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1 Montag

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"Wir wollen keine Biogasanlage!"

"Wir wollen keine Biogasanlage!"

"Wir wollen keine Biogasanlage!"

Genervt sprang Bürgermeister Hermann Knapp auf und begann unruhig um seinen rustikalen Eichenschreibtisch herumzulaufen. Der Protest ging jetzt schon seit drei Stunden am Stück und nervte ihn zunehmend. Dass es einigen Widerstand gegen seine geplante Biogasanlage im Tigersheimer Gatter geben würde, damit hatte er gerechnet. Aber dass sich so viele dagegen zur Wehr setzten, wäre ihm im Traum nicht eingefallen.

"Verdammt, kann mal jemand die Demonstranten vor meinem Büro vertreiben?", brüllte er verärgert.

In der nächsten Sekunde stand sein Sekretär Joseph Weizenbaum in der Tür. Der Bürgermeister war ein sehr jähzorniger Mensch und da war es für alle das Beste, sofort zu reagieren, um dem sonst folgenden Ärger aus dem Weg zu gehen.

"Die Demonstration ist angemeldet, da kann man nichts machen ..."

"Ja, das weiß ich doch!"

Der genervte Bürgermeister beendete seinen ruhelosen Lauf und ließ sich auf seinen schwarzen Stuhl fallen. Er wusste nicht weiter und ließ den Blick durch sein Büro schweifen. Die Wände waren mit Bücherregalen vollgestellt, einzig unterbrochen von einem Bild der Stadtkirche St. Michael. Nur die Fensterfront hinter seinem Rücken am Schreibtisch erzeugte einen Kontrast zu den düsteren Regalen. Als der Chef von der Victor Bauer Energie GmbH, kurz BauEn, ihm von der Biogasanlage vorgeschwärmt hatte, hatte er nichts von Nachteilen erwähnt. Und dann gab es da noch dieses kleine Geheimnis, von dem niemand erfahren sollte. War das alles kompliziert geworden! Er zog die Augenbrauen hoch und begutachtete den Stapel Papier auf seinem Schreibtisch. Er musste sich jetzt auf die ganzen Genehmigungen und Anfragen konzentrieren, damit er keinen Ärger mit den

"Los, raus. Ich muss hier noch den Stapel Papier durcharbeiten!", schnauzte er Joseph an. Das ließ sich der nicht zweimal sagen und verschwand, wobei er Hermann Knapp einen bösen Blick zuwarf, den dieser wie üblich nicht bemerkte.

Er warf immer wieder einen Blick nach hinten, als er durch die dunklen Gassen hastete. Die Angst saß tief. Doch er wollte unbedingt sein Gewissen beruhigen. Er würde für seine Fehler geradestehen, auch wenn es bedeutete, dass er dafür einige Jahre im Gefängnis landen sollte. Er drückte seine Aktentasche fester an die Brust. Am Anfang hatte er keine Skrupel gehabt. Doch mittlerweile waren ihm Zweifel gewachsen, dass die Folgen unbedachte Ausmaße annehmen könnten. Er hatte sich informiert, eher um sein Gewissen zu entlasten. Doch das Gelesene begann nachträglich zu wirken. Um ganz sicher zu gehen, hatte er im Büro des Chefs nach Beweisen gesucht und die wichtigsten Dokumente kopiert, um damit zur Polizei zu gehen. Er hatte sie vorsichtshalber in einem Schließfach deponiert. Jetzt war es soweit, um damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Doch irgendwie musste jemand Wind davon bekommen haben. Heute morgen lag im Briefkasten eine Drohung.

“Dreckiger Schnüffler!!! Lass die Finger von Dingen, die dich nichts angehen oder du wirst es bereuen!!! XXX"

Die Xe waren in rot geschrieben und sahen aus wie getrocknetes Blut.

Er hastete weiter und stolpert über einen Ast. Schnell stand er wieder auf und humpelte weiter. Sein linkes Bein tat höllisch weh.

Plötzlich stand eine lange, dunkle Gestalt vor ihm. Er erschrak und suchte nach einem Fluchtweg, doch er fand keinen. Der Seitenweg war von hohen Mauern zweier Fabriken umgeben. Die Kapuze der dunklen Gestalt verdeckte ihr halbes Gesicht. Dennoch kam es ihm bekannt vor. Zum Nachdenken war jedoch keine Zeit mehr, denn auf einmal machte die Gestalt zwei große Schritte auf ihn zu und versuchte, ihm die Aktentasche zu entreißen.

"Nein! Nein! Nein!", brüllte er, doch den Angreifer interessierte das nicht. Er riss weiter und versetzte ihm einen harten Schlag ins Gesicht. Er taumelte, doch ohne die Tasche loszulassen. Der zweite Schlag traf ihn mit solcher Wucht, dass er zu Boden ging. Ein gut gezielter Tritt in seine Weichteile gab ihm den Rest. Er krümmte sich unter dem Schmerz auf dem kalten Boden zusammen, die Aktentasche unter sich zum Schutz. Doch es half nichts. Die dunkle Gestalt beugte sich über ihn. Etwas kaltes Hartes drückte sich gegen seinen Hals.

"Verräter", zischte die Gestalt. "Ich habe dir vertraut und wie bedankst du dich dafür?"

Er zitterte. Sein Kopf war wie gelähmt. Er konnte nicht vernünftig denken. Sein Herz raste. Die Klinge des Messers drückte sich fester an seine Kehle.

"Wenn du keinen Ärger haben willst, dann gib mir jetzt die Aktentasche!" Fast zärtlich drückte die Gestalt das Messer an seine Kehle. Etwas Warmes begann an seinem Hals herabzufließen.

"Niemals!", keucht er.

"Aaaah!!" Wie ein schneidender Blitz zog sich die Klinge an seiner Kehle entlang. Er bekam kaum noch Luft, das Blut strömte nur so aus der Wunde. Er spürte, wie mit dem Blut auch das Leben seinen Körper verließ.

Die Tasche, schoss es ihm durch den Kopf. Die Gestalt zog sie unter ihm hervor. Er bäumte sich noch einmal auf. Als nächstes spürte er einen stechenden Schmerz in der Brust. Das Messer steckte bis zum Schaft in seinem Herzen.

Als die Klinge erneut in seinen Körper eindrang, spürte er es kaum noch. Unbewusst registrierte er, dass ihm die Tasche entrissen wurde, doch er konnte nichts dagegen tun. Beim dritten Stich umhüllte ihn eine tiefe Dunkelheit.

Stinkender Verdacht

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