Читать книгу Fettnäpfchenführer China - Anja Obst - Страница 15
Essen als Medizin
ОглавлениеAuch wenn es in diesem Restaurant nicht so erscheint, für die Chinesen ist die Nahrungsaufnahme mehr als nur satt werden. Abgesehen von dem geselligen Aspekt – die Chinesen essen gerne in großer und, wie erwähnt, lauter Runde – haben Lebensmittel in der chinesischen Philosophie eine viel wichtigere Bedeutung.
Die Chinesen sind davon überzeugt, mit den richtigen Zutaten nicht nur gesund zu leben, sondern auch Krankheiten vorbeugen und heilen zu können. Ich weiß, das ist nichts Neues. Jeder Arzt in Deutschland rät, viel Gemüse und Ballaststoffe zu sich zu nehmen, wo ist da der Unterschied? Bei den Chinesen kommt es jedoch nicht auf den Nährwert an, sondern es geht um die Balance.
Während wir uns gesund mit Salaten und fettarmen Speisen ernähren, schaut sich der Chinese erst einmal an, wie sein yīn und yáng beschaffen sind, jene Gegensätze wie hell und dunkel, männlich und weiblich, Wasser und Feuer, die es auszubalancieren gilt. Sind sie ausgeglichen, kann das qì, die Lebensenergie, fließen. Fehlt es an einem, stockt das ganze System, Blockaden entstehen und der Körper wird krank.
Fehlt dem Körper zum Beispiel yáng, das heißt, er ist zu kalt (weil man vielleicht zu viel Salat isst), dann helfen frittierte Speisen, die den Überschuss an yīn ausgleichen. Da geht sie hin, die Theorie, dass Pommes frites ungesund sind.
Aber bevor Sie jetzt die Fritteuse anwerfen, denken Sie bitte an das Gleichgewicht! Machen Sie sich lieber auch einen Gemüseteller dazu.
Es gibt lange Listen von Lebensmitteln und Gewürzen, die zwischen yīn, yáng und ›neutral‹ unterscheiden. Rohes Gemüse, Obst, Fisch und Joghurt sind yīn, die meisten Fleischsorten yáng. Reis und Brot sind neutral. Bei den Gewürzen gehört paradoxerweise Chili zum yīn, da es hilft, den Körper durch Schwitzen zu kühlen. Um die Verwirrung perfekt zu machen, werden auch die Zubereitungsmethoden unterschieden. Kochen und Dämpfen gehören zum yīn, Backen und Grillen zum yáng. Kurz anbraten mit wenig Öl ist neutral.
Was unserer Ansicht ein wenig näher kommt, ist die Tatsache, dass man bestimmte Lebensmittel in den einzelnen Jahreszeiten meiden beziehungsweise bevorzugen sollte. So macht es für uns sicherlich Sinn, wenn im Sommer yīn-Lebensmittel präferiert werden, z. B. in Form von kalten Vorspeisen.
Die yīn und yáng Energie wird zusätzlich noch von den fünf Geschmacksrichtungen (sauer, bitter, süß, scharf und salzig) beeinflusst. Diese stehen eng mit den fünf Elementen (Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser) und den fünf Jahreszeiten der Traditionellen Chinesischen Medizin (Frühling, Sommer, Spätsommer, Herbst und Winter) im Zusammenhang.
ÜBRIGENS
Die fünf Elemente finden sich auch im chinesischen Horoskop wieder, wodurch die Komplexität der chinesischen Philosophie und das Zusammenwirken von den einzelnen Komponenten deutlich werden. Alles vereint sich in der Lebensenergie, und das Wohlbefinden sowie der Charakter eines Menschen werden durch die Balance und die kosmischen Einflüsse bestimmt.
Sie können also problemlos die Energien Ihres Essens durch bestimmte Gewürze oder Zutaten verändern, abschwächen oder auch verstärken. Ich gebe zu, diese Art, sich gesund ernähren zu wollen, erfordert ein längeres Studium. Denn zu allem Übel besitzen die Lebensmittel auch noch eine Richtungsenergie, die sich entweder nach außen, innen, oben oder unten wendet. Zudem erleichtern beziehungsweise erschweren bestimmte Lebensmittel die Verdauung, auch dadurch können die erwähnten Blockaden entstehen.
Sind Sie erst einmal krank, gibt es aber eine Fülle von Rezepten, die Ihnen Anregungen für die passende Mahlzeit mit der idealen und auch in die richtige Richtung fließenden Energie geben. Im Fall von Durchfall zum Beispiel sollten Sie eine süße Speise mit hohem Fettgehalt essen. Deren Richtungsenergie ist nach oben und hält somit den Durchfall auf.
Es gibt viele Bücher mit chinesischen Kochanleitungen gegen alles, was dem Körper widerfahren kann: Erkältung, Hautausschlag, Masern, Ruhr oder gar Krebs.
Bevor Sie nun beim nächsten Husten zum altbewährten Hustensaft greifen, versuchen Sie es doch mal mit einem Schweineherz: Eine Stunde mit wenig Wasser und einem Teelöffel Salz sieden lassen und heiß essen. Zwei Stück am Tag sollten genügen.
Kein Chinese wird es Ihnen aber übel nehmen, wenn sie doch lieber den leckeren Sirup löffeln.