Читать книгу Maimorde - Angelika Godau - Страница 9
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Ich machte noch einen Schlenker und holte mir ein frisches Bier, bevor ich entschlossen auf das Dreiergrüppchen zusteuerte, das sich irgendwie erschrocken zu mir drehte.
„Hallo“, grüßte ich, „mega Party, echt. Kennen Sie wirklich alle Leute, die hier heute Abend so rumlaufen?“
Roger Kreutzer sah aus, als habe er einen Schlag in den Magen bekommen und sein Lächeln wirkte verkrampft.
„Ach, wissen Sie … nein, ehrlich gesagt, ich kenne kaum die Hälfte, aber so ist das eben. Jede Party ist auch eine Werbeveranstaltung, das werden Sie sicherlich auch irgendwann merken, wenn Ihr Kundenstamm jemals so groß werden sollte, wie meiner. Sie sind doch Detektiv, oder habe ich das falsch verstanden? Ich meine, Melanie hätte das vorhin erwähnt.“
„Das haben Sie richtig verstanden“, nickte ich lächelnd, auch wenn ich den Kerl zum Kotzen fand. Überhebliches Arschloch, der in jedem männlichen Wesen einen potenziellen Konkurrenten zu sehen schien.
„Was macht man denn in Ihrem Beruf so?“, fuhr er fort. Untreuen Ehemännern hinterherlaufen?“
„Manchmal auch untreuen Ehefrauen“, entgegnete ich langsam, als ein Tritt von Julia mein Schienbein traf. Ich verstummte verblüfft, da sah ich den Blick, den die beiden Frauen wechselten. Oha, was ging denn hier ab? Ich unterbrach mein Geplänkel mit dem Hausherrn und wandte mich an Melanie.
„Ich wollte Ihnen eigentlich nur gratulieren, möchte Sie aber nicht stören. Also, herzlichen Glückwunsch und …“
„Sie stören doch nicht“, unterbrach Melanie mich. Vielen Dank, das ist sehr freundlich von Ihnen. Kennen Sie meine Freundin Julia? Julia Brandt?“
Ich schaute Julia an, die mit strahlendem Lächeln nickte.
„Ja, wir sind alte Freunde und ich freue mich sehr, ihn heute Abend endlich mal wieder zu treffen. Komm, Deti, lass uns ein bisschen über alte Zeiten plaudern. Ihr entschuldigt uns doch?“
Damit griff sie meinen Arm und zog mich mit sich fort zu einem leeren Tisch.
„Was ist denn in dich gefahren?“, begehrte ich zu wissen, als wir ihn erreicht hatten. „Alte Freunde ist vielleicht doch etwas übertrieben, oder?“
„Findest du?“ Sie lächelte verführerisch. „Ich habe unser letztes Zusammentreffen durchaus freundschaftlich in Erinnerung, du etwa nicht?“
„Äh, lass mich kurz überlegen …
nein, eher nicht. Du hast mich aus dem Fenster gejagt, weil dein Mann nach Hause kam. Ich hätte mir fast den Hals gebrochen und danach bist du nie wieder ans Telefon gegangen. Ist es das, was du unter freundschaftlich verstehst?“
„Na ja, ist vielleicht ein bisschen dumm gelaufen, lag aber nicht an dir. Jetzt hör zu, Menke, du bist doch Detektiv und damit genau das, was ich gerade brauche. Ich will dich nicht mit Details langweilen, aber ich bin mir sicher, dass mein Mann mich mit seiner Sprechstundenhilfe betrügt. Jetzt, in diesem Augenblick, sonst wäre er nämlich hier. Ich will, dass du zu seiner Praxis fährst und ihn sozusagen mit runtergelassener Hose erwischst. Davon brauche ich ein Foto, möglichst von beiden.“
„Das geht nicht, ich kann hier nicht weg, ich bin mit meiner Freundin hier.“
„Darüber würde ich mir nicht so viele Gedanken machen, die ist beschäftigt und bis sie merkt, dass du ihr fehlst, bist du längst wieder zurück.“
Ich folgte ihrem Blick und sah Tabea inmitten einer ganzen Schar von Leuten stehen. Sie lachte gerade und schien sich prächtig zu amüsieren.
„Okay, ich mach´s, aber wenn dein Mann da wirklich mit seiner … also, der wird mir kaum ohne Hose die Tür öffnen. Wie komme ich rein?“
„Damit?“ Julia grinste und hielt mir einen einzelnen Schlüssel hin. „Den habe ich mir in weiser Voraussicht schon vor langer Zeit machen lassen, man weiß ja nie, wozu frau Dinge mal gebrauchen kann. Andreas ahnt davon natürlich nichts. Wenn du also ganz leise bist, bemerken dich die Akteure vermutlich gar nicht. Umso größer ist später die Überraschung.“ Sie lachte und schüttelte die langen Haare über ihre Schulter nach hinten.
Frauen, dachte ich, man kann als Mann einfach nicht vorsichtig genug sein, streckte die Hand aus und nahm ihr den Schlüssel ab.
„Okay, dann mal bis gleich. Sollte ich nicht zurückkommen, bin ich erwischt und auf den gynäkologischen Stuhl gefesselt worden.“
Sie antwortete nicht, tippte sich nur beredt mit einem Finger an die Stirn.
Ob Tabea oder sonst irgendjemand bemerkte, dass ich die Party verließ, weiß ich nicht, zurück hielt mich jedenfalls niemand. Alli war ausnahmsweise bereit, mich ohne Widerstand zu begleiten, vermutlich war ihm vom vielen Saumagen übel.
***
Knapp zehn Minuten später parkte ich gegenüber der Klinik von Doktor Brandt, deren Fenster tatsächlich hell erleuchtet waren. Ansonsten war der Gebäudekomplex dunkel.
Ich schaute einmal die Straße rauf und runter, aber niemand war zu sehen. Perfekt! Ich überquerte die Fahrbahn, fummelte den Schlüssel aus der Hosentasche, aber bevor ich ihn ins Schloss stecken konnte, wurde mir von innen geöffnet und ein Mann kam heraus. Er hatte es offensichtlich eilig, denn er stieß mich fast um. Kopfschüttelnd schaute ich ihm nach, wie er Richtung Römerplatz davoneilte.
Hoffentlich war das nicht der Ehemann von Brandts augenblicklicher Flamme, dachte ich amüsiert, während ich die Treppe in den 1. Stock hochstieg.
Diesmal öffnete mir niemand die Tür und ich benutzte den Schlüssel, öffnete geräuschlos und beglückwünschte mich dazu, heute Morgen meine Mutter begleitet zu haben. So kannte ich doch die Örtlichkeit bereits einigermaßen. Alles war totenstill und das hätte mich misstrauisch machen sollen.
Im Wartezimmer war niemand, hinter dem ausladenden Counter auch nicht, auch das erste und zweite Untersuchungszimmer waren leer.
Leise öffnete ich die Tür zum Sprechzimmer und sah Doktor Brandt hinter seinem Schreibtisch sitzen. Er war allein und in seiner Stirn klaffte ein kreisrundes Loch.
Es schien mein Schicksal zu sein, dass ich ständig über Leichen fiel. Meine Gedanken rasten, wie sollte ich das nun wieder Tabea erklären und wen als erstes anrufen? Ich entschied mich für die 110, erklärte der Beamtin wer ich war, wo ich war, warum ich da war und was ich zu melden hatte. Versprach, mich nicht vom Fleck zu rühren und drückte dann Tabeas Nummer.