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5.Tag: Albufeira – Praia da Falesia (12 km), 23. August

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Heute habe ich andere Pläne. Nach einem guten und reichhaltigen, mit viel Obst kredenzten Frühstück in meiner Pension möchte ich heute zum „Praia de Falesia“, dem Felsenstrand, der sich etwa sechs Kilometer östlich von Albufeira befindet. Jedoch ist es nicht ganz einfach, dort hinzukommen, und so entschließe ich mich, mir ein Taxi zu leisten, das mich dort innerhalb von zwanzig Minuten und mit 13,40 Euro Fahrgeld hinfährt. Die Fahrt ist abenteuerlich, da sie immer durch neue Stadtteile führt und mein Taxifahrer sich zwar gut auskennt, aber sehr rasant fährt.

Schließlich erreiche ich den „Felsenstrand“, und was ich dort sehe, lässt mich nur staunen: Über eine Strecke von sechs Kilometern Länge erhebt sich eine Steilküste aus rot-weißen Steinwänden, die in so unterschiedlichen Formen zu sehen sind, dass ich aus dem Staunen nicht herauskomme. Die Hänge sind manchmal ein wenig mit Agaven, Grassoden oder Mittagsblumen, die leider zurzeit nicht mehr blühen, bewachsen, sind aber sonst kahl. Die Felsen geben ein Abbild von Tropfen, die mir aus Tropfsteinhöhlen bekannt sind, haben Furchen, die vom Meer glatt gespült wurden, bilden Zuckerhüte und Gesichter in allen möglichen Rotfarben bis hin zum Weiß- oder Rosaton.

Ich laufe fast drei Stunden staunend am Strand entlang, mache viele Fotos und kann kaum glauben, was ich dort sehe. So imposant, mächtig und vielfältig ausgestaltet hätte ich mir das alles nicht vorgestellt. Dazu gibt es einen traumhaft schönen, weißen Sandstrand, der weitaus weniger von Menschen bevölkert ist als in Albufeira, vielmehr ist dieser Strand streckenweise sogar fast menschenleer. Hier kann ich gut meinen Tag verbringen und Kraft sammeln, bevor ich morgen weiterreisen will.

Gegen Mittag wird es sehr warm, so richtig heiß, ich kühle mich im jetzt nicht mehr ganz so kalten Meer, das heute eine herrliche Brandung hat, ab und erfrische mich mit meiner mitgebrachten Melone am Strand. Immer wieder geht mein Blick zu den Steilhängen dieser farbenfrohen und riesigen Steilküste, die in jahrhundertelanger „Arbeit“ vom Meer und von der Witterung in diese Form gebracht wurde. Immer wieder sind Teile dieser Steilküste mit Netzen abgehängt, damit herabfallende Gesteinsbrocken die Badegäste nicht gefährden sollen. Auch ist in größeren Abständen immer wieder ein Warnschild vor herabfallenden Felsen aufgestellt worden.

Gegen 15.00 Uhr denke ich an die Rückfahrt und muss scheinbar endlos weit laufen, bis ich die Bushaltestelle nach Albufeira nach mehrmaligem Nachfragen finde. Um Geld zu sparen, will ich den Rückweg unbedingt mit dem Bus antreten. Jedoch muss ich auf dem Fahrplan lesen, dass der Bus Samstag, Sonntag und an Ferientagen erst in fast zwei Stunden fährt. Solange will ich einfach nicht mehr warten und so entscheide ich, zur Rezeption des Hotels, vor dem sich die Bushaltestelle befindet, zu gehen, mit der Bitte, dass dort für mich ein Taxi bestellt wird. Dieses ist dann auch fünf Minuten später da und bringt mich – nun für einen erheblich günstigeren Preis – ins Zentrum von Albufeira zurück. So hat sich meine Laufstrecke zur Bushaltestelle wenigstens bezahlt gemacht.

In Albufeira kenne ich mich inzwischen gut genug aus, dass ich problemlos mein Zimmer finde. Wie schnell man sich doch in einer neuen Umgebung einleben kann! Aus mir rieselt überall der feinkörnige Sand der Algarve, so dass ich als erstes duschen muss. Völlig verschwitzt und müde von der Hitze ist auch für mich eine Zeit zum Ausruhen notwendig. Ich merke sehr genau, dass ich in dieser Hitze nicht normal belastbar bin, was sich morgen mit Gepäck noch wieder verstärken wird. Heute jedoch hat sich dieser, wenn auch nicht ganz billige, Ausflug für mich jedenfalls sehr gelohnt, ich bin immer noch ganz voll von meinen neuen Eindrücken.

Den Abend verbringe ich noch einmal für kurze Zeit im Zentrum von Albufeira. Überall gibt es Musik und alle Touristen der Algarve scheinen unterwegs zu sein. Nachdem ich etwas gegessen habe, wird mir dieses wuselige Treiben schon wieder zu viel. Ich gehe auf mein Zimmer und genieße den restlichen Abend in Ruhe dort. Diese Rückzugsmomente sind für mich sehr wichtig, denn immer nur mit so vielen Menschen zusammen zu sein, bereitet mir Probleme. So bin ich auch nicht froh darüber, dass meine Pilgerreise hier an der Algarve noch nicht so recht beginnen kann, denn aufgrund der fehlenden Fußwege kann ich nicht von Ort zu Ort laufen.

Ich sehne mich wieder nach der Einsamkeit, die ich im letzten Jahr auf meiner Reise von Pamplona nach Santiago de Compostela so sehr genossen habe.2 Zeit für mich, für meine Gedanken, Dasein in der Natur, vieles davon opfere ich zur Zeit meiner Neugier, die Landschaft der Algarve kennenzulernen. Dafür zahle ich den Preis, dass ich von Touristenmassen förmlich erschlagen werde. Auch wenn der ursprüngliche Pilgerweg von Faro über Lagos nach Lissabon und dann weiter nördlich Richtung Santiago de Compostela verläuft, kann sich hier im südlichen Portugal kaum jemand mit dem Pilgergedanken anfreunden.

Vielmehr ist es mir heute nicht einmal gelungen, einen Pilgerstempel zu bekommen, denn, als ich vom „Felsenstrand“ zurückkam, hatte das Postamt bereits geschlossen und andere Möglichkeiten konnte ich trotz mehrmaligem Herumfragen nicht finden. Auf meine Nachfrage in verschiedenen Gaststätten usw. ist mir überall Unverständnis begegnet. Also, kein Stempel für den 23. August!

In früheren Zeiten, als es keine Autos gab, war es sicherlich möglich, auch diesen Weg an der Algarve zu belaufen, bevor der Mensch so viel Lebensqualität dem Auto opferte, das in den Orten sogar in den Fußgängerzonen und auch sonst in den Verbindungsstraßen stört und diese für Fußgänger nahezu unpassierbar macht. Das Pilgern ist demnach nur in Teilen der Länder möglich. Hier müsste die portugiesische Regierung sicherlich im Hinblick auf den Caminho Portugues zur aktiven Verbesserung des Weges ihren Beitrag leisten. Befremdlich war für mich auch, dass hier im Süden Portugals die Mehrzahl der Menschen nicht einmal mit der Frage nach dem Pilgerweg etwas anfangen konnte. Dieses erklärt auch meine Schwierigkeit, die ich hier nahezu täglich hatte, einen Pilgerstempel für meinen Pilgerpass zu erhalten.

Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus

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