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Einleitung

Zu den großen Schlagworten, die als Signaturen unserer Zeit unser Bewusstsein prägen, gehören ohne Zweifel Begriffe wie Individualisierung, Wertepluralität, Mobilität und Wechselverhalten. Die damit einhergehende und erwartete soziale Flexibilität stellt jeden Einzelnen, jede gesellschaftliche Institution, sei es die Kirche, seien es andere institutionelle Großorganisationen, vor enorme Her­ausforderungen. Ebenso wie das knappe Gut der Aufmerksamkeit in einer Mediengesellschaft immer wieder neu gewonnen werden muss, kann gesellschaftliche Anerkennung nicht ohne Weiteres mehr vorausgesetzt werden. Wo Bindungen zu volantiler Ware geworden sind, müssen diese immer wieder neu plausibilisiert werden.

Für die institutionelle Legitimität der Kirche in Gesellschaft und Medien bedeutet dies, Begründungszusammenhänge aus den gelebten Erfahrungen des Evangeliums buchstäblich „auf die Straße zu bringen“. Dabei hat der Verkündigungsauftrag der Kirche in den Medien zwei Stoßrichtungen: Nach „innen“ geht es darum, Menschen in ihrem Glauben zu stärken und vermeintliche Entfremdungen abzubauen. Nach „außen“ wird es in zunehmendem Maße darum gehen, diejenigen, die über die gemeindlichen Strukturen nicht mehr erreicht werden, neu und mit anderen Mitteln anzusprechen. Als besondere Herausforderung rücken hier Milieus in den Blick, die sich jenseits gemeindlicher Strukturen entwickeln und keinen „gewachsenen“ Zugang mehr zu Glaube und Kirche haben.

Angesichts einer zunehmenden Entfremdung zwischen der Gegenwart und den Offerten der Kirche dürfte die mediale Kommunikation der Kirche ein immer stärker zu professionalisierendes Instrument sein, das die personale Kommunikation zwar nicht ersetzen, aber auf vielfältige Weise vorspuren und anregen kann. Dass es sich hierbei um einen vielschichtigen, im besten Fall einfallsreichen und mitunter subtilen Prozess handeln muss, darauf hat Papst Benedikt XVI. hingewiesen: „Das Evangelium durch die neuen ­Medien mitzuteilen, bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird.“ Mit Sicherheit liegt hier ein entscheidender Ansatzpunkt für ein modernitätstaugliches Medienengagement der Kirche, das in seiner Vielfalt und mit seinen unterschiedlichen Adressierungen den durch die sogenannte Digitalisierung vorbuchstabierten Paradigmenwechsel in den Medien mal mehr, mal weniger entschieden nachvollzieht. Dabei macht die kirchliche Medienarbeit den mitunter schwierigen Prozess des Loslassens von Altvertrautem ebenso durch wie das mutige Ausprobieren neuer zukunftsverheißender Wege.

Das vorliegende Katholische Medienhandbuch ist dem Versuch verpflichtet, die Vielfalt der katholischen Medienarbeit vorzustellen. Diese Vielfalt bringt sich in den über 50 Autorinnen und Autoren zu Gehör, in der Vielstimmigkeit ihrer Expertisen, Erfahrungen und Meinungen. Es sind die Autoren dieses Handbuches, die zugleich die katholische Medienarbeit an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Aufgaben gestalten und prägen.

Natürlich kann dieses Handbuch nicht den Anspruch unbedingter Vollständigkeit erheben. Viele Einzelinitiativen, sei es in Bistümern, Orden oder von engagierten Christinnen und Christen, konnten aus Platzgründen nicht aufgenommen werden und sind dennoch wichtiger Teil der katholischen Medienarbeit der Kirche in Deutschland.


Von vier Fragerichtungen hat sich dieses Handbuch in seinem langen Entstehungsprozess leiten lassen. In einem ersten Kapitel werden Antworten gesucht auf die Frage nach den Bezügen kirchlicher Kommunikation. Dabei gerät, in grundsätzlicher Absicht, das nach wie vor prekäre Verhältnis von Kirche und Medien in den Blick: Es sind trassierende Klärungsversuche nach dem Öffentlichkeits- und Kommunikationsverständnis der Kirche im 21. Jahrhundert, ihren Umgang mit den Spiegelbildern religiöser Symbolsysteme und religionsanalogen Sinnofferten, die in den Medien transportiert werden. Wo, so wird weiter gefragt, sind die Trennlinien zwischen berechtigter Öffentlichkeitsarbeit einer Großinstitution und ihrem dem Evangelium geschuldeten Seelsorgeauftrag, und schließlich, was könnte das Proprium religiöser Rede in einer durch und durch säkularisierten Mediengesellschaft sein?

Das zweite Kapitel, in praktischer Absicht gestaltet, stellt im Sinne einer Erstinformation für den Leser in relativ kurzen Porträts die wichtigsten Medien, Themen und Dienste von A–Z der katholischen Medienarbeit vor.

Das dritte Kapitel, Optionen kirchlicher Medienarbeit, kann auch als Klammer zum ersten Teil verstanden werden, indem hier einzelne Felder des medialen Engagements der Kirche beschrieben werden, deren Zukunftspotenzial für die kirchliche Medienarbeit noch zu erarbeiten bzw. auszubauen ansteht.

Und schließlich werden im vierten Kapitel ausgewählte zielgruppenadressierte Ansätze, Versuche und Beispiele aus der Praxis vorgestellt, die in ihrer Professionalität und Originalität nicht selten das Salz in der Suppe kirchlicher Medienarbeit ausmachen.

Zu wünschen bleibt diesem Handbuch, dass es Eingang in die Praxis der kirchlichen Medienarbeit findet und dass der Leser, wenn er es zur Hand nimmt, dies im Bewusstsein tut, dass die kirchliche Medienarbeit in ihrer unterschiedlichen Ausprägung und mit ihren unterschiedlichen Aufgaben immer auch zugleich Gratwanderung und Prüfstein bleibt für die Glaubwürdigkeit und das überraschende Angebot des Evangeliums.

David Hober

Jürgen Holtkamp

Katholisches Medienhandbuch

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