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A. Schranken der Schadenszurechnung

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Grundsätzlich existieren also nach dem Grundsatz der Totalreparation keine Ausschlüsse oder Zumutbarkeitsschwellen für einzelne Schadensarten122. Dem damit verbundenen Risiko, eine „unendliche Haftungskette“123 zu generieren, wird – außerhalb des CISG124 – dogmatisch im Bereich der Kausalität, d.h. der Zurechnung der Schadensverursachung, durch verschiedene Theorien begegnet:

Die an die Äquivalenztheorie anschließende Adäquanztheorie rechnet Schäden, welche auf gänzlich unwahrscheinliche Kausalverläufe zurückzuführen sind, nicht dem Schädiger zu125. Es handelt sich somit, vereinfacht ausgedrückt, um eine auf einer Wahrscheinlichkeitsbetrachtung beruhenden Bewertung der Gesamtumstände126. Wie bereits oben dargestellt, liegen Folgeschäden bei komplexen technischen Projekten jedoch nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, sondern sind geradezu typisch127.

Auch die hierauf folgende wertende Schranke, die Schutzrechtslehre (auch Schutzzwecklehre genannt), welche auf den Schutzzweck der verletzten Norm und eine fehlende Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos abstellt128, geht fehl. Denn bereits aus dem Inhalt und Zweck eines Exportvertrages lässt sich in aller Regel die Bedeutung des Liefergegenstandes für den Käufer herauslesen: Insbesondere im Anlagenbau ist es üblich, die zu liefernden (Einzel-)Komponenten auf die (Gesamt-)Anlage oder anschließende Prozesse abzustimmen – und sei es durch die Angabe des beabsichtigten Verwendungszweckes oder nur konkludent durch die Definition von Schnittstellen und Übergabeleistungen129. Die zumeist explizit vorhandenen Gewährleistungspflichten und Garantiezusagen konkretisieren die Schadensvermeidungspflicht für Folgeschäden nur noch130.

Grundsätzlich findet auf dieser Zurechnungsebene also keine generelle Unterscheidung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Schäden statt131. Auch mittelbare Schäden unterliegen in aller Regel in dem hier gewählten Betrachtungsfeld keinen Beschränkungen.

122 Zum Stand der Diskussion aus verfassungsrechtlicher Sicht siehe MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 14f.. 123 Podehl, DB 2005, S. 2453ff. (2454). 124 MüKo/BGB/CISG-Huber P., CISG Art. 74 Rn. 25. 125 NK-Magnus, Vor §§ 249–255 Rn. 66; PALANDT-Grüneberg, Vorb v § 249 Rn. 26; MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 104ff.. 126 NK-Magnus, Vor §§ 249–255 Rn. 66f.. Die Eingliederung in ein (kombiniertes) Schutzzweckmodell befürwortend: MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 114. 127 Podehl, DB 2005, S. 2453ff. (2454). 128 NK-Magnus, Vor §§ 249–255 Rn. 68f.; PALANDT-Grüneberg, Vorb v § 249 Rn. 29, 54. 129 Die Komplexität als „typisches beschreibendes Merkmal“ des Industrieanlagenbaus beschreibend und auf die „starke, z.T. nicht offensichtliche Vernetzung (vielfältige, wechselseitige Abhängigkeiten im System sowie mit der Umwelt)“ rückführend: Gutmannsthal-Krizanits, Risikomanagement von Anlagenprojekten, S. 23/24. Es wird in diesem Zusammenhang auch allgemein von „Spezifikationen“/“Pflichtenheften“ gesprochen, welche die Schnittstellen zwischen den Teilleistungen zum Gesamtprojekt beinhalten, vgl. Malkwitz et al., Projektmanagement im Anlagenbau, S. 6; zur Relevanz von Spezifikationen vor dem Hintergrund branchenüblicher Haftungsbeschränkungen: Lotz, ZfBR 2003, S. 424ff. (428). 130 Vgl. auch Graf v. Westphalen, BB 2002, S. 209ff. (209). Eine Einschränkung der Ersatzfähigkeit von Folgeschäden, wie MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 120 diskutiert, lässt sich somit gerade nicht erkennen. 131 PALANDT-Grüneberg, Vorb v § 249 Rn. 52.

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