Читать книгу Lotterie für Killer: 7 Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 76

Оглавление

6



Bount Reiniger fuhr langsam die düstere Straße entlang. Diese Gegend am Hafen gehörte nicht zu den besseren Vierteln. Und die Slums wucherten wie Krebsgeschwüre. Die Stadtverwaltung war machtlos und stand am Rande der Pleite. New York erstickte allmählich an sich selbst.

Die auf der Straße herumlungernden Schwarzen, Puertoricaner und Weißen beobachteten ihn misstrauisch, als er in seinem teuren ausländischen Wagen an ihnen vorbeiglitt. Das war ein ungewohnter Anblick in dieser Gegend.

Er fuhr noch langsamer, als er sich der gesuchten Nummer näherte. Wie erwartet hatte er keine Schwierigkeiten gehabt, die drei Gangster im Strafregister zu finden. Ein alter Freund, der dort tätig war und ihm des Öfteren aushalf, hatte auch diesmal seine Wünsche erfüllen können.

Es dauerte keine zwei Stunden, bis er die Namen und die Adressen hatte. Dan Cooper, Walt Lipsky und Dave Rossiter. Sie waren schon mehrfach mit dem Strafgesetz in Konflikt geraten und hatten bereits mehrere Vorstrafen. Diebstahl, Körperverletzung, ein Raubüberfall, einige Einbrüche, Betrügereien mit Scheckkarten, unerlaubter Waffenbesitz. Da nicht immer alles zu beweisen war, hatte man sie meist laufen lassen müssen.

Angeblich wohnten sie gemeinsam bei einer Witwe zur Untermiete. Bount war gespannt, ob das noch stimmte.

Er hatte das Haus erreicht und bremste. Sein Blick glitt über die verkommene Fassade. Selbst ein Anstrich würde hier nicht mehr helfen. Es gab sogar mehrere Parklücken, was für New Yorker Straßen ungewöhnlich war. Er schloss sorgfältig ab, wobei sich ein Rudel Kinder in gebührendem Abstand um ihn sammelte. Die keifende Stimme einer alten Frau trieb sie wieder auseinander.

Bount ging auf das Haus zu, von vielen Augen angestarrt. Er fühlte sich nicht sehr wohl in seiner Haut. Im Hausflur nahm er das übliche Gemisch verschiedener Gerüche wahr, und er hielt kurz den Atem an. Sein Blick streifte die Namensschilder der zerbeulten Briefkästen. Aber die gesuchten waren nicht darunter.

Dann entdeckte er den Namen der Witwe, bei der die drei angeblich wohnten.

Rose Campden - so hieß die Frau - wohnte im dritten Stock. Er stieg die ausgetretenen Stufen hinauf, die unter seinem Gewicht laut knarrten.

Auf einem Treppenabsatz warf er einen Blick durch das schmutzige Fenster auf der Rückseite. Er sah einen Innenhof, der mit Gerümpel gefüllt war. Ein wackliger Zaun trennte ihn vom Nachbargrundstück. Eine Feuerleiter war auch vorhanden.

Er stieg die letzte Stufe hinauf und stand nun vor der gesuchten Wohnung. Eine Klingel gab es nicht, und er musste klopfen. Es dauerte eine ganze Weile, bis hinter der Tür schlurfende Schritte ertönten. Eine schrille Stimme fragte: „Wer ist da?“

„Besuch für Sie und Ihre Untermieter“, sagte Bount.

Einen Moment blieb es still. Offenbar musste es Rose Campden erst verkraften, dass sie Besuch bekam. Das schien nicht oft vorzukommen.

Die Frau sah aus wie sechzig, war aber sicher zehn Jahre jünger. Sie war ungepflegt, und die Haare standen ihr vom Kopf ab. Ihre Augen waren verquollen. Bount schlug eine kräftige Alkoholfahne entgegen.

Er trat einen Schritt näher und sagte höflich: „Ich möchte mir kurz Ihre Wohnung ansehen. Ich komme von der Versicherung. Wir überprüfen nur, ob alles noch so ist, wie in der Police angegeben.“

Sie wollte die Tür wieder zuschlagen.

„Ich brauche keine Versicherung. Machen Sie, dass Sie wegkommen!“

Bount machte schnell einen Schritt nach vorn, sodass er in der Tür stand.

„Ich will Ihnen keine Versicherung andrehen. Es geht um die Versicherung für das gesamte Haus. Damit haben Sie nichts zu tun. Das erledigt der Eigentümer. Damit aber alles seine Richtigkeit hat, müssen wir die einzelnen Wohnungen überprüfen.“ Sie starrte ihn immer noch misstrauisch an, gab aber schließlich den Weg frei. Drinnen sah es genauso aus, wie Bount sich das vorgestellt hatte. Unbeschreibliche Unordnung herrschte. Über den schäbigen Möbeln lag eine dicke Staubschicht.

Sie watschelte hinter ihm her, als er sich die einzelnen Zimmer ansah. Die Wohnung war verhältnismäßig groß. Vom Vorraum zweigte ein schmaler Gang ab, der zu drei weiteren Zimmern führte. Er öffnete die erste der Türen und sah sie fragend an.

„Wohnen hier Ihre Untermieter?“

Sie nickte mürrisch. „Die sind auf Reisen. Das sind Geschäftsleute. Die sind viel unterwegs.“

Bount lächelte schwach. „Manche Geschäfte erfordern eben eine ausgedehnte Reisetätigkeit.“ Er betrat den Raum. „Diese Zimmer muss ich mir auch ansehen.“

Sie zuckte die Achseln und schlurfte davon. Das war ihm nur recht. Schnell verschaffte er sich einen Überblick über die drei Räume. Sie lagen unmittelbar nebeneinander und hatten Verbindungstüren. Ihre Einrichtung entsprach der übrigen Wohnungsausstattung. Er sah auf den ersten Blick, dass die Gangster ausgeflogen waren. Die Schranktüren standen offen, und die Schränke waren fast leer geräumt.

Bount fand nichts, was ihm weiterhelfen konnte. Nur einen kleinen Taschenatlas entdeckte er, in dem die Seiten über Afrika mit Eselsohren verziert waren. Es sah so aus, als müsste er den weiten Weg über den großen Teich antreten.

Er verließ die Wohnung wieder, ohne dass sich Rose Campden weiter um ihn kümmerte. Sie saß auf einem Küchenhocker und hatte eine Flasche Gin an den Lippen. Leise schloss er hinter sich die Tür.

Von einer Telefonzelle rief er sein Büro an. June March meldete sich. „Hatten Sie Erfolg?“, fragte er.

„Ja. Ich habe in der Zwischenzeit mit verschiedenen Fluggesellschaften telefoniert. George Nail hat tatsächlich für sich und drei andere Herren Plätze gebucht. Sie sind heute Morgen mit der PanAm nach Paris geflogen. Von dort geht es weiter mit der Air France nach Dakar und Fort Lamy.“

Bount Reiniger fluchte unterdrückt. „Also doch zu spät. Sie sind schon weg. Wurde ein Rückflug gebucht?“

„Nein. Nur einfacher Flug.“

„Aha. Bitte buchen Sie für mich einen Platz in der nächsten Maschine. Und fragen Sie bei der Gesellschaft an, welche Ausrüstung für dieses Land erforderlich ist.“

„Wird erledigt“, sagte June March. „Sind Sie sicher, dass Sie wirklich allein fliegen wollen?“

„Sie sind zwar sehr hartnäckig, aber mein Entschluss steht trotzdem fest. Sie bleiben hier und halten die Stellung.“ Er legte auf.

Bount trat aus der Telefonzelle auf die Straße und sah auf seine Uhr. Er hatte noch ein wenig Zeit. Ein Besuch bei Henry Nail würde sich sicher noch lohnen. Da jetzt die Entscheidung gefallen war, konnte ihm der Mann vielleicht noch einige Tipps geben.


Lotterie für Killer: 7 Strand Krimis

Подняться наверх