeld von zwölf bis fünfzehn Jahren führte uns in die Schreibstube. Das ganze Kanzleipersonal schien aus diesem jungen Menschen zu bestehen.

Der Notar war, wie es sich für eine Respectsperson seines Standes ziemt, in weißer Cravate. Dabei trug er eine grüne Brille, aber nicht auf der Nase. sondern auf der Stirn.

Als wir eintraten, schob er die Brille geschwind herunter.

Ich merkte wohl, daß Maitre Blanchard die Brille gegen seine Clienten und nicht zum Lesen und Schreiben brauchte. Er war auch ein Normann.

»Grüß Gott, Herr Blanchard und Ihre werthe Gesellschaft, sagte der Bauer, obgleich der Notar ganz allein war.

»Da ist ein Herr, der durchaus mein Haus kaufen will.«

Dabei zeigte er mit dem Finger auf mich. »Ich wollte Sie fragen, ob ich’s verkaufen kann.«

Der Notar verneigte sich gegen mich; dann antwortete er dem Bauer::

»Allerdings könnt Ihr’s verkaufen. Freund, es gehört ja Euch.«

»Ich habe kein Geld nöthig,« setzte der Bauer hinzu; »das wissen Sie wohl, Herr Blanchard, und ich werde das Haus nur hergeben, wenn ich einen guten Preis dafür bekommen könnte.«

»Herr Notar,« sagte ich, »meine Zeit ist sehr beschränkt. Wenn es in Ihrer Macht steht, so haben Sie die Güte, diesen Mann zu einer schnellen Erklärung zu bewegen. Es gibt wahrscheinlich noch mehr Häuser in Bernay zu verkaufen oder zu vermiethen.«

»O ja,« antwortete der Notar.

»Es gibt wohl noch Häuser,« setzte der Bauer hinzu, »aber keines wie das meinige.«

»Warum nicht wie das eurige?«

Der Bauer schüttelte den Kopf.

»Ich sage, was ich sage,« antwortete er.

»Herr Notar,« sagte ich, »der Miethpreis ist mir bekannt: hundertfünfzig Francs jährlich.«

»Wer hat Ihnen das gesagt?« unterbrach der Bauer.

»Das kleine Mädchen. das mir das Haus zeigte.«

»Es ist ein albernes Ding. Sie wollen ja auch mein Haus nicht miethen, sondern kaufen.«

Gut, ich wills kaufen,« sagte ich zum Notar; »suchen Sie also aus Ihrem Clienten den Preis herauszubringen.«

»Ich hab’s Herrn Blanchard schon gesagt.« fiel der Bauer wieder ein; »unter sechstausend Francs gebe ich das Haus nicht her, und davon geht kein Saus ab.«

Dies war das Doppelte des Wertes.

Ich stand auf, nahm meinen Hut und wollte fortgehen.

»Bedenkt doch, Papa Dubois,« sagte der Notar.

Dieses Wort: »Papa Dubois« erinnerte mich an meine Unterredung mit Gratian, dem Bräutigam der kleinen Zoe.

Als der Bauer sah, daß ich meinen Hut nahm, streckte er einen Arm nach mir aus, als ob er mich zurückhalten wollte.

»Wo wollen Sie denn hin?« sagte er, »man zahlt ja nicht gleich einen verlangten Preis.«

Ich sah wohl« daß ich mit einem echt normännischen Schacherer zu thun hatte.«

»Höret, mein lieber Mann,« sagte ich. »Ein Miethzins von hundertfünfzig Franks stellt den Werth eines Hauses auf dreitausend Francs. Ich gebe Euch dreitausend Francs für das Haus. Es sind dreizehnhundert mehr als der Preis, für den Ihr Jean-Pierre verkauft habt.«

»Jean Pierre! – Jean Pierre verkauft!« stammelte Dubois.

»Ja, euren letzten Sohn, den sogenannten Kürassier,« erwiederte ich. – »Herr Notar,« setzte ich, meine Uhr hervrorziehend, hinzu, »es ist zwei Uhr. Bis vier Uhr will ich ein anderes zu verkaufendes oder zu vermiethendes Haus suchen. Um vier Uhr will ich wieder zu Ihnen kommen. Wenn Ihr Seelenverkäufer kein Haus für dreitausend Franks verkaufen will, so halten Sie den Contract bereit, ich verspreche Ihnen den Vorzug vor Allem was ich bis dahin sehen werde. Wenn Ihnen der Preis nicht genehm ist, so werde ich mit einem Andern unterhandeln. Adieu, Herr Notar, ich lasse

Ihrem Clienten zwei Stunden Bedenkzeit.«

Ich entfernte mich und ging wieder in den Gasthof »zum goldenen Löwen.« In der sichern Erwartung, daß mir der alte Dubois sein Haus zu dem von mir gebotenen Preise lassen würde, ließ ich mein Pferd satteln und ritt einen reizenden Weg am Ufer der Charentonne bis nach Rose-Moray.

Schlag vier Uhr war ich wieder vor dem Hause des Notars.

Ich rief einen Bettler, dem ich ein Geldstück gab, um mein Pferd zu halten, und ging in die Schreibstube.

Ich fand Maitre Blanchard an derselben Stelle und in derselben Haltung. Es war seine officielle StelIe und Haltung.

»Nun, was hat der alte Dubois beschlossen?« fragte ich.

»Er will Ihnen das Haus lassen,« antwortete der Notar; »aber er verlangt hundert Franks Nadelgeld für seine Nichte.«

»Ich gebe dreihundert,« erwiederte ich, »unter der Bedingung, daß dieses Geld in Ihren Händen bleibt, daß Sie es fruchtbringend anlegen und daß Sie es ihr an ihrem neunzehnten Geburtstage oder an ihrem Hochzeitstage übergeben.«

»Der Papa Dubois wird schön angeführt,« sagte Maitre Blanchard lächelnd.

»Das glaube ich wohl: er wollte die hundert Francs für sich behalten.«

»Natürlich,« versetzte der Notar.

»Ich bin nicht ganz Ihrer Meinung,« entgegnete ich; »doch das thut nichts zur Sache. Ist der Kaufcontract fertig?«

»Ja, wohl, der Verkäufer hat ihn schon unterzeichnet.«

Ich nahm die Feder.

»Warum Sie,«sagte Maitre Blanchard; »auch dem Gesetze muß der Vertrag, bei Strafe der Ungültigkeit, den Parteien vorgelesen werden.«

Er las mir den Vertrag vor. Der Empfang von dreitausend Franks wurde darin natürlich bestätigt.

Während Maitre Blanchard las, nahm ich die tausend Thaler aus der Brieftasche und legte sie in drei Banknoten auf den Tisch.

Als der Kaufkontrakt vorgelesen war, unterschrieb ich.

Es blieben noch die Gebühren des Notars zu bezahlen.

Diese betrugen, mit Inbegriff der Einregistrirung, achtzig Francs.

Ich gab ihm eine Banknote von hundert Franks unter der Bedingung, daß die übrigen zwanzig Francs dem armen kleinen Teufel, der das ganze Kanzleipersonal ausmachte, ausgezahlt werden sollten.

Maitre Blanchard übergab mir nun die Schlüssel des Hauses.

Ich ersuchte ihn, sie bis auf weiteres in Verwahrung zu behalten und empfahl mich.

Vor dem Hause fand ich mein Pferd nicht mehr von dem Bettler, sondern von einem kleinen Knaben, der mir bis ans Knie reichte, bewacht.

Ich wollte ihm den Zügel aus der Hand nehmen.

»Cè ty à tè, le cheval?«1 fragte der Kleine in seinem Patois.

»Ja. es gehört mir,« antwortete ich mit einem halbmißlungenen Versuch, in demselben Dialekt zu sprechen.

»Mußt es beweisen,« versetzte der Kleine und zog den Zügel an sich.

Ich rief den Notar und ersuchte ihn, dem Berwahrer meines Pferdes zu bezeugen, daß das Pferd wirklich mir gehöre.

Der Notar erfüllte meinen Wunsch und ich kam wieder in den Besitz meines Rosses.«

Der Knabe verdiente dabei ein Fünffrankenstück.

»Jetzt kann ich beschwören,« sagte er, »daß das Pferd dem Herrn gehört.«

Ich wandte mich noch einmal zu dem Notar und sagte:

»Dieser kleine Mensch wird gewiß einst ein famöser Client für Ihren Nachfolger.«

Ich begab mich wieder in den Gasthof, ließ hier Alfreds Pferd zurück und fuhr um fünf Uhr mit dem Postwagen nach Lisieux.

Drei Tage nachher war ich, wie ich Alfred versprochen, wieder in Evreux.

1

Gehört das Pferd Dir?

So sey es

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