Читать книгу Gesundheit ist das Programm deines Körpers - Ann-Kristin Schablowsky - Страница 10
ÄRZTE-ODYSSEE: Zurück in die Eigenverantwortung für mein Leben
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Vorab noch ein Impuls an dich: Es gibt niemals einen Grund, aufzugeben oder an sich zu zweifeln. Niemals.
Außerdem gibt es niemals auch nur einen Grund, den Glauben an sein inneres Wissen, seine innere Kraft und seine innere Stärke zu verlieren. Jeder Mensch hat die Möglichkeit ALLES zu schaffen, was er sich vornimmt. Jeder Mensch kann seine vollkommene Gesundheit wiederherstellen.
Es gibt auch keinen Grund, das eigene Denken, Fühlen und Handeln aufzugeben und sich ohnmächtig in die Hände anderer zu begeben. Niemand muss das tun!
Stattdessen gibt es immer mindestens einen guten Grund, Mut aufzubringen und die Verantwortung wieder zurück in die eigenen Hände zu nehmen. Du beginnst dann damit, wieder bewusst für deine Gesundheit zu handeln.
An dieser Stelle möchte ich auch eventuell auftretenden Missverständnissen vorbeugen, die sich beim Lesen „meiner Geschichte“ ergeben: Es geht in diesem Kapitel (und auch in diesem Buch!) NICHT darum, die Schulmedizin zu bewerten. Die Begrenzung dieses kollektiven Systems hat hier eigentlich gar keine Relevanz.
Es geht mir vielmehr darum, dass du verstehst, welche Möglichkeiten wir als Individuum haben, selbst für unser Wohl zu sorgen. Es geht mir darum, dir zu zeigen, welche Freiheit wir besitzen.
Wir alle besitzen einen freien Willen.
Das bedeutet: Niemand kann dich daran hindern, vollkommen gesund zu werden.
Du allein entscheidest dich, und das aus freiem Willen, FÜR oder GEGEN etwas. Dafür oder dagegen, deine Gesundheit in fremde Hände zu legen.
Oder, andersherum: dafür oder dagegen, eigenverantwortlich zu handeln, dich zu verändern und als Individuum zu wachsen.
Es liegt bei dir.
Ich wünsche dir von ganzem Herzen, das dir meine Impulse helfen, Mut zu fassen und dir selbst Eigenverantwortung, eigenverantwortliches Denken und Handeln zuzutrauen und dein Leben aus deiner inneren Kraft heraus neu zu gestalten.
Außerdem hoffe ich, dass du bei den mega-skurrilen
Arzt-Szenen und „hoffnungslos stagnierenden Konversationen“ auch ein wenig lachen kannst – denn Lachen ist auf jeden Fall gesund!
Rückblick in das Jahr 2016
„Machen Sie es sich doch bitte schon einmal auf dem Stuhl dort bequem!“ Die Aussage des Hämatologen glich eher einer Aufforderung als einer höflichen Bitte. Er deutete mir an, ich solle mich auf einen Sessel setzen, der dazu genutzt wird, seine Patienten mit einer Chemotherapie zu behandeln.
Das war sein Vorschlag für die Behandlung meiner Krankheit – jedoch nicht aus begründeten Anlässen oder „stichhaltiger Beweislage“, nein schlichtweg aus purer Unwissenheit und Ratlosigkeit heraus. Der Mann wusste nicht, was ich hatte, aber er war der Überzeugung, eine Chemotherapie würde meinen Zustand schon wieder „gerade biegen“.
Ob ich nun Leukämie oder MDS (eine Knochenmarkserkrankung, die sich Myelodysplastisches Syndrom nennt) hatte, spielte für ihn dabei keine Rolle.
Dieser Moment bildete den entscheidenden Wendepunkt in meinem Denken und meinem Handeln. Ich beschloss in dieser Sekunde, an Stelle des Arztes mir selbst zu vertrauen und meine Gesundheit mir selbst zu übergeben. In diesem Moment begann ich meinen Weg zurück zu mir.
Der Glaube an mich selbst und der Glaube an meinen Mut ließen mich die Verantwortung für mein Leben übernehmen. Ich ließ die Praxis des Hämatologen hinter mir zurück. Ich beschloss, nie mehr dorthin zurückkehren.
Bis ich jedoch soweit war, mich für bewusste Eigenverantwortung zu entscheiden, hatte ich noch zahlreiche skurrile Momente mit diesem Facharzt.
Und bevor ich endgültig den Mut aufbrachte, eigenverantwortlich für mein Leben zu handeln, durfte noch viele andere „Frösche küssen“ …
September 2015
Im September 2015 war ich bereits in meinem siebten Krankheitsjahr und voller Beschwerden und Symptome. Ich hatte jährlich diverse Arztbesuche unternommen: Ich war bei unterschiedlichen Fachärzten und bei Fachärzten in unterschiedlichen Städten. Die Diagnose war immer die gleiche: Kerngesund ist die junge Frau.
Im September jedoch (nachdem ich nun mittlerweile kaum mehr laufen, geschweige denn mich selbst versorgen konnte!), wurde erneut ein Blutbild beim Allgemeinmediziner gemacht. Dieses Blutbild wurde dann in dem folgenden Gespräch etwa so besprochen:
Der Allgemeinmediziner saß vor mir und schaute besorgt auf das Blutbild. Dann sah er mich an: „Junge Frau, wie alt sind Sie nochmal gleich?“
„29 Jahre.“
„Junge Frau“, sagte er schockiert, „Sie haben mindestens die Hälfte ihres Blutes verloren!“
Im ersten Moment war ich schockiert. Kann ich denn ohne die andere Hälfte überhaupt leben?
Mir wurde aber ziemlich rasch bewusst, dass meine Zustände über sieben Jahre ja auch nicht spurlos an meinem Körper vorbei gegangen sein konnten. So nach dem Motto: Irgendwas musste ja irgendwann passieren …
Ich beschloss, auch diesem Arzt meine Beschwerden und meine ganze Krankheitsgeschichte zu erzählen.
Der Allgemeinmediziner hörte besorgt und fasziniert zugleich zu.
In diesem Moment dachte ich noch: OK, jetzt wird dir endlich geholfen!
Dann sagte er jedoch: „Haben sie eigentlich irgendwo eine große, offene Wunde, über die Sie ihr Blut verlieren?“
Wie bitte? WAS???
Eine große, offene Wunde? Eine klaffende, blutende Wunde? – Nein, beides habe ich nicht! Mit einer großen, offenen Wunde würde ich jetzt auch nicht hier sitzen… Ich war fassungslos über solch eine Frage.
Ich entgegnete, dass ich keine hätte.
„Ja, nun, dann erzählen Sie doch noch einmal …“
OK, dann NOCH EINMAL!, dachte ich. Ich fühlte mich unverstanden.
Ich begann also erneut, von meiner Krankheitsgeschichte zu erzählen. Ich berichtete von allen Symptomen, allen Zuständen und davon, dass sich alles erst über die Jahre langsam aufgebaut hatte. Ich erzählte davon, was ich fühlte …
…, dass mein Körper alles unter der größten Anstrengung am Laufen hält …
…, dass ich das Gefühl hätte, mein Körper ist durch irgendetwas so stark belastet, dass er dabei ist, einige Funktionen einzustellen …
…, dass ich das Gefühl nicht loswerden könne, mein Körper sei „vergiftet“ …
Der Arzt hörte aufmerksam zu und betonte immer wieder, wie schrecklich sich mein Leidensweg doch anhörte.
Eine Diagnose konnte er nicht stellen, aber er gab mir seinen ärztlichen Rat – und jetzt wird es wirklich skurril:
„Junge Frau, nehmen Sie eigentlich die Pille?“
Ich wusste wirklich nicht, was das mit meiner Situation zu tun haben sollte …
„Nein, die nehme ich nicht!“
„Also, dann schlage ich Ihnen vor, dass sie zum Frauenarzt gehen, sich die Pille verschreiben lassen und Eisentabletten nehmen. Die bekommen sie in der Apotheke!“
„Ach, ja, wenn Sie hier in der Stadt einen Termin haben wollen, dann wird das so circa fünf Monate dauern. Meine Frau ist dort tätig. Ich wünsche Ihnen alles Gute.“
Das war es.
Ich denke, es leuchtet ein, dass ich mir bei diesem Arzt jedes weitere Wort ersparte.
Ich war erst einmal platt. Ich bedankte mich und ging. Ich musste nachdenken.
Wo Schatten ist, ist auch Licht
An dieser Stelle soll es für dich nun darum gehen, die andere Seite zu sehen und damit die Möglichkeiten, die jedem Einzelnen von uns zur Verfügung stehen (selbst, wenn man sie auf Anhieb nicht sofort sieht).
Was habe ich also getan?
Ich habe – ohne es damals bewusst wahrgenommen zu haben – damit begonnen, die Verantwortung für mich zu übernehmen. Ich vertraute MIR SELBST und meinem Bauchgefühl. Denn, instinktiv wusste ich genau, dass die Diagnose und die Weiterempfehlung an einen Gynäkologen, nicht die richtige Anlaufstelle für mich war.
Besonders dieses Gespräch lehrte mich eines:
NIEMAND wird die Verantwortung für meine Gesundheit tragen, wenn ich es nicht tue – schon einmal gar nicht der Arzt.
Überlege doch einmal selbst: Was würden die Ärzte tun, wenn du das eine oder andere Präparat nicht verträgst? Wenn du dadurch noch stärkere Beschwerden bekommst? Richtig! – Gar nichts. Oder sie würden dir noch ein anders Mittel obendrauf verschreiben! Die Ursache für dein gesundheitliches Leid suchen sie ganz sicher nicht!
Mir wurde bewusst, dass ich, wenn ich wirklich Hilfe wollte, mir selbst helfen musste. Eigenverantwortung war also die einzige Option, die ich hatte und die ich wählte.
Sinnvoll erschien mir, einen Facharzt für das Blut aufzusuchen.
Wie du siehst, ist es niemals nur dunkel – es gibt immer Licht. Besonders dann, wenn man sich als Mensch dazu entschließt, auf sich und seine Wahrnehmung zu vertrauen. Sich entschließt mutig zu sein, sich selbst etwas zuzutrauen und für sich selbst einzustehen.
Ich war zu dem damaligen Zeitpunkt wirklich am Ende, aber ich habe mich aus meinem freien Willen für mich entschieden. Dadurch hatte ich immer wieder Hoffnung (auch, wenn ich erst einige Monate später vollständig erkannte, dass ich die Heilung, nach der ich suchte, in mir selbst und in der Natur fand).
Bin ich hier bei „Versteckte Kamera“? – Die Arztbesuche beim Hämatologen im Jahr 2015
Beim Hämatologen, dem Facharzt für das Blut, blieb ich insgesamt ein halbes Jahr. In dieser Zeit wurde mir eigentlich gar nicht geholfen. Es wurden im Großen und Ganzen eigentlich nur Symptome betrachtet und abgewartet, ob sich mit meinem Blut irgendetwas tut. Als das dann nicht der Fall war, wurde ich letztendlich dahingehend beraten, eine Chemotherapie zu machen – und das ohne „geklärte Diagnose“. So nach dem Motto: Wenn nichts hilft, hilft das!
Dieses halbe Jahr glich eigentlich einer Satire, in der ich permanent aufgefordert wurde, selbst zu handeln. Der Arzt und ich bildeten dabei die Protagonisten. Der Arzt war derjenige, der permanent nachhakte, ob es noch ein bisschen mehr sein darf und, ob ich noch einen Nachschlag in Sachen Inkompetenz, Oberflächlichkeit oder Unmenschlichkeit wünschte. Ich hatte die zweite Hauptrolle und ich antwortete jedes Mal: „Ja, ich wünsche noch einen Nachschlag, bitte! – Das tat ich einige Male.
Wie schon gesagt, ich brauchte dieses halbe Jahr, in dem ich mir vorkam wie bei „Versteckte Kamera“. Dieses Jahr sollte seinen Höhepunkt in der Chemotherapie erreichen, damit ich endlich verstand, dass ich selbst aufgefordert war, zu handeln, um wirklich gesund zu werden.
Es dauerte nur eine Woche, bis ich einen Termin bei dem Facharzt für das Blut bekam.
Die Atmosphäre in der Praxis war schrecklich. Sie war geladen mit Hoffnungslosigkeit und Resignation. Der Warteraum war gefüllt mit einer kleinen Menge todkranker Menschen, die alle eine Chemotherapie bekamen.
Der erste Eindruck des jungen Arztes toppte die Atmosphäre der Praxis jedoch noch. Als ich ihn das erste Mal sah, klopfte er einem offensichtlich sehr kranken und von der Chemotherapie gezeichneten, jungen Mann auf die Schulter und sagte sarkastisch: „Na dann, auf in die nächste Runde!“ Der junge Mann schaute ihn fassungslos an und ich stand einfach nur daneben.
Kurze Zeit später lernte ich den jungen Arzt selbst kennen.
Der Mann war genau so, wie ich ihn eingeschätzt hatte: Für mich war er unsensibel, unmenschlich, gleichgültig und eigentlich nur darauf aus, möglichst viel Geld zu verdienen.
Wie er das tat, ist dir bestimmt bereits klar. Eines tat er jedenfalls nicht – er suchte nicht nach der Ursache für ein Problem, sondern schaute sich nur die Symptome an. Und das darfst du hier wirklich wortwörtlich verstehen!
Im Behandlungszimmer sprach der Hämatologe eigentlich nicht. Mehr als ein „Guten Tag!“ kam ihm nicht über die Lippen.
Nach der Begrüßung saßen wir uns gefühlt erst einmal eine Ewigkeit gegenüber, dann sagte er: „Blutbild!“
Anfangs war ich echt irritiert, aber ich schob ihm den Zettel über seinen Schreibtisch.
Wieder sprach er nicht. Nicht ein einziges Wort.
Dann sagte er: „Auf die Liege. Ich mache einen Ultraschall.“
Während der Untersuchung blieb er wieder stumm.
Dann raunte er: „Abwischen.“
Ich befolgte seine „Befehle“ und musste fast ein wenig lachen, weil die Situation eher einem Militär, als einem Arztbesuch glich. Ich hätte am liebsten mit „Jawohl, Sir!“ geantwortet. Ich verkniff mir jedoch jeglichen Anflug von Witzeleien und Lachen, weil ein Witz das letzte gewesen wäre, was der Arzt vertragen hätte.
Anschließend drehte er sich zu mir und sagte: „Alles in bester Ordnung, junge Frau!“
Du hättest einmal mein Gesicht sehen sollen. Auf der einen Seite war ich fassungslos – und auf der anderen Seite echt sauer. Wie konnte dieser Facharzt einen Ultraschall als Diagnosemethode wählen, und daraufhin behaupten, mit mir wäre alles OK. Das war echt ein schlechter Scherz. Ich kam mir vor wie bei „Versteckte Kamera“. So nach dem Motto: Wann rastet sie aus???
Ich blieb aber ganz ruhig und sagte erst einmal gar nichts.
Der Arzt ging wieder zu seinem Schreibtisch und starrte auf mein Blutbild. Und schwieg. Bestimmt fünf Minuten lang.
Dann nahm er Blickkontakt zu mir auf und sagte: „Symptome.“
„Wie bitte?“ Ich war völlig überrumpelt von seiner barschen Aufforderung.
„Was haben Sie für Symptome?“ Er wurde merklich unfreundlich, weil er die Energie für mehr als ein Wort aufbringen musste.
Wie befohlen, begann ich damit, die Symptome wie eine Auflistung herunterzubeten. Ich fühlte mich dabei echt unwohl.
Es fühlte sich einfach so „aus dem Zusammenhang gerissen“ an. Für mich ergab das alles keinen Sinn. Ich äußerte meine Bedenken.
„Herr Doktor, ich würde mich besser fühlen, wenn ich Ihnen die ganze Geschichte erzählen könnte. So, wie sich die Symptome entwickelt oder aufgebaut haben. Ich habe die ganzen Beschwerden ja nicht erst seit gestern. Und sie sind ja auch nicht aus dem Nichts einfach so entstanden. Ich denke, das ist als ein Prozess zu sehen.“
Ich schob vorsichtig die Frage nach: „Vielleicht eine Art Vergiftungsprozess?“
Der Hämatologe schaute mich bestürzt und fassungslos an. So, als ob ich gerade Papst und Gott in einem Satz beleidigt hätte.
„Nur die Symptome. Alles andere interessiert mich nicht.“
Als ich dann fertig war mit meiner langen Liste von einzelnen Symptomen, hatte sich der Arzt echt DREI Symptome notiert.
Er sah mich an, als fehlte noch irgendetwas auf seiner gnadenlos schlechten Mitschrift.
Der Hämatologe runzelte nachdenklich die Stirn und fragte mich: „Haben Sie eigentlich Zahnfleischbluten?“
Oh, Mann, das darf echt nicht wahr sein!
Bei meinen gesundheitlichen Problemen war diese Frage für mich völlig unverständlich. Ich hatte stark geschwollene Füße und Beine, welche beide aufrissen und bluteten.
Weil ich aber auf seine Frage antworten wollte, sagte ich: „Ja, Zahnfleischbluten habe ich auch.“ Ich hätte den Arzt gerne um ein wenig mehr Aufmerksamkeit gebeten, und mir ein wenig mehr Professionalität gewünscht.
Aber ich blieb wieder still.
„Außerdem blutet meine ganze Zunge.“
Er antwortete nicht, sondern geleitete mich in das Labor, um mir Blut abzunehmen.
„Sie hören von mir.“
Das war alles, was er sagte.
Und ja, ich hörte von ihm.
Ich bin ein Lebewesen, das kein Blut produziert
Eine halbe Woche später meldete sich der Doktor höchst persönlich. Er war am Telefon noch viel unfreundlicher als in der Praxis. Der Mann nuschelte so undeutlich ins Telefon, dass es echt eine Kunst war ihn zu verstehen. Davon abgesehen, sprach er ja eh nur drei Worte.
„Hallo. Junge Frau, Sie produzieren definitiv KEIN Blut.“
Das waren seine Worte. Mehr nicht.
Mir rauschten auf einen Schlag gefühlt hundert Fragen durch den Kopf. Wie kann ein Mensch kein Blut produzieren und dennoch leben? Geht es mir deswegen seit sieben Jahren so schlecht? Arbeitet mein Körper deshalb nicht mehr ...?
Ich sammelte mich aber und fragte den Arzt: „Was bedeutet das für mich?“
„Ich vermute, es handelt sich um das Myelodysplastische Syndrom. Eine Knochenmarkserkrankung. Oder eine Form der Leukämie.
Ich muss an ihr Knochenmark ran.
Ich gehe Freitag in den Urlaub. Passt es Ihnen morgen?“
Ich war geschockt. Geschockt von seiner Diagnose. Geschockt davon, dass solch eine schlimme Krankheit über sieben Jahre unbemerkt blieb. Geschockt davon, todkrank zu sein.
Aber klar, bin ich morgen früh da! Es ist ja schließlich nicht so, dass mein Terminkalender im Moment voll ist.
„Lassen Sie sich an der Rezeption einen Termin geben.“
Er wartete meine Antwort nicht einmal ab und legte auf.
Ich saß erstmal nur da.
Mit dem Hörer in der Hand.
Und weinte.
Knochenmarksprobe
Einen Tag später stand der Termin für die Knochenmarksprobe an. An diesem Tag ging es mir körperlich sehr schlecht. Ich hatte am Tag zuvor geweint. Mein Gesicht war extrem angeschwollen, und meine Atemwege waren verschlackt, weil mein Körper seine Funktionen nicht mehr problemlos ausführen konnte.
Während des Aufklärungsgespräches versuchte ich den Hämatologen noch einmal darauf aufmerksam zu machen, wie es heute um mich stand. Ich versuchte zu erklären, dass mein Körper nicht wie ein gesunder Körper arbeitet und deshalb auch anders auf die Zugabe jeglicher Mittel (auch Betäubungsmittel) reagiert.
Der Arzt hörte mir nicht wirklich zu oder wollte es nicht. Er sagte nur: „Haben Sie sich die Haare geschnitten? Sie sehen anders aus.“
Ich gab es auf. Es würde schon alles gut gehen.
Zu Beginn des Eingriffs merkte ich nichts. Das war sehr beruhigend.
Einen Moment später spürte ich jedoch, wie sich das Betäubungsmittel wie ein Lauffeuer in meinem Körper ausbreitete. Ich bekam keine Luft mehr und mein Hals schwoll zu.
Ich keuchte ein „STOPP!“ hervor.
Die Schwester geriet in Panik. „Die junge Frau erstickt.“
Der Arzt sagte mal wieder gar nichts.
In diesem Moment blieb mir nur eines übrig. Ich musste das Ruder selbst in die Hand nehmen, wenn ich wollte, dass es mir besser ging.
Ich gab der Schwester, die mir mit dem Gesicht zugewandt war, ein Zeichen. Sie sollte den Eingriff für einen Moment unterbrechen, damit ich mich darauf konzentrieren konnte zu atmen.
Ich habe dann Folgendes getan: Ich lenkte meine Aufmerksamkeit auf meine Lunge und stellte mir vor, dass alle Gänge meiner Luftröhre groß und geweitet sind. Ich spürte in mich hinein und in das Gefühl, Luft zu atmen. Frische und sauerstoffhaltige Luft. Ich beauftragte meinen Körper im Geist, das Betäubungsmittel mit jedem Atemzug abzutransportieren.
Und ohne, dass es mir damals bewusst war, hatte ich in diesem Moment bereits einen Teil von Selbstheilung entdeckt – die Heilung durch den Geist und die Gedanken.
Nach einigen Minuten ging es mir besser. Ich konnte atmen und es konnte weitergehen.
„Es kann jetzt ein wenig zwicken“, war das nächste, was ich von dem Doktor hörte.
Zwicken war hier echt die Untertreibung des Jahrhunderts.
Es tat unglaublich weh.
Ich hatte ohnehin permanent starke Nervenschmerzen, und der Eingriff fühlte sich an, als hätte ein Bohrer meinen Hauptnerv getroffen und würde an ihm herumbohren. Es war echt heftig.
„Ich muss noch etwas tiefer ins Knochenmark hinein.“
WAAAAS???
Ich schrie so laut, dass mich das ganze Wartezimmer hörte.
„So, ich habe es“, sagte der Arzt und ging weg.
Das letzte, was ich sah, war, dass er heraus ging. Dann wurde ich von der örtlichen Betäubung, die sich in meinem Körper zu einer Vollnarkose entwickelt hatte, in den Dämmerschlaf versetzt.
Nichts wie weg hier! – Mit dem Moonwalk aus dem Behandlungszimmer
Ich wachte wieder auf, als meine Mutter wie eine Furie ins Zimmer schoss und sich über mich beugte.
„Geht es dir gut?“, fragte sie mich.
Ich konnte nicht antworten, weil ich immer noch stark benommen war und immer wieder einschlief.
„Und nun zu Ihnen …“, hörte ich sie wütend auf den Arzt einreden, der nur apathisch aus dem Fenster starrte.
„Was haben Sie mit ihr gemacht? Meine Tochter ist „hart im Nehmen“. Wenn Sie schreit, dann heißt das schon was! Also?“
Der Arzt schaute nur weiter aus dem Fenster und sagte, so etwas hätte er noch nie erlebt.
Und weg war ich wieder.
Als ich wieder zu mir kam, saß meine Mutter neben mir auf der Liege.
„Du liegst hier schon seit über einer Stunde. Glaubst du, du kannst aufstehen? Du kannst nach Hause …“
Ich wollte „Ja!“ sagen, schlief aber bereits bei dem Gedanken wieder ein.
Es dauerte einige Zeit, bis ich mir gedanklich vornehmen konnte hier aufzustehen.
Ich nahm mir fest vor, meiner Mutter Bescheid zu geben, sie solle mich hier rausbringen. Aber meine Zunge machte bei meinem Vorhaben noch nicht mit.
Ich versuchte die drei Worte BRING MICH RAUS über die Lippen zu bringen, aber ich nuschelte nur unverständliches Zeug.
Kurze Zeit später gelangt mir aber die Verständigung mit meiner Mutter.
„Bring mich hier bitte raus. Der Zustand wird noch länger andauern.“ Ich kannte diese Situationen nur zu gut.
„Glaubst du denn, dass du gehen kannst?“
„Nein“, sagte ich, „aber egal! Ich möchte hier weg!“
Wir versuchten, unser Vorhaben in die Tat umzusetzen. Meine Mutter richtete mich auf, und es ging mir ein kleines bisschen besser. Ich hatte das Gefühl, ich könnte es wirklich bis ins Auto schaffen.
Eine Schwester kam herein. „Ah, schön. Sie sitzen. Geht es Ihnen besser?“
„Ja“, log ich.
„Möchten Sie noch eine Schmerztablette?“
Ich hörte noch ihre Frage und war in dem Moment schon wieder weggedöst.
Glücklicherweise saß ich mehr oder weniger mit dem Rücken zu der Frau und meine Mutter schaltete blitzschnell: „Nein, danke! Es geht ihr schon deutlich besser.“
„Geben Sie uns noch eine Minute. Dann werden wir gehen.“
„Ja, gut. Dann werde ich auch Mittag machen. Der Arzt ist schon lange fort.“
Die Schwester verließ den Raum und meine Mutter rüttelte mich wach.
„Alles klar. Ich bin wach. Bloß weg hier, bevor ich wieder weg bin!“
„Deinen Humor verlierst du auch in den schwierigsten Situationen nicht, nicht wahr Krissi?“
Wir lachten beide, als wir herausgingen. Na ja, eigentlich ging nur meine Mutter. Mich schleifte sie hinter sich her. Ich konnte meine Füße nicht anheben und schlitterte in einer Art Moonwalk über das Parkett.
Die ganze Rückfahrt verbrachte ich mehr oder weniger schlafend oder ich übergab mich.
Mit der Knochenmarksprobe und der damit einhergehenden Tortur bekam ich meinen zweiten Nachschlag oder die zweite Erinnerung daran, gedanklich neue Wege einzuschlagen und in meinem Bewusstsein zu wachsen. Oder anders ausgedrückt: ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass ich selbst in der Lage bin, meine Gesundheit wiederherzustellen. Ich wurde aufgefordert, mich gedanklich neu zu orientieren und alte Glaubensmuster loszulassen.
Zu dem Zeitpunkt war ich aber einfach noch nicht so weit. Ich hielt immer noch an gelernten und verstandenen Glaubenssätzen fest und gab die Verantwortung für meine Gesundheit an einen Anderen weiter.
Ich brauchte diese „Nachschläge“. Ich brauchte diese Art von „Behandlung“, damit ich lernen konnte. Es war mein Weg zu lernen, auf mich zu vertrauen und nicht in dem Vertrauen zu verweilen, welches uns Menschen von Kindesbeinen eingeimpft wird: Wenn du gesundheitliche Probleme hast, dann hilft dir der Arzt. Niemand sonst ist dazu in der Lage.
Ich hielt ich an diesem gelernten Glaubenssatz fest. Zu dem Zeitpunkt war dieses Gedankenkonstrukt immer noch stärker als jede Realität, die ich direkt vor mir hatte.
Du merkst schon jetzt, wie stark gedankliche Muster sein können und wie blind sie den Menschen doch für das Offensichtliche machen können.
Laborbefund und Diagnose des Facharztes
Nach seinem Herbsturlaub meldete sich der Hämatologe bei mir, um mir den Laborbefund mitzuteilen – wie gewohnt gab er sich nicht besonders viel Mühe. Im Gegenteil: Dieses Telefonat war gnadenlos.
„Hallo, junge Frau. Ich habe hier den Befund vor mir liegen.“
Durchs Telefon höre ich, wie er gerade erst dabei ist, den Umschlag aufzureißen.
„So, also …“
Der Arzt war dabei zu lesen …
„Der Laborbefund Ihrer Knochenmarksprobe und die Auswertung des Blutes ergibt …“
…
„Sie haben nichts. Sie sind gesund!“
OK. Das war zu viel.
Wie kann ein Mensch mit sehr wenig Blut im Körper als gesund bezeichnet werden? Wie kann ein Arzt eine gesundheitliche Schere von A: kerngesund, und B: Leukämie errichten? Das war eindeutig zu viel des Guten! Ich war wirklich kurz davor, meine Fassung zu verlieren, wurde dann aber von dem Arzt aus meinen Gedanken gerissen.
„Oh, Verzeihung. Doch Leukämie.“
Der Arzt las den Laborbericht selbstverständlich gerade das erste Mal und nuschelte in den Hörer.
„… Vergiftung … hyperzelluläres Knochenmark … ausgeprägte Reifungsstörung … keine Blutbildung … toxische Einwirkung auf das Knochenmark …“
Ich fand dieses Gemurmel sehr unfreundlich und unterbrach seine Lektüre.
„Was bedeutet das für mich? Habe ich Leukämie?“
Es kam keine Antwort.
„Herr Doktor, sind Sie noch dran?“
„Nein.“
„Nein. Leukämie haben Sie nicht.“
„Sagen Sie mal, junge Frau, vergiften Sie sich? Nehmen Sie harte Drogen? Sind Sie süchtig?“
„NEIN!“
Ich empfand seine Frage als extrem unpassend und unmenschlich. Mehr als ein „Nein“ kam schon allein vor Schock nicht aus mir heraus. Für diesen Arzt fehlten mir echt die Worte.
„Was geschieht jetzt mit mir? Wie mache ich jetzt weiter?“
„Sie werden jetzt einfach mal Vitamin B12 einnehmen, und wir sehen uns in sechs Wochen. Lassen Sie sich einen Termin geben.“
Er hatte aufgelegt.
Dieses Spiel – B12 einnehmen. Sechs Wochen warten. Blut abnehmen – spielte der Arzt über mehrere Monate. Ohne jegliche Veränderung meines Zustands und des Blutbilds.
Chemotherapie oder Einweisung in die Psychiatrie?
Bereits nach kurzer Zeit hatte ich genug von seiner Behandlung. Weder hatte sich mein Blutbild wirklich verändert noch hatte sich mein Gesundheitszustand in irgendeiner Weise stabilisiert.
Innerlich fühlte ich, dass mir die Zeit zwischen den Händen durchrutscht und ich dringend etwas unternehmen musste, wenn ich wieder gesund werden wollte.
Bei einem der typischen sechswöchigen Termine konfrontierte ich den Arzt damit, dass es meiner Meinung nach so nicht weitergehen könne. Und, dass ich das Gefühl hatte, hier auf der Stelle zu stehen. Für den Arzt glich meine Aussage einer Hoheitsbeleidigung. Er wurde merklich unhöflich und offenbarte mir, auf mein „Gedrängel“ hin, seinen Lösungsvorschlag: Eine Chemotherapie. Diese würde meinen Zustand schon wieder „geradebiegen“.
Obwohl ich erst einmal nichts dazu erwiderte, spürte der Arzt meine Fassungslosigkeit, meine Enttäuschung und mein absolutes Misstrauen.
Er machte mir daraufhin klar, dass, wenn ich das nicht wolle, ja noch die Möglichkeit bestünde, mich in eine psychiatrische Einrichtung einzuliefern. Diese würde sich auch mit der „Linderung“ meiner organischen Beschwerden befasse.
Daraufhin sprachen wir noch kurz miteinander, und wir beide bemühten uns, unsere Freundlichkeit nicht zu verlieren. Dennoch wussten wir beide, dass wir unterschiedlicherer Meinung kaum sein konnten.
In diesem Gespräch fasste ich den Entschluss, diese Praxis und den Arzt hinter mir zu lassen und mir selbst die Wiederherstellung meiner Gesundheit zuzutrauen. Ich begann damit, genau das zu tun, was ich instinktiv immer schon von den Ärzten erwartet habe – ich begann nach der Ursache für meinen kranken Körper zu suchen.