Читать книгу Rechtliche Grenzen vertraglicher Haftungsausschlüsse und -begrenzungen in B2B-Exportverträgen - Alexander Grieger - Страница 4

Zusammenfassung

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In den letzten Jahren kam es zu einer teils sehr kontrovers geführten Debatte im juristischen Schrifttum, ob die deutsche AGB-Kontrolle den Erfordernissen einer im internationalen Wettbewerb stehenden Rechtsordnung gerecht werde. Der Hauptkritikpunkt, der im Rahmen dieser Arbeit herausgearbeitet wird, ist die angebliche Unmöglichkeit, wirksame Haftungsausschlüsse oder Haftungsbeschränkungen für nicht oder nur teilweise versicherbare Folgeschäden (wie entgangenen Gewinn) zu vereinbaren.

Dieser Streit wurde von Wirtschaftsverbänden aufgegriffen, in der breiten Anwaltschaft thematisiert und sogar auf die politische Agenda gesetzt. Zuletzt hat eine spürbare Abschwächung der Diskussion stattgefunden. Trotz schier endloser Anregungen und unzähligen Vorschlägen ist keine Lösung in Sicht, welche den Spagat zwischen Privatautonomie und staatlichem Schutz vor einseitig ausgenutzter Gestaltungsmacht aufzulösen vermag.

Die vorliegende Arbeit analysiert die Ausgangslage des Streits, die historische Entwicklung, nach heutigem Stand denkbare Vermeidungsstrategien sowie neue dogmatische Ansätze und stellt dabei – abweichend zu vielen Ansätzen – als Ausgangsbasis eine unterschiedliche Verhandlungsmacht, mithin also fehlende Vertragsparität der beteiligten Verhandlungspartner, fest.

Wenn, so die Ansicht des Verfassers, von Kritikern wie Befürwortern aus Sicht der Unternehmenspraxis argumentiert wird, muss auch die Rechtsprechung der Maßstab sein, an dem sich die AGB-Kontrolle messen lassen muss – und nicht an theoretischen Konzepten. Deshalb stellt die Arbeit im Schwerpunkt auf die Darstellung der Rechtsprechung ab, welche unmittelbar in der gebotenen Ausführlichkeit zitiert wird, um später im rechtsvergleichenden Teil auch vergleichende Parallelen zu den Ansätzen fremder Rechtsordnungen ziehen zu können.

Dabei wird vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung der AGB-Kontrolle und dem konkreten gesetzlichen Handlungsauftrag an die Richterschaft herausgearbeitet, dass im Schrifttum vielfach zu undifferenziert und oberflächlich in ein Schwarz-Weiß-Denken verfallen wird. Es wird hervorgehoben, dass die Rechtsprechung, dem gesetzlichen Auftrag zu interessensgerechten Lösungen im Einzelfall folgend, sehr wohl einzelne Ansätze entwickelt hat, die zum einen der strengen AGB-Kontrolle standhalten und wirksame Risikobegrenzungsmöglichkeiten bieten. Zum anderen wird in einer ausführlichen Rechtsprechungsanalyse herausgearbeitet, dass die vielfach angeführte fehlende Erreichbarkeit einer individualvertraglichen Vereinbarung zumeist daran scheitert, dass anscheinend keinerlei Verhandlungen geführt werden. Sofern aber durch die Gerichte tatsächliche Verhandlungssituationen bewertet werden, lassen sich insbesondere für das Projektgeschäft konkrete Handlungsempfehlungen ableiten, welche im Schrifttum und der Praxis in Teilen bislang unzureichend beachtet werden. Allerdings wird festgestellt, dass es aus dem Blickwinkel des betrieblichen Risikomanagements heraus insbesondere hinsichtlich des Massengeschäftes (und damit zum Beispiel auch hinsichtlich zukünftiger LegalTech-Entwicklungen) neuer Ansätze bedarf.

Hierfür wird – ebenfalls wieder gestützt auf eine ausführliche Darstellung der Rechtsprechung – der Blick auf die rechtlichen Grenzen von Haftungsklauseln im Recht der Schweiz und der USA gerichtet. Dabei wird nicht nur nach begrifflich gleichen Instrumenten zur AGB-Kontrolle gesucht, sondern allgemein gesetzliche sowie – in der deutschen Debatte vielfach unterschlagene – richterliche Grenzen für zulässige Haftungsklauseln herausgearbeitet. Aus den teilweise überraschenden Ergebnissen wird abgleitet, dass ungleiche Machtverhältnisse in Verhandlungssituationen in allen betrachteten Rechtsordnungen vorkommen und die andersartigen ausländischen Ansätze nicht unbedingt mehr Rechtssicherheit bieten als der deutsche, am Verhandlungsverlauf orientierte Ansatz.

Fazit ist, dass eine Vertragsparität in keiner der betrachteten Rechtsordnungen mit den jeweils angewendeten Instrumenten mit absoluter Rechtssicherheit erreicht werden kann, weil sich alle Rechtsordnungen mit Auslegungsspielraum verbundene Eingriffsmöglichkeiten zur Korrektur von Fehlsteuerungen vorbehalten. Sofern eine fehlende Vertragsparität nicht mit den bestehenden Instrumenten ausgeglichen werden kann und schlicht als nicht auflösbar anzusehen ist, stellt sich die Frage nach einer Zusammenführung verschiedener Ideen und Konzepte aus den betrachteten Rechtskreisen zur Ableitung eines neuartigen Lösungskonzeptes.

Dieser Lösungsvorschlag, hier Folgeschädenpflichtversicherung genannt, soll die kritischen Folgeschädenrisiken zwischen den Vertragspartnern auf eine Versicherungslösung auslagern und im Übrigen limitieren. Wie zuvor herausgearbeitet lässt sich die Zulässigkeit eines solchen Konzeptes gar aus der existierenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ableiten. Nach Ansicht des Verfassers wird eine solche Lösung auch den Anforderungen des betrieblichen Risikomanagements gerecht. Darüber hinaus könnte es der deutschen Rechtsordnung zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber ausländischen Rechtsordnungen verhelfen.

Rechtliche Grenzen vertraglicher Haftungsausschlüsse und -begrenzungen in B2B-Exportverträgen

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