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„Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir‘s sage; denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, um es umzubringen“. Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich bei Nacht und floh nach Ägypten und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes …“

Matthäusevangelium 2, 13-14

WER SIND WIR?

Einwanderer – die gibt es überall, es gab sie immer und wird es immer geben. Wir haben unterschiedliche Hintergründe und sind auf unterschiedlichen Wegen in ein neues Land gekommen.

Manche kommen aus reichen Ländern, andere aus armen oder aus gut situierten Familien, andere aus notleidenden. Manche sind gut ausgebildet, andere sind Analphabeten. Was uns in Bewegung versetzt, kann Krieg sein, Hunger, Naturkatastrophen, eine schlechte Wirtschaftslage, politische oder religiöse Verfolgung, aber ebenso Familienkonflikte, Gewinnstreben, eine innere Unruhe oder Abenteuerlust.

Auf dem Weg in das neue Land riskieren vielleicht einige von uns, in Containern eingeschlossen zu leiden, auf einem verschneiten Bergpass zu erfrieren, mit verrotteten Booten zu sinken oder beschossen zu werden, wenn sie Flüsse durchschwimmen. Aber wir können auch in einem bequemen Zug – oder einem Flugzeugsessel reisen. Einige von uns passieren die Grenze mit einem ängstlich pochenden Herzen, während andere ruhig und gelassen ihren Pass vorzeigen.

Wir können begleitet werden von Verständnis oder Misstrauen. Möglicherweise werden wir benutzt als Spielfiguren in einem politischen Spiel. Manche betreten ein neues Land ohne einen Pfennig in der Tasche und ohne zu wissen, was sie erwartet – andere werden willkommen geheißen, bekommen eine Wohnung und guten Lohn. Viele wissen nicht, ob sie jemals ihre Heimat wiedersehen, während andere ihre Lieben bereits zum nächsten größeren Festtag wieder besuchen. Alle hoffen auf eine bessere Zukunft – und doch werden alle zunächst Fremdlinge.

Die meisten kommen mit leeren Händen. Wir sind geprägt von der Vergangenheit und haben sowohl Gutes als auch Schlechtes mitgenommen. Der Edelmutige hat seinen Edelmut behalten, der Gemeine seine Gemeinheit. Das Gleiche gilt für Ehrlichkeit und Falschheit, Toleranz und Vorurteil. Aufbruch, Reise und Ankunft haben unser Lebensgepäck etwas schwerer gemacht. Manche hoffen, dass sie ihre Vergangenheit hinter sich lassen können.

Das Einzige, was uns vereint ist, dass wir fremd sind – im Übrigen sind wir aber völlig unterschiedlich.

Nun, wer sind wir? Was bewegt uns? Und wie wird es uns ergehen in dem neuen Land? Welche Kräfte werden wir entfalten? Werden wir Erfolg oder Misserfolg haben, werden wir uns in bessere oder schlechtere Menschen verwandeln? Das alles lässt sich nicht voraussagen. Und wie wird das mit unserem persönlichen Herodes werden, wird er irgendwann einmal sterben? Und wenn das geschehen sollte, werden wir dann zurückkehren? Sicher ist, dass wir uns dann längst verändert haben und niemals zurückkehren können zu dem, was einmal war.

Die Kunst Einwanderer zu sein

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