Читать книгу LadyBoy Lucy | Transsexuelle Abenteuer - Alex Rankly - Страница 6
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Fürnkranz blickte auf die Uhr, er hatte drei Stunden geschlafen. Jetzt fühlte er sich fit und verspürte großen Hunger. Aus dem Kleiderschrank im Vorraum suchte er sich passende Kleidung heraus und verließ sein Zimmer, um mit dem Aufzug ins Erdgeschoß zu fahren. Es war Abend und er hatte befürchtet, keinen Platz im Restaurant zu finden, aber offensichtlich war es für den Rest der Gäste noch zu früh zum Essen, denn der elegant eingerichtete Speisesaal war fast leer und das Personal stand tatenlos herum.
Fürnkranz suchte sich einen kleinen Tisch mit Blick auf die Promenade und winkte einen Kellner heran. Der kam, die Speisekarte in der Hand, und fragte seinen Gast in perfektem Englisch, was er zu trinken wünschte.
Als Fürnkranz ein Bier und ein Mineralwasser bestellte, antwortete der Kellner auf Deutsch: »Bitte gern, kommt sogleich!«
Fürnkranz war einerseits ein bisschen enttäuscht, dass ihn sein Akzent verraten hatte, andererseits fühlte er sich auch ein wenig belustigt und empfand Hochachtung für diesen Mann, dessen Deutsch klang, als ob er im Ruhrpott aufgewachsen war. War er auch, wie sich später herausstellte. Fürnkranz hatte ihn angesprochen, woran er erkannt hatte, dass er aus Deutschland kam, und hatte gefragt, warum er so gut Deutsch sprach. Leute so direkt anzureden, war ansonsten überhaupt nicht seine Art, aber er hatte sich vorgenommen, für zwei Wochen ein anderes Ich aus sich herauszulassen und wenn er an den hemmungslosen Sex am Nachmittag dachte, lief dieses Unternehmen ausgezeichnet.
Niran, so stand auf einem kleinen Kärtchen, das an seinem Blazer befestigt war, hatte seine Hotelfachlehre in Wuppertal gemacht, hatte dort in einem Internat gelebt und da er mit einem Talent für Sprachen ausgestattet war, hatte er in kürzester Zeit ausgezeichnet Deutsch gelernt. Auf die Frage, warum er nach dieser Ausbildung hier als Kellner arbeitete und nicht in einem höheren Job, antwortete Niran, dass er nur für die Zeit des Abendessens aushalf, um zusätzliches Geld zu verdienen. Er hätte Pläne, ein Lokal aufzumachen.
Während Fürnkranz die Speisekarte durchging und Niran Fragen zu den Gerichten, die ihm unbekannt waren, stellte, versuchte sich der Kellner im Small Talk. Wie es Fürnkranz bisher gefalle, ober er mit seinem Zimmer zufrieden sei und ob er am Nachmittag eine gute Wahl getroffen hatte. Fürnkranz durchzuckte bei dieser Frage ein heißer Blitz. Sofort malte er sich Erpressungsversuche mit Filmaufnahmen aus oder ähnliche Szenarien. Verärgert schaute er in Nirans Gesicht, konnte aber keinerlei böse Absicht entdecken. Er hatte ein unangenehmes Gefühl des Ertapptseins. Erst der Rezeptionist, dann der Bursche vom Zimmerservice, und jetzt dieser unverschämte Kellner hier ... Alle wussten, was er am Nachmittag getrieben hatte.
Aber als Niran sich nach vorn beugte und ihm zuflüsterte: »Ich hatte sie auch schon. Sie ist wirklich sehr gut! Aber es gibt noch viel bessere, die ich Ihnen vermitteln könnte ...«, da dämmerte es ihm, dass bezahlter Sex hier nicht so verpönt war, wie in seiner bayrischen Heimat und dass eine lockere männliche Loyalität bestand, die unverschämt genossen wurde. Der misstrauische Mensch war ein Teil seiner deutschen Persönlichkeit und die wollte er ja hier in seinem Urlaub zurückstellen.
Also lächelte er Niran an und gab ehrlich zu: »Ja, ich hatte so viel Spaß wie schon lange nicht mehr. Und ich würde mir wünschen, dass ich mein Frühstück morgen um neun Uhr auf mein Zimmer serviert bekomme. Vielleicht könnten Sie mir eine thailändische Blume dazulegen ...«
Niran nickte lächelnd, blickte kurz auf die Zimmerkarte, die vor Fürnkranz auf dem Tischtuch lag, und meinte dann: »Zimmer 502, neun Uhr. Alles klar!«
Der gegrillte Fisch mit Reis und einer scharfen Mangosauce, den er bestellt hatte, mundete hervorragend. Fürnkranz hatte großen Durst und trank insgesamt drei große Bier und unterhielt sich während seiner Mahlzeit immer wieder mit Niran, der Zeit für ihn hatte, weil die anderen Gäste erst nach und nach ins Restaurant fanden. Fürnkranz’ Plan, den er sich im Flugzeug zurechtgelegt hatte, war, sich in der Frühe und abends weibliche Gesellschaft zu leisten und sich während des Tages in seinen Urlaubsorten ungezwungen umzusehen. Niran nickte bedächtig und gab ihm Tipps, die einerseits bei Touristen übliche Sehenswürdigkeiten enthielten, andererseits die Orte, die er selbst besuchte, wenn es seine Zeit zuließ.
Fürnkranz schrieb sich die Empfehlungen auf und war froh, dass er durch Zufall zu so einem kundigen Ansprechpartner gekommen war. Am Ende ließ er alles aufs Zimmer schreiben, gab seinem Kellner aber ein Trinkgeld, das seine Dankbarkeit für die Betreuung ausdrückte. Dann setzte er sich an die moderne Bar, beobachtete entspannt die anderen Gäste, versuchte herauszufinden, welche Männer Alleinreisende waren, die dasselbe suchten wie er, und wie sie sich benahmen. Ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit durchströmte ihn. Er war ganz bei sich, bemerkte die Schönheit der Einrichtung, entdeckte in jedem Gast etwas Sympathisches und bewunderte das bernsteinfarbene Funkeln seines Whiskeys und das Glitzern der Eiswürfel im Neonlicht der Bar. Fürnkranz fühlte sich angekommen und eins mit sich selbst, ein Empfinden, das er sofort erkannte, obwohl er es seit seiner Kindheit nicht mehr gespürt hatte. Ohne das Gefühl, irgendetwas zu verpassen, ging er um zehn Uhr zum Lift, kehrte in sein Zimmer zurück, duschte noch einmal und legte sich nackt aufs Bett. Er roch den Schweiß der nachmittäglichen Ekstase an der Bettwäsche und schlief glücklich ein.