Читать книгу Ändere deine Worte und du änderst deine Welt - Andrea Gardner - Страница 14
Der Baum der Erkenntnis
ОглавлениеEinige Wochen zuvor, als ich gerade wieder einmal Feuerholz im Wald sammelte, fühlte ich mich zu einem riesigen Baum hingezogen, der mit aller Kraft aus der Erde emporwuchs. Es war eine unglaublich große Buche, die alle anderen Bäume der Umgebung in den Schatten stellte, und die von einem grünen Geheimnis umhüllt war. Wir nannten sie „Mama Buche“.
Ich hatte bis dahin das nüchterne Leben einer Geschäftsführerin in der Zeitungsindustrie geführt und war anschließend Inhaberin meiner eigenen Firma gewesen, also nicht darin geübt, mit Bäumen zu reden. Als ich die Buche in meinem Kopf sprechen hörte, führte ich das auf meinen völlig erschöpften Zustand zurück.
„Setz dich her, nimm ein Blatt Papier und schreibe dein ideales Leben auf ... und sieh zu, dass du es auch verstehst!“ Das waren die Worte des Baumes, nicht meine. Ich war fassungslos und fühlte mich innerlich so, als ob ich den nächsten Tiefpunkt erreicht hätte. Ich zog mein Notizbuch aus der Tasche, lehnte mich mit dem Rücken an die Buche und begann zu schreiben. „Bitte im Präsens“, ermahnte sie mich.
Etwa eine Stunde später hatte ich einige Seiten mit Dingen vollgeschrieben, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie wollte: ein großes Haus als Heim für Familie und Freunde, in wunderschöner Natur gelegen, umgeben von Feldern und Bäumen, und ein Raum der Heilung, in dem ich schreiben konnte. Ich wollte einen Beruf, in dem ich beides vereinbaren konnte (Heilen und Schreiben), von zu Hause aus arbeiten und genug zum Leben verdienen. Ich wollte einen Hund haben ... und Seth heiraten. Unglaublich, was für eine Vorstellung!
Hier stand ich nun, Wochen später, vor diesem Baum und dachte: „Hmm, das war es wohl.“ Als ich mich umdrehte und gehen wollte, spürte ich, wie sich hinter meinem Rücken das Wort „Vertrauen“ breit machte.
Ich legte das Holz vor die Haustür, klopfte an das Schlafzimmerfenster und rief, dass ich spazieren gehen würde. Stille. Das Auto stand immer noch in der Einfahrt.
Becky hatte das alte ehemalige Pförtnerhaus von einem Gutsherrn gemietet, dem das abgewirtschaftete Stück Land gehörte. Das Haus war einst als „Die Herausforderung“ bekannt gewesen, denn es stand über der Kreuzung zweier Ley-Linien. Eine der Linien läuft auch durch die Ruinen der ersten schottischen Freimaurerloge. Die Energie, die sich in dem Haus auflädt, ist dermaßen kraftvoll, dass man regelmäßig an einen Stein schlagen muss, um sie abzubauen. Der Ort ist ein legendärer Kraftplatz der Transformation. Er befindet sich am Anfang eines Gebiets von 2,6 Quadratkilometern aus einheimischen und importierten Bäumen, hügeligen Feldern und einem gurgelnden Fluss, der durch die Landschaft mäandert. Den krönenden Abschluss dieses Anwesens bildet ein großes Herrenhaus aus dem 12. Jahrhundert, das baufällige Wohnunterkünfte umgeben.
Ich ging den Weg zum Herrschaftshaus und war so in meine Gedanken versunken, dass ich das Auto, das neben mir hielt, gar nicht bemerkte. Durch das Fenster schaute mich Lina an, die Frau des Gutsherrn. Sie rechnete damit, das Erbe ein paar Monate früher antreten zu können und wollte das Haus renovieren. Wir hatten uns in früheren Zeiten über ein paar Gläsern Wein öfter ausgetauscht. Daraus hatte sich eine wertvolle Freundschaft entwickelt.
„Hallo Liebes! Du siehst aus, als ob du eine gute Tasse Kaffee und einen Plausch vertragen könntest! Steig ein!“, trällerte sie. Wir fuhren an einem alten, moosbedeckten Tennisplatz vorbei zu ihrem gerade umgebauten Kutschenhaus. Bei einem frischgebrühten, schäumenden Kaffee an ihrem AGA-Herd in der großen, warmen Küche klagte ich ihr mein Leid. Eigentlich wollte ich nicht so weit ausholen, aber eine Stunde verging, mein Kaffee war inzwischen kalt geworden und ich plapperte immer noch.
Sie sah mich nachdenklich an und neigte den Kopf zur Seite. „Hmm, ich muss einkaufen gehen, wie wäre es, wenn du mitkommst? Dann könntest du weitererzählen.“ Sie sagte es in einem Ton, der keine Widerrede duldete, also folgte ich ihr aus dem Haus zum Auto. Sie hielt vor dem Haupthaus an und zog einen Bund mit unendlich vielen Schlüsseln hervor. In der nächsten halben Stunde trabte ich hinter ihr her, nach oben bis in den vierten Stock, durch jedes Zimmer und zurück ins Erdgeschoss. Dabei plapperte ich die ganze Zeit. Wir kamen in die Küche und ich holte tief Luft.
„Also ... würde es dir gefallen, hier zu wohnen, meine Liebe?“, fragte sie mit einem Lächeln.
„Hier?“, fragte ich verständnislos.
„Ja, hier, im Ostflügel.“
Erst dann bemerkte ich, dass das Haus eigentlich leer war; so sehr war ich von meiner eigenen Geschichte gefangen gewesen. Es fühlte sich so an, als ob eine Fee mich mit ihrem Zauberstab berührt hätte. Und ich wollte, dass der Zauber nie aufhörte.
„Das würde ich liebend gerne tun, aber wir können uns das niemals leisten.“
„Hör mal, ich kenne deine Träume und ich glaube fest daran, dass sie wahr werden! Du hast sie doch aufgeschrieben, oder? Bespreche dich mit Seth und überlegt zusammen, was ihr euch leisten könntet und zahlt es dann in den Fonds ein. Ich vertraue euch da völlig!“, entgegnete Lina.
Ich zuckte zusammen, schon wieder dieses Wort Vertrauen ...! Ich konnte mich kaum zurückhalten und überhäufte sie mit Küssen, dankte ihr und rannte aus dem Haus. Ich hielt erst an, als ich bei Beckys Cottage ankam.
Seth lag immer noch eingekuschelt im Bett und wachte vermutlich mit einem riesigen Schock auf, als ein blondes, atemloses, aufgeregtes Bündel mit voller Wucht auf ihm landete. Als er schließlich das Wesentliche aus dem Wortschwall, der auf ihn niederprasselte, herausgefiltert hatte, lächelte er und wir begannen zu überlegen, wie viel wir zahlen konnten.
Obwohl wir jeden Cent, den wir noch übrig hatten, zusammen mit den mageren Einnahmen aus den paar Aufträgen zusammenkratzen konnten, reichte das Ergebnis keinesfalls für eine angemessene Summe, die für den Fonds akzeptabel gewesen wäre. Das zumindest glaubten wir.
Die einzige Lösung lag darin, eine gemeinsame Bekannte, die auch gerade nach einer Wohnmöglichkeit suchte, zu fragen. „Pamela, hast du schon etwas vor über Mittag? Heute! Ich brauche nur eine Viertelstunde. Ich verspreche dir, du wirst es nicht bereuen!“