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Bewertungsraster

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Ich finde es frustrierend zu sehen, wie viel Geld Unternehmer in Werbung und Werbeagenturen investieren. Und irgendwann kommt es zum ersten richtigen Kontakt zwischen Ihnen und einem Mitarbeiter des Unternehmens. Und bitte bedenken Sie eins: Wir kaufen nicht von Unternehmen! Wir kaufen von Menschen! Ich gebe Ihnen ein Beispiel, damit Sie meine Frustration besser verstehen können: Fluggesellschaften kämpfen um Marktanteile und geben sehr viel Geld aus, um die Kunden zu binden. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in so einem Flugzeug und Sie kommen mit Verspätung an Ihrem Zielort an. Das ist noch nicht so schlimm, denn das geschieht leider häufiger. Aber jetzt sagt die Stewardess oder der Pilot: „Wir hoffen, dass es Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereitet, dass wir heute eine Viertelstunde später angekommen sind.“ Da fühlen Sie sich als Kunde doch auf den Arm genommen. Denn im Flugzeug sitzt niemand, dem es keine Unannehmlichkeiten bereitet, selbst wenn er „nur“ eine Viertelstunde später zu seiner Familie kommt. Das ist der erste Eindruck, den Sie als Kunde von dem Unternehmen haben. Und all das Geld, welches für Werbung, Fernsehspots, Broschüren und schöne Uniformen ausgegeben wurde, ist mit einem Mal – klack – verschwunden, weil die Mitarbeiter des Unternehmens einen schlechten ersten Eindruck hinterlassen haben. Wir alle haben ein Raster, einen Filter oder eine Methode, mit der wir andere Menschen bewerten. Zum Beispiel eine Werteskala, wie angesehen bestimmte Berufe sind: Lehrer stehen da beispielsweise ganz oben, Anwälte ziemlich weit unten und Politiker – raten Sie mal – vermutlich noch weiter unten. Nehmen wir die Anwälte als Beispiel für einen ersten Eindruck. Sie kennen vielleicht die Geschichte von dem Mafiaboss und seinem taubstummen Buchhalter. Der Mafiaboss hat sich einen taubstummen Buchhalter eingestellt – warum? Weil er genau weiß, dass er nicht hören kann, was er erzählt. Deshalb kann er vor Gericht auch niemals gegen den Mafiaboss aussagen. Einziges Problem bei der Geschichte: Der taubstumme Buchhalter hat in den letzten fünf Jahren 20 Millionen Euro unterschlagen. Der Mafiaboss beauftragt einen Anwalt, der Gebärdensprache kann, um seinen Buchhalter zu befragen. Er sagt zu dem Anwalt: „Frag ihn, wo meine 20 Millionen sind. Der Anwalt übersetzt dem Buchhalter. Der Buchhalter antwortet. „20 Millionen? Ich habe keine Ahnung, von welchen 20 Millionen du sprichst.“ Daraufhin sagt der Mafiaboss: „Dann eben anders.“ Er zieht seine Pistole heraus, hält sie dem Buchhalter an den Kopf und sagt zum Anwalt: „So, sag ihm, wenn er mir nicht innerhalb der nächsten fünf Sekunden sagt, wo das Geld ist, dann puste ich ihm die Rübe weg.“ Der Anwalt übersetzt, der Buchhalter antwortet ihm: „Ach, na klar, die 20 Millionen! Die sind bei meinem Cousin Luigi unter der Gartenlaube vergraben.“ Der Mafiaboss, schon ganz nervös, fragt den Anwalt: „Und? Was hat er gesagt?“ Der Anwalt antwortet: „Dass sie nie den Mut haben abzudrücken.“

Wäre das witzig, wenn es ein Koch wäre? Nein. Bei einem Anwalt? Ja. Und warum? Weil wir eine gewisse Vorstellung von Anwälten haben. Und das Verrückte dabei ist, die Vorstellung variiert auch noch. Denn jetzt haben Sie gelacht. Wenn Sie vor Gericht stehen, wie sehen Sie Ihren eigenen Anwalt? Vermutlich ganz anders, oder? Und das ist genau das Bewertungsraster, das wir anwenden. Das Raster hängt einerseits von der Situation ab: Sind Sie der Kläger oder der Angeklagte? Andererseits hängt es jedoch noch mehr davon ab, wie wir erzogen worden sind, was uns unsere Eltern und Lehrer gesagt, was wir in der Schule gelernt haben. Diese sogenannten Glaubenssysteme beziehen sich nicht nur auf Religion, sondern allgemein darauf, wie wir die Welt sehen. Das ist unsere Erfahrung. Wenn Sie dreimal von einem grünen Marsmenschen beklaut wurden, was glauben Sie, wie Sie reagieren, wenn Ihnen zum vierten Mal ein Marsmensch auf der Straße begegnet? Sie werden sofort nach Ihrem Geldbeutel sehen. In dem Märchen „Aschenputtel“ gibt es den Spruch „die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“, also die guten Erbsen bekommen die Menschen, die schlechten Erbsen bekommen die Tauben. Aus Sicht der Taube sind die guten Erbsen diejenigen Erbsen, die wir als die schlechten Erbsen betrachten, nämlich die, die sie fressen können. Das heißt also, dass der erste Eindruck immer davon abhängt, wie dein Gegenüber die Welt betrachtet. Das schauen wir uns gleich beim Punkt „Kundensicht“ an.

Die schlechte Nachricht – oder die gute Nachricht, wie immer Sie es sehen wollen – ist, dass andere Menschen genauso funktionieren wie wir. Auch diese haben ein Raster, das unserem gar nicht so unähnlich, oftmals sogar gleich ist. Denn, ja, auf diesem Planeten leben außer uns zufällig auch andere Menschen. Und diese wagen sich sogar, ein Urteil über uns zu fällen – und das auch noch in Sekundenbruchteilen. Ich weiß, Sie wollen lieber nach Ihrem Charakter beurteilt werden. Nach Ihren inneren Werten. Aber das ist wie mit einem Buch. Natürlich kennen Sie den Spruch „Man soll das Buch nicht nach dem Einband beurteilen“, doch wenn der Einband stinklangweilig, zerrissen oder gar klebrig ist … dann nehmen Sie das Buch noch nicht einmal in die Hand. Und wie wollen Sie dann wissen, was in dem Buch drinsteht? Wenn also Ihr erster Eindruck, den Sie hinterlassen, so schlecht ist, dass die anderen nicht mehr von Ihnen wissen wollen, wie werden sie dann jemals Ihre inneren Werte kennenlernen? Vielleicht fragen Sie sich jetzt: „Na ja, aber der erste Eindruck, den ich hinterlasse, mein Auftritt, meine Wirkung auf andere – ist das nicht zu viel Show? Werde ich da nicht unglaubwürdig? Was ist mit der viel zitierten Authentizität?“ Wenn Sie mich fragen, ist das ganze Gerede über Authentizität absoluter Blödsinn. Ich habe einmal einen Managementtrainer sagen hören: „Wenn die meisten Manager authentisch auftreten würden, wären sie absolute Kotzbrocken.“ Bitte entschuldigen Sie die Wortwahl, die stammt nicht von mir. Es geht bei Ihrem ersten Eindruck um Ihre Wirkung auf andere und nicht um Manipulation. Sie zeigen lediglich Ihre Schokoladenseiten. Und glauben Sie mir: Jeder hat mehr als nur eine Schokoladenseite. Mit dem ersten Eindruck verhält es sich so, wie ein berühmter Rhetoriktrainer einmal gesagt hat: „Man sage immer die Wahrheit, man sage die Wahrheit jedoch nicht immer.“ Das heißt, wir bleiben bei unserem Auftreten immer bei der Wahrheit, sind uns selbst und anderen gegenüber immer ehrlich. Für den ersten Eindruck zeigen unsere guten Seiten und unsere Stärken. Über unsere Schwächen sprechen bzw. kommunizieren wir am besten nicht. Ich benutze bewusst „kommunizieren“, denn wir werden feststellen, dass der erste Eindruck sehr wenig mit Sprechen, aber sehr viel mit anderen Formen der Kommunikation zu tun hat. Glauben Sie nicht? Okay, Sie interessiert das Thema „erster Eindruck“ und auf der Amazon-Website haben Sie dieses Buch gesehen. Sie haben jedoch auch gesehen, dass ich ein verklemmter Spießer bin, der keinen Satz herausbringt, der mehr als fünf Worte am Stück sagt. (Dieser Satz hat übrigens schon mehr als fünf Worte.) Hätten Sie dann dieses Buch gekauft? Auch wenn ich vielleicht Professor Doktor Doktor und der einzige wahre Experte auf diesem Gebiet mit Nobelpreis wäre und der Einzige, der wirklich die Körpersprache versteht? Seien Sie ehrlich, Sie hätten das Buch trotzdem nicht gekauft, wenn Ihnen der erste Eindruck nicht gefallen hätte.

Und jetzt gehe ich noch einen Schritt weiter: Es gibt zahlreiche Studien, die beweisen, dass die Menschen mehr Wert auf Attraktivität denn auf den Charakter eines anderen Menschen legen. Und ob Sie das jetzt super finden oder nicht, spielt keine Rolle, denn es ist die Wahrheit, auch wenn es weh tut. Bitte glauben Sie mir, ich habe so viele Menschen gesehen, die fachlich super waren, jedoch die sprichwörtliche Power nicht auf die Straße gebracht haben. Und das ist echt schade, weil diese Menschen überholt wurden von anderen Menschen, die fachlich viel weniger zu bieten hatten. Mit einem guten Eindruck und einer guten Wirkung hätten diese Menschen mit ihrem Fachwissen so viel erreichen können. Der erste Eindruck ist wie ein Eindruck in Beton. Sie haben vor Ihrem Haus den Bürgersteig neu mit Beton ausgegossen. Schwerstarbeit. Und nach einem halben Tag kommen Sie zurück und stellen fest, dass irgendein Depp seine Hand in den frischen Beton, der mittlerweile hart geworden ist, gedrückt hat. So ähnlich wie in den USA auf dem Walk of Fame. Was machen Sie jetzt? Klar, Sie könnten diesen Abdruck auffüllen. Aber wir alle wissen es: Nur auffüllen hält nicht. Also haben Sie nur noch eine Wahl: Presslufthammer raus und den gesamten Bürgersteig abschleifen. Das ist eine Schweinearbeit. Genauso ist es beim ersten Eindruck auch. Wenn Sie einmal Ihren ersten Eindruck falsch in den Beton gedrückt haben, dann können Sie nur noch abschleifen und mit viel Arbeit das Ganze neu machen. Warum also nicht von Anfang an den richtigen Eindruck hinterlassen?

Geheimwaffe erster Eindruck

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