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C. Rechtswirkungen des Patents

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Das Patent hat dreifache Wirkung:

I. Positiver Inhalt des Patents

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Es geht hier um § 9 PatG. Diese Vorschrift ist vergleichbar mit § 903 BGB. In beiden Fällen wird bestimmt, welche Befugnisse dem Inhaber des Patent- bzw. Eigentumsrechts zustehen. Sie stellen den positiven Inhalt dar.

§ 9 PatG bestimmt die Wirkung des Patents dahingehend, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung zu benutzen, also ein Dritter nicht. Die konkreten Benutzungsverbote für Dritte richten sich danach, ob es sich um ein Erzeugnis- oder ein Verfahrenspatent handelt.

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Ist ein Erzeugnis Gegenstand eines Patents (Rn. 213), so ist es einem Dritten ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten, dieses herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen (§ 9 Ziff. 1 PatG).

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Ist ein Verfahren Gegenstand eines Patents (Rn. 214), so treffen jeden Dritten drei Verbote:

- Es ist ihm untersagt, das Verfahren anzuwenden (§ 9 Ziff. 2 PatG),
- er darf es auch nicht anderen Personen in der Bundesrepublik zur Anwendung anbieten, wenn er das Benutzungsverbot kennt oder dieses offensichtlich ist (§ 9 Ziff. 2 PatG).
- Des Weiteren ist es ihm nicht erlaubt, das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen (§ 9 Ziff. 3 PatG).

Betrifft das Patent biologisches Material, so gelten hierfür die speziellen Patentwirkungen des § 9a PatG mit den Einschränkungen der §§ 9b, c I, III PatG.

Was hier dem Dritten konkret untersagt wird, das umschreibt umgekehrt die Befugnisse des Inhabers.

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Der Erschöpfungsgrundsatz, den wir im Urheberrecht bereits kennen gelernt haben (Rn. 70), gilt auch im Patentrecht. Das bedeutet: Ist das patentierte Produkt oder das Erzeugnis eines patentierten Verfahrens vom Patentinhaber – oder von einem legitimierten Dritten, etwa einem Lizenznehmer, – in Deutschland in den Verkehr gebracht worden, dann ist das Patentrecht in Bezug auf dieses Produkt verbraucht. Der Erwerber des Erzeugnisses darf dieses ungehindert nutzen und gebrauchen (BGH GRUR 80, 38 f. – Fullplastverfahren). Der Patentinhaber ist insoweit von einer weiteren Bestimmung bezüglich seines Patenterzeugnisses ausgeschlossen.

Beispiele:

Maschinenfabrik M hat eine Verpackungsmaschine, an deren Transportband ein Patentschutz besteht, an Unternehmer U verkauft und übereignet. Letzterer kann diese Anlage in seiner Produktion einsetzen; er kann sie aber auch weiterveräußern, vermieten oder verleihen. M hat hierauf keinen Einfluss mehr.

Im Gegensatz zum Markenrecht (vgl. Rn. 433) tritt beim Patent Erschöpfung nur dann ein, wenn das geschützte Erzeugnis im Inland in den Verkehr gebracht worden ist. Auslandsvertrieb bringt keine Erschöpfungsfolge. Dieser Grundsatz erfährt aber eine EG-rechtliche Variante durch die Vorschriften der Art. 34, 35 AEUV über den freien Warenverkehr und dessen mögliche Begrenzung durch die Bestandsgarantie der gewerblichen Schutzrechte (Art. 36 AEUV). Hat ein Unternehmen in einem Vertragsstaat ein Parallelpatent für die identische Erfindung und bringt er dort sein patentiertes Erzeugnis in den Verkehr, so tritt EU-weite Erschöpfung ein. Hat er dort kein Parallelpatent erworben, obwohl dies möglich gewesen wäre, so tritt auch in diesem Fall EU-weite Erschöpfung ein. Der EuGH räumt in diesem Konfliktfall dem freien Warenverkehr grundsätzlich den Vorrang ein. Der Patentinhaber kann den Import aus dem patentfreien Staat in ein Land, in dem er Patentschutz genießt, nicht verbieten (EuGH, GRUR Int. 82, 47 f. – Moduretik).

II. Negativer Inhalt des Patents

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Es geht hier zunächst um § 139 PatG. Diese Vorschrift ist vergleichbar mit § 1004 BGB. Beide Normen schließen Dritte von dem aus, was nach § 9 PatG bzw. § 903 BGB nur der Inhaber darf, und geben diesem subjektive Rechte gegen den Verletzer. Sie stellen den negativen Inhalt des Patents und des Eigentums dar.

§ 139 I PatG ist die wichtigste Anspruchsgrundlage des Patentgesetzes. Deren Rechtsvoraussetzungen:

- Benutzung einer patentierten Erfindung,
- entgegen den §§ 9-13 PatG.

Beispiele:

Ein Hinführungsbeispiel: Ein Unternehmen hat sich das Antiblockiersystem (Rn. 192) durch Patent schützen lassen. Ein Konkurrent benutzt dieses – ohne Lizenz – für seine Kraftfahrzeuge; unzulässig nach §§ 139, 9 PatG.

Die Rechtsfolgen einer Patentverletzung entsprechen häufig denen einer Urheberrechtsverletzung. Insoweit kann jeweils auf die Ausführungen der Rn. 92 ff. verwiesen werden.

Zunächst gibt § 139 I, S. 1 PatG bei Wiederholungsgefahr einen Anspruch auf Unterlassung. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht (§ 139 I, S. 2 PatG).

Wer die Patentverletzung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Schadenersatz verpflichtet (§ 139 II PatG). Was die Festlegung der Schadenshöhe angeht (§ 139 II, S. 2, 3 PatG), gilt das Gleiche wie beim Urheberrecht (Rn. 94).

Weitere Ansprüche des Verletzten sind bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen:

- Vernichtung der patentverletzenden Erzeugnisse (§ 140a I PatG), vgl. Rn. 95.
- Vernichtung der Geräte, die vorwiegend zur Herstellung der das Patent verletzenden Erzeugnisse gedient haben (§ 140a II PatG), vgl. Rn. 98.
- Rückruf der das Patent verletzenden Gegenstände oder deren
- endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen (§ 140a III PatG), vgl. Rn. 95, f.
- Auskunftsanspruch (§ 140b PatG), vgl. Rn. 99.
- Vorlage von Urkunden oder Besichtigung einer Sache (§ 140c PatG), vgl. Rn. 100.
- Vorlage von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen (§ 140d PatG), vgl. Rn. 101.

Sollte eine Patentrechtsverletzung noch andere gesetzliche Vorschriften betreffen, etwa das BGB, so bleiben diese unberührt (§ 141a PatG).

Auch die Ansprüche wegen Patentverletzung verjähren in entsprechender Anwendung der allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 194 ff. BGB in 3 Jahren (§ 141 PatG).

Vgl. Fall 6.

III. Strafrechtlicher Schutz

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Neben diesem positiven und negativen Inhalt des Patents steht ein strafrechtlicher Schutz. Wer gegen § 9 PatG verstößt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (§ 142 I PatG) – bei gewerbsmäßigem Handeln bis zu fünf Jahren (§ 142 II PatG) – oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar (§ 142 III PatG). Was den Strafantrag (§ 142 IV PatG), die Privatklage (§ 374 I Ziff. 8 StPO), die Einziehung (§ 142 V PatG, §§ 74 ff. StGB), die Beschlagnahme der Piraterieprodukte durch die Zollbehörden (§ 142a PatG) und den Verfall (§§ 73 ff. StGB) angeht, so gilt hier das beim Urheberrecht Dargestellte (vgl. Rn. 105) entsprechend.

Zusammenfassung: Die dreifache Rechtswirkung des Patents zeigt, dass dieses Recht von der Rechtsordnung stark geschützt ist, ähnlich wie das Eigentum. Es besteht nicht nur privatrechtlicher, sondern sogar öffentlich-rechtlicher Schutz.

IV. Beschränkungen des Schutzumfanges des Patents

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Der oben dargestellte Schutzumfang des Patents, das, wie das Eigentum, ein sozialgebundenes Recht ist, unterliegt bestimmten Beschränkungen zu Gunsten privater und öffentlicher Interessen; die wichtigsten seien hier angedeutet:

Beschränkungen bezüglich privater Interessen ergeben sich aus § 11 Ziff. 1–6 PatG: eine patentierte Erfindung darf von Dritten benutzt werden z.B.

- im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken (Ziff. 1),
- zu Versuchszwecken in Bezug auf die Erfindung selbst (Ziff. 2),
- biologisches Material zum Zwecke der Züchtung, Entdeckung und Entwicklung einer neuen Pflanzensorte (Ziff. 2a)
- zur unmittelbaren Einzelzubereitung von Arzneimitteln in Apotheken auf Grund ärztlicher Verordnung; zulässig ist hier auch der Verkauf (Ziff. 3).

Im Interesse des Vorbenutzers einer patentierten Erfindung wird dessen Besitzstand in bestimmten Grenzen respektiert. Nach § 12 PatG tritt die Wirkung des Patents nämlich gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen.

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Die Bundesregierung kann – gegen angemessene Vergütung – anordnen, dass die Erfindung im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll (§ 13 PatG).

Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

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