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Was ist Unordnung?
ОглавлениеIst Unordnung etwas, das einfach zum Leben dazugehört? Oder ist sie vermeidbar, wenn wir organisiert genug sind, heilig genug und/oder genügend beten? Werden meine Eltern meine Lebensentscheidungen gutheißen, wenn ich alles unter Kontrolle behalte? Wenn ich heilig bin und viel bete, werden die Kinder dann aufhören sich zu zanken? Und werden mich meine Kollegen dann respektieren? Oft zielen unsere Vorsätze für ein neues Jahr auf die »unordentlichen« Bereiche unseres Lebens: Der Zustand unserer Wohnung, unser unkontrolliertes Essverhalten oder unsere Neigung zur Bequemlichkeit. Aber spätestens im Februar sind alle guten Vorsätze dahin und wir sind wieder von Durcheinander und Kuchenkrümeln überschwemmt. Es gibt viele Bücher über den Kampf gegen die Unordnung. Darüber, wie ich meine Zeit managen und zu einer Königin des Haushalts oder etwas Ähnlichem werden kann. Ein paar davon habe ich gekauft und sogar einige der Ratschläge in die Praxis umgesetzt – ich hatte gehofft, dass die Unordnung durch das Lesen und die neue Art, die Dinge anzupacken, verschwinden würde. Aber das tat sie nicht.
Unordnung ist kein biblisches Wort, aber leider ist sie ein Nebenprodukt der Sünde. Sie ist ein Problem, das uns alle betrifft, und sie wird in der Bibel sehr zentral behandelt. Das bedeutet, dass Unordnung niemals ganz vermieden werden kann, gleichgültig, mit wie viel Bleichmittel im wörtlichen oder übertragenen Sinn wir unser Haus, unsere Arbeitsstelle oder unser Leben behandeln. In den ersten Kapiteln der Genesis lesen wir, wie Gott unsere Welt vollkommen erschaffen hat und wie Mann, Frau und Gott in vollkommenen Beziehungen mit ihm und untereinander lebten. Dann begegnete Eva der Schlange und sie und Adam entschieden sich, Gottes Wort anzuzweifeln. Sie glaubten der erschaffenen Schlange mehr als Gott, dem guten Schöpfer, der sie vor dem Essen der Frucht zur Erkenntnis von Gut und Böse gewarnt hatte. Von dem Moment an, als die beiden sich entschieden hatten, ihren eigenen Weg zu gehen, und von der Frucht aßen, ging es mit der Welt bergab. Und die Unordnung ist seither Teil unseres Lebens.
Die Unordnung kann durch unsere eigene Sünde oder die anderer Menschen in unser Leben kommen. Wenn ich die Kinder wütend anschreie, ist das eine Sünde, die die Beziehungen unserer Familie in Unordnung bringt. Ihr Streiten darüber, wer bei der Familienandacht aus der Bibel vorlesen darf, ist ebenfalls eine Sünde (und der Grund dafür, dass ich sie gerade angeschrien habe) – und auch das bringt unsere Beziehungen miteinander in Unordnung. Meine frostige Beziehung mit unseren Nachbarn mag an ihrer Sünde liegen, Menschen mit Kurzhaarschnitt nicht zu mögen, oder an meiner Sünde, mein Auto einmal zu oft gedankenlos vor ihrer Einfahrt geparkt zu haben.
Die Unordnung kann durch das, was wir tun (Handlung), in unser Leben kommen, zum Beispiel wenn wir aus Wut einen Teller an die Wand schmeißen. Ebenso aber auch durch das, was wir nicht tun (Unterlassung), wenn wir die Scherben nicht wegräumen, weil wir dazu noch zu sauer sind. Ich habe oft das Gefühl, dass meine Sünden der Unterlassung mich mehr belasten. Ich sehe so vieles, das getan werden müsste, aber ich habe nicht die Zeit und die Energie, es zu tun, oder ich bin einfach nicht in der Lage dazu. Meine Vorstellungen von den Dingen sind viel größer als meine tatsächliche Kapazität, diese umzusetzen. Der Gedanke an alles, was getan werden müsste, ist manchmal schwer auszuhalten angesichts meiner Unfähigkeit, es tatsächlich zu tun.
Wie Adam und Eva versuchen wir in den meisten Fällen, jemand anderem die Schuld für unser Durcheinander zu geben – die Schlange hätte das sicher auch gerne versucht, nur konnte sie sich nicht herausreden. Keins meiner Kinder wollte je verantwortlich gewesen sein für das bunte »Ich nicht, Mummy« auf der Tapete. Es ist nie meine eigene Schuld, dass meine Tochter mich anschreit. Diese Dinge mögen wie Kleinigkeiten erscheinen, aber es sind echte Probleme, die Gott verletzen und sowohl seine Welt als auch unsere Beziehungen beschädigen. Deshalb sollten wir sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Trotzdem muss ich mir in solchen Momenten in Erinnerung rufen, dass mir vergeben werden kann, weil Jesus an meiner Stelle gestorben und Gott mir gegenüber reich an Gnade ist: für die frostige Stimmung zwischen mir und der Frau, die einmal eine enge Freundin gewesen ist; für all das, was ich nicht getan habe; für die mit Alltagsaufgaben vertane Stunde, in der ich mich auf das Leiten des Hauskreises hätte vorbereiten sollen.
Jesus kam in unsere Welt, um unsere Sünde und ihre chaotischen Folgen zu besiegen. Er starb am Kreuz, das im Zentrum unseres Glaubens steht, und er ertrug die Strafe für unsere Sünden. Die dort erkaufte Vergebung steht uns während unseres gesamten Lebens zur Verfügung. Aber oft stecken wir so tief in unserem Durcheinander, dass wir an Gottes Güte und seiner Treue in Bezug auf seine Versprechen zweifeln. Wir glauben nicht, dass wir wirklich frei von der Verdammnis sind, die wir innerlich fühlen. Wir zweifeln daran, dass wir wirklich Christen sind, und geben der Verzweiflung oder zumindest einer gewissen Teilnahmslosigkeit Raum. In solchen Momenten ist Gottes Gnade die Arznei, die wir anwenden müssen. Wir müssen nach seinem Geschenk der unverdienten Gunst uns gegenüber suchen und es ergreifen. Ich bekomme neue Kraft, wenn ich Gottes Werk der Fürsorge verstehe: Er hat die Welt so geordnet, dass er – sogar mit meinen Fehlern – seine guten Absichten für uns und die gesamte Schöpfung erreicht.