Читать книгу Herrlich unperfekt - Amanda Robbie - Страница 7

1. Ein vollkommenes Durcheinander?

Оглавление

»Möglicherweise empfinden dich manche Menschen als etwas einschüchternd.«

Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie meine Freundin auf diese Idee gekommen sein könnte. Gut, abgesehen davon, dass ich sehr laut, selbstbewusst und dominant bin. Und ziemlich groß. Sie hatte mir davon erzählt, dass die Theologische Hochschule eine Gemeinschaft der Heiligen sei – und eine der Sünder. Und dann hatte sie mir ans Herz gelegt, mir bewusst zu machen, wie ich auf andere wirkte. Ich schätzte ihre Direktheit. Ich bin nicht besonders gut darin, subtile Hinweise zu erkennen.

Es war kurz bevor mein Mann die Ausbildung für den Dienst in der »Kirche von England« begann. Wir hatten einen Nachmittag mit unseren weisen christlichen Freunden verbracht, die schon auf dem Campus des College lebten, an das auch wir wollten. Eine Theologische Hochschule kann ein Ort sein, an dem man viel Spaß hat und wo die Beziehungen sehr intensiv sind, denn wenn man gemeinsam studiert, Gottesdienst feiert und miteinander lebt, lernt man sich sehr gut kennen.

Bei meiner Ankunft im College war ich fest entschlossen, mich so gut wie möglich zurückzunehmen. Offensichtlich war Gott der Überzeugung, dass ich das ohne fremde Hilfe nicht schaffen würde, denn gleich zu Anfang fing ich mir einen furchtbaren Virus ein und lag ungefähr einen Monat lang im Bett. Keine Chance, auf irgendjemanden furchteinflößend zu wirken. Zumindest hoffte ich das.

Später, nachdem wir uns eingelebt hatten, war ich gespannt, wie ich es mit dem »nicht Furchteinflößendsein« hinbekommen hatte, und fragte eine Freundin danach. Hatte sie mich als einschüchternd empfunden, als sie mir zum ersten Mal begegnet war?

Ich hatte meine Sache wohl etwas weniger gut gemacht, als ich geglaubt hatte, denn ihre Antwort lautete: »Zuerst ja.« [Lange Pause] »Aber dann hab ich dein Haus gesehen.« [Wieder eine Pause. Dann Gelächter.]

Mein Campus-Haus war in der Tat etwas unaufgeräumt. Also gut, mehr als unaufgeräumt. Wir waren zwei Erwachsene, zwei kleine Kinder, zwei Katzen und hatten zwei komplette Haushalte in einem kleinen Haus am College untergebracht.


Und ich mache niemals Hausarbeit, solange es nicht unvermeidlich ist (oder es andere, noch unattraktivere Dinge zu tun gibt). Obwohl meine Persönlichkeit den Eindruck vermittelt, dass ich total über den Dingen stehe, offenbart mein Haus die Wahrheit: Ich bin ein Chaos.

Natürlich hat nicht jeder ein so unordentliches Haus wie ich. Vielleicht beschränkt sich die Unordnung bei einigen auf ein paar alte Zettel, die am Boden einer Handtasche schlummern. Oder es ist nur der Küchenschrank mit ein paar Schnurstücken, alten Schlüsseln, leeren Akkus und undefinierbaren Metallteilen, die aussehen, als könnten sie noch für irgendetwas wichtig sein. Vielleicht gibt es auch gar keine äußerlich sichtbare Unordnung, weil alles aufgeräumt ist. Hurra! Aber, und das ist die schlechte Nachricht, morgen oder zu einem späteren Zeitpunkt muss es wieder in Ordnung gebracht werden.

Die materielle Unordnung, mit der wir es täglich zu tun haben – in unseren Handtaschen, im Büro, im Garten, wo auch immer –, ist nur eine Reflektion der emotionalen und geistlichen Unordnung tief in unseren Herzen und überall in der Welt. Diese weniger greifbare Unordnung sehen wir in all unseren Beziehungen und in unserer Umgebung: Unsere Familie, unser Haus, die Gemeinde und unser gesamtes Leben sind nie in dem Zustand, in dem sie sein sollten.

Vergleichen wir dies einmal mit Gottes Gebot: »Sondern wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein in eurem ganzen Wandel. Denn es steht geschrieben: ›Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig!‹« (1. Petrus 1,15–16).

Wenn wir dazu berufen sind, heilig zu sein, für Gott bestimmt zu sein, um seinen vollkommenen Charakter widerzuspiegeln, wie können wir dem gerecht werden, wenn unser Leben weit davon entfernt ist, heilig zu sein, und sich dies sehr wohl in unseren Handtaschen, Gemeinden und unserem Umfeld widerspiegelt? Was tut Gott in diesem Chaos, das mein Leben ist? Und wie kann ich bei klarem Verstand und gottgefällig bleiben, wenn ich mit einer Handtasche voll klebrigem Zeugs, dem Erbrochenen der Katze, einem auf dem Badezimmerboden vergessenen Pyjama und den Überresten eines vergessenen Bastelprojekts unter dem Küchentisch konfrontiert bin?

Herrlich unperfekt

Подняться наверх