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Sozialisationsmodell

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Hurrelmann stellt verschiedene Erweiterungen und Integrationen der Grundmodelle vor, die hier nicht im Detail wiedergegeben werden können. Beispielhaft sei noch ein Modell beschrieben, das eine Zeit- bzw. Entwicklungskomponente beinhaltet: das Sozialisationsmodell.

Sozialisation ist der Prozess der Eingliederung eines Menschen in die Gesellschaft ( Kap. 2.1.3). Dies geschieht in wechselseitiger Auseinandersetzung des Menschen mit seiner sozialen Umwelt – formell durch Erziehung (Familie), Bildung (Schule), Machtinstanzen (z. B. Arbeitgeber, Regierungen, Polizei) oder informell durch Freundeskreise bzw. Bezugsgruppen von Gleichaltrigen.51

Das Sozialisationsmodell berücksichtigt, dass sich die Anforderungen und Ansprüche an den Menschen im Laufe seines Lebens ändern können und entsprechend die Anforderungen und Kriterien von Krankheit oder Gesundheit. Das ist besonders wichtig für die Bewertung des natürlichen Alterungsprozesses. Setzt man den Organismus junger Erwachsener als alleinigen Maßstab, wäre Altern eine fortschreitende, chronische Krankheit. Die Berücksichtigung des zeitlichen Aspekts erfolgt durch das Konzept der Entwicklungsaufgaben im Lebenslauf.52 Hurrelmann gliedert diese in vier Aufgabenbereiche ( Abb. 7a), die das Subjekt bewältigen muss, wobei es jeweils darum geht, die Gegebenheiten und Möglichkeiten zu akzeptieren, aber auch, positiv auf sie einzuwirken.


Abb. 7a: Sozialisationsmodell

Die sozialen und personalen Ressourcen entsprechen den Widerstandsressourcen bei Antonovsky, die produktive Verarbeitung der Realität dem SoC. Durch die Erweiterungen greift Hurrelmanns Modell relativ weit über den Gegenstandsbereich der Medizin hinaus. Der Vorteil hiervon ist ein erweiterter Blick in die Umwelt eines kranken oder gesunden Subjekts. Der Nachteil ist, dass der unmittelbar einleuchtende Gegenstandsbereich der Medizin verlassen wird. Die Beschreibung der Entwicklungsaufgaben läuft Gefahr, Gesundheit mit einem idealisierten Normallebenslauf zu koppeln und soziale bzw. kulturelle Abweichungen zu pathologisieren. Daher sollte man bei der Analyse konkreter Anwendungsfälle gelegentlich überprüfen, ob ein einfacheres Modell wie das biomedizinische nicht ausreicht.

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