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Die Kunst, sich selbst zu lieben Mit Sandy Kirchlechner auf der Meraner Gilfpromenade

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»Innere Zufriedenheit spüre ich jedes Mal, wenn ich meditiere.« Sandy lächelt und blickt verträumt auf das rauschende, klare Wasser der Passer, die hier durch die Schlucht rauscht. Wir haben uns zu einem Spaziergang auf der Gilfpromenade getroffen, die bis unter die Zenoburg und zum Pulverturm hinauf führt, der eines der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Merans ist. Sandy ist begeistert von der Vielfalt der subtropischen Pflanzen. Nur durch die sonnige Hanglage am Fuße der Texelgruppe können sie in so üppigem Grün gedeihen. Sie erklärt mir die Zitate der Dichter, die als Promenade der Poesie auf den hölzernen Parkbänken entlang des Weges eingebrannt wurden. Der Künstler Marco Nereo Rotelli hat hier Verse von deutschen und italienischen Dichtern verewigt, die in Meran gelebt haben. So wurde ein Weg geschaffen, der unterschiedliche Kulturen und Traditionen vereinigt. Ich finde das ist eine schöne Metapher für das grenzübergreifende und freie Leben in Europa.

Immer wieder gibt der Weg den legendären Ausblick auf die leuchtend grünen Berge in der Ferne und die Architektur der Stadt frei. Dabei prägen die Jugendstilarchitektur und die Architektur des Mittelalters das Stadtbild von Meran. Gebaut wurde die Gilfpromenade vor fast 150 Jahren und unter schwierigen Bedingungen, sie führt an der Gilfklamm entlang, durch die eine der bedeutendsten geologischen Trennlinien der Alpen verläuft – die Periadriatische Naht. Sie trennt die Ost- von den Südalpen.

Sandy liebt und lebt Meran. Die Offenheit der Menschen, einer von vielen Jahrhunderte alten Traditionen getragenen Kultur, die wunderschöne Natur, die für ihr mildes, submediterranes Klima seit jeher gerühmt wird, all das hat Sandy in ihren Bann gezogen und macht für sie die unvergleichbare Lebensqualität der Kurstadt aus.

Obwohl sie in dieser wundervollen Umgebung lebt, hat Sandy einige Jahre gebraucht, bis sie zu sich selbst gefunden hat. Komplett verändert hat ihr Leben die Meditation. Bevor sie damit angefangen hat, war sie oft gestresst, hatte Verspannungen, war unzufrieden und überarbeitet. »Ich konnte auch in meiner Freizeit nicht abschalten.« Sandy weiß heute, wie wichtig es ist, sich Zeit für sich selbst zu nehmen und zur Ruhe zu kommen. Zwei Mal in ihrem Leben ist sie im oder nahe am Burn-out.

Der erste Ausweg daraus ist ein Jobwechsel, der ihr neue Perspektiven und Energie gibt. Sie tritt eine neue Stelle bei der Kurverwaltung Meran an. Sie ist engagiert, hat Spaß an den Tätigkeiten und geht darin auf. Vielleicht liegt es an ihrem Hang zum Perfektionismus, dass sie sich schnell wieder ausgebrannt fühlt, oft schlechte Laune hat und unzufrieden ist. Zu dieser Zeit hat sie schon mit dem Meditieren angefangen, doch sie schafft es nicht, den Stress damit auszugleichen. Sie erkennt, dass sie wieder nahe am Burn-Out ist und entscheidet sich für einen radikalen Schritt, eine sechsmonatige Auszeit von ihrem Leben in Meran. Nur so, glaubt sie, kann sie wieder zu sich selbst finden und ihr Leben in den Griff bekommen. In Thailand macht sie daraufhin eine Ausbildung zur Meditationslehrerin. »Diese sechs Monate waren nicht einfach für mich, anfangs plagte mich das schlechte Gewissen, weil ich nicht mehr für meine Familie und meinen Freund da sein konnte. Aber ich musste mich mit meinem Inneren befassen und mit mir selbst in Kontakt kommen, verstehen, wer ich wirklich bin, mit all meinen Schwächen und Stärken. Es kann dir die beste Weisheit erzählt werden, aber solange du sie nicht selbst für dich wahrgenommen und verinnerlicht hast, erkennst du sie nicht«, erzählt Sandy und spricht dabei von ihrem alten Selbst, als sie nicht auf Ratschläge ihres Umfeldes eingehen wollte.

In Thailand lernt Sandy, sich selbst zu akzeptieren und wieder sich selbst zu lieben. »Wenn ich mich liebe, dann geht es mir gut, und ich kann anderen Menschen etwas zurückgeben.« Heute ist sie nicht mehr so streng mit sich, wenn sie einmal einen Fehler macht. »Jetzt weiß ich, dass wenn ich mein Bestes gebe, dann ist das genug.« Die Meditation, die Zeit in Thailand mit den neuen Begegnungen und Erfahrungen, haben ihr Klarheit darüber gegeben, was ihr wirklich wichtig im Leben ist und wie sie mit sich selbst im Einklang sein kann.

Zurück in Meran reduziert sie ihre Arbeitszeit bei der Kurverwaltung auf 75 Prozent und arbeitet in der freigewordenen Zeit als Meditationslehrerin. Dieser neue Schwerpunkt in ihrem Leben gibt ihr die bisher fehlende Balance. »Durch das Lehren habe ich eine parallele Tätigkeit, die mich begeistert und für die mein Herz schlägt. Daraus ziehe ich dann auch meine Energie für andere Tätigkeiten.«

Sandy praktiziert die sogenannte Transzendentale Meditation (TM). »Durch diese Meditationstechnik wird das Herz- Kreislauf-System unterstützt und die Serotoninproduktion angeregt. So können vermehrt Glücksgefühle entstehen, die auch nach der Meditation noch anhalten.« Für Sandy ist diese Meditation die totale Erfüllung und der Grund dafür, dass sie jeden Morgen gerne aufsteht und danach mit voller Energie in den Tag starten kann.

Sandys Antrieb ist es, anderen Menschen zu helfen. Durch das Unterrichten kann sie andere Menschen unterstützen, ihre Lebensqualität zu verbessern. »Das gibt mir unheimlich viel. Ohne Neid, einfach nur die Freude für den anderen.« Die Arbeit in der Kurverwaltung ermöglicht es ihr, die Schönheit ihrer Stadt und die spannende kulturelle Vielfalt zu bewahren. »Das gibt mir ganz viel. Durch meine Arbeit habe ich die Möglichkeit, meiner Stadt zu helfen und den Menschen, die die Stadt lieben. Das ist für mich schön, das ist für mich ein Erfolg.«

»Seitdem ich meditiere habe ich viele Momente wahrer, voller Zufriedenheit. Das kannte ich vorher so nicht. Ich bin offener gegenüber allem. Ich kann alles viel intensiver erleben. Meine Wahrnehmung ist durch Meditation eine andere.« Sandy weist auf eine kleine, unscheinbare Margeritenblüte am Wegesrand hin und einen bunten Käfer darauf. »Ich nehme die kleinsten Dinge wahr und kann mich daran erfreuen. Die Welt um uns herum ist voller kleiner Wunder, wir müssen sie nur sehen.«


Immer wieder gibt der Weg legendäre Ausblicke auf Meran frei.

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