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B. Entstehen des Patents

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Liegen die dargestellten Erfordernisse des § 1 PatG vor, so hat der Erfinder damit noch kein Patent. Zu diesen materiellen Voraussetzungen müssen vielmehr noch formelle Voraussetzungen hinzutreten, nämlich ein kompliziertes Verfahren vor dem Patentamt.

Das Patenterteilungsverfahren sei im Folgenden in den wichtigsten Schritten skizziert. Dabei wollen wir vier Stufen auseinanderhalten (vgl. Abb. 14, Rn. 223).

I. Das Anmelde- und Vorprüfungsverfahren

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Das Patenterteilungsverfahren wird durch die schriftliche Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt eingeleitet (§ 34 I PatG). Auf vorgeschriebenen Vordrucken eingereicht, muss die Anmeldung enthalten (§ 34 III PatG):

- Namen des Anmelders
- einen Antrag auf Patenterteilung
- einen Patentanspruch
- eine Beschreibung der Erfindung
- die erforderlichen Zeichnungen.

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In dem Antrag auf Erteilung des Patents ist die Erfindung kurz und genau zu bezeichnen (§ 34 III Ziff. 2 PatG).

In dem Patentanspruch ist anzugeben, was unter Schutz gestellt werden soll. Er ist von entscheidender Bedeutung. Der Schutzbereich des Patents wird durch den Inhalt des Patentanspruchs bestimmt (§ 14 PatG).

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Die Beschreibung der Erfindung ist so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 34 IV PatG). Man geht hier üblicherweise in drei Schritten vor:

- Darlegung des Standes der Technik (vgl. § 34 VII PatG),
- Beschreibung der technischen Aufgaben sowie
- deren Lösung anhand eines Ausführungsbeispiels.

Der Anmeldung ist eine Zusammenfassung beizufügen, die bis zum Ablauf von 15 Monaten nachgereicht werden kann (§ 36 PatG). Sie dient ausschließlich der technischen Unterrichtung.

Des Weiteren ist die Anmeldegebühr zu entrichten (§ 3 I PatKostG).

Die Erfinderbenennung ist in der Regel innerhalb von 15 Monaten nach Anmeldung durchzuführen (§ 37 PatG).

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Das DPMA führt zunächst eine Offensichtlichkeitsprüfung durch (§ 42 PatG). Die Vorprüfungsstelle prüft von Amts wegen, ob offensichtlich formelle (§§ 34–38 PatG) und bestimmte materielle (§ 42 II PatG) Mängel vorliegen. Ist dies der Fall, so wird der Anmelder zu deren Beseitigung aufgefordert. Behebt dieser die Mängel nicht, so wird seine Anmeldung zurückgewiesen (§ 42 III PatG).

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Nach Ablauf von 18 Monaten seit Anmeldung wird im Patentblatt auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Akte der Patentanmeldung hingewiesen (§ 32 V, § 31 II PatG). Hiernach steht die Einsicht in die Akten der Patentanmeldung und in die dazu gehörenden Modelle und Probestücke jedermann frei (§ 31 II, III PatG). Das DPMA veröffentlicht den Inhalt dieser zur Einsicht freistehenden Unterlagen in der Offenlegungsschrift (§ 32 I, II PatG). Damit ist die Tätigkeit der Vorprüfungsstelle in Bezug auf den Anmeldevorgang abgeschlossen.

II. Das Prüfungs- und Erteilungsverfahren

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Nun erfolgt das Prüfungsverfahren durch die technischen Fachleute der Prüfungsstelle des DPMA. Hier wird geprüft, ob die Anmeldung den Anforderungen der §§ 34, 37 und 38 genügt und ob der Gegenstand der Anmeldung nach den §§ 1 bis 5 patentfähig ist (§ 44 I). Die Prüfungsstelle wird jedoch nur auf Antrag tätig, und nur dann, wenn die Prüfungsgebühr nach dem Patentkostengesetz bezahlt ist.

Im Rahmen des Prüfungsverfahrens hat die Prüfungsstelle alle zur Aufklärung der Sache erforderlichen Ermittlungen anzustellen. Sie hat dabei bestimmte richterliche Funktionen; sie kann die Beteiligten anhören, Zeugen und Sachverständliche eidlich oder uneidlich vernehmen (§ 46 I PatG).

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Genügt die Anmeldung den genannten formellen und materiellen Anforderungen, so beschließt die Prüfungsstelle die Erteilung des Patents (§ 49 I PatG). Dann wird die Erteilung des Patents im Patentblatt veröffentlicht, gleichzeitig damit auch die Patentschrift. Mit der Veröffentlichung des Patents im Patentblatt entsteht das Patent (§ 58 PatG). Es wird in das Patentregister, die sog. Patentrolle, eingetragen (§ 30 PatG).

Vgl. Fall 9.

III. Das Einspruchsverfahren

223

Mit der Patenterteilung ist das Patent noch nicht endgültig. Innerhalb von neun Monaten nach Veröffentlichung im Patentblatt kann nämlich jeder Dritte schriftlich Einspruch erheben. Dieser ist schriftlich zu erklären und zu begründen. Er kann nur auf einen der in § 21 PatG genannten Gründe gestützt werden (§ 59 I, 3 PatG), wobei vor allem dem Fehlen einer Voraussetzung nach §§ 1-5 PatG Bedeutung zukommt. Ist also das Patent zu Unrecht erteilt worden, so besteht auf Grund fristgerechten Einspruchs noch die Möglichkeit, diesen Fehler zu revidieren.

Auf Grund eines Einspruchs entscheidet die Patentabteilung durch Beschluss, ob und in welchem Umfang das Patent aufrechterhalten oder widerrufen wird. Wird es widerrufen oder nur beschränkt aufrecht erhalten, so wird dies im Patentblatt veröffentlicht (§ 61 I, III PatG). Erfolgt ein Widerruf des Patents, so gelten die Wirkungen des Patents als von Anfang an nicht eingetreten (§ 21 III PatG), also ex tunc.

Abb. 14: Patenterteilungsverfahren
1 Anmelde- und Vorprüfungsverfahren/Vorprüfungsstelle
- Anmeldung (§ 34) - Offensichtlichkeitsprüfung (§ 42) - Offenlegung (§ 32, § 31)
2 Prüfungs- und Erteilungsverfahren/Prüfungsstelle
- Antrag (§ 44) - Sachprüfung, vollständig (§§ 45 ff.) - Patenterteilung, Veröffentlichung (§§ 49, 58)
3 Einspruchsverfahren/Patentabteilung
- Einspruch (§ 59) - Entscheidung (§ 61)
4 Beschwerdeverfahren/Patentgericht/BGH
- Beschwerde (§ 73) - Entscheidung (§ 79) - Rechtsbeschwerde BGH (§ 100)

IV. Das Beschwerdeverfahren

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Gegen die Beschlüsse der Prüfungsstellen und der Patentabteilungen kann Beschwerde an das Patentgericht (ein selbstständiges Bundesgericht) eingelegt werden (§§ 65 I, 73 PatG), dagegen Rechtsbeschwerde an den BGH, wenn sie zugelassen worden ist (§ 100 PatG).

V. Das Patent im Verletzungsprozess

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Würdigen wir dieses Verfahren: Es ist langwierig und kompliziert. Wenn es auch gelungen ist, in den vergangenen Jahren die Bearbeitungszeiten von Patentanmeldungen im DPMA stetig zu verkürzen, so vergeht immer noch recht lange Zeit bis zu einer Entscheidung der Prüfungsstelle, also der Erteilung des Patents oder der Zurückweisung der Anmeldung.

Dieses recht zeitaufwändige Patenterteilungsverfahren hat aber den Vorteil, dass Fachleute die für die Patenterteilung erforderlichen materiellen und formellen Voraussetzungen detailliert prüfen. In einem späteren Patentverletzungsprozess brauchen diese von Fachleuten bereits geprüften Voraussetzungen von den Richtern also nicht mehr geprüft zu werden. Ja, sie dürfen nicht mehr geprüft werden. Das Gericht ist insoweit an die Entscheidung des Patentamtes gebunden.

Hierin zeigt sich die starke Wirkung des Patentschutzes. Das Patent ist ein „starkes und wertvolles“ Recht.

Vgl. Fall 7.

VI. Veröffentlichungen

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Für Patentanmeldungen besteht insbesondere unter dem Aspekt der Beurteilung des Standes der Technik (§ 3 PatG) für spätere Anmeldungen ein erhebliches Publizitätsinteresse. Diesem wird durch die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Patentrolle (§ 30 PatG) und in die Akten (§ 31 PatG) nicht hinreichend Rechnung getragen. Daher werden vom Patentamt die Offenlegungsschriften, die Patentschriften und das Patentblatt veröffentlicht, was auch in elektronischer Form erfolgen kann (§ 32 I PatG).

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