Читать книгу Krimi Doppelband 2225 - Alfred Bekker - Страница 14
Sechstes Kapitel
ОглавлениеIn der Nacht schlief er schlecht und träumte wildes Zeug. Susi Döhle und Vera Lüders zankten sich vor der Spätlese .
„ Wie konntest du ihn so einfach verlassen?“
„ Was geht dich das an. Meinetwegen kannst du ihn haben. Vielleicht liebt er unreifes Gemüse.“
In dem Moment hielt ein Streifenwagen neben den streitenden Frauen, Arne Wilster stieg mühsam aus und hinkte am Stock auf Susi und Vera zu: „Was macht ihr hier für einen Lärm? Mädchen – du gehörst doch längst ins Bett. Und Sie, Vera kümmern sich zukünftig gefälligst um ihren eigenen Kram, verstanden? Sonst gibt es echten Ärger.“
„ Das ist mein Kram“, trotzte sie.
Wilster antwortete nicht, sondern hinkte zum Streifenwagen zurück.
Am Vormittag rief Wilster ihn in der Agentur L&T, Landau & Thiesow, an: „Ich glaube, ich habe was für dich.“
„ Ach nee. Lass mal hören!“
„ Als in Schallberg der Geldautomat gesprengt wurde, hat eine Mieterin von gegenüber beobachtet, dass zwei Männer aus der Bank herausgekommen und in einen dunklen Wagen gestiegen sind. Das Kennzeichen hat sie nicht gelesen, die Marke kannte sie nicht, und die Schnörkelfigur auf der Fahrertür hat sie nicht erkannt. Jetzt hat sie sich auf dem Revier Schallberg gemeldet und behauptet, sie hätte einen Wagen mit diesem Schnörkel gesehen, und diesmal hat sie sich das Kennzeichen aufgeschrieben.“
„ Nach wie viel Jahren wiedererkannt? Etwas dünn, findest du nicht auch?“
„ Sehr dünn sogar, aber Ertrinkende greifen auch nach Strohhalmen.“
„ Dann habe ich auch einen Frage an dich.“ „Ich habe heute Nacht von dir geträumt.“
Wilster kicherte.
„ Susi Döhle und Vera Lüders haben sich vor einem Restaurant gestritten. Du bist dazu gekommen und hast beide Frauen ziemlich barsch nach Hause geschickt.“
„ Vera Lüders kenne ich, die ist mir immer wieder auf die Bude gerückt, ob ich nicht endlich den Schuldigen am Tod ihrer Mutter gefunden hätte. Eine Susi Döhle kenne ich nicht.“
„ Aber ich.“ Also musste er notgedrungen, wenn auch in Kurzform erzählen, wann und wo er Susi Döhle getroffen hatte.
Wilster war beeindruckt und stellte auch gleich die Frag, die auch Landau beschäftigte: „Und was verbindet eine Susi Döhle mit einer Vera Lüders?“
„ Sobald ich das weiß, gebe ich dir Bescheid.“
Susi Döhle war erstaunt über seinen Anruf: „Wollen wir noch mal nach Dreschbach ins Thermalbad?“
„ Gerne.“
„ Ich hole dich in einer halben Stunde ab, okay?“
Susi wartete an der Einfahrt und kicherte zur Begrüßung: „Sie jagen Mutter Angst ein. Sie hat versucht, mich vor Ihnen und Ihren gefährlichen Absichten zu warnen.“
„ Das ist stark.“
„ Nein, ganz schwach. Aber nun lassen Sie mal hören, warum Sie mich eingeladen haben.“
„ Pure Neugier, Susi. Ich habe dich ja gestern in der Spätlese gesehen und wollte hören, woher du Vera Lüders kennst.“
„ Die Sie in Boltenhagen Knall auf Fall versetzt hat?“
„ Das weißt du also auch schon?“
„ Natürlich. Wir haben ein sehr vertrauliches Gespräch von Frau zu Frau geführt. Und dabei ist ihr einmal etwas Merkwürdiges herausgerutscht.“
„ So? Was denn?“
„ Sie hat sie einen Tulpenjäger genannt.“
„ Einen was?“
„ Einen Tulpenjäger. Das sind ganz besonders gefährliche Männer. Natürlich habe ich Sie verteidigt.“
Vor Lachen hätte er fast das Steuer verrissen, und sie fragte gekränkt: „Oder trauen Sie mir das nicht zu?“
„ Ich traue Frauen fast alles zu.“
„ Da klingt nicht sehr nett.“
„ Nein, weißt du, ich habe eine Partnerin, Mona Thiesow, die du ja kennst, und im Vorzimmer eine Ella Marx. Die beiden tun alles, um mich unter dem Pantoffel zu halten.“
„ Sie Ärmster.“
Aber erst, als er nach seinen ersten tausend Metern in der Sonne lag, kam sie auf das zu sprechen, was er wissen wollte:
„ Ich kannte sie nicht, sie kam zu uns in die Waldparkallee und wollte mit Oliver Rendel reden.“
„ Erstaunlich. Den kennt sie also auch?“
„ Wenn Sie mich fragen, sogar sehr gut. Und weil sie so geheimnisvoll taten, habe ich gelauscht. Dabei hat sie was gesagt, was ich nicht so richtig verstanden habe.“
„ Kriegst du den Text noch so ungefähr zusammen?“
„ Ja, so etwa: ‚Ich hätte dir das mit den Schlüsseln nie erzählen dürfen.‘
Und er blaffte sie an, richtig böse: ‚Mein Gott, Vera, das war ein Versehen. Wir haben uns schlicht und einfach verrechnet. Es tut mir schrecklich leid.‘
‚ Das hast du damals schon gesagt. Und das hat mir damals schon nichts genutzt, Und jetzt bist du schon wieder pleite.‘
‚ Hannes will mir helfen.‘“
Als Susi schwieg, rüttelte Landau ihren Oberarm. „Hast du das alles wirklich gehört? Oder ist dir die Fantasie durchgegangen?“
Damit hatte er sie schwer gekränkt, sie sprang auf, stemmte beide Fäuste in die Seite und fauchte: „Warum glaubt mir nie einer und sagt einfach, ich würde lügen oder fantasieren?“
„ Das tue ich doch gar nicht. Ich muss nur sicher sein, bevor ich etwas unternehme.“
„ Was denn unternehmen?“
„ Wen möchtest du loswerden? Deinen Vater oder Oliver Rendel oder deine Mutter?“
„ Eigentlich alle“, erwiderte sie verblüffend sachlich.
„ Das bedeutet Internat, Susi.“
„ Schlimmer als die Waldparkallee kann es auch nicht werden.“
Sie ging sehr ruhig mit ihm ans Schwimmbecken, und er beschloss es zu riskieren.
Nachdem sie sich abgetrocknet hatten, erkundiget er sich: „Kennst du den Ritter Bommel? “
„ Ja.“
„ Ich habe mal wieder Hunger auf Bratkartoffeln mit Speck, Hausmacher Sülze und Spreewaldgurke.“
„ Wenn Sie mich einladen, bin ich dabei.“
Das hatte er nicht anders erwartet.
Der Ritter Bommel war eine urige Kneipe mit drei verschiedenen Biersorten und einer Speisekarte mit kleinen Preisen, die sich auch Bafög-Studenten leisten konnten. Und hauptsächlich Studenten füllten den großen niedrigen Raum. Es war laut, etwas miefig, aber hier gab es die besten Bratkartoffeln in ganz Tellheim, und von der Hausmachersülze sagte selbst Fido Lorch, der Pächter und „Chefkoch“ der Spätlese , besser bekomme er sie auch nicht hin.
Susi schloss sich seiner Wahl an, wünschte sich allerdings eine zweite Essiggurke und langte kräftig zu. Landau betrachtet sie amüsiert; „Ist dir schon aufgefallen, dass wir uns fast immer beim Essen treffen?“
Sie schaute verlegen hoch: „Stört es Sie?“
„ Nein. Ich frage mich immer nur, wo lässt du das alles? Bekommst du in der Waldparkallee so wenig zu essen?“
„ Noch weniger“, sagte sie böse. „Mutter hat schon gefrühstückt, wenn sie morgens von ihrem Freund nach Hause kommt. Mittags kocht sie nicht und abends muss sie auf ihre Figur achten.“
„ Und dein Vater?“
„ Der trinkt eine Tasse Kaffee und geht vor dem Büro in so eine American breakfast bar . Er hat mich mal mitgenommen. Spiegeleier oder Rühreier mit Bacon, kein vernünftiges Brot, keine Marmelade, kein Obst bis auf diese scheußlichen Wassermelonen. Und Kaffee wie Spülwasser.“
„ Wenn ich dich richtig verstanden habe, habt ihr doch zurzeit einen Logiergast.“
„ Oliver Rendel? Der verhungert lieber als einen Handschlag zu tun. Außerdem ist er so pleite, dass er sich nicht einmal eine Pizza bestellen kann.“
„ Als meine Partnerin dich in die Waldparkallee zurückgebracht hat, gab es bei euch doch eine nette Haushaltshilfe – hat sie behauptet.“
„ Dunja, richtig, die gab’s damals noch. Mutter hat sie inzwischen gefeuert, weil sie angeblich Hannes schöne Augen machte.“
„ Die Ehe deiner Eltern taugt nicht mehr viel, was?“
„ Nein, er schläft mit allen Frauen und Mädchen, die er kriegen kann und schämt sich nicht einmal, es auch bei meinen Klassenkameradinnen zu versuchen. Einige kommen schon nicht mehr zu mir ins Haus.“
„ Und deine Mutter?“
„ Die hat lieber feste Freunde, als von Bett zu Bett zu hüpfen. Aber für mich ist das auch nicht schöner.“
Sie presste die Lippen zusammen, weil sie über das Thema nicht weiter sprechen wollte.
Landau brachte sie nach Hause und wartete neben ihr an der Haustür. Rendel öffnete, mustert sie und sagte dann zu Landau: „Du stehst wohl auf kleine Mädchen, was? Angst vor großen Titten?“
Das war leichtsinnig. Landau verpasste ihm einen Kinnhaken, sodass Rendel ins Haus zurückkippte und laut aufbrüllte, als er mit dem Hinterkopf gegen eine harte Kante knallte. Susi hüpfte über ihn hinweg ins Haus und rief. „Ich rufe morgen an.“
Landau konnte ihr jetzt nicht mehr helfen. Aber so, wie Rendel nach dem Aufstehen hinkte, hatte Susi von ihm nichts zu befürchten.