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Gottes liebende Licht

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Als ich 25 Jahre alt war, nahm sich meine Mutter das Leben. Nach vielen Versuchen hatte sie es nun geschafft und ihr Ziel erreicht. Ich fühlte mich schuldig, nicht für sie da gewesen zu sein. Mein ganzes Leben lang fühlte ich mich für meine Mutter verantwortlich, und erst mit neunzehn Jahren hatte ich beschlossen, dass auch ich mein eigenes Leben haben müsste. Da ich praktisch der einzige Mensch war, der Kontakt mit ihr pflegte, verurteilte ich mich nach ihrem Tod selbst: »Du warst die Einzige, die noch für sie hätte da sein können, und du hast versagt!«

Diese Zeit, die Trauer und das Schuldgefühl, aber auch das viele Arbeiten, um über die Runden zu kommen, trugen dazu bei, dass ich schwer erkrankte. Ein halbes Jahr nach dem Freitod meiner Mutter durchzog ein heftiger Schmerz meinen Körper, so als würde jemand mit einem glühenden Messer meinen Unterleib malträtieren.

Ich suchte unterschiedliche Ärzte auf, aber keiner konnte etwas finden. So lebte ich mehrere Monate mit immer wiederkehrenden, heftigen Schmerzattacken, die letztlich zu einer Notoperation führten. An jenem Tag wusste ich allerdings intuitiv, dass ich meine Tasche fürs Krankenhaus richten müsste. Und als ich dann bei einem Freund zusammenbrach, stellte sich mein Pragmatismus als hilfreich heraus, hatte ich doch einige Vorbereitungen bereits getroffen. Nur sehr knapp war ich mit dem Leben davongekommen, denn wie sich herausstellte, hatte ich eine schwere Bauchfellentzündung, die sich vom Blinddarm bis zum Herzen erstreckte.

Im Krankenhaus hatte ich viel Zeit, über mein Leben nachzudenken. Ich wusste, ich hatte zu viel gearbeitet und der Trauer über den Verlust meiner Mutter keinen Raum gegeben. Jetzt hatte ich Muße, mir auszumalen, was ich alles in meinem Leben verändern wollte, sobald ich entlassen würde.

Doch daraus wurde nichts. Ich bekam noch im Krankenhaus zwei neue Erkrankungen. Nun war ich der Verzweiflung nah, hatte ich doch bereits so viel erkannt! Ich hatte verstanden, was ich falsch lebte und mir ganz fest vorgenommen, mein Leben zu ändern, und jetzt das! Warum musste ich so bestraft werden?

Während ich ganz in meinem Selbstmitleid und meiner Verzweiflung aufging, erteilte mir eine Freundin den Rat, ein Medium zu kontaktieren. Wir telefonierten miteinander.

»Du hast einen Freund, der nicht passt.« So auf die Art sprach die freundliche, aber bestimmt klingende Stimme zu mir. »Absorbiere diesen Mann, so als würde sein Spiegelbild verschwinden.« Tatsächlich wurde mir klar, dass wir nicht zueinander passten.

Ich war mit einem Mann verlobt gewesen, hatte die Verlobung aber bereits gelöst, als ich meinen einstigen Jugendfreund zufällig wiedertraf, und besaß keinen Glauben mehr an die Liebe. Ich dachte mir, die Liebe könne sich auch entwickeln und vielleicht sei dies der Weg, ihr zu begegnen. Auf diese Art hatte ich wenigstens die Sicherheit, einen treuen und liebevollen Menschen an meiner Seite zu haben. Und so ließ ich mich ‒ entgegen meinem guten Vorsatz, niemals etwas mit einem guten Freund anzufangen ‒ auf eine Beziehung ein. Ich war desillusioniert und enttäuscht von den Männern und tat zum ersten Mal etwas in meinem Leben, das ich bereute. Kein Wunder, dass das Medium das gespürt hatte.

Und so tat ich wie geheißen. Sie führte mich in einen meditativen Zustand. »Atme! Stell dir vor, wie eine grüne, heilsame Decke um dich gespannt wird …« Ich bedankte mich bei der fremden Dame, die mir so selbstlos ihre Hilfe angeboten hatte, und führte die Meditation, die sie mir gab, fort.

So einfach? Einfach atmen? Na, ich hatte nichts zu verlieren. Und so atmete ich, ein und aus … ein und aus. Es war merkwürdig, denn alles geschah in der Natürlichkeit und Einfachheit des Moments. Ich wurde immer leichter, und mein Bewusstsein weit und offen. Mein Geist dehnte sich aus, bis ich eins war mit und in meinem Atem. Im Einklang mit meinem Atem fühlte ich mich wie in einem grenzenlosen Raum.

Und dort, in dieser Grenzenlosigkeit, erfuhr ich GOTT. Ich fühlte IHN ‒ in mir und außerhalb von mir. Meinen Körper spürte ich nicht mehr. Stattdessen war ich grenzenloser Geist. Mein Atem zog mich nach innen. Eine große Freude kam in mir auf, ich verspürte Leichtigkeit und tief in mir brannte das Wissen aus Gott, unserem Schöpfer: »Nichts kann dir geschehen. Du liegst in meiner Hand. Alles ist gut, wie es ist!« Ein tiefer, niemals zuvor erlebter Friede kehrte in mein Wesen ein. Gott war das intelligente, liebende Licht, das mich umgab und in mir strahlte!

Dies war der Beginn meiner bewussten spirituellen Reise. Am nächsten Tag hatte ich weitere Untersuchungen. Erstaunt stellten die Ärzte fest: Beide Krankheiten waren verschwunden ‒ von einem auf den nächsten Tag. Ich war geheilt. »So ist das also mit Wundern?«, dachte ich und fühlte mich unendlich erleichtert und dankbar. Bald durfte ich das Krankenhaus verlassen.

Damit ich mein Versprechen mir selbst gegenüber auch halten würde, brach ich mir kurz darauf beim Überqueren der Straße den Knöchel an.

So musste ich mehr ruhen als ich es mir zugestanden hätte, und nutzte die Zeit, um nachzuholen, was ich für mich selbst versäumt hatte: Ich löste meine Beziehung, gab mir Zeit, um die Trauer über den Verlust meiner Mutter zu verarbeiten, und suchte sogar einen Psychologen auf, den ich dann allerdings während der zweiten Sitzung ›therapierte‹. Somit beendete ich diese letzte Maßnahme. Aber mir wurde bescheinigt, normal zu sein, und das beruhigte mich sehr. Ich hatte es sozusagen schwarz auf weiß!

Einige Monate nach meiner Erkrankung bekam ich ein Jobangebot für ein Jahr in den Vereinigten Staaten. Vor meiner Abreise hatte ich einen Traum: Ein Bote überbringt mir mannshohe rote Rosen. Sie sind umwerfend. Daran ein Briefchen, in englischer Sprache an mich adressiert. Ich wachte lächelnd aus dem Traum auf, wissend, dass eine wunderbare Zeit für mich anbrechen würde.

Und so kam es. Ich verliebte mich in den Mann, der mir im Traum gezeigt worden war. Bereits zu Beginn unserer Beziehung fühlte ich eine tiefe Verbundenheit, die nicht rational zu erklären war.

»Willst du mich heiraten, Andrea?«, fragte mich mein Partner nach nur einigen Monaten. Geschockt von der Frage, denn ich stand einer Ehe immer misstrauisch gegenüber, antwortete ich mit einem einfachen: »Ja!«

Die Einwilligung, die auf natürliche Art und Weise und ohne Überlegung aus mir herauskam, verwunderte mich selbst. Die Fernbeziehung, die wir führten, als ich wieder nach Deutschland zurückkehrte, endete in einer bitteren Enttäuschung: Mein Freund erklärte mir nach fast fünf Jahren Beziehung nüchtern und schriftlich, dass er eine andere Frau heiraten würde.

Tore zur Freiheit

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