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Anschlussfähigkeit

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Die neuere soziologische Systemtheorie nennt das Anschlussfähigkeit: Eine Aussage erregt Aufmerksamkeit und gibt Anlass für Zustimmung, Ablehnung und Diskussionen – sie ermöglicht bzw. provoziert Anschlusskommunikation und hält damit die Kommunikation am Laufen.25

Jedenfalls ist Gesundheit grundsätzlich positiv besetzt und wird daher in vielen Bereichen gegenüber Krankheit bevorzugt. Ein bedeutender Ansatzpunkt hierfür ist das Konzept der Salutogenese von Antonovsky, das die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung von Gesundheit ins Zentrum rückt und in Kapitel 1.3.4 näher beschrieben wird ( Kap. 1.3.4). Strittig bleibt, ob Gesundheit eine Eigenschaft für sich ist mit eigener Qualität oder einfach Nicht-Krankheit. Jürgen Pelikan versuchte jüngst eine substanzielle Definition von »Gesundheit als eine prinzipiell beobachtbare Qualität eines Lebewesens«.26 Gesundheit besteht demnach aus den drei Komponenten Lebensdauer, Lebensqualität und Fähigkeit zur Reproduktion (sexuell). Das zentrale Kriterium lautet: »Krankheit bemisst sich, wie Gesundheit, am Überleben des Systems.« Das ist problematisch, weil ja letztlich kein menschliches Individuum überleben wird, allenfalls die Spezies durch Reproduktion; und auch das nur länger, aber nicht ewig, weshalb Pelikan in einem weiteren Schritt das Altern von Krankheit unterscheiden muss. Viel gewonnen wird mit dieser Definition nicht – ist nun ein zeugungsunfähiger Mann, der sich ansonsten bester Gesundheit erfreut, kränker als ein Mann, der nach der Zeugung mehrerer Kinder mit 45 stirbt?

Die Definition der WHO impliziert (beinhaltet) ein zweistufiges Gesundheitskonzept: Eine Basisgesundheit als Abwesenheit von Krankheit dergestalt, dass keine akuten Krankheitserscheinungen bzw. -symptome vorliegen; und darüber hinaus eine Lebensqualität, die für diesen Zustand eine gewisse zeitliche Stabilität erwarten lässt. Aus soziologischer Sicht ist Gesundheit eine Zuschreibung, die durch ein beobachtendes System (eine andere Person, die Medizin, die soziale Umgebung) vorgenommen wird. Sie muss nicht binär sein (krank oder gesund) sondern kann auf einem Kontinuum erfolgen. Bei mehreren beobachtenden Systemen kann es zu abweichenden Einschätzungen kommen, was im nächsten Abschnitt anhand der komplementären Zuschreibung von Krankheit veranschaulicht wird ( Kap. 1.3.4).

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