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Ein neuer Weg

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Nun stand ich also wieder an einem Wendepunkt meines Lebens. Trotz aller negativen Erfahrungen freute ich mich auf eine neue Zeit, die zweifelsohne mit diesem Seminar beginnen sollte.

Das Seminar hieß: ›Geistiges Heilen und Medialität‹ und beinhaltete auch das Aura-Sehen. Das wollte ich unbedingt lernen. Ich dachte, so könnte ich meinen Klienten, die seinerzeit aus Kunden, Familienmitgliedern oder Freunden bestand, noch besser helfen. Ich hatte neben meiner Arbeit im Außendienst begonnen, Hände aufzulegen und mit Freude entdeckt, dass meine Heilfähigkeiten bei meinen ›auserwählten‹ Klienten meist sehr rasch zum gewünschten Erfolg führten. Dennoch fühlte und wusste ich, dass ich an einem Punkt angelangt war, an dem ich alleine nicht weiterkam. So bat ich Gott darum, mir einen spirituellen Lehrer auf meinen Pfad zu senden. Nur wenige Tage später erhielt ich die Antwort auf mein Gebet.

Die Veranstaltung fand in einem Tanzlokal namens ›Star- gate‹ statt, zu dem ich mich mit einer Freundin und ihrer Mutter einfand. Die Teilnehmer waren in einem Stuhlkreis zugegen. Armin Mattich, der Seminarleiter, stand in der Mitte.

»Er hat etwas Melancholisches«, dachte ich, als ich ihn betrachtete, »und schöne, aber traurige Augen, wie ein verletztes Rehkitz!« Armin sprach die einleitenden Worte, und ehrlich gesagt, verstand ich nur Bahnhof. Das änderte sich auch das ganze Seminar über nicht, aber fleißig schrieb ich alle Namen bedeutsamer Menschen auf, über die Armin sprach. Auch sämtliche Buchempfehlungen.

Ich war fasziniert von dieser neuen Welt, in die ich gerade eingetaucht war. Als wir während einer nächsten Pause an einem Stehtisch zusammenstanden, sprach mich Armin an. In vorwurfsvollem Ton fragte er mich: »Wo bist du die ganze Zeit geblieben?«

Ich konnte es nicht fassen und drehte mich zu meinen beiden Frauen um, wobei ich mir selbst den Vogel zeigte und mit einem Kopfnicken in Armins Richtung deutete. Vielleicht ist dieser Mann doch nicht ganz normal?

Doch erinnerte ich mich auch daran, wie ich wochenlang versucht hatte, Herrn Mattich ans Telefon zu bekommen, um mich für das hiesige Seminar anzumelden, und wie meine Finger den unscheinbaren blauen Flyer zwischen einem Sammelsurium erworbener Flyer herausgefischt hatten. Als endlich, nach zahllosen Versuchen, jemand ans Telefon ging, war ich überrascht, dass es seine Tochter war, die meinen Anruf entgegennahm, und ich war enttäuscht, dass es eine Tochter und sicher eine Familie dazu gab. Warum nur hatte ich solche Gedanken und Gefühle? Keine Ahnung!

Das Seminar war mehr als faszinierend. Menschen gerieten in Trance und eine Teilnehmerin erlebte offenbar eine göttliche Verzückung. Sie zappelte eine halbe Stunde auf ihren Zehenspitzen mit weit zum Himmel emporgestreckten Armen.

»Das ist eine unmöglich einzunehmende Haltung!«, dachte ich bei mir. »Kein Mensch kann das in normalem Zustand!« Ich schaute sie an, und während ich sie betrachtete, wurde ich in einen warmen Sog aus Dankbarkeit, Freude und himmlischer Leichtigkeit gezogen. »Wie wunderbar, dass es so etwas gibt!« Ich war begeistert und tief berührt. Und so fuhr ich beglückt und dankbar mit meinen Freundinnen nach Hause.

Zu Hause angekommen, war ich voller Tatendrang und überlegte, was ich nun anfangen sollte. Mein Körper bebte vor Kraft ‒ ein Gefühl, das ich so noch nie erlebt hatte. Doch nach Menschen und Party war mir nicht, und so beschloss ich, früh zu Bett zu gehen und den Tag Revue passieren zu lassen.

Als ich so dalag, spürte ich, wie mein Körper plötzlich innerlich sehr schnell zu vibrieren begann. »Wow! Was ist das denn?«, dachte ich bei mir. Es war ein großartiges Gefühl und an Schlafen nicht zu denken. Also beschloss ich, aufzustehen und die Wohnung zu putzen. Irgendwie musste ich meine Energie loswerden. Es war wohl gegen Mitternacht, als ich endlich glücklich einschlief. In der Nacht wurde ich von einem wunderbaren Aprikosenblütenduft geweckt. Ich spürte die Anwesenheit einer sehr lichtvollen Seele und einen Hauch von Heiligkeit, bevor ich wieder selig einschlief. Die geistige Welt hatte zart und sanft ihre Fühler nach mir ausgestreckt, auch wenn ich noch keine Ahnung hatte, was es für mich bedeuten sollte.

Am nächsten Abend ging ich früh zu Bett. Mitten in der Nacht wurde ich aus einer Tiefschlafphase abrupt durch meinen Arm geweckt, der ganz von allein senkrecht in die Luft geschnellt war. Ich schaute auf die Uhr. Es war Punkt zwei Uhr. Das Ganze wiederholte sich noch zwei Mal. Jedes Mal riss mich mein Arm nach oben, stets zur vollen Stunde.

Jetzt wurde mir das nun doch unheimlich, und so verbrachte ich den Morgen damit, darüber nachzudenken, ob ich Armin Mattich anrufen sollte. Ich war ängstlich und wusste nicht, was da mit mir passierte. Schließlich überwog meine Neugierde, ich fasste mir ein Herz und rief ihn an. Eine warme Stimme begrüßte mich herzlich. Ich war erleichtert und erzählte ihm, was mir die Nächte zuvor passiert war. »Gratuliere!«, sagte Armin schlicht. Das genügte, um mir die Angst zu nehmen. Offenbar war mir etwas Wunderbares widerfahren.

Ostern stand vor der Tür, und ich dachte: »Mal wieder ein Ostern, an dem du alleine bist!« Selbstmitleid kam in mir auf. Dennoch spürte, ja ›wusste‹ ich, dass mich am Abend jemand anrufen würde.

»Ja, ja …«, schalt ich mich selbst, »wer sollte das schon sein?« Es fiel mir niemand ein, der an Ostern so alleine hätte sein können wie ich. Es wurde Abend, und als gegen 19:00 Uhr immer noch niemand angerufen hatte, ignorierte ich mein Gefühl und beschloss: »Okay, Andrea … so ist es nun mal …, aber du kannst es dir trotzdem mit dir selbst schön machen. Ich nehme jetzt ein heißes Bad und lege mich mit einem Buch ins Bett. Auch schön!«

Tore zur Freiheit

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