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Das 6. Haus – Die Geschwister oder die Fähigkeit sich einzuordnen
ОглавлениеIn der Familie lernt man es, sich trotz seines Temperaments und Wesens einzugliedern. Die Geburtenabfolge entscheidet über die Ordnung. Dabei kann es passieren, dass ein vom Wesen her Erstgeborener das Nesthäkchen ist, oder ein Kind mit einer Anlage zur Unterordnung das Erstgeborene. Die Abfolge der Geburt allein bestimmt nicht darüber, ob die Positionen im Sinne des Archetypen «stimmen». Im 6. Haus lernt der Einzelne im besonderen Sinne seine Rolle zu akzeptieren, ob sie zu seinem Temperament passt oder nicht. Dadurch, und zwar genau durch die archetypische Unpässlichkeit der Charaktere zu ihren Rollen, lernt man das Prinzip der Einpassung. Sonst würde jeder der Erste sein wollen. Dies kann man wunderbar im Jugendfußball beobachten. Zunächst, im Alter von acht bis zehn Jahren, wollen alle nur Mittelstürmer sein. Jeder meint, er sei der Beste und nur der Mittelstürmer könne der Beste sein. Aber kein Team würde funktionieren, bestünde es aus zehn Stürmern und einem Torwart. Die Mannschaft ist ein Organismus, der nur erfolgreich sein kann, wenn seine verschiedenen Funktionen richtig besetzt sind. Im Laufe der Zeit lernen die Jungs, ihre eigenen Fähigkeiten besser einzuschätzen und irgendwann begreifen sie, dass jede Position in der Mannschaft gleichermaßen wichtig ist. In dem Moment hadern sie weniger mit der Akzeptanz der ihnen zugeordneten Rolle im Gesamtgefüge. Davon abgesehen sind Stürmer nicht immer die besten Fußballer einer Mannschaft …
Will in einem Staat jeder König sein, dann würde der Staat nicht mehr funktionieren. Dies ist letztendlich in jeder Gruppe so. Das zu akzeptieren ist ein Lernprozess für Kinder.
Gemäß der eigenen Rolle im Gesamtgefüge Familie nimmt man seine Position darin ein. Die wahre Führungspersönlichkeit weiß darum, dass eine Gruppe nur gelingen kann, wenn sich jeder an seiner Stelle gemäß seiner Anlagen passend einbringen kann. Die Effizienz einer Gruppe kann auf das Empfindlichste gestört werden, wenn Menschen am falschen Platz sitzen. Es gibt eben kein richtiges Leben im falschen.
Da es hier um das Ganze einer Gruppe geht, steht deren Integrität über dem Wollen des Einzelnen. Aus dieser Perspektive macht der Begriff des Dienens Sinn. Man dient dem Gesamten, dessen Teil man ist. Früher waren die Bediensteten ein wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Großfamilie.
In der Familie lernt man im «Kleinen» sich anzupassen. Im späteren Leben ist das übertragbar auf die Anpassungsfähigkeit im gesellschaftlichen Kontext. Passe man sich an und verliert sich in einer Rolle, oder fügt man sich irgendwo ein und es ist stimmig? Wir lernen in der Herkunftsfamilie, uns in eine Gruppe einzupassen. Das geschieht durch die Akzeptanz der eigenen Rolle im Kontext der Geschwister. Die Prägung durch die Geschwister ist elementar für das eigene Rollenverständnis in der Gruppe. Sigmund Freud sagte, dass die Geschwisterbeziehungen ein extrem wichtiger Faktor für die Entwicklung der sozialen Haltungen des Menschen ist. Innerhalb der Familie entscheidet sich, welche Arten von emotionalen Beziehungen man aufbaut. Er war der Meinung, dass alle Menschen, die man im späteren Leben kennenlernt, Ersatzpersonen dieser ersten Gefühlsobjekte (Mutter, Vater und Geschwister) seien.