Читать книгу Drachenreiter und Magier: 4 Fantasy Abenteuer - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 36

3. DIE ZITADELLE DES RINGES

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Kraynar war aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht. Er stand nun wieder am Ruder und lenkte die GEEDRA sicher durch den tobenden Sturm. Er hatte so etwas schon hundertfach gemacht. Wahrscheinlich wahr er einer der besten Steuermänner Pragans.

Die GEEDRA hatte nur verhältnismäßig geringe Schäden von dem Kampf mit dem Locori davongetragen. Ein paar Planken waren gesplittert und im Segel klaffte ein gut sichtbares Loch.

Lathor hatte einige Männer da zu abgestellt, die entstandenen Schäden so gut es ging zu beheben.

"Wir können froh sein, dass wir diesen Kampf überlebt haben", meinte Kraynar.

Kryll deutete in Richtung des Namenlosen, der stumm am Bug stand.

"Ihm haben wir unser Überleben zu verdanken", murmelte der König dann an den Steuermann gewandt. Kryll bemerkte das düstere Gesicht, dass Lathor, der Kapitän, dabei machte.

Es passt nicht in das Bild, dass er sich von unserem namenlosen Freund gemacht hat, dass gerade er es war, der uns rettete, überlegte Kryll.

"Merkwürdig...", raunte jetzt Kraynar. "Der Locori wurde plötzlich von einer Art Wahnsinn befallen und starb an einer eigentlich harmlosen Verletzung an der Pranke!" Er schüttelte verwundert den Kopf. "Ich habe schon mit vielen Locori gekämpft, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt!"

"Er hat eine Streitaxt des Schattenlandes benutzt", gab Kryll zu bedenken.

Kapitän Lathor nickte.

"Diese Waffe scheint mächtig zu sein! Geheime Kräfte müssen in dieser Axt verborgen zu liegen..." sagte er gedehnt. Er atmete tief durch. "Aber wer sagt uns, dass er diese Macht nicht auch zu unseren Ungunsten einsetzen kann?"

Krylls Gesicht bekam jetzt etwas Finsteres.

Wut stieg in ihm auf, aber es gelang ihm, sich zu beherrschen.

"Lathor!", brachte er schließlich heraus. "Ich verspreche, dass wir alle die Augen aufhalten werden. Wir werden den Namenlosen in allem was er tut beobachten. Aber wir sollten ihm gegenüber kein Misstrauen schüren, solange er uns dazu keinen Grund gibt! Er hat uns allen das Leben gerettet. Wir stehen in seiner Schuld, dass solltet Ihr bedenken, Kapitän! Tarak, der Schattenkönig, verfügt über eine ungeheure Machtfülle, die er in unseren Dienst stellen wird, wenn wir ihm helfen, ein Tor zwischen dem Schattenland und unserer eigenen Welt zu errichten. Pragan wird nicht länger ein Armenhaus bleiben, sonder das Zentrum der Welt werden! Aber das müssen wir uns erst erkämpfen. Man bekommt auf dieser Welt nichts geschenkt, wir ach nicht. Aber wir werden es schaffen!"

Lathor zuckte mit den Schultern.

"Ich hoffe, ihr seid nicht zu optimistisch, mein König", meinte der Kapitän.

Der König bedachte seinen Kapitän mit einem entschlossenen Blick.

"Ich irre mich nicht!", sagte er knapp.

Lathor lachte rau.

"Bei allem Respekt! Aber Ihr seid auch nur ein gewöhnlicher Mensch, mein König! Und als solcher seid Ihr dem Irrtum ebenso unterworfen, wie es jeder Bettler in Alark ist."

Krylls Augen wurden zu schmalen Schlitzen, sein Gesicht zu einer bewegungslosen Maske.

Dann sagte er nach einer kurzen Pause: "Wenn ich erst den Ring von Kuldan und den Spiegel von Uz besitze, bin ich wahrhaftig mehr, als nur ein gewöhnlicher Mensch!" Kryll sprach diese Worte erschreckender Kälte und mit einer fast unmenschlich wirkenden Sicherheit.

Der Hunger nach Macht hat ihn gepackt!, durchfuhr es Norjan, als er diese Worte mitanhörte. Und dieser furchtbare Hunger wird den König nicht mehr loslassen, dachte der alte Ritter. Kryll würde nie gesättigt werden.

*


Der Sturm ließ allmählich nach und das Meer glättete sich wieder. In der Ferne war die Küste von Thark jetzt gut sichtbar.

Ein eiskalter Wind blies jetzt und blähte das Segel auf. Die GEEDRA begann förmlich über die Wellen zu fliegen.

Die Tage gingen dahin und der Wind wurde immer kälter, je weiter sie nach Norden kamen.

Dann sahen sie am Horizont endlich die Zinnen von Kuldan, der Hauptstadt des Landes Thark.

"Eine mächtige Stadt!", rief Norjan fast ehrfurchtsvoll.

"Arkull wird einst eine ebenso große Stadt werden, Norjan!", erwiderte Kryll hart.

Als sie hinüber zum Hafen der tharkischen Hauptstadt blickten, sahen sie, dass es wahrscheinlich Hunderte von Schiffen aller Herren Länder waren, die sich dort tummelten. Praganische Langschiffe waren ebenso zu finden wie Galeeren aus Kroz oder Lukkare oder Schiffe von den Handelsstädten auf Naru, der großen Insel im Südwesten.

Die GEEDRA legte an einem der vielen Stege an und Kryll wandte sich an den Namenlosen.

"Was jetzt? Wie finden wir den Ring?"

"Der Ring befindet sich in einer Zitadelle am Rande von Kuldan Diese Zitadelle ist wesentlich älter, als die Stadt selbst und stammt noch aus der Zeit, als die Horden des Schattenlandes Zugang zu dieser Welt hatten."

Der König hob die Augenbrauen.

"Wird die Zitadelle bewacht?"

"Ja, von den sogenannten Ringwächtern."

"Wie groß ist ihre Zahl?"

"Genau weiß ich es nicht. Suche dir einen Mann der Besatzung aus, dann brechen wir auf."

"Zu dritt?"

"Ja."

"Aber sind wir dann nicht viel zu wenige, um den Ring erobern zu können?"

"Nein."

"Aber..."

"Du vergisst, dass ich aus dem Schattenland komme..."

Ja, dachte Kryll. Und er hat diese furchtbare Axt... Vielleicht war es wirklich überflüssig, mit mehr Männern anzurücken. Kryll zuckte mit den Schultern.

"Wie du meinst, Namenloser!"

Kryll erwählte unter seinen Männern Norjan. Ihm vertraute er am meisten.

"Welchen Grund hat es, nur mit drei Männern aufzubrechen?", fragte Lathor, der Kapitän, mit einem Unterton, der deutliche Skepsis verriet.

Der Namenlose ließ sich aber kaum beeindrucken. Seine Stimme klang ruhig und kalt.

"Es geschieht der Tarnung wegen", erklärte er. "Wir können hier nicht mit einer kleinen Armee durch die Stadt ziehen. Das würde viel Aufsehen erregen und das müssen wir unter allen Umständen vermeiden."

Lathor schien nervös zu werden.

"Von wie vielen Wächtern wird die Zitadelle bewacht?", fragte er dann an den Namenlosen gewandt.

"Vielleicht zwanzig oder dreißig."

Lathor lachte heiser.

"Und zu dritt wollt ihr gegen eine zehnfache Überzahl ziehen?", fragte er dann ironisch.

"Ich habe meine Axt."

"Deine Axt? Gegen so viele Gegner hat auch die beste Axt keine Chance!"

"Es ist ist eine Zauberaxt..."

"Und wenn schon!"

"Hast du vergessen, was meine Axt mit dem Locori getan hat?", fragte nun der Namenlose ruhig und gelassen. Aber Lathor gab sich damit keineswegs zufrieden.

"Ich wittere eine Falle", murmelte er.

"Niemand wird gegen meine Axt bestehen können", erklärte der Namenlose, der sich seiner Sache absolut sicher zu sein schien.

Lathor nickte.

"So ist es, Namenloser! Vielleicht wirst du es sein der unseren König in eine Falle lockt! Es passt alles genau zusammen: Irgendwo in einer dunklen Gasse von Kuldan wirst du den König umbringen. Mit deiner Zauberaxt wird es die auch nicht viel Mühe bereiten, mit zwei Gegnern fertigzuwerden!"

"Genug!", zischte nun der Namenlose wütend.

"Nein, Namenloser! Das ist noch lange nicht alles! Es sieht danach aus, als arbeitetest du für die Remurier! Seit einiger Zeit gehen Gerüchte um, dass es einer Gruppe von Magiern in Kenun gelungen ist, Menschen aus Metall herzustellen!"

Lathor kam ein paar Schritte auf den Namenlosen zu und stellte sich genau vor ihm auf. Dann griff er nach der Kapuze des Namenlosen und legte sie zurück. Der dunkle Metallkopf des Schattenmannes wurde sichtbar. Er glänzte gespenstisch im Sonnenlicht.

Der Kapitän atmete tief durch.

"Der Namenlose könnte ohne weiteres einer der remurischen Metallmänner sein!" Lathors Augen blitzten, als er den Namenlosen mit seinem Blick fixierte. Er verzog den Mund zu einem dünnen, gequälten Lächeln. "Was hast du dazu zu sagen, Namenloser?"

Der Namenlose antwortete nicht.

Der gesichtslose Metallkopf des Mannes aus dem Schattenland hatte nicht den geringsten Ausdruck. Dann packte der Namenlose packte Lathor an der Schulter. Seine dünnen, langfingrige Hand schien seltsam blutleer.

Lathor wurde bleich und sackte mit starren Augen auf die Schiffsplanken wo er reglos liegenblieb.

Olkyr beugte sich über den leblos wirkenden Kapitän.

"Er ist tot", stellte er kurz danach fest. In den Gesichtern der Männer war Entsetzen zu lesen. Er stand auf und wandte sich an den Namenlosen.

"Warum hast du das getan?"

Der Namenlose hatte indessen seinen Metallkopf wieder unter der Kapuze verborgen.

"Bevor Kryll der Herr dieser Welt sein wird, werden noch so manche Köpfe rollen", murmelte er schließlich.

*


Kryll ging zusammen mit Norjan und dem Namenlosen durch die Straßen des geschäftigen Kuldan. Es war schwierig, sich durch die wogenden Menschenmassen zu drängeln. Das Gebiet um den Hafen herum war von Händlern geradezu belagert. Sie kamen aus aller Welt und verkauften die Waren von den eingelaufenen Schiffen.

Bald kamen Kryll und seine beiden Begleiter in weniger überfüllte Stadtviertel. Die breiten Boulevards am Hafen endeten in engen Gassen, in denen sie nur vereinzelt jemandem begegneten.

Während sie durch die Gassen eilten, dachte der König über Lathors Tod nach.

Was wird mir am Ende blühen, wenn ich mich eines Tages gegen Tarak stellen sollte?, fragte er sich.

Vielleicht konnte er dem Namenlosen zuvorkommen...

Jedenfalls stand fest, dass Kryll nicht die Absicht hatte, als willenloser Sklave Taraks zu enden. Er war sein eigener Herr und wollte es bleiben!

Und bald auch Herr einer ganzen Welt, ergänzte er in Gedanken.

Aber Kryll hatte wenig Neigung dazu, letztlich nichts weiter zu sein, als eine Art Statthalter für Tarak, den Herrn des Schattenlandes.

Vorausgesetzt er nimmt dir nicht auch diese bescheidene Rolle, wenn er erst einmal bekommen hat, was er will, durchzuckte es Kryll eisig.

Aber Kryll war sich sicher, dass er irgendeine Möglichkeit finden würde, um Tarak zu gegebener Zeit entgegenzutreten - und dasselbe galt für den Namenlosen.

Doch zuvor musste er sich im Besitz des Ringes und des Spiegels befinden und alles über diese beiden magischen Werkzeuge in Erfahrung bringen, was es über sie zu wissen gab.

Dann erst konnte er seine Pläne verwirklichen.

Für einen Moment begann Zweifel in seinem Inneren zu nagen.

Er spürte den Hunger nach Macht, der ihn von innen heraus schier zu zerfressen drohte und ihn mehr und mehr zu beherrschen begann.

Es ist ein Spiel mit hohem Einsatz, dachte er. Die Mächte, die er er heraufbeschwor, konnten sich als zweischneidiges Schwert entpuppen. Sie waren gefährlich - und zwar gleichermaßen für Freund und Feind gleichermaßen.

*


Kryll, Norjan und der Namenlose kamen nun in die Außenbezirke von Kuldan. Die tharkische Hauptstadt war eine wild in die Umgebung wuchernde Stadt. Zahllose Bauern, deren Erträge zurückgingen, und deren Boden nicht mehr das Lebensnotwendige abgab, wurden von der großen Stadt wie magisch angezogen. Dort versuchten sie, ihr Glück zu machen, aber nur den wenigsten gelang das auch.

An die dicht besiedelte Stadt schloss sich das ausgedehnte Bergland von Thark an. Auf einer Anhöhe war eine verwitterte Ruine zu sehen. Aber trotz ihres offenbar fortgeschrittenen Alters machte das steinerne Gebäude einen massiven und stabilen Eindruck. Etwas Zeitloses schien über diesem Ort zu liegen.

Der Namenlose deutete mit der Rechten in Richtung der Ruine.

"Dort ist die Zitadelle des Ringes", erklärte er mit einem merkwürdigen Unterton.

"Sie scheint verlassen", meldete sich Norjan zu Wort.

"Aber der Schein trügt", warnte der Namenlose.

Weder Kryll noch Norjan bezweifelten, dass der Namenloser recht behalten würde, obwohl es mehr ein bestimmtes Gefühl war, dass ihnen das sagte, als irgendwelche äußerlich sichtbaren Anzeichen...

Als sie die Ruine erreichten, holte der Namenlose seine monströse Axt hervor und trat mit einem einzigen, wohlplatzierten Tritt eine morsch gewordene Holztür auf. Mit einem hässlichen Krachen brach sie aus ihren verrosteten Scharnieren heraus. Einige kleinere Steine rutschten aus der Wand heraus, Staub wurde aufgewirbelt.

"Wir werden uns durch diesen Krach verraten", vermutete Kryll.

Aber den Namenlosen ließ das ungerührt.

"Die Wesen, die in diesem Gemäuer hausen, haben uns schon längst entdeckt - und zwar spätestens zu dem Zeitpunkt, da wir diesen Hügel erstiegen", war seine im Brustton der Überzeugung gesprochene Entgegnung.

Vor ihnen eröffnete sich ein düsterer Gang.

Er sah nicht sehr einladend aus. Und aus diesem Gang drang so etwas wie ein Summen.

"Was ist das?", erkundigte sich Kryll.

"Der Gesang der Ringwächter. Er hat nichts zu sagen", war die Antwort des Namenlosen.

Er hob die Axt und hielt sie hoch über dem Kopf.

Das Summen - der Gesang der Ringwächter - war für die Ohren von Kryll und Norjan ein grauenhaftes, quälendes Geräusch, das bereits nach wenigen Augenblicken zermürbend wirkte.

"Bleibt dicht hinter mir!", befahl der Mann aus dem Schattenland jetzt. Kryll und Norjan nickten einhellig. Mit vorsichtigen Schritten stapfte der Namenlose tiefer und tiefer in den düsteren Gang hinein.

Die beiden anderen folgten ihm.

Hoch erhoben hielt er dabei die Axt - und die Axt des Namenlosen begann seltsam zu leuchten! Es war ein starkes, rötliches Licht, das von der monströsen Waffe ausging und den Gang ein wenig erhellte.

Unterdessen schwoll der Gesang der Ringwächter zu einem ohrenbetäubenden Lärm an, der einen Menschen über kurz oder lang in den Wahnsinn treiben musste.

"Lasst euch von dem Gesang nicht irre machen!", rief der Namenlose seinen Begleitern zu, die ihn kaum verstehen konnten.

Drachenreiter und Magier: 4 Fantasy Abenteuer

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