Читать книгу Operation Terra 2.0 - Andrea Ross - Страница 33
ОглавлениеMars, 12. August 2121 nach Christus, Dienstag
In Phönix 1 war nach und nach so etwas wie Alltag eingekehrt, auch wenn dieser mit den alten Gewohnheiten von der Erde wenig zu tun hatte. Bis auf weiteres galt für den Mars dasselbe Zeitsystem wie auf der Erde, weil die Siedlung als Kolonie und nicht als eigenständiges Land galt. Ein marsianisches SolJahr betrug zwar aufgrund der weiten Entfernung zur Sonne rund 668 Sol, war also annähernd doppelt so lang wie ein irdisches, aber das interessierte auf der Erde niemanden. Somit lag beispielsweise der August in dem einen Jahr im Hochsommer, im nächsten im tiefsten Winter. Manche Einwohner verwirrte das, denn die willkürlich festgelegten Monate wirbelten den natürlichen Rhythmus durcheinander.
Dabei wäre es so einfach gewesen, ein sinnvolleres Zeitsystem einzuführen. Bereits 1985 hatte der Raumfahrtingenieur und Politologe Thomas Gangale einen Marskalender entworfen und diesen nach seinem Sohn Darius Darischer Kalender benannt. Dieser Kalender teilte das SolJahr in 24 Monate auf, wobei der Jahresbeginn zugleich den Frühlingsanfang auf der nördlichen Hemisphäre des Planeten markierte. Aber nein, die Mächtigen der fernen Erde wollten offenbar vermeiden, Umrechnungen vornehmen zu müssen, wenn es um gemeinsame Termine ging. Der Mars duckte sich unter der irdischen Knute.
Als mindestens genauso gewöhnungsbedürftig empfanden die Marskolonisten die Temperaturen. Wollte man vor die Tür gehen, musste man sich meistens dick anziehen. Im Sommer kletterte das Thermometer tagsüber selten auf 20 Grad Celsius, während die Temperatur nachts auf kalte 6 bis 10 Grad sank. Richtig unangenehm waren die langen, eiskalten Winter. Temperaturen von minus 50 Grad waren da keine Seltenheit.
Swetlana grämte sich. Sie war immer noch nicht schwanger geworden, während die ersten Frauen mittlerweile ihre Babys schon zur Welt gebracht hatten, manche sogar Zwillinge. Nun nahm sie auf Anraten des Frauenarztes Hormone ein.
Philipp Emmerson hatte man gleich nach der Ankunft zur Wartung der Bewässerungsanlagen in den Gewächshäusern am südlichen Stadtrand eingeteilt, während Swetlana zusammen mit einer Schar anderer Frauen die Verwaltungsgebäude putzte. Die weitaus größere Anzahl der Kolonisten wurde für Wartung und Pflege, Versorgung und Verwaltung der Siedlung gebraucht. Es gab zudem noch einige Wissenschaftler, die Experimente durchführten und die Ergebnisse regelmäßig zur Erde schickten. Jeder Einwohner hatte genügend zu tun.
Dennoch kam häufig eine latente Unzufriedenheit auf, die vor allem daraus resultierte, dass man die Siedlung so gut wie gar nicht verlassen konnte. Die zehn Marsrover waren ausschließlich zur Erledigung offizieller Aufgaben gedacht, durften nur von einer Handvoll Personen gesteuert werden. Es gab zwar monatlich PicknickAusflüge auf benachbarte Hügel, doch die frustrierten Philipp eher. All das Geplauder und Geplapper, das neugierige Taxieren … Hin und wieder musste er einfach mal alleine sein, um in Ruhe seinen Gedanken nachzuhängen.
Wie er empfanden vielen Kolonisten. Nachbarn gingen sich gegenseitig auf die Nerven, Konflikte zwischen den Nationalitätengruppen flammten auf. Die Unmöglichkeit, sich zeitweise persönliche Freiräume zu schaffen oder woanders hin umzuziehen, generierte Nährboden für Ärger. Man steckte in einem Hamsterrad, zusammen mit stets denselben Personen, die man mehr oder weniger leiden konnte, und das ohne Aussicht auf Veränderung.
Viele vermissten im eigenen Heim die allabendliche Berieselung durch das Fernsehen und beklagten die geringe Auswahl an Konsumgütern. Die Raumfrachter brachten nur das Notwendigste mit. Zudem nervte die Notwendigkeit, bei jedem Gang ins Freie eine Atemschutzmaske aus Viskosepapier zu tragen. Die war notwendig, damit der allgegenwärtige feine Marsstaub die Lunge nicht schädigte.
Gut die Hälfte glaubte mittlerweile, dass es ein fataler Fehler gewesen sei, für immer auf den Mars umzusiedeln. Die Einsicht kam natürlich zu spät, denn sie alle hatten sich vertraglich verpflichtet; eine spätere Rückkehr zur Erde war in den Klauseln des Vertragswerks ausdrücklich ausgeschlossen.
Am heutigen Dienstag hatte Philipp die Schnauze mal wieder gestrichen voll. Seine Ehefrau lief mit einer depressiven Leichenbittermiene durch die Gegend, weil sie erneut ihre Periode bekommen hatte. Nachbar Thomas meinte momentan scheinbar, seine miese Laune an ihm auslassen zu müssen, was bei der allmorgendlichen Gartenarbeit in einen ekelhaften Streit ausgeartet war – und vorhin auf der Arbeit hatte er sich einen derben Rüffel eingefangen. Ein Schlauch war undicht gewesen, hatte den Pflanzbereich eines Gewächshauses knöcheltief unter Wasser gesetzt. Er hatte das Leck zu spät bemerkt.
Nachdenklich tigerte Philipp wie jeden Abend jene Straße entlang, welche in den Westteil der Siedlung führte. Der Gedanke, jetzt nach Hause zu müssen, schmeckte ihm gar nicht. Die Sonne schien wärmend vom rötlich blauen Himmel, und es würde noch für ein paar Stunden taghell sein.
Er zog seine Jacke aus, band sie sich um die Hüften. Sollte er versuchen, über die Mauer zu kommen? Das einzige Tor, das aus der Siedlung hinaus führte lag im Südosten, war stets bewacht. Angeblich gegen mögliche Angriffe von außen. Trotzdem hatte er vor ein paar Wochen den Versuch unternommen, hinaus zu spazieren und war prompt aufgehalten worden. Die Kolonie war ein verdammtes Gefängnis, nichts weiter!
›Wenn ich nun eine der großen Regentonnen nehme und sie verkehrt herum vor die Mauer stelle? Dann könnte ich es schaffen, sie zu überwinden. Um diese Jahreszeit sind sie meist leer‹, überlegte Emmerson. Erstaunt stellte er wenige Minuten später fest, dass er bereits an seinem Haus vorbei gelaufen war. Das wertete er als Fingerzeig des Schicksals. Nein, er würde heute nicht gleich heimgehen, sondern es endlich wagen!
Falls sie ihn erwischten, was wollten sie schon tun? Gefängnisse gab es auf dem Mars ebenso wenig wie Polizei oder Gerichte. Zwar bestand die Möglichkeit, kriminelle Elemente mit dem nächsten Raumfrachter zur Erde zu schicken, doch dafür musste man sicherlich mehr anstellen als mal kurz über den Wall zu klettern.
Das letzte Grundstück der Straße kam in Sichtweite, dicht dahinter lag die Siedlungsgrenze. Philipp kannte den deutschen Besitzer dieses Hauses, er arbeitete mit ihm zusammen. Sein Blick fiel unwillkürlich auf die mausgraue Regentonne, die bei den baugleichen Häusern jeweils an derselben Stelle stand. Weit und breit war keiner der Bewohner zu hören oder zu sehen. Wahrscheinlich waren die Lemkes nach der Arbeit noch ins Kino oder Schwimmbad gegangen, das taten sie häufig. Sollte er oder sollte er nicht?
Er sollte, der Beschluss war gefasst. Mit eingezogenem Kopf schlich er durch den Vorgarten, duckte sich wie ein Einbrecher hinter den üppigen Tomatenstauden. Alles blieb ruhig. Dann ging er neben der Regentonne in Deckung, spähte vorsichtig über den oberen Rand ins Innere. Hatte er es sich doch gedacht, nur eine Handbreit rotbraunes Wasser bedeckte den Boden. Kurzentschlossen kippte er die Tonne um, ließ Wasser und Schlamm heraussickern und umfasste sie mit beiden Armen.
Als er das sperrige Plastikgefäß gerade schwitzend auf die Straße zerren wollte, hörte er Stimmen, die sich näherten. ›Die Nachbarn vom Haus auf der anderen Straßenseite, verflucht noch mal! Die werden mich auf jeden Fall sehen!‹
Er ließ von der Tonne ab und stellte sich vor die Haustür. Tat so, als wolle er gerade seinen Daumen auf das IDPad legen.
»Hallo Patrick! Na, einen schönen Tag gehabt?«, fragte die Frau fröhlich. Das Paar war stehen geblieben.
Philipp atmete stoßweise, drehte sich selbstverständlich nicht um. Er nickte. »Geht so«. Innerlich betete er, dass die lästigen Störer in ihrem Haus verschwinden und sich dort möglichst von den Fenstern zum Vorgarten fernhalten sollten.
Weitere Nachbarn nahten grüßend, verwickelten die anderen in ein angeregtes Gespräch. Gelächter. Dann verschwanden alle vier im Haus gegenüber, kümmerten sich nicht mehr um den vermeintlichen Patrick Lemke. Manchmal war gute Nachbarschaft eben doch was Feines.
Nun musste es schnell gehen. Er zerrte an der Tonne, bugsierte sie keuchend um die Grundstücksecke und suchte nach einem ebenen Stück Boden, um sie gerade hinzustellen. Ein letztes Mal sah er sich prüfend um, dann kletterte er auf das etwa einen Meter hohe Behältnis, dessen Boden sich unter seinem Gewicht eindellte, und zog sich mit einem Ächzen an der Mauer hoch. Er zögerte einen Moment, denn er musste auf der anderen Seit zwei Meter fünfzig in die Tiefe springen. Der Boden lag dort voller Geröll, man konnte sich leicht am Knöchel verletzen.
Der Sprung gelang. Erst jetzt wurde Philipp bewusst, dass er auf dem Rückweg Probleme bekommen würde, weil ja die Tonne auf der anderen Seite der Mauer stand und er irgendwie von dieser Seite aus hinauf gelangen musste. Er vertagte das Problem auf später, richtete seinen Blick vorerst lieber auf den glucksenden, gemächlich dahinfließenden Fluss.
Wie herrlich, bewegtes Wasser zu sehen! Dies war eben doch etwas ganz anderes als die Lichtsimulation in seinem Badezimmer, die er inzwischen längst nicht mehr so reizvoll fand wie zu Anfang.
Philipp setzte sich zwischen saftig grünen Farnen und kleinen, blühenden Steppenpflanzen ans Ufer, warf Steine ins wadenhohe Wasser. Die spärliche Vegetation aus kälteresistenten Pflanzen stammte aus der sibirischen Tundra, man hatte die Samen eigens zum Mars transportiert. Von selbst wuchs in dieser toten Einöde absolut nichts, da der Boden ja keine lebenden Samen enthielt. Mit ein bisschen Glück würde sich das angebaute Grün jedoch nach und nach wie ein schönes Kleid über die Landschaft ziehen. Ein Anfang war gemacht.
Er hätte ewig so sitzenbleiben, Betrachtungen anstellen und den entspannenden Anblick des Wassers genießen können, hätte ihn die blanke Neugier nicht weiter getrieben.
Im Schlendergang folgte er dem Flusslauf nach Norden, in Richtung der Hügelketten. Roter Staub lag in der Sommerluft, man sah die Landschaft wie durch einen Weichzeichner. Die Sonne erstrahlte dadurch in Rosa. Philipp genoss den illegalen Ausflug in vollen Zügen. Die Sonne auf der Haut, das Alleinsein, der Gang durch unbekannte Welten, der elektrisierende Reiz des Verbotenen … pfeifend stieg er auf eine kleine Anhöhe, beschattete seine Augen mit einer Hand.
Rotbraune Geröllhalden erstreckten sich in nordwestlicher Richtung bis zum Horizont, nur durchschnitten vom etwa fünf Meter breiten Fluss, der mäandernd in der Ferne verschwand. Im Norden thronten kahle Hügelketten, die nach Osten hin flacher wurden. Wie weit mochte diese Region entfernt liegen? So zehn, fünfzehn Kilometer? ›Eindeutig zu weit für den heutigen Fußmarsch‹, entschied Philipp enttäuscht.
Er wollte sich gerade wieder zum Gehen wenden, da sah er unterhalb eines der Hügel etwas glänzen. Er sah erstaunt ein zweites Mal hin. Kein Zweifel, da reflektierte irgendein Gegenstand die schräg auftreffenden Sonnenstrahlen! Nur – worum mochte es sich handeln? Ihm war nichts darüber bekannt, dass die Siedlung Außenposten unterhielt. Natürlichen Ursprungs konnte die Reflektion allerdings erst recht nicht sein, denn das Flussbett verlief etliche Kilometer weiter westlich. Wie dem auch war, das Rätsel ließ sich aus dieser Entfernung bedauerlicherweise nicht lösen.
Philipp beschloss, noch eine halbe Stunde in der freien Landschaft umher zu wandern, anschließend am Wall entlang zu gehen und am Tor reumütig zu behaupten, er sei auf die Mauer gestiegen, habe das Gleichgewicht verloren und sei versehentlich auf der anderen Seite heruntergefallen. Das Gegenteil würde ihm wohl schwerlich jemand beweisen können.
›Und warum habe ich eine Tonne geklaut … äh, ausgeliehen … und bin überhaupt erst hinauf geklettert?‹, sinnierte Philipp beim Gehen. ›Ah, ich weiß … ich wollte den Wasserstand des Flusses überprüfen, weil ich mir Sorgen gemacht habe, ob die Bewässerungsanlage für den Rest dieses trockenen Sommers noch problemlos gespeist werden kann‹.
Der Plan funktionierte prächtig. Außer einer Belehrung über die möglichen Folgen bodenlosen Leichtsinns und der Anmaßung von Aufgaben, die ihm gar nicht oblägen, zeitigte seine temporäre Flucht keine Folgen. Philipp brachte in der Abenddämmerung die Wassertonne wieder ordnungsgemäß an ihren Platz zurück, entschuldigte sich bei Patrick Lemke und ging beschwingt nach Hause. Nicht einmal Swetlanas bittere Vorwürfe konnten seinem Hochgefühl etwas anhaben.
*
Drei Monate später gab es Grund zum Feiern. Swetlana überraschte Philipp mit der freudigen Mitteilung, dass der Arzt ihre Schwangerschaft festgestellt habe. Noch
sei es zu früh, Genaueres zu sagen, aber das Scanbild lasse den Rückschluss auf mehr als ein Baby zu.
»Endlich muss ich mich nicht mehr wertlos fühlen, wenn andere Mütter mit ihren kleinen Kindern an mir vorbeistolzieren«, strahlte Swetlana erleichtert. »Und anscheinend werden es gleich Zwillinge, stell dir vor! Das ist prima, dann können die Geschwister von Anfang an miteinander spielen.«
Philipp freute sich mit ihr, doch seine Gedankengänge kreisten insgeheim auch immer wieder um die Frage, wie er es anstellen könnte, das Siedlungsgebiet ein weiteres Mal zu verlassen. Ihm wollte einfach nichts Brauchbares einfallen. Er hatte sogar schon von jenem geheimnisvollen Blinken unter dem fernen Hügel geträumt, so sehr beschäftigte ihn das Gesehene. Nur – wenn er dorthin gelangen wollte, musste er einen Rover entwenden, und das erschien ihm undurchführbar.
Er schalt sich selbst einen egoistischen Idioten. Es gab momentan Wichtigeres, schließlich war er verheiratet und würde bald Vater werden. Daher nahm er sich fest vor, seine Swetlana zum nächsten Termin beim Frauenarzt zu begleiten. Natürlich freute auch er sich mächtig auf die Kinder, sie würden sein eintöniges Leben mit Sicherheit bereichern. Womöglich wäre sogar sein Freiheitsdrang weniger stark ausgeprägt, sobald sie auf die Welt kamen.
Frohgemut betraten die Emmersons gemeinsam die ärztliche Station. Philipp hatte seine Ehefrau schon lange nicht mehr so fröhlich und entspannt gesehen. Die Mutterschaft stand ihr gut zu Gesichte.
Der Arzt platzierte den Scanner auf dem noch flachen Unterleib. Diese neue Technologie hatte vor einigen Jahrzehnten die Ultraschallgeräte abgelöst. Man sah die ungeborenen Kinder nun in Farbe und bis ins letzte Detail. Die gestochen scharfen Bilder ließen sich mühelos vergrößern, bis man auch die kleinste Pore in der Haut zu erkennen vermochte. Swetlana juchzte, als sie die Fruchtblase nebst Inhalten erkannte.
Plötzlich hielt der Mediziner abrupt in seiner fließenden Bewegung inne, der Scanner verweilte auf derselben Stelle. »Oh
… das ist gar nicht gut. Sehen Sie das da? Drei Embryonen … ich hätte Ihnen die Hormonbehandlung vielleicht doch besser nicht verschrieben«, murmelte er. Er schien total entsetzt.
Swetlana lächelte immer noch glücklich. »Eineiige Drillinge? Ach, das ist nicht so tragisch. Mithilfe der modernen Medizin werden wir sie in achteinhalb Monaten schon heil ans Tageslicht holen, da bin ich guten Mutes. So werden die Kinder sich das Standardkinderzimmer halt zu dritt teilen müssen.«
»Ganz so einfach ist das leider nicht … nun ja, warten wir erst einmal noch ein paar Wochen ab. Dann sehen wir weiter«, meinte der Arzt nebulös.
Die drei Ungeborenen entwickelten sich prächtig. Swetlana hatte inzwischen mit Morgenübelkeit zu kämpfen, doch das tat ihrer Freude keinen Abbruch. So ahnte sie nichts Schlimmes, als sie und Philipp sich in der 16. Schwangerschaftswoche zum nächsten Besuch in der Ärztestation aufmachten.
Dieses Mal wirkte der Doktor kühl und sachlich, kein verbindliches Lächeln erhellte seine verkniffene Miene. Im Gegenteil, Mimik und Gestik wirkten abweisend. Er drehte sich um, schaltete den Scanner ein. Das Gerät signalisierte mit einem hohen Piepsen seine Bereitschaft.
»Vielleicht ist der gute Mann wegen der vielen Schwangerschaften schwer im Stress«, raunte Philipp seiner Frau augenzwinkernd zu.
Wieder tastete sich der Kopf des Scanners Zentimeter für Zentimeter über Swetlanas Bauch. Und wieder erschien eine Fruchtblase auf dem hoch auflösenden Bildschirm, aber dieses Mal waren die drei winzigen Körper deutlich erkennbar – einschließlich ihres Geschlechts. Zwei Mädchen und ein Junge drängten sich dicht aneinander.
»Ich werde zum Ende hin wohl mächtig fett werden«, scherzte die werdende Mutter voller Stolz. Sie weinte vor Rührung.
Der Mediziner blieb immer noch ernst, machte keinerlei Anstalten, ein Bild auszudrucken. Swetlana wusste, dass das eigentlich üblich war. Sie hatte von Nachbarinnen schon einige Fotos vor die Nase gehalten bekommen.
»Was ich Ihnen jetzt sage, wird Ihnen nicht gefallen. Sie müssen sich innerhalb der kommenden Woche entscheiden, welches der Kinder wir abtreiben sollen. Bitte erinnern Sie sich – Sie haben den Kolonisationsvertrag unterschrieben, und der enthält den Passus, dass pro Paar nur zwei Babys erlaubt sind.
Das bedeutet, dass wir eines davon loswerden müssen. Ich empfehle, einen Jungen und ein Mädchen zu behalten. Sie sind alle drei gleich gut entwickelt, daher gibt es keine Notwendigkeit, ein bestimmtes Kind auszusuchen«, referierte der Arzt so sachlich, als spreche er über verschimmeltes Brot.
Philipp und Swetlana glaubten, der Schlag müsse sie treffen.
»A … aber … das kann doch nicht Ihr Ernst sein«, stammelte Swetlana verstört. »Das sind ungeborene Menschenleben, es sind meine Kinder, über die Sie da reden!«
»Mir persönlich tut das leid, aber da kann man nichts ändern. Die Vorschrift macht durchaus Sinn, ansonsten hätten wir hier in der Siedlung schnell eine Überbevölkerung, die unsere Gemeinschaft gefährden würde. Die Kapazitäten sind nun einmal begrenzt«, beeilte sich der Arzt zu sagen. Er vermied jeglichen Blickkontakt.
Philipp wurde sauer. »Sie werden keines meiner Kinder umbringen! Für eine Drillingsgeburt muss es Ausnahmen geben, und wenn nicht, soll man gefälligst künftig welche zulassen. Was kann denn bitteschön meine arme Frau dafür, dass sie mehr als zwei Kinder im Leib trägt?«
»Beschweren Sie sich ruhig, doch das wird nichts nützen. Wir bekamen klare Anweisungen, die wir ohne Einzelfallprüfung zu befolgen haben. Ich muss Sie auch noch darauf hinweisen, dass keine Garantie für das Überleben der restlichen Embryonen übernommen werden kann, wenn wir der Gebärmutter eines entnehmen. Manchmal kommt es durch den Eingriff zu Fehlgeburten. Machen Sie sich also besser auf den schlimmsten Fall gefasst. Wir sehen uns nächste Woche. Ihren Termin bekommen Sie wie immer am Empfang.«
Mit diesen Worten verließ er hastig den Raum. Das Ehepaar Emmerson benötigte noch mehrere Minuten, bis es fähig war, die Ärztestation zu verlassen. Philipp musste Swetlana stützen.
»Beruhige dich, mein Schatz. Ich bringe dich nach Hause, und dann gehe ich schnurstracks zur Verwaltung und mache denen dort die Hölle heiß. Du wirst die Kinder alle unbeschadet zur Welt bringen, so wahr ich hier vor dir stehe«, flüsterte der werdende Vater mit starrem Blick. In seinem Inneren kochte ein Magmasee aus Wut und Verzweiflung.
*
Der verantwortliche Leiter der Marskolonie, ein grobschlächtiger Franzose aus der Bretagne, stellte sich befürchtungsgemäß stur.
»Wir können da leider keine Ausnahme machen. Die Zeit drängt. Abtreibungen sind nur bis zur 18. Schwangerschaftswoche erlaubt, danach wäre die Entnahme eines Babys nach den gesetzlichen Vorschriften mit Mord gleichzusetzen. So leid es mir tut, der Eingriff muss zwingend nächste Woche stattfinden«, entschied Marcel Dubois mit unbewegter Miene.
»Aber Sie müssten doch auf der Erde wegen einer Ausnahmegenehmigung nachfragen können! Und was wäre eigentlich, wenn sich einer der anderen Siedler verpflichten würde, das überzählige Kind zu adoptieren?«, stieß Philipp in seiner Verzweiflung hervor.
»So etwas würde mit Sicherheit niemand tun. Die wollen allesamt eigene Kinder haben, was ja verständlich ist. Wie Sie wissen, werden die Frauen nach der zweiten Geburt sterilisiert. Falls eines der Kinder danach stürbe, vielleicht wäre in diesem Fall eine Adoption denkbar … aber das ist graue Theorie. Wir hatten bislang keine Todesfälle, und damit bleibt es bei meiner Entscheidung. Dies ist mein letztes Wort in dieser Angelegenheit.«
Philipp gab nicht auf, fixierte den Mann mit eindringlichem Blick. »Wir könnten einen allgemeinen Aufruf über die Hauskommunikationssysteme starten … womöglich fände sich ja doch ein Paar, das zur Adoption bereit wäre!«
»Dafür ist die Zeitspanne zu knapp. Man kann von niemandem erwarten, dass er eine Entscheidung mit dieser Tragweite mal eben so auf die Schnelle trifft. Finden Sie sich besser damit ab, Herr Emmerson, und freuen Sie sich auf die beiden anderen Kinder.« Dubois drückte auf den Knopf für die Schwebetür, komplimentierte ihn hinaus.
Wie sollte er diese Katastrophe nun Swetlana beibringen, die zu Hause voller Hoffnung auf seine Rückkehr wartete? Er hatte auf ganzer Linie versagt, traute sich nicht, den Heimweg einzuschlagen. Deshalb trottete er mit hängendem Kopf zu den Gewächshäusern hinüber. Auch wenn er gerade keinen Dienst hatte – ein wenig stumpfsinnige Arbeit würde ihn vielleicht ablenken, sein aufgewühltes Gemüt halbwegs beruhigen.
»Gut, dass du kommst! Wir wollten dich gerade holen lassen, konnten dich daheim aber nicht erreichen. Die komplette Bewässerung ist ausgefallen. Irgendetwas muss die Ansaugpumpe drüben am Fluss verstopft haben, oder eine der Zuleitungen ist gebrochen. Du musst sofort raus und nachsehen«, empfing ihn sein Vorarbeiter. Er fuchtelte nervös mit den Armen.
Philipp war ganz verdattert, konnte nicht klar denken. Ȁh
… wie meinst du das, ich müsste raus?«
»Traust du dir zu, einen der Rover zu fahren? Carl Snider soll dir helfen, aber ihn habe ich bislang ebenfalls nicht erreicht. Du müsstest ihn zu Hause abholen. Nimm Werkzeug, Ersatzrohre und Muffen, eines der Überlebenszelte und Proviant mit, falls ihr bis Einbruch der Dunkelheit nicht fertig werden solltet. Ich würde es selbst machen, kann aber hier nicht weg. Seit Darina an Krebs erkrankt ist und dauerhaft ausfällt, fehlt mir ständig Personal.«
»Darina leidet an Krebs? Oh, das wusste ich gar nicht … « Philipp kapierte immer noch nicht vollständig, was man ihm soeben angetragen hatte.
»Komm gleich mit hinaus, ich zeige dir, wie man den Rover bedient«, verfügte der Vorarbeiter hektisch und eilte davon.
Erst als Emmerson im Rover saß und damit durch die Kolonie schnurrte, traf ihn die Erkenntnis wie ein Hammerschlag. Einen Moment mal … er besaß ein Fahrzeug und dazu die offizielle Erlaubnis, durch das Tor zu fahren … führte darüber hinaus Proviant und ein Überlebenszelt mit sich, das vor Hitze, Kälte und dem scharfkantigen Staub schützte …!
Abrupt trat er auf die Bremse. Nein, er würde Carl Snider nicht bei der Hausnummer 267 im amerikanischen Viertel einsammeln. Vielmehr würde er jetzt schnurstracks nach Hause in die Nummer 144 fahren, seine Frau in den Rover setzen und mit ihr in die Freiheit entkommen.
Euphorie durchströmte ihn, seine Wirbelsäule kribbelte. Das Schicksal hatte entschieden. Er glaubt zwar nicht an Gott, aber irgendetwas oder irgendjemand musste hier seine omnipotenten Finger im Spiel gehabt haben.
›Wir zelten zweieinhalb Wochen bei den Hügeln, bis die legale Abtreibungsfrist definitiv vorüber ist. Dann kehren wir zurück – und ich nehme meine Bestrafung entgegen. Aber die ist mir einerlei, solange nur das Kind überlebt. Die kaputte Leitung soll ein anderer Trupp reparieren, hier geht es schließlich um ein junges Menschenleben. Der akute Personalmangel geht mir geradewegs am Arsch vorbei«, dachte er grimmig, während er den Marsrover auf einer Kreuzung wendete. Ihm jagten heiße Adrenalinschübe durch die Adern.
*
Es dauerte volle achtzehn Minuten, bis Swetlana begriffen und das Nötigste gepackt hatte. Philipp steuerte das Gefährt zum Tor. Seine Nervosität stieg mit jedem Meter, den sie zurücklegten. Es war nicht ganz auszuschließen, dass sein Vorarbeiter mittlerweile doch noch Kontakt zu Carl Snider bekommen und dieser ihm womöglich mitgeteilt hatte, dass er dort nicht aufgetaucht war. Würde man sie aufhalten?
Der Rover hielt an der Markierungslinie. Mit zitternden Fingern fischte Philipp den abgestempelten Passierschein aus der Brusttasche seiner Jacke, reichte ihn dem Wachmann. Ein kurzer, kritischer Blick des Wächters richtete sich auf Swetlana, die auf der Rückbank Platz genommen hatte.
»Und das ist eine Kollegin?«
»Selbstverständlich! Für diese Art Arbeit muss man zu zweit sein«, erklärte Philipp wahrheitsgemäß. Sein Magen rebellierte. Falls der Typ jetzt im Gewächshaus nachfragte, wäre die Chance vertan.
»In Ordnung. Weiterfahren, wünsche gute Verrichtung!« Der Wachmann nickte freundlich, gab den Weg frei.
Erst nachdem das Tor wegen des unebenen Geländes außer Sichtweite geriet, atmete das Ehepaar Emmerson tief durch. Swetlana schlang die Arme um ihren Bauch, der neuerdings eine kleine Wölbung aufwies. Es gab hier draußen nur bis zum Fluss eine Staubpiste, die relativ frei von Geröll war. Von da an wurde die Fahrt so holprig, dass Swetlana schon befürchtete, sie werde die Babys allein deswegen verlieren. Sie zogen eine weithin sichtbare Staubwolke hinter sich her.
Philipps Gedanken kreisten um die Frage, wohin er den Rover eigentlich steuern sollte. Sie würden täglich Wasser benötigen, also musste die Zeltstelle in unmittelbarer Nähe des Flusses liegen. Genau dort würde man jedoch am ehesten nach ihnen fahnden … es lag auf der Hand, dass spätestens morgen früh ein Suchtrupp ausrücken würde. Er beschloss, zunächst dem Flusslauf zu folgen und die Entscheidung erst vor Ort zu fällen, wenn sie bei den Hügeln angelangt waren.
Die Fahrt wurde lang und beschwerlich. Mehrmals musste Philipp anhalten, um seiner schwangeren Frau die Möglichkeit zum Ausruhen zu bieten. So auch jetzt. Noch standen sie mehrere Kilometer vom Fuß der schroffen Hügelkette entfernt. Die Sonne versank allmählich am Horizont und es wurde mit jeder Minute kühler.
»Es hilft nichts, wir müssen heute Nacht erst einmal hier bleiben. Bis zu den Hügeln schaffen wir es nicht mehr. Es wäre zu gefährlich, in der Dunkelheit über dieses unebene Gelände zu fahren. Ich würde Abgründe zu spät erkennen. Da dasselbe aber auch für unsere Verfolger gilt, werden wir bis zum Morgengrauen wohl unbehelligt bleiben. Bevor der Morgen dämmert, müssen wir das Zelt wieder abgebaut haben. Die weiße Oberfläche würde sonst die Sonne reflektieren und den Suchtrupp auf unsere Spur führen«, murmelte Philipp frustriert.
Er legte ein etwa vierzig mal vierzig Zentimeter messendes Päckchen auf den Boden, zog an einer Lasche. Sofort entfaltete sich das Zweimannzelt, stand nur drei Sekunden später fix und fertig aufgebaut in der Landschaft. Die Emmersons statteten es mit Decken und ein paar Proteinriegeln aus, und Philipp holte im verlöschenden Tageslicht noch einen Kanister Wasser aus dem Fluss. Um es vom Dreck zu befreien und trinkbar zu machen, würden sie es durch ein Stückchen Stoff filtern müssen.
»Glaubst du, wir werden es wirklich schaffen?«, fragte Swetlana schläfrig. Draußen zerrte der auffrischende Wind an der Zeltkonstruktion, ließ unablässig Flugsand darauf einprasseln. Das Geräusch hörte sich ein bisschen wie Graupelschauer an.
»Wir müssen nur fest daran glauben. Wir sind nicht so weit gekommen, um irgendwann aufzugeben«, entgegnete ihr Gatte im Brustton der Überzeugung. Doch insgeheim nährte er Zweifel. Es gab viele Faktoren, die das Unternehmen jederzeit scheitern lassen konnten. Was sollte er hier draußen im Nirgendwo unternehmen, falls Swetlana beispielsweise gesundheitliche Probleme bekam? Die sorgenvollen Überlegungen hielten ihn für den Rest der Nacht wach, obgleich er sich zerschlagen und übermüdet fühlte.
Gegen fünf Uhr früh erhob er sich mit steifen Gliedern, füllte den Wasserkanister noch einmal auf und weckte Swetlana. Sie litt an Kreuzschmerzen, ihre Laune fiel dementsprechend aus. Philipp konnte keinerlei Rücksicht auf Befindlichkeiten nehmen, trieb sie unbarmherzig zur Eile an.
Eine Viertelstunde später war das gesamte Equipment wieder abgebaut und im Rover verstaut, es konnte weitergehen. Von eventuellen Verfolgern war weit und breit nichts zu erkennen.
Beim Fahren kam Philipp das geheimnisvolle Glitzern wieder in den Sinn, das er weiter östlich gesehen hatte. Vielleicht würde sich bald eine Möglichkeit ergeben, dieser Stelle einen Besuch abzustatten, sobald das Zelt an seiner endgültigen Position aufgeschlagen war. Er konnte und wollte nicht tagelang nur herumsitzen und abwarten, dass die Zeit verstrich.
Gegen Mittag war die Hügelkette zum Greifen nah. Philipp entschloss sich, sie an ihrem westlichsten Punkt zu umrunden und zwischen Fluss und Erhebung nach einem Lagerplatz zu suchen. Eine Stelle schien so gut oder schlecht wie die andere zu sein. Es gab keine Höhlen oder Felsspalten, in denen man ein Zelt hätte verbergen können. Wenigstens mussten sie jetzt nicht mehr befürchten, dass man die Staubwolke des Rovers weithin erkennen könnte.
Entmutigt stellte der Deutsche, dessen amerikanischer Vater schon in seiner frühesten Jugend das Weite gesucht hatte, das Gefährt am Flussufer ab, um Rast zu machen. Hier war das Ufer noch frei von Bewuchs, weil man es nur in Siedlungsnähe künstlich begrünt hatte. Er warf sich etwas Wasser ins Gesicht, um es vom Staub zu säubern. Als er wieder klar sehen konnte, fiel sein Blick auf eine dunkle Delle am Hang neben ihnen. Wie hoch mochte sie liegen, so sieben, acht Meter?
»Swetlana, ich klettere mal eben da hinauf. Rühre dich bitte nicht vom Fleck, ich bin gleich wieder da!« Er kramte in der Werkzeugkiste, förderte Hammer und Meißel zutage. Damit schlug er provisorische Trittstufen in die steilste Stelle des relativ weichen Felsens. Er bestand aus rotem Sandstein. Behände kletterte er hinauf, erreichte ein kleines Plateau. Geröll löste sich, ein paar größere Brocken plumpsten direkt neben Swetlanas Füßen zu Boden. Erschrocken sprang sie zur Seite. Dann war Philipp aus ihrem Blickfeld verschwunden.
Kurz darauf tauchte sein dunkelblonder Haarschopf wieder auf, gefolgt vom gesamten Körper. »Was für ein Glück, dass wir hieran nicht achtlos vorbeigefahren sind! Hier oben gibt es zur Linken ein Loch in der Felswand, in das unser Zelt hineinpasst. Der wellige Untergrund ist voller angewehtem Sand, so dass der Boden schön weich ist. Ich hole jetzt die Sachen, stelle das Zelt auf – und danach helfe ich dir beim Aufstieg. Wir haben ein stabiles Seil dabei«, rief Philipp.
Die Schwangere formte ihre Hände zum Trichter, um gegen das Heulen des Windes anzukommen. »Und wo verstecken wir unseren Rover? Wenn sie den finden und mitnehmen, sind wir hier draußen verloren.«
»Darum kümmere ich mich später!«
*
Am nächsten Tag machte sich Philipp gegen den Willen seiner Frau auf den Weg gen Osten. Natürlich hatte er ihr vorsichtshalber kein Wort von einem mysteriösen Glitzern erzählt, das er untersuchen wollte. Er ließ sie in dem Glauben, dass er lediglich nach eine Stelle forschte, an der man den Rover ungesehen parken konnte. Sie würden ihn ja bis zur Rückfahrt nicht mehr benötigen.
Die werdende Mutter war hinund hergerissen. Ihre Gefühle fuhren Achterbahn, und das war nicht nur hormonell bedingt. Einerseits verstand sie, dass das verräterische Fahrzeug hier weg musste, andererseits jedoch verspürte sie große Angst vor dem Alleinsein. Schließlich war man auf dem Mars wirklich so einsam und verlassen wie ein Mensch nur sein konnte, sobald man sich von der bis dato einzigen menschlichen Siedlung ein Stück entfernte.
Philipp legte noch einen ausreichenden Wasservorrat an und schärfte ihr ein, keinesfalls vom Felsplateau herunterzuklettern oder auch nur bis zur abbröckelnden Kante zu gehen. Sie solle sich möglichst viel hinlegen und entspannen. Er versprach ihr feierlich in die Hand, dass keine Macht der Welt ihn davon abhalten werde, vor Einbruch der Dunkelheit zu ihr zurückzukehren.
Angespannt fuhr er los. Die schreckliche Vorstellung, dass Swetlana und die ungeborenen Kinder in dieser lebensfeindlichen Einöde unweigerlich sterben würden, falls er verunglückte, schärfte seine Sinne. Er achtete auf jede Bodenrinne, fuhr langsam und vorausschauend. Mehrfach musste er Gerölllawinen ausweichen, die sich am Fuße der Hügel auftürmten. Vermutlich hatte sie der Regen im Frühjahr zu Tal befördert. Die Abbruchkanten sahen frisch aus. Ein Grund mehr, sich gegen Gefahren von oben vorzusehen.
Nach dreieinhalb Stunden ging die steile Felsformation in moderate Hügel über, die an ihrer höchsten Stelle aber dennoch zackige Kanten aufwiesen. Regenfälle und Erosion hatten merkwürdige Formen geschaffen, von denen einige an Forken erinnerten. Gerade als Philipp eine davon in Gedanken Mistgabel des Teufels taufte und einen Moment abgelenkt war, prallte er fast gegen sein Ziel. Verdattert hielt er den Rover an und stieg aus.
Vor seiner Nase erhob sich ein etwa zwei Meter hohes Gebilde aus mattglänzendem Metall, das von der Form her an ein Iglu erinnerte. Den Durchmesser schätzte Philipp auf rund sieben Meter. Auf einer Plattform daneben waren antennenähnliche Vorrichtungen angebracht. Die einen Stäbe wiesen kugelförmige Enden auf, andere sahen eher wie Schalen aus, die ihre Öffnung dem Himmel entgegen streckten. Bestimmt handelte es sich da um Messinstrumente – nur wofür, und wer hatte sie aufgestellt?
Die Gedanken überschlugen sich. Konnte das eine Außenstation der Kolonie sein? Warum aber hielt man sie geheim? So ein Ding musste doch sicherlich regelmäßig gewartet werden! Andererseits konnte es keinen Zweifel daran geben, dass die Messstation, oder worum es sich hier handeln mochte, menschlichen Ursprungs war.
Geräusche drangen an sein Ohr. Machte sich jemand im Inneren des mutmaßlichen Aluminiumiglus zu schaffen, war das Ding vielleicht sogar bemannt? Neugierig schlich er dicht an der metallenen Oberfläche entlang, bis er auf dünne Ritzen stieß. Das musste der Eingang sein, auch wenn er beim besten Willen keinen Öffnungsmechanismus entdecken konnte.
Philipp war mit den Rücken zum Hügel gestanden. Einer intuitiven Eingebung folgend, drehte er sich um – und erstarrte zu einer Statue. Oben auf dem Hügel, in etwa fünfzehn Meter Entfernung, stand ein schlanker, groß gewachsener Mensch! Auch dieser schien unschlüssig, was er nun anstellen sollte. Sein leuchtend kobaltblaues, knielanges Gewand flatterte im Wind. Nach kurzem Zögern setzte er sich in Bewegung, kam geradewegs auf Philipp – oder das in seinem Rücken stehende Iglu – zu.
In Philipps Gehirn stritten sich die Reflexe. Einer verlangte nach sofortiger Flucht, ließ ihn verstohlen zum Rover blicken. Der zweite jedoch hieß Neugier. Was hätte in dieser Situation näher gelegen als herauszufinden, wer diese Leute waren und mit welchem Auftrag sie hier in der Einöde forschten? Der Typ hatte ihn offenkundig gesehen und hegte vermutlich ähnliche Gedankengänge. Falls diese unerwartete Begegnung Folgen zeitigen würde, wäre es zur Flucht ohnehin schon zu spät.
Mit jedem Schritt, den der Fremde näher kam, erkannte Philipp mehr Details. Der Mann musste mindestens zwei Meter dreißig groß sein, ähnelte einem Basketballprofi. Er war sehr schlank, seine Füße steckten in teuer aussehenden Stiefeletten. Das einem Kaftan ähnliche Gewand mochte aus veredelter Seide oder einer glänzenden Kunstfaser bestehen, wirkte leicht und luftig. Um den Hals trug er ein rundes Schmuckstück, das er soeben aufklappte und etwas hinein murmelte. Philipp hatte noch nie von derartigen Funkgeräten gehört.
Er fasste sich ein Herz, ging dem Unbekannten entgegen. In der auf dem Mars gebräuchlichen Universalsprache Englisch begrüßte er ihn. »Hello, how are you? I have never seen you here before. Do you live in Phoenix One?«
Der Mann antwortete nicht, musterte ihn nur. Die Luke im Iglu öffnete sich. Im Eingang wurde ein weiterer Mann sichtbar, doch dieser war kräftiger gebaut und trug ein feuerrotes Gewand von gleicher Machart. Er äußerte etwas für Philipp vollkommen Unverständliches, scheuchte den Blauen ins Innere der Metallbehausung und verschloss sie von innen.
»Hey! It is not very friendly, to leave me standing out here without any explanations!«, protestierte Emmerson. Aber keiner der beiden Fremden reagierte darauf. Das Iglu war und blieb verschlossen.
Philipp widerstand der Versuchung, einfach an Ort und Stelle zu bleiben und das Ding zu observieren. Er musste vor Einbruch der Dunkelheit bei Swetlana im Versteck ankommen und vorher noch irgendwo in der Nähe den Rover loswerden. Schweren Herzens startete er sein Gefährt, warf einen letzten Blick auf die geheimnisvolle Station und wendete.
Die Rückfahrt bot genügend Zeit und Muße, Analysen anzustellen. Er wälzte Gedankenfragmente durch seinen Hirnkasten, zog ein paar hervor, beleuchtete sie im Licht des Verstandes und stellte sie, innerlich kopfschüttelnd, wieder an ihren Platz zurück. Das Ganze wollte einfach keinen Sinn ergeben.
Wieso sollten sich, um alles in der Welt, seltsam verkleidete Wissenschaftler der eigenen Kolonie da draußen im absoluten Niemandsland tummeln? Falls es welche gewesen wären, hätten sie doch sicher mit ihm geredet und gefragt, was er dort zu suchen hätte. Ihm waren außerdem Personen dieser Körpergröße nicht erinnerlich. Bei den monatlichen Versammlungen wären solche Riesen doch unweigerlich aufgefallen!
Es gab da noch eine halbwegs plausible Möglichkeit. Vielleicht hatte man diese Leute von der Erde aus separat hergeschickt, nicht als Siedler, sondern nur für eine zeitlich begrenzte Forschungsmaßnahme? Waren sie Wartungstechniker? Aber halt – blieben immer noch die seltsame Kleidung und der Unwille oder die Unfähigkeit zu jeglicher Form der Kommunikation.
Aliens? Wie Jedermann wusste natürlich auch Philipp, dass man hier auf dem Mars Zeugnisse einer Zivilisation gefunden hatte. Dass Vertreter dieser Spezies aber noch heute auf dem Planeten leben könnten, davon hatte er kein Sterbenswörtchen gehört. Musste seine Unkenntnis aber zwangsläufig bedeuten, dass es sie nicht gab? Vertuschte die Obrigkeit etwas? Zuzutrauen wäre es den Regierenden der Erde durchaus gewesen. Ihn schauderte bei dem Gedanken, dass die Kolonie von humanoiden Intelligenzen umringt sein könnte, die nicht von der Erde stammten.
Sein suchender Blick fiel auf eine Geröllhalde, die auch dicke Felsbrocken enthielt. Wenn er ein paar kleinere Steine entfernte, würde es gelingen, den Rover dahinter zu parken.
Er holte einen Klappspaten aus der Werkzeugkiste und begann zu schippen. Perfekt! Man musste schon um die Felsen herumgehen und explizit an dieser Stelle suchen, um das völlig verstaubte, khakifarbene Gefährt zu entdecken. Beim bloßen Vorbeifahren gelänge das hingegen keineswegs, Philipp probierte es mehrfach aus. Dann trat er, halbwegs zufriedengestellt, einen längeren Fußmarsch an.
In der Abenddämmerung kehrte er zu Swetlana zurück. Sie hing ihm weinend am Hals.
»Philipp, sie werden spätestens morgen hier sein! Ich habe Staubwolken am Fluss gesehen«, lamentierte sie ängstlich.
Er strich ihr übers weißblonde Kurzhaar. »Keine Sorge! Der Rover ist jetzt gut versteckt, und wir verhalten uns hier oben einfach ruhig. Aber du wirst nie erraten, was ich vorhin Aufregendes gesehen habe.«
Für diesen Abend war die Entspannung gelaufen. Swetlana fragte ihrem Mann ein Loch in den Bauch – und am Ende waren sie sogar im Besitz einer mehr oder weniger glaubhaften Geschichte, die sie Philipps Vorarbeiter und Marcel Dubois bei der Rückkehr auftischen konnten.
*
Die Tiberianer spähten beunruhigt durch die von der Innenseite her transparente Außenhaut ihrer Station. Das Iglu, bei den Tiberianern Celludrom genannt, bestand hauptsächlich aus hartem Plantolaan, war aber mit einer hauchdünnen Schicht einer porösen Metalllegierung bezogen. Wie bei einem Spiegel konnte man nicht hinein, sehr wohl aber hinaus blicken.
Als sie den ungebetenen Gast in einer rötlichen Staubwolke davon fahren sahen, atmeten sie auf. Es war bereits schlimm genug, dass der lästige Terraner Notiz von ihrer Anwesenheit genommen hatte, aber wenigstens zog er zeitnah wieder ab. Sie würden den Zwischenfall bei der Vordersten Alanna melden müssen. Es konnte nicht lange dauern, bis weitere terrestrische Kolonisten hier auftauchten. Wahrscheinlich musste man die Station aus Vorsichtsgründen sogar dauerhaft aufgeben.
»Was wird er bei seiner Rückkehr in der Siedlung erzählen? Ober er wohl ahnt, woher wir stammen oder was wir hier machen?«, sinnierte der rotblonde Wissenschaftler namens Weenihas 283/13.5.18.12.4.
Der Wachmann lachte markig. »Also, von der Existenz Tiberias ahnt er mit Sicherheit nichts. Dass wir Marsianer sind und die terrestrische Siedlung observieren, darüber hinaus meteorologische Messungen vornehmen und die Luftqualität prüfen, klänge für die schon eher plausibel. Diese Terraner sind zwar mit uns kaum zu vergleichen, aber völlig unterbelichtet sind sie auch nicht.«
Keine der beiden interplanetaren Parteien ahnte indes, welche Tragweite diese erste, harmlose Begegnung dieses Nachmittags noch bekommen sollte.
*
Swetlana und Philipp Emmerson hatten es tatsächlich geschafft, ihre Flucht auf Zeit unbeschadet zu überstehen. Die neunzehnte Schwangerschaftswoche war angebrochen und ihr drittes Baby damit aus dem Schneider. Ab sofort war es unerheblich, ob sie jemand hier oder auf der Rückfahrt in die Kolonie entdeckte. Ein sehr beruhigendes Gefühl.
Blieb also nur noch die Sorge, was man mit Philipp anstellen würde, sobald er sich wieder in der Siedlung blicken ließ. Aber was konnte man ihm schon Schlimmes vorwerfen? Er hatte den Rover samt Ausrüstung schließlich nicht gestohlen, sondern nur ausgeliehen. Ungehorsam, unerlaubte Abwesenheit vielleicht, aber kein schweres Verbrechen. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie in solchen Fällen das Strafmaß ausfiel. Ob man ihm die zurechtgelegte Geschichte als glaubhaft abnehmen wollte oder nicht – er würde eben nur diese und keine andere anbieten. Basta.
Nach eineinhalb Tagen Fahrt näherten sie sich der Siedlung. Eine Staubwolke wallte ihnen entgegen.
»Sieh mal, die kommen uns abholen. Scheinbar hatten sie die Suche noch immer nicht ganz aufgegeben«, rief Swetlana aufgeregt.
»Ja, klar! Die brauchen den Rover, konnten sich nicht erklärten wo er abgeblieben war. Denke nur nicht, die wären um uns beide so besorgt. Wir werden ja bald sehen, ob sie erfreut sind, uns wohlbehalten zurück zu haben«, erwiderte Philipp voller Sarkasmus.
Flankiert von zwei Seiten eskortierte man sie zur Siedlung. Die Fahrt endete vor den Verwaltungsgebäuden, womit Philipp durchaus gerechnet hatte. Völlig gerädert, von oben bis unten mit feinem Staub bedeckt, stiegen die Emmersons aus.
Dubois wartete bereits auf sie. Sein Kopf nahm eine hochrote Farbe an, als die beiden Vermissten in sein Büro gebracht wurden. Er knirschte vernehmlich mit den blendend weißen Zähnen. Zwei Stühle standen vor seinem Schreibtisch. Er bedeutete den Delinquenten, dort Platz zu nehmen. Sie kamen der Aufforderung nach, entledigten sich ihrer Atemschutzmasken.
»Na, haben Sie Ihren kleinen Ausflug in die Einöde genossen? Welch eine glückliche Fügung, dass nun die Frist zur Abtreibung verstrichen ist. Was Sie natürlich sehr genau wissen!« Pure Ironie tropfte aus seinen anklagenden Worten.
»Es ist aber nicht so, wie Sie denken!« Noch beim Sprechen fiel Philipp auf, was für eine Plattitüde er gerade von sich gab. Dieser dämliche Satz wurde wohl in achtundneunzig Prozent aller Ausreden gebraucht.
»Sondern? Na, auf diese Geschichte bin ich gespannt«, sagte Dubois lauernd. Er wirkte höchst verärgert.
»Also … Sie wissen sicher, dass mich mein Vorarbeiter Frank Wagener mit dem Rover zum Fluss schickte. Zuvor sollte ich Carl Snider abholen. Die Sache schien sehr eilig, denn die Wasserversorgung der Gewächshäuser war vollständig ausgefallen. Wagener hatte mir außerdem von seinen Sorgen mit der Personalknappheit berichtet. Als ich später Carl Snider in seinem Haus nicht antraf, überlegte ich daher fieberhaft, wen ich als zweite Person zur Einsatzstelle mitnehmen könnte. Da fiel mir spontan nur meine Frau ein.«
Dubois schüttelte den Kopf, lachte schallend, ein spöttisches, verächtliches Lachen. Gleich darauf wurde er wieder ernst. »Ist es denn die Möglichkeit! Eine Schwangere als Hilfskraft für Installationsarbeiten, wer soll Ihnen das abnehmen? Ein bisschen mehr Fantasie hätte ich Ihnen schon zugetraut.«
»Daran bin ich schuld«, ließ sich Swetlana kleinlaut vernehmen. »Ich habe meinen Mann seit Monaten mit der Forderung genervt, zu einem der organisierten Picknickausflüge mitzukommen. Er wollte aber nicht. Wissen Sie, ich war noch niemals außerhalb des Siedlungsgebietes gewesen. Es interessierte mich einfach, was einen dort draußen erwartet. Wenn die Kinder erst geboren sind, werde ich lange keine Möglichkeit mehr finden, dorthin zu gelangen. Philipp hat nachgegeben.«
Dubois warf seinen Kopf in den Nacken, schnaubte wie ein Stier, der mit den Hufen scharrt. Er fixierte Philipp mit seinen kalten graublauen Augen. »Tja nun … die Wasserleitung ist aber leider nicht repariert worden, jedenfalls nicht von Ihnen – und zurückgekommen sind Sie ebenso wenig. Also, welchen Bären wollen Sie mir aufbinden, um das zu rechtfertigen?«
Emmerson räusperte sich verlegen, rutschte unruhig auf seinem Kunststoffstuhl herum. »Wir wurden entführt, noch bevor wir die maßgebliche Stelle erreichten.«
Der Verwaltungsleiter guckte perplex aus der Wäsche, fand seine Fassung halbwegs wieder, sprang wütend auf, griff nach einem Stift und schmetterte ihn zu Boden. Viel lieber hätte er sein Gegenüber angegriffen und ihm eine reingehauen.
»Das ist ja unglaublich! Da gebe ich Ihnen die Chance, sich zu erklären … und Sie kommen mir mit lächerlichen Ammenmärchen daher, beleidigen meine Intelligenz!«
Philipp blieb vollkommen ruhig, tätschelte seiner erschrockenen Ehefrau den Arm. »Es ist aber so gewesen. Wollen Sie nun Näheres über die Aliens erfahren oder nicht?«
»Aliens?! Das ist doch die Höhe«, japste Dubois.
»Ja. Sie sind menschlich, über zwei Meter groß, tragen farbenfrohe Kaftane und sprechen in einer völlig unverständlichen Sprache. Sie haben uns zu einer Art Iglu gebracht. Dort wurden wir festgehalten. Sie veranstalteten Intelligenztests mit uns, ähnlich wie wir es auf der Erde mit Laborratten handhaben. Vorgestern ließen sie uns endlich ziehen. Vielleicht sind sie uns feindlich gesinnt und wollen abchecken, ob wir ihnen gefährlich werden könnten.«
»Sie erwarten doch wohl nicht, dass ich Ihnen diesen Nonsens abnehme! Farbige Kaftane … pah. Fiel Ihnen nichts Besseres ein, Emmerson?«
»Sie müssen mir das gar nicht glauben. Ich kann es schließlich beweisen. Ich weiß noch ziemlich genau, wo das Iglu samt Messeinrichtungen steht. Fahren Sie doch hin und sehen Sie selbst nach!«
»Klar doch! Und mache mich lächerlich, das hätten Sie wohl gern«, schimpfte Dubois. Aber er wirkte längst nicht mehr so selbstsicher. Sein Kontaktmann auf der Erde, mit dem er regelmäßig Informationen austauschte, hatte ihm schon zu Beginn angeraten, wachsam zu sein. Es bestehe aufgrund diverser Funde die vage Möglichkeit, dass er und die restlichen Siedler auf dem Mars nicht alleine seien. Eine deutliche Warnung, zweifellos.
Philipp Emmerson erhielt eine Disziplinarstrafe, musste Sonderschichten schieben und ein paar extrem langweilige Nachschulungen über Disziplin und Loyalität gegenüber Vorgesetzten besuchen. Offiziell war die Angelegenheit damit erledigt.
In aller Heimlichkeit jedoch rüstete Marcel Dubois einen vier Mann starken Suchtrupp mit zwei Marsrovern und Schusswaffen aus, welche bei den von Philipp angegebenen Koordinaten nachforschen sollten.
Sie kamen mit beunruhigenden Nachrichten zurück. Aliens hatten sie zwar keine angetroffen, doch das mysteriöse Metalliglu stand verlassen in der steinigen Ebene. Dubois‘ Kontaktmann von der Erde versicherte ihm, dass es sich hierbei um keine irdische Einrichtung handelte.
Der Verwaltungsleiter der Kolonie erhielt die strikte Anweisung, unter allen Umständen Stillschweigen zu bewahren und die Familie Emmerson unter Androhung empfindlicher Strafen ebenfalls hierzu zu verpflichten. Man plane in Kürze weitere Siedlungen auf dem Mars, könne daher absolut keine Panikmache gebrauchen, hieß es.
»Wir müssen innerhalb kürzester Zeit große Teile des Mars kontrollieren, für unsere Zwecke beanspruchen. Sonst werden wir womöglich eines Tages das Nachsehen haben. Sie wissen ja, ein Killerasteroid soll sich der Erde nähern. Wir benötigen dringend sicheren Lebensraum. Daher stufen wir die mutmaßlichen anderen Bewohner des Planeten vorläufig als feindlich ein. Stellen sie sich unseren Plänen trotz diplomatischer Bemühungen entgegen, müssen wir uns geeignete Maßnahmen ausdenken, sie … ähm … loszuwerden. Wollen wir hoffen, dass es nicht dazu kommen wird.«
›Diplomatie? Dazu müsste man mit den Aliens erst einmal kommunizieren können‹, dachte Dubois besorgt.