Читать книгу Kommissar jagt Killer: 7 Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 19
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Wenig später saßen wir wieder im Wagen und waren unterwegs zur Albrecht Meyer Straße. Nach Angaben von Kömmings wohnte dort eine gewisse Annalisa Melgent. Und dort wohnte Ferdinand Chovsky offenbar seit einiger Zeit.
Die Adresse, unter er er offiziell gemeldet war und die er auch bis zum Ablauf seiner letzten Bewährung angegeben hatte, wurde nach Kömmings’ Angaben kaum von Chovsky benutzt. Er traute wohl einfach den Polizisten nicht und wollte nicht so schnell auffindbar sein, falls er wegen irgendetwas in Verdacht geriet.
Maik Ladberger fuhr uns mit seinem Dienstwagen voraus. Und außerdem war natürlich Verstärkung angefordert worden, die so schnell es irgend möglich war, zur Adresse von Annalisa Melgent fahren und das Gebäude abriegeln sollte.
Schließlich nahm niemand von uns an, dass Chovsky sich so einfach festnehmen ließ. „Das Dossier über Chovsky ist ziemlich umfangreich”, sagte Rudi, der das Laptop während der Fahrt auf den Knien hatte. „Abgesehen von Drogendelikten gibt es da auch noch Verstöße gegen die Waffengesetze, Angriff auf Polizisten, Körperverletzung und so weiter und so fort.”
„Sicherheitshalber also besser die Kevlar-Weste anlegen”, meinte ich.
„Das sowieso.”
Die Adresse, die Kömmings uns gegeben hatte, gehörte zu einem Wohnblock in einer Seitenstraße. Es herrschte akuter Parkplatzmangel. Uns blieb nichts anderes übrig, als die letzten fünf Minuten zu Fuß zu laufen Die Kevlar-Weste trugen wir unter der Kleidung, und wir verbargen unsere Ausrüstung so gut es ging, um nicht übermäßig aufzufallen.
Maik Ladberger hatte in der Nähe geparkt.
„Die Verstärkung braucht noch ein bisschen”, sagte er. „Sie haben ja gesehen, was momentan auf den Straßen in dieser Stadt los ist, seit bei der Stadtverwaltung der Bauwahn ausgebrochen ist.”
Ich deutete zu dem Gebäude hinüber.
„Mein Gefühl sagt mir, dass wir da schonmal hereingehen und nicht auf die anderen warten sollten”, sagte ich.
„Ich habe gehört, es ist noch nicht allzu lange her, da sind Sie noch Kriminalhauptkommissar im Außendienst gewesen”, meinte Ladberger.
„Woher haben Sie das denn gehört?”
„Ich habe gute Ohren. Und was so die Runde macht, schnappe ich auf. Aber anscheinend scheinen Sie sich noch nicht so hundertprozentig daran gewöhnt zu haben, dass solche Sachen wie diese hier eigentlich von denen erledigt werden, die darauf spezialisiert sind.”
„Das sind wir auch”, sagte ich. „Oder bist du anderer Meinung, Rudi?”
„Ich habe nicht widersprochen”, stellte Rudi klar.
Maik Ladberger grinste. „Mir gefallen Leute, die anpacken”, meinte er.
Eine Sensation!, dachte ich. Es war das erste Mal, seit Rudi und ich diesem Kerl begegnet waren, dass ich den Eindruck hatte, dass ihm überhaupt irgendetwas gefiel. Ich hielt das für ein ermutigendes Zeichen. Und Rudi konnte ich ansehen, dass er genauso darüber dachte.
„Du hast recht, Harry: Greifen wir ihn uns - wenn wir unter diesen Bedingungen auf unsere Kavallerie warten, wird das jemanden wie Chovsky nur alarmieren und die ganze Situation verkomplizieren”, sagte Rudi. Und damit fasste er die Situation ziemlich gut zusammen. Die Wohnung, in der sich Chovsky jetzt befand, lag im siebten Stock. Von dort aus hatte man eine freie Sicht auf jeden, der sich dem Haus näherte. Und bei jemandem wie Chovsky war zu vermuten, dass er darauf achtete, was sich in der Umgebung so tat. Leute wie er hatten dafür meistens einen sechsten Sinn.
Wir gingen zu dem Gebäude. Besondere Sicherheitsvorkehrungen gab es hier nicht. Keine Kameras und auch kein privater Sicherheitsdienst.
Um keine Zeit zu verlieren nahmen wir den Aufzug.
Wenige Minuten später standen wir vor der Wohnungstür von Annalisa Melgent.
Hinter der Tür war eine Männerstimme zu hören.
Wir zogen die Dienstwaffen. Rudi trat die Tür ein. Mit einem Ruck flog sie zur Seite. Ich hielt die Waffe mit beiden Händen und stürmte in das Apartment. „BKA! Keine Bewegung!”, rief ich. Rudi und Ladberger waren mir auf den Fersen.
Im Wohnzimmer befanden sich ein Mann und eine Frau. Ferdinand Chovsky war von den Dossiers-Fotos gut zu erkennen. Die Frau musste Annalisa Melgent sein. Auch über sie gab es ein Dossier. Während der Fahrt hatte Rudi einen Blick hineingeworfen. Da standen mehrere Anklagen wegen Zwangsprostitution zu Buche und außerdem Drogenbesitz. Ich hatte das dazugehörige Foto nur flüchtig gesehen. Sie hatte sich seitdem stark verändert. Haarfarbe, Haarlänge und offenbar hatte sie sich auch die Lippe aufspritzen lassen. Chovsky hielt in der Rechten eine Reisetasche, die er jetzt fallenließ.
Offenbar kamen wir genau im richtigen Moment. Er schien vorgehabt zu haben, sich davonzumachen.
Die Linke steckte unter seiner Jacke. Er zögerte einen Moment zu lange. Die Hand umfasste einen Pistolengriff. Er riss die Waffe heraus und erstarrte dann mitten in der Bewegung.
Außer meiner Waffe waren auch die Pistolen von Rudi und Ladberger auf ihn gerichtet. Er hatte keine Chance. Einen kurzen Moment schien er trotzdem zu überlegen, ehe er dann die Waffe fallen ließ.
Rudi legte ihm Handschellen an. „Sie haben das Recht zu schweigen, Herr Chovsky”, sagte er. „Aber falls Sie von diesem Recht keinen Gebrauch machen, kann und wird alles, was Sie von nun an sagen vor Gericht gegen Sie verwendet werden.”
„Ich habe niemandem etwas getan”, behauptete Chovsky.
Rudi drückte ihn in einen der Sessel hinein. Dann nahm er die Waffe vom Boden auf. Ladberger wandte sich unterdessen der Reisetasche zu. Er hob sie auf, öffnete sie. Ganz oben lagen zwei Flugtickets. „Sie wollten nach Rio?”, fragte Maik Ladberger. „Für jemanden, der sich nichts zu schulden hat kommen lassen, ist das aber eine ziemlich plötzliche Abreise, finden Sie nicht?”
„Sie können mich mal”, sagte Chovsky.
„Er hat niemandem etwas getan”, rief Annalisa Melgent.
„Kommt darauf an, wie das ein Gericht beurteilt”, stellte Ladberger klar. Dann holte er aus der Reisetasche einen Plastikbeutel hervor, der mit einem weißen Pulver gefüllt war. „Sieh an, sieh an!”
Chovsky verdrehte die Augen. „Das ist nur für den Eigenbedarf”, behauptete er.
„Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?”, fragte Ladberger.
Ich zeigte Annalisa Melgent inzwischen meinen Ausweis. Anschließend auch Chovsky.
„Was wollen Sie Ferdinand denn diesmal anhängen?”, fragte Annalisa Melgent. „Ich werde aussagen, dass Sie den Stoff in die Tasche getan haben! Ferdinand hatte mit dem Zeug nichts zu tun.”
„Versuchen Sie solche Spielchen besser nicht”, sagte ich. „Wir machen hier unsere Arbeit und haben nicht die Absicht, irgendwem etwas anzuhängen.”
„Meine Güte!” Sie tauschte mit Chovsky einen vielsagenden Blick. Chovsky war ganz blass geworden. Und zwar ziemlich genau in dem Moment, als ich ihm meinen Ausweis gezeigt hatte. Wenn ein Kriminalinspektor des BKA sich eines Falles annahm, musste es um eine größere Sache gehen. Und Chovsky dämmerte es anscheinend, dass es für ihn keineswegs nur um den Besitz einer Drogenmenge ging, die ihn für einige Zeit ins Gefängnis bringen konnte.
Noch mehr an Farbe hatte sein Gesicht dann verloren, als Annalisa Melgent ihren ungeschickten Verteidigungsversuch gestartet hatte.
„Sie wissen, worum es geht, nicht wahr, Herr Chovsky?”
„Keine Ahnung, was Sie meinen!”, zischte er zwischen den Zähnen hindurch.
„Sie sind als Kokain-Dealer bekannt. Widersprechen Sie mir nicht. Zur Zeit kommen Menschen zu Tode, weil ihnen anstatt Kokain pulverförmiges Heroin verkauft wird. Und einer davon war Ihr Kunde.”
„Sowas würde ich nie machen.”
Ich hielt ihn mein Smartphone unter die Nase. Das Display zeigte ein Bild von Friedhelm Nöllemeyer. „Diesen Mann haben Sie Kokain verkauft, das keins war.”
„Ich sage nichts mehr.”
„Sie bekommen Ihren Stoff von Irfan Kerimov”, mischte sich jetzt Ladberger ein. „Machen Sie den Mund auf und sagen Sie aus. Wir glauben nicht, dass Sie für all die Fälle verantwortlich sind, die in der letzten Zeit geschehen sind, und bei denen den Kunden ebenfalls Heroin statt Kokain verkauft wurde!”
„Wie gesagt, ich rede nicht, ohne dass ein Anwalt dabei ist.”
„Gut, das müssen wir akzeptieren”, sagte ich. „Aber die Chancen, dass Ihre Aussage noch etwas wert ist und die Staatsanwaltschaft bereit ist, einen Deal einzugehen, sinken mit jeder Sekunde, die jetzt verstreicht.”
„Ihr könnt mich alle mal”, sagte Ferdinand Chovsky.
„Ferdinand, du musst es ihnen sagen”, meinte jetzt Annalisa Melgent. Ich hatte schon ein paar Augenblicke zuvor bemerkt, wie unruhig sie geworden war. Vielleicht brachte es sogar mehr, sich später mit ihr zu unterhalten als mit Chovsky, der vielleicht auch einfach zuviel Angst vor den Leuten hatte, für die er arbeitete.
„Sei still, Annalisa, hörst du! Sei einfach still und halt dein dummes Maul!”, rief Chovsky. Und dann wandte er sich an mich. „Sie können mir nichts. Sie haben keinerlei Beweise. Okay, Sie haben etwas Stoff gefunden. Kann sein, dass es Kokain ist, kann sein, dass es was anderes ist. Woher wollen Sie wissen, dass ich gewusst habe, was es war? Und woher wollen Sie wissen, dass dieser Typ nicht ausnahmsweise mal Heroin wollte - und nicht Kokain? Kann ich was dafür, wenn der Blödmann nicht weiß, wie man das nimmt, ohne dass man gleich abkratzt? Das kann man mir nicht anlasten, ganz gleich, was Sie mir sonst auch anzuhängen versuchen!”
Maik Ladbergers Telefon klingelte.
Es war einer der Kollegen, die Ladberger zur Verstärkung für diesen Einsatz angefordert hatte. „Ihr könnt den Kerl abholen”, sagte Ladberger. „Wir haben ihn schon.”