Читать книгу Das Sex-Genie - Alexandra Bangelton - Страница 3
Der erste Tag
ОглавлениеEs war Herbst, als ich Conny nach vielen Jahren in München wieder getroffen habe. In den Nächten sank die Temperatur schon unter den Gefrierpunkt und morgens musste man von den Autos, die in keiner Garage gestanden hatten, den Raureif wegkratzen. Ich hatte in der Innenstadt Besorgungen zu machen und trug bereits meinen Wintermantel. Doch es wurde ein schöner Tag, die Sonne schien strahlend von einem wolkenlosen Himmel, und so war es mir schon nach kurzer Zeit viel zu warm.
Während ich noch überlegte wohin mit dem Mantel, stand unvermittelt Conny vor mir. Ich hatte sie zuerst gar nicht erkannt. Sie aber stürmte gleich auf mich zu und wollte mich umarmen. Das gelang ihr jedoch nicht, denn sie schleppte zwei Einkaufstüten, eine Handtasche von Gucci und einen kleinen Hund, einen Chihuahua mit sich. So schloss eben ich sie in meine Arme und freute mich wie ein Kind an Weihnachten über dieses Wiedersehen.
In den wichtigen Jahren der Pubertät waren wir unzertrennliche Freundinnen gewesen. Wir hatten unsere ersten Erlebnisse mit dem anderen Geschlecht miteinander besprochen und auch unsere sexuellen Erfahrungen genau beschrieben. Trotz dieses tiefen Vertrauens hatten wir uns dann aber aus den Augen verloren. Wir waren beide auf eine Gesamtschule gegangen. Conny ging mit der Mittleren Reife ab, und ich machte dort mein Abitur. Eine Zeitlang telefonierten wir noch, aber wie es im Leben so ist, wir hörten immer weniger voneinander und schließlich verschwand die jeweils andere auch aus unseren Gedanken. Und nun dieses überraschende Wiedersehen in der Münchener Innenstadt.
Conny hatte sich zu einer attraktiven Frau entwickelt. Sie war nicht groß, hatte kurze tizianrote Haare und ein tolle Figur. Sie trug schwarze Leggins, silberne flache Schuhe, einen dünnen schwarzen Pulli und einen eleganten Kaschmir-Poncho. Den Kleidern und dem Hund nach zu urteilen, schien es ihr nicht schlecht zu gehen.
Wir sprachen dann die Sätze, die bei solchen Begegnungen üblich sich: „Du hier? Das ist aber eine Überraschung! Wie geht es dir denn? Damit hätte ich im Leben nicht gerechnet. Gut siehst du aus.“
Nachdem wir ein paar Minuten lang Floskeln ausgetauscht hatten, beschlossen wir, in einem Café ausführlicher zu reden. Dort bestellten wir beide Latte macchiato.
Wie ist es uns in den vergangenen Jahrzehnten ergangen? Wir waren beide auf die Geschichten der jeweils anderen neugierig. Conny zog ihr Smartphone, ein teures Samsung-Gerät, aus der Handtasche, fuhr über das Display und legte es vor sich auf den Tisch.
„Man muss erreichbar bleiben“, sagte sie erklärend.
Dann begann sie zu erzählen. Sie hatte einen begüterten, wenn auch erheblich älteren Mann geheiratet, dem ein Sicherheitsunternehmen mit circa 80 Mitarbeitern gehörte. Sie nannte ihn Jonny, und ich warf ungewollt spitz ein: „Aha, Conny und Jonny.“
Conny nickte heftig. Die Geschäfte ihres Gatten gingen gut, und sie mussten nicht aufs Geld achten. So konnte sie ihre Langeweile mit Shoppen in teuren Boutiquen bekämpfen. Kinder hatten sie keine, und mit dem Sex war auch nicht mehr viel los. Vielleicht weil sich die 26 Jahre Altersunterschied bemerkbar machten, oder weil er eine Freundin hatte, die ihn auslastete.
„Ich habe inzwischen eine ganze Kollektion von Vibratoren“, gestand sie freimütig. „Und manchmal verbringe ich den ganzen Nachmittag im Bett. Ich habe mir aus den USA sogar einen Sybian kommen lassen.“
Sie sah meinen fragenden Blick und meinte: „Sag nur, du kennst den Sybian nicht? Er ist das beste aller Sexspielzeuge. Ob du willst oder nicht, du kommst mit dem Ding eigentlich immer zum Orgasmus.“
Ich musste ein dämliches Gesicht gemacht haben, denn sie fuhr fort: „Es ist eine Art Sattel, auf den du dich setzt. Aus diesem Sattel ragt ein Gummidildo heraus, den du bei dir einführst. Es ist, wie wenn du einen Mann reitest, nur viel intensiver. Dieser Dildo rotiert in dir und du kannst die Rotation selber regeln. Das Beste aber ist die Gummimatte mit den weichen Noppen auf der du sitzt und die vibriert. Dadurch werden gleichzeitig deine Schamlippen und deine Klitoris gereizt. Beide zusammen, das Ding in dir und die vibrierenden Noppen an deinen empfindlichsten Stellen, sind umwerfend intensiv. Da kann kein Mann mithalten.“
Wir mussten beide lachen, und ich fragte spontan: „Aber so ganz ohne unseren Kopf geht es doch wohl nicht. Ein wenig Phantasie wird schon nötig sein?“
„Man muss sich etwas Geiles vorstellen, damit es klappt. Das stimmt schon. Aber ich glaube, der Sybian schafft dich, auch wenn du es nicht willst. Klar brauchen wir unsere Fantasie, wenn wir zum Orgasmus kommen wollen. Das ist schließlich das Geheimnis von uns Frauen. Nach all den Jahrzehnten der sexuellen Aufklärung haben dies die dämlichen Männer noch immer nicht geschnallt. Sie glauben noch immer, wenn sie unseren Kitzler mit ihren Fingern wund scheuern oder uns ausdauernd rammeln, dann würden wir schon irgendwann zu einem wie auch immer gearteten Höhepunkt kommen und sie dafür bewundern und uns bedanken. Wir bestehen aber nicht nur aus Körper, sondern auch aus Geist, und wenn der nicht dabei ist, funktioniert unser Körper ganz und gar nicht. Zum Glück weiß frau, wie man einen Orgasmus vortäuscht und so den unangenehmen Bemühungen ein Ende bereitet.“
Ich stimmte Conny zu. So war sie, meine alte Freundin: Immer offen, nicht lange darum herumreden, rasch den springenden Punkt ansprechen. Ich spürte, dass ich ihr wieder wie in alten Zeiten vertraute.
Wie um meine Überlegungen zu bestätigen, fragte sie nun ganz direkt: „Was stellst du dir denn so vor, wenn es dir kommen soll?“
Diese Frage überraschte mich dann doch. Sie war mir peinlich. Hier ging es schließlich um meine intimsten Gedanken.
„Na ja, so Verschiedenes“, stotterte ich.
„Nun stell dich nicht so an. Sag schon! Wir sind doch Freundinnen.“
„So hin und wieder denke ich daran, wie es wäre, wenn ich gemeinsam mit einer Frau und einem Mann …“
„Ja, daran denke ich auch manchmal, oder wie es mir zwei Männer gleichzeitig besorgen. Was stellst du dir denn noch so vor?“
„Dass ich im Auto gebumst werde, und irgendwelche Leute ihre Nasen an den Fenstern plattdrücken und uns zuschauen. Einmal habe ich auch daran gedacht, wie es wäre, auf der noch warmen Kühlerhaube von einem großen Auto. Aber so richtig geil macht mich eigentlich immer der Gedanken, dass mir jemand beim Sex zuschaut“, erklärte ich noch immer schüchtern.
„So einfache Träume funktionieren bei mir nicht mehr. Ich brauche etwas Ausgefallenes, damit ich auf Touren komme. Neulich habe ich mir vorgestellt, dass ich auf einer Lichtung im Wald auf einer Decke liege und ganz nackt bin. Hinter den Bäumen und Büschen haben sich Männer verborgen, die mich beobachten, wenn ich es mir selbst mache. Ab und zu winke ich einen herbei, der darf mich dann vögeln. Ich entscheide aber, wer der Glückliche ist und an die Reihe kommt.“
„Möchtest du so etwas in Wirklichkeit?“
„Wo denkst du hin! Ich bin doch keine Nutte.“
„In uns Frauen schlummert doch eine Exhibitionistin“, stellte ich abschließend fest.
„Ich muss dir noch eine Szene erzählen, mit der es bei mir immer klappt.“ Conny wollte das Thema nicht so rasch verlassen.
„Na, da bin ich aber gespannt.“
„Ich bin wieder in der Schule. Es ist Pause, und ich bin allein im Klassenzimmer zurückgeblieben und mache es mir. Da geht die Tür auf und der strenge Englischlehrer kommt herein. Er überblickt sofort die Situation, kommt zu mir, lässt seine Hose herunter und setzt sich auf einen der kleinen Stühle. Sein Ding steht senkrecht in die Luft. Setz dich auf mich, sagt er, da hast du was davon. Ich spreize die Beine und setzte mich auf ihn mit dem Gesicht zu ihm. Sein Ding ist ganz tief in mir. Langsam bewege ich mich auf und ab und beobachte dabei sein Gesicht. Er ist jetzt richtig geil und keucht: schneller. Doch ich bleibe langsam. Da bitte er und fleht, bietet mir eine Eins in Englisch an, wenn ich es schneller mache, so dass er kommen kann. Der Lehrer ist mir ganz ausgeliefert, ich habe ihn in der Hand, nein in meiner Möse. Nun klingelt es, die Pause ist zu Ende. Gleich kommen meine Mitschüler. Der Lehrer wird immer verzweifelter, bietet mir Geld an. Spätestens an dieser Stelle kommt es mir, und wenn ich jetzt noch weitererzähle, habe ich hier im Café einen Orgasmus.“
Ich lachte: „Hast du so etwas auch real erlebt?“
„Nein! Zwar habe ich versucht, den einen oder anderen Lehrer rumzukriegen, aber die waren alles Feigling. Klar, so mancher hätte schon gern mit mir gepoppt, aber wenn es drauf ankam, waren sie viel zu ängstlich und zu vorsichtig. Hast du denn diverse Erfahrungen?“
Ich verneinte und wechselte das Thema, damit mich Conny nicht zu einem weiteren intimen Geständnis zwingen konnte. Also berichtete ich von meinem Leben.
Doch bevor ich begann, bestellte Conny einen doppelten Cognac. Wie ich in den nächsten Tagen merken sollte, war dies ihr Lieblingsgetränk und musste ihr stets zur Verfügung stehen, wenn sie mir zuhören sollte.
Auch ich hatte früh geheiratet. Wenn ich ehrlich bin, wir mussten heiraten, denn Peter, mein Mann, hatte damals zwar versprochen aufzupassen und den berüchtigten coitus interruptus durchzuführen, es dann aber doch nicht getan. Peter stammte aus einem wohlhabenden Haus. Seine Eltern, strenggläubige Katholiken, bestanden darauf, dass ich das Kind bekam und zwar als angesehene Ehefrau. So heirateten wir, und dies war natürlich ein Fehler. Wir waren beide viel zu jung für die Ehe. Meine Eltern, die leider viel zu früh starben, warnten mich eindringlich. Wenn ich zurückdenke, so muss ich mir eingestehen, dass ich Peter nicht einmal geliebt habe. Ich fand ihn nett und sympathisch und war froh, eine feste Beziehung zu haben. Außerdem hatte er Geld und konnte mir etwas bieten, was einem jungen Mädchen aus kleinbürgerlichem Haus natürlich Eindruck macht.
Trotz unseres sündigen vorehelichen Geschlechtsverkehrs hatte ich das Herz meiner Schwiegereltern im Sturm erobert. Das lag wahrscheinlich daran, dass Peter ein wenig einfach gestrickt ist, zumindest waren seine Eltern dieser Meinung. Ihre Hoffnung war, dass ich nicht nur einen guten Einfluss auf ihn ausüben, sondern ihm bei seinen Geschäften auch mit Rat und Tat beistehen sollte. Aber sie hatten die Rechnung ohne ihren Sohn gemacht, der ziemlich stur war und sich von mir nicht dreinreden ließ. Ich sollte seiner Meinung nach die Society-Schlampe spielen, mir ein schönes Leben machen und ihn in Ruhe lassen. Er brauchte mich zum Vorzeigen und zum Kinderkriegen. Die Eltern hatten ihm einen eignen Geschäftszweig eingerichtet, sozusagen als Spielwiese zum üben, mussten ihn aber mehrfach vor einem Bankrott retten.
Bis heute weiß ich nicht, woher das Geld dieser Familie kam. Was seine Geschäfte betraf, so war mein Mann mir gegenüber nicht gerade mitteilsam. Er meinte stets: Über Geld spricht man nicht, das hat man.
Ich habe dann in dieser Sache auch nicht weiter in ihn gedrängt und mich auch nicht um die Wünsche seiner Eltern nach mehr Engagement meinerseits gekümmert. Stattdessen genoss ich das unbeschwerte Leben mit einem gut aussehenden und vermögenden Mann. Bald kam unsere Tochter zur Welt, und ab da war ich dann vollauf mit ihr beschäftigt. Ich gab mein Studium auf, stillte sie sehr lange und las damals alle Bücher über Babypflege, deren ich habhaft werden konnte.
Jetzt, in diesem Café war ich 39 Jahre alt. Mein Mann war häufig mehrere Tage und manchmal sogar wochenlang unterwegs, so dass unser Sex eine immer geringere Rolle spielte. Ebenso wie Conny gewöhnte auch ich mir deshalb regelmäßige Selbstbefriedigung an. Ich benutzte jedoch nicht entsprechende Spielzeuge. Mir genügten meine Finger, ein Handtuch und manchmal der Griff meiner Haarbürste.
Mit meiner Tochter Christine hatte ich mehr Probleme. Vielleicht habe ich sie zu sehr verzogen oder mich doch zu wenig um sie gekümmert. Ich weiß es nicht! Jedenfalls wurde sie schon lange vor der Pubertät aufsässig. Es kann aber auch daran gelegen haben, dass sie Papas Liebling war. Bei ihm durfte sie alles, und jeder Schwachsinn von ihr wurde von ihm entschuldigt. Meine Mutter und mein Vater waren bereits tot und konnten ihrer Enkelin keine Wünsche mehr erfüllen. Aber auch Peters Eltern verwöhnten das Enkelkind nach Strich und Faden. Ich war die einzige in der Familie, die Christine wenigstens ein wenig erzog und Forderungen an sie stellte. Entsprechend unbeliebt war ich bei meiner Tochter. Kurz, Christine machte Schwierigkeiten. Dies ging so weit, dass sie mehrere Wochen lang die Schule schwänzte. Ich weiß bis heute nicht, wo sie sich damals während der Schulzeit herumgetrieben hatte. Wegen des Schwänzens und ihren extrem schlechten Leistungen musste sie schließlich die Schule verlassen. Wir steckten sie in ein Internat, obgleich dies natürlich für meine Beziehung zu ihr Gift war und unsere Entfremdung noch förderte. Endlich hatte sie dann ihr Abitur und begann in Marburg zu studieren.
Also, meine Beziehung zu der inzwischen Achtzehnjährigen war nicht gut, die Ehe mit meinem Mann existierte nur noch auf dem Papier, und ich war sexuell frustriert und unausgelastet. Ich hatte die Nase voll. Ich war doch noch jung, sah gut aus und fühlte mich durchaus begehrenswert. Es musste etwas geschehen. Ich wollte noch etwas erleben.
Da geschah dieser Unfall. Peters Eltern verunglückten mit ihrem Privatflugzeug tödlich. Noch vor der Testamentseröffnung schlug mir mein Mann vor, Urlaub zu machen und den ganzen Stress der Beerdigung und all die gesellschaftlichen Verpflichtungen abzuschütteln. Ein Badeaufenthalt auf einer Mittelmeerinsel sei wohl das Richtige. Er buchte ihn sogar für mich. Er hatte etwas Exklusives für mich ausgesucht, eine Insel, die als Attraktion sogar einen FKK-Strand hatte. Als er mir das mitteilte, musste ich lächeln. Ausgerechnet mein Peter, der sonst vor Eifersucht platzte, schickte mich zur Freikörperkultur. Was war denn in den gefahren?
Ein Problem war meine Tochter Christine. Sie hatte Semesterferien und war nach Hause gekommen. Sie war hier ganz allein, ohne Freundinnen und Freunde. Ich konnte sie doch nicht einfach in dem leeren Haus zurücklassen. So nahm ich sie kurzerhand mit. Die Aussicht auf Ferien mit ihrer Mutter begeisterte sie zwar nicht, aber nach einigem Maulen willigte sie ein.
Conny grinste über das ganze Gesicht und nickte wissend: „FKK? Das klingt gut. Da bin ich gespannt, was du zu erzählen hast.“
Ihre Neugierde machte mich schon wieder verlegen. Wir hatten uns so lange nicht mehr gesehen. Eigentlich waren wir doch wie Fremde zu einander, und dennoch sollte ich ihr meine sexuellen Erlebnisse erzählen? Schon ihre Frage nach meinen sexuellen Fantasien war mir unangenehm gewesen. Und nun sollte ich auch noch meine tatsächlichen Erlebnisse schildern. War das nicht ein wenig voreilig?
Deshalb warnte ich Conny: „Aber, wenn ich dir meine Erlebnisse, die ich dort hatte, erzähle, muss ich auf viele intime Einzelheiten eingehen, das kann peinlich werden. Vielleicht verletzte ich auch deine Schamgefühle?“
Hier unterbrach mich Conny: „Schamgefühle habe ich nicht. Stattdessen liebe ich Intimitäten. Die Einzelheiten interessieren mich dabei ganz besonders! Doch jetzt muss ich gehen. Ich habe noch einen Termin bei der Kosmetikerin. Wir sehen uns morgen zur gleichen Zeit am gleichen Ort. Ich bin schon sehr gespannt.“
Sie küsste mich auf beide Wangen, winkte mir noch neckisch zu, klemmte sich den Chihuahua unter den Arm und verschwand.
In dieser Nacht dachte ich lange darüber nach, ob ich meiner ehemaligen Freundin vertrauen konnte und ob ich ihr alles in allen Einzelheiten erzählen sollte. Aber ich hatte sonst niemanden und musste endlich einmal über alles sprechen. So entschloss ich mich, reinen Tisch zu machen und Conny in mein Schicksal einzuweihen. Nachdem ich diesen Entschluss gefasst hatte, schlief ich zufrieden ein.