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EINE LIEBESGESCHICHTE

»ICH STEHE NUR AUF ÄLTERE MÄNNER.«

DEZEMBER 2009

SHARI»Da kenne ich einen.«

»Ach ja?«

Und selbstlos hat er mich weitergereicht. Ich gebe zu: Das Ganze war kein Zufall. Mir war durchaus klar, dass Niklas sehr gut mit André befreundet ist. Und dass André Single ist. Der Weg über Niklas war mein strategischer Zug, um nicht allzu offensiv mit meinen Annäherungsversuchen anzurücken. Denn ja, ich war Fan. Ich bin Fan. Von André und von dem, was er macht. Ingo aus Alles was zählt ist mein Held, ich liebe seine Musik. Und so ein Serienstar bekommt ja bekanntlich des Öfteren nette Angebote, im besten Fall von schönen, jungen Damen. Da wollte ich mich nicht einreihen, also musste jeder Schritt gut durchdacht sein. André passte genau in mein Beuteschema: smarter Typ Mitte 30, wesentlich älter als ich. Lustig und nicht auf den Mund gefallen. Intelligent, attraktiv und charismatisch. Und obwohl ich ihn persönlich nicht kannte, hat er mir sehr gefallen. Eine Schwärmerei. Und dank der modernen Welt des Internets, ein paar Fotos von einem uns beiden bekannten Fotografen und einem Wink von Niklas musste glücklicherweise auch André feststellen, dass wir uns zwingend treffen sollten. Beste Voraussetzungen also für die große Liebe. Love at First Sight, arrangiert über Fotos auf Facebook. Klingt großspurig, gebe ich zu. Besser könnten es sich die Autoren einer Daily Soap nicht ausdenken. Aber es war real. Wir waren damals vielleicht beide genau am richtigen Punkt in unserem Leben, um die große Liebe kennenzulernen.

Ich hatte gerade eine aufregende Zeit in Hamburg hinter mir: ein Praktikum bei einem Online-Magazin. Gleichzeitig mein erster Sprung ins kalte Wasser. Erwachsenwerden. Und das, was andere Mädels in zehn Jahren testen, habe ich kurzerhand in sechs Monaten abgearbeitet. Eine für mich aufreibende und emotionale Zeit. Ich habe das erste Mal alleine gewohnt. In einer fremden Stadt. Ich war das erste Mal komplett auf mich alleine gestellt, hatte meinen ersten richtigen Job. Eine Zeit des Umbruchs. Affären mit vergebenen Männern, One-Night-Stands, ich habe meine Grenzen ausgetestet. Einzelheiten erspare ich euch, schon aus Rücksicht auf meine Mutter.

Und wann genau ist man bereit für den Traummann oder die Traumfrau? So viel kann ich sagen: Zurück in Köln war ich nicht mehr dieselbe Shari. Erwachsener, freier und bestimmt auch etwas entspannter. Ich war fest entschlossen, mich erst mal auf mich und mein Studium zu konzentrieren. Wahrscheinlich die beste Voraussetzung für ein Treffen mit dem Traummann. Für ein Treffen mit André.

Und André? Ich bin mir sicher, er hat alles bis zum Maximum ausgereizt in seinem Leben. Feiern, Alkohol, Frauen und Beziehungen. Ich kenne ein paar Details. Bei vielen Dingen habe ich meine Zweifel, dass diese Erfahrungen für seine Entwicklung wirklich nötig waren. Sie haben ihn allerdings zu dem Mann gemacht, den ich heute so sehr liebe.

Einen Tag nach unserem Kennenlernen hat er E-Mails an ein paar Damen verschickt. »Ich habe jemanden kennengelernt, wir können uns nicht weiter treffen.« Er hat mir das ein paar Monate später erzählt, als ich kurzzeitig mal Angst vor dem Moment hatte, an dem er mich doch »zum Mond schießt«.

Wir beide sind traurig über jedes Jahr, das wir ohneeinander verbracht haben, weil wir uns noch nicht kannten. Unglaublich, dass es überhaupt eine Shari ohne André gegeben hat. Wie gerne hätten wir uns schon früher getroffen. Ich mit 14, André mit 25. Okay, das wäre verwerflich gewesen. Wir waren an diesem Tag, zu dieser Zeit, bereit und offen füreinander. Wir waren frei. Wer weiß, ob es zu einem anderen Zeitpunkt so gut gepasst hätte. Nicht nur wegen des Altersunterschieds. Wir beide hatten unsere Geschichte, die uns an diesem Tag zusammengebracht hat.

Und ja, Liebe muss sich entwickeln. Zuneigung, Vertrauen, Intimität, Fürsorge – so was braucht Zeit. Aber der bekannte Blitz ist damals direkt bei uns eingeschlagen. Wir haben uns stundenlang unterhalten und die Leute um uns herum komplett ausgeblendet. Wir konnten und können die Hände nicht voneinander lassen.

Und wir haben direkt am ersten Abend auf den Tisch gebracht, was uns wichtig ist. Inklusive Themen wie Heiraten und Kinder. Was wir erwarten von unserem Partner, von einer Beziehung, von unserem Leben.

Liebe auf den ersten Blick? Wir sind reflektiert genug, um zu wissen, dass das vielleicht eine von uns konstruierte Illusion ist. Etwas, das wir im Nachhinein auf unseren ersten gemeinsamen Moment projizieren, weil er für uns so einzigartig und besonders war. Aber wir haben uns tatsächlich von der ersten Sekunde an mehr als gut verstanden. Der gleiche Humor, der gleiche Musikgeschmack, ähnliche Ansichten über Glauben und Medizin, über Politik und Menschen. Es hat einfach gepasst. Wir haben eine ganze Nacht, unsere erste Nacht, in Andrés Küche gesessen, um am nächsten Tag zu verkünden, dass es uns beiden sehr ernst ist. Am vierten. Tag hat André seinen halben Kleiderschrank freigeräumt und mich gebeten, bei ihm einzuziehen. Seit diesem ersten Abend haben wir nur wenige Nächte nicht miteinander verbracht. Weil André arbeiten musste, wir diverse Junggesellenabschiede gefeiert haben oder ich aufgrund der Geburten unserer vier Kinder im Krankenhaus gelegen habe.

Jede Sekunde, die wir nicht miteinander verbringen, ist mit Sehnsucht gefüllt. Wir sind verrückt nacheinander, heute mehr als früher, jeden Tag ein bisschen mehr.

LIEBE AUF DEN ERSTEN KLICK

DEZEMBER 2009

ICH WILL NUR DICH

WENN ES NICHT ROCKT

DANN MUSS ES ROLLEN

WAS ICH NICHT WILL

MUSS AUCH KEINER FÜR MICH WOLLEN

DOCH WENN AUS NACHLÄSSIGKEIT

LÄSSIGKEIT GEWORDEN IST

BLEIB NICHT WIE DU BIST

BLEIB NICHT WO DU BIST

DANN KAMST DU

DURCH MEINE TÜR

UND PLÖTZLICH WEISS ICH WAS ICH WILL

MIT WEM UND WOFÜR

UND WENN DIE NACHT DANN WIEDER

ZUM TAG GEWORDEN IST

BLEIB, WO DU BIST

UND BLEIB, WIE DU BIST

ICH WILL NUR DICH

ICH STEH AUF DICH

SEIT ICH WEISS DASS ES DICH GIBT

BEI ALLEM WAS MIR HEILIG IST

ICH HAB NOCH NIEMALS SO GELIEBT

UND WENN AUS LUFTSCHLÖSSERN

EIN PALAST GEWORDEN IST

BLEIB WO DU BIST UND BLEIB WIE DU BIST

ICH WILL NUR DICH

ANDRÉAlles, was in diesem Songtext steht, ist wahr. Und alles, was ich jetzt erzähle, ist auch wahr. Und ja, ich weiß, wie unglaubwürdig, verträumt und realitätsfern es klingt. Ich selbst hätte es vor diesem Tag im Dezember 2009 genauso wie die meisten von euch als die völlig verballerte, romantisierte Schmonzette eines liebestrunkenen Vollidioten beziehungsweise die in der Nachbereitung aufgehübschte Story eines frustrierten Mittvierzigers gesehen.

Aber es ist so wahr wie die Tatsache, dass wir immer noch ein Paar sind, obwohl wir dieses Buch gemeinsam geschrieben haben.

Stellt euch einen Typen vor, der mit Mitte 30 noch keine Beziehung auf die Reihe gekriegt hat, die länger als drei Monate ging. Der zehn Jahre On/Off der kränksten Art hinter sich hat. Der sich einen Sport daraus gemacht hat, nicht alleine nach Hause zu gehen. Der in einer Nacht mehr Bier getrunken und mehr Kippen geraucht hat als der Durchschnittsdeutsche in einem Quartal. Der mehr vergessen hat, als die meisten Leute jemals wissen werden (danke, Bob). Der auf einem Tisch eingeschlafen ist und daraufhin drei Monate mit einer tauben Hand rumlaufen musste. Der mindestens dreimal in der Woche bis morgens feiern war, und das so exzessiv, dass einige Leute immer wieder dachten, da sei Koks im Spiel. (War aber zum Glück nie mein Ding. Damit wäre ich wahrscheinlich neun Tage lang wach geblieben.)

Dieser Typ geht also eines Abends zu seiner Tür, öffnet und sieht: Sie.

Sie tritt ein – und ist nie wieder gegangen.

»Soll ich dir die Wohnung zeigen?«

»Klar!«

Ich deute auf die 0,5 Quadratmeter große Speisekammer.

»Da geht’s zum Ostflügel, aber ich zeig dir erst mal den Westflügel und das Billardzimmer!«

In Wahrheit stolpern wir durch mein erweitertes Wohnzimmer, hin zu meinem Schlafzimmer mit dem Schrank, den ich nur drei Tage später freiräumen werde, um ihr anzubieten, bei mir einzuziehen.

Zurück in der Küche trinken und lachen wir, als gäbe es kein Morgen mehr. Und während sich drei ebenfalls anwesende Freunde von mir über Fußball unterhalten, reden wir über eine Hochzeit im Schloss. Und der Typ, der eigentlich nicht mehr in Betracht gezogen hat, jemals zu heiraten, beginnt sich mit diesem Gedanken anzufreunden. Und der Typ, der die Hoffnung aufgegeben hat, geplant (!) Vater zu werden, stellt die eine Frage, die jede andere Frau in die Flucht geschlagen hätte: »Willst du Kinder?«

Seit dieser Nacht, vor neun Jahren, haben wir vielleicht 20 Nächte nicht miteinander verbracht.

Kein Wunder, dass wir inzwischen so viele Kinder haben.

Alles Liebe

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