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Kapitel 4

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Der Tag des Termins beim Kinderarzt ist angebrochen. Seit dem einen Abend, an dem Jakob mit den Plüschtieren sprach, hat er es leider nicht wiederholt.

Stefanie zieht Jakob gerade noch eine leichte Jacke über und unten im Treppenhaus darf er in seinen Kinderwagen. Jakob hat schlecht geschlafen, deshalb erlaubt ihm seine Mutter heute, nicht laufen zu müssen.

Im Wartezimmer angekommen sitzen die beiden auf Stühlen direkt neben einem Tisch, auf dem Infomaterialien liegen:

Mein erster Schultag

Gesund und fit für den Kindergarten

Säuglinge bei der Tagesmutter

Alle Kinderkrankheiten auf einen Blick

Kinder an Geschwister gewöhnen...

All diese Titel schmücken die Broschüren und Stefanie muss daran denken, dass Jakob eigentlich bald in die Schule kommen würde. Was aber, wenn er bis dahin immer noch nicht spricht?

„Guten Tag, Jakob. Wie geht es dir heute? Oh, der Drache und das Krokodil durften auch mit?“

Jakob schenkt Herrn Dr. Müller ein Mundwinkelzucken.

„Das ist sein neues Lächeln“, erklärt Stefanie stolz und schiebt Jakob in Richtung des Arzttisches.

„Oh, Fortschritte, wie wunderbar. Nehmt doch beide Platz und erzählt mir, was es Neues gibt.“

Jakob setzt sich neben seine Mutter. Mit Drache und Krokodil im Arm schenkt er dem Boden wieder seine Aufmerksamkeit.

„Ich würde mit Ihnen gerne etwas besprechen, wenn mein Sohn später nicht im Raum dabei ist. Ich muss Ihnen etwas Erfreuliches berichten, Herr Dr. Müller.“

„Das klingt sehr gut, aber schauen wir erst einmal auf die Blutwerte... Nun ja, die Ergebnisse sind entsprechend der Tatsache, dass er nichts isst. Ansonsten gibt es keinerlei Abweichungen der Normwerte für Kinder in Jakobs Alter, welche auf eine organische Krankheit hinweisen könnten.“

„Das ist wunderbar“, strahlt Stefanie ihren Sohn an. „Deinem Blut geht es gut, Jakob, hast du gehört? Das ist fantastisch.“

Jakob schielt zu seiner Mutter, sagt aber nichts.

„Nun Jakob, möchtest du etwas mit Angelika spielen? Sie wartet schon draußen auf dich. Ich spreche wieder kurz alleine mit deiner Mutter.“

Er läuft zur Tür. Angelika streckt ihm schon ihre Hand entgegen und begleitet ihn ins Wartezimmer zu den Spielsachen, die er nicht anrührt. Stattdessen erfindet Angelika Geschichten über den Drachen und das Krokodil, welchen Jakob interessiert lauscht.

„Also Herr Dr. Müller, ich wollte dies vor Jakob nicht sagen, aber er hat vor zwei Tagen in der Nacht gesprochen. Ich dachte erst, das Radio wäre noch an. Aber es war Jakob, der offensichtlich mit den Stofftieren sprach.“

Der Kinderarzt klatscht lautlos in die Hände: „Genau dafür sind Plüschfreunde da. Ich wusste, dass sie ihm helfen werden. Und konnten Sie verstehen, was er ihnen erzählte?“

„Ja. Er hat in ganzen Sätzen gesprochen. Er kann sprechen, aber hat Angst etwas Falsches zu sagen...“

Der Kinderarzt legt seine Stirn in Falten.

„Wir müssen ihm das Gefühl geben, alles sagen zu können, was ihn bedrückt. Aber er weiß nicht, dass Sie ihn gehört haben?“

Stefanie knetet nervös ihre Fingerknöchel und rutscht in ihrem Sitz hin und her.

„Nein, natürlich nicht. Am besten behalten wir das für uns. Er wird schon sprechen, wenn er soweit ist. Jetzt wissen wir ja, dass er es kann.“

Die grauen Haare des Arztes werden durch sein starkes Kopfschütteln etwas durcheinander.

„Ich möchte keinen Druck ausüben oder Sie in Panik versetzen, aber Jakob soll doch eigentlich bald eingeschult werden, oder?“

Stefanie nickt.

„Ja. Daran dachte ich auch schon, aber vielleicht könnte er ein Jahr zurückgestellt werden?“

„Also, ich wäre dafür, ihn damit zu konfrontieren, dass Sie ihn gehört haben.“

Stefanie kann sich gegen den Arzt nicht wehren. Wenn der erfahrene Kinderarzt denkt, das wäre das Beste für Jakob, dann wird es so gemacht.

Der Junge wird wieder ins Sprechzimmer dazu geholt und Herr Dr. Müller beginnt: „Hier, Jakob, setz dich wieder zu uns. Ich muss mit dir sprechen. Ist es in Ordnung, wenn deine Mutter hier bleibt?“

Jakob nickt und der Arzt lehnt sich freundlich über seinen Schreibtisch.

„Hör zu, dir fehlt körperlich gar nichts. Du bist vollkommen gesund, wie ein Fünfjähriger sein soll, aber es wäre schön, wenn du mit uns sprichst. Wir wissen, dass du es kannst. Deine Mutter hat dich vor ein paar Tagen mit den Stofftieren reden hören. Du bildest ganze Sätze und hast sicherlich einen großen Wortschatz. All die Jahre hast du den Menschen zugehört, wie sie sprechen und bestimmte Wörter in Situationen benutzen und es ist ganz leicht es nachzumachen, wenn man so schlau ist wie du.“

Jakobs Augen weiten sich kurz, aber er schweigt weiterhin.

„Wir geben dir natürlich alle Zeit der Welt. Wenn du soweit bist, fang einfach an zu sprechen. Du weißt, dass du es kannst. Du möchtest doch sicherlich bald in die Schule kommen? Dort kannst du aber nur etwas lernen, wenn du sprechen kannst. Du findest dort neue Freunde und...“

Jakobs Mutter unterbricht ihn: „Herr Dr. Müller, ich glaube es reicht. Natürlich sollen wir Jakob nicht unter Druck setzen, aber so wird das auch nichts. Ich nehme ihn jetzt mit nach Hause und wir überlegen uns etwas. Auf Wiedersehen.“

Herr Dr. Müller kann die kleine Familie nicht aufhalten, so schnell ist Stefanie mit ihrem Sohn auf dem Arm verschwunden. Er fährt sich ratlos durch seine grauen Haare und rückt seine Brille zurecht, bevor der nächste Patient zur Untersuchung erscheint.

„Mein Großer, möchtest du laufen oder in den Kinderwagen?“

Jakob zeigt auf den Kinderwagen und nimmt Platz. Stefanie schiebt ihn vor sich her und genießt die Sonnenstrahlen. Auf einmal fängt Jakob an zu quengeln.

Er hebt sein lockiges Köpfchen und streckt alle Gliedmaßen in Richtung des Weges, der zum Kuhstall führt.

„Möchtest du wieder zu den Kühen?“

Er nickt. Stefanie wendet den Kinderwagen und die beiden besuchen den Bauern und seine Kühe erneut.

„Guten Tag. Wen haben wir denn da? Dir hat es bei mir gefallen, oder?“ Der Bauer freut sich sichtlich über den Besuch, während er mitten auf dem Hof steht und einen Angestellten im Traktor dirigiert.

Jakob rappelt sich aus dem Kinderwagen auf und geht in den Kuhstall. Mit einem lauten Muhen wird er von Gerda begrüßt.

„Wie geht es ihm denn? Neue Erkenntnisse?“, erkundigt sich der Bauer bei Stefanie.

„Er redet mit seinen Stofftieren und als wir vor ein paar Tagen von Ihnen nach Hause gelaufen sind, sagte er Muh.“

„Welch erfreuliche Neuigkeiten. Es wird schon besser werden.“

Der Tierwirt tätschelt Stefanie liebevoll die Schulter.

Jakob verbringt etwas Zeit im Kuhstall und kommt dann wieder hinaus auf den Hof. Der Bauer möchte ihm eines seiner neusten Tiere vorstellen.

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