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1.1 Die Soziologie und ihre Bezugswissenschaften

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Die Soziologie ist die Wissenschaft von der menschlichen Gesellschaft. Sie entstand im Laufe des 19. Jahrhunderts und etablierte sich an den Universitäten zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wichtige Vordenker der Soziologie waren der französische Philosoph Auguste Comte (1798–1858) und der Ökonom bzw. Philosoph Karl Marx (1818–1883). Comte hat erstmals die Bezeichnung Soziologie verwendet. Die Soziologie ist daher ein Kind der Aufklärung, übrigens ebenso wie die moderne wissenschaftliche Medizin. Im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert gerieten die bisherigen Weltdeutungen, die von einer festen, wohlgefügten göttlichen Weltordnung ausgingen, ins Wanken. Zahlreiche Umwälzungen – z. B. die Französische Revolution oder die Industrialisierung – zeigten, dass die menschliche Gesellschaft durch Menschen veränderbar ist. Machtstrukturen und Besitzverhältnisse mussten nun neu erklärt und gerechtfertigt werden. Die Soziologie entstand aus dem Wunsch heraus, die Gesellschaft und ihren Wandel auf wissenschaftlicher Grundlage zu beschreiben. Comte sah sie als zukünftige Leitwissenschaft eines neuen »positiven Zeitalters«1, in dem die Menschheit ihre Geschicke mit Hilfe der Wissenschaft selbst in die Hand nimmt.

Soweit ist es nicht gekommen, aber ab 1900 etablierte sich die Soziologie als reguläres Fach an den Universitäten, zuerst in Frankreich und Deutschland. Die bekanntesten frühen Soziologen sind Emilé Durkheim (1858–1917) und Max Weber (1864–1920). Die Soziologie gehört zu den Sozialwissenschaften, zusammen mit der Psychologie und den Erziehungswissenschaften. Diese Zuordnung ist nicht einheitlich. Früher wurde nur zwischen Natur- und Geisteswissenschaften unterschieden; die Soziologie galt als Geisteswissenschaft, ebenso wie die frühe Psychologie. Manche Psychologinnen und Psychologen sehen sich heute eher als Naturwissenschaftler. Auch die Zuordnung der Medizin ist nicht völlig klar. Die medizinische Forschung an Universitäten ist eindeutig eine Wissenschaft, die angewandte Medizin als ärztliches Handeln ist aber eher ein wissenschaftlich fundiertes Kunsthandwerk. Manchmal werden alle Wissenschaften, die sich mit dem Menschen befassen, als Humanwissenschaften bezeichnet. In der Soziologie herrscht Uneinigkeit darüber, ob sie selbst zu den Humanwissenschaften gehört.2 Daher ist die Darstellung in folgender Abbildung ( Abb. 1a) ein Vorschlag des Verfassers, als erste Orientierungshilfe im Wissenschaftsgeflecht.


Abb. 1a: Bezugswissenschaften

Während sich die Psychologie auf den einzelnen Menschen konzentriert und die Funktion und Struktur der menschlichen Psyche untersucht, betrachtet die Soziologie die Funktion und Struktur größerer Gruppen von Menschen bis hin zur Menschheit insgesamt als sogenannte Weltgesellschaft.3 Die menschliche Psyche wird durch die Soziologie selbstverständlich nicht ignoriert, die Psychologie ist eine wichtige Bezugswissenschaft der Soziologie.

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