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8.Tag: Lagos – Sagres (45 km) – Cabo S. Vincente (6 km), 26. August

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Frühmorgens um 9.15 Uhr beginnt der Tag mit der Busreise vom Busterminal nach Sagres. Die Busfahrt, die 3,40 Euro kostet, dauert eine knappe Stunde und um 10.20 Uhr hält der Bus in Sagres. Zum Cabo S. Vincente sind es dann noch einmal ca. sechs Kilometer.

Am Strand von Sagres sitzend, nehme ich zuerst mein mitgebrachtes Frühstück zu mir, bestelle mir dazu einen „Café com Leite“ und genieße die Aussicht auf das Strandpanorama in Form von beachtlich hohen Felswänden. Mein Bus, der mich innerhalb von zehn Minuten nach Cabo S. Vincente bringen soll, kommt erst in einer Stunde, so dass ich noch ausreichend Zeit habe. In S. Vincente werde ich mich dann dreieinhalb Stunden aufhalten können, um mir alles anzusehen.

Schließlich gehe ich zur Busstation und warte auf den Bus, doch dieser kommt vorerst nicht. Nach einer weiteren Viertelstunde Wartezeit kann ich endlich weiterfahren. So ist es eben in Portugal, die Busabfahrtzeiten entsprechen bei Weitem nicht immer den Ankündigungen.

Am Cabo San Vincente angekommen, steige ich aus dem Bus und stelle erstaunt fest, dass es kalt ist, so richtig, und ein heftiger Wind weht. Zum Glück habe ich meine Fleecejacke mit, so dass ich mich sofort wärmer anziehen kann. Der südwestlichste Punkt Europas und Portugals, das sogenannte „Ende der Welt“, hat es offensichtlich in sich. Viele andere Touristen und Schaulustige befinden sich schon dort, alle sommerlich gekleidet und somit alle frierend. Demnach gibt es nicht nur Buden mit den üblichen Esswaren, sondern auch zwei Stände mit handgestrickten Wollpullovern und Strickjacken, die hier zu einem nicht allzu teuren Preis auf ihre Käufer warten. Leider kann ich keinerlei weiteres Gepäck transportieren, so dass all die zum Teil sehr schönen Waren von mir unbeachtet bleiben müssen.

Sobald ich dem Tourismusstrom entflohen bin, breitet sich, nachdem ich eine sehr steinige Ebene durchquert habe, eine absolut fantastische Sicht aus: Riesige Felswände ragen mehrere hundert Meter hoch, zerfurcht, in verschiedenen Rottönen schattiert, mit Höhlen und Vorsprüngen versehen, aus dem smaragdgrün schillernden Meer heraus. Das Meer umspült mit schäumender Gischt die scharfkantigen Felsbrocken, die sich im Laufe der Jahrhunderte aus den Felswänden gelöst haben und nun wie von einem Riesen dahingeworfen wild durcheinander im Wasser liegen. Das also ist die vielgerühmte Costa de Vicentina. Ich kann mich gar nicht satt sehen an diesem Naturschauspiel und mache viele Fotos, stehe einfach da und schaue mir die wundervolle Landschaft an. Was für ein schönes Land, das so atemberaubende Naturschauspiele zu bieten hat!

Die Hochebene besteht aus großen Flächen von Steinen, die in unterschiedlichen Größen überall herumliegen. Dazwischen wachsen verschiedenartige Gräser, Mittagsblumen, Erikapflanzen und vielerlei dorniges, blühendes Gestrüpp. Koniferen, die flach kriechend den Boden bedecken, gibt es auch. Ich muss sehr vorsichtig gehen, um zwischen den Steinen und Pflanzen nicht zu straucheln, setze also behutsam Schritt für Schritt. Auf jeder Seite des Hochplateaus, das ich langsam umlaufe, entdecke ich neue, wundervolle Ausblicke. An die Felsenkanten, die nirgends abgesichert sind, traue ich mich nicht allzu nahe heran, da überall Schilder aufgestellt sind, die vor herabfallenden Steinen warnen.

Und so habe ich nach etwa zwei Stunden alles gesehen. Da der Bus jedoch erst wieder um 15.00 Uhr zurückfährt, also nach gut drei Stunden, hole ich meine Verpflegung heraus und mache in Ruhe eine Essenspause. Da es hier oben nichts außer Bratwurst und Knabbergebäck zu kaufen gibt, bin ich froh, dass ich mein Brötchen, etwas Wurst und Käse und Tomate selbst mithabe, so dass ich alles autark regeln kann. So sitze ich nun, den herrlichen Blick auf das Meer und die Klippen vor mir, und es geht mir so richtig gut. Ich versuche, den schönen Anblick in meinem Kopf zu speichern. Damit vergeht die Zeit sehr schnell und schließlich bin ich sehr froh, dass ich um 15.00 Uhr in den Bus einsteigen kann, denn es ist hier, am „Ende der Welt“, doch ganz schön frisch, trotz meiner Fleecejacke.

Wieder in Sagres angekommen, frage ich bei der Touristeninformation nach, in welcher Richtung der endlos langen Straße, die durch Sagres führt, sich die Kirche befindet. Eine freundliche Frau mittleren Alters versorgt mich mit einem Plan des Ortskerns und schickt mich in die richtige Richtung zur alten Kirche. Dort will ich mir meinen Pilgerstempel abholen. Ich laufe durch Ausläufer des kleinen Ortes auf einem unbefestigten Weg an einem Maisfeld entlang, dessen Pflanzen eine Größe von gut drei Metern haben. In diesem Dschungel fühle ich mich etwas einsam und fast erscheint mir der Weg unheimlich, obwohl es hell ist.

Auf einmal sehe ich schon von weitem die „Fortaleza de Sagres“, die alte Festung, die auf einem Felsplateau hoch über dem Meer thront, umgeben von einer weißen Mauer. Auch auf dem Weg dorthin und beim ca. drei Kilometer langen Rundgang um das riesige Areal ergeben sich immer wieder wundervolle Ausblicke auf das durch die Sonne schillernde Meer. Auch wenn nur noch ein paar Gebäude auf diesem riesigen Hochplateau erhalten sind, ist das Ausmaß dieser Anlage gigantisch.

Im Zentrum der Anlage entdecke ich den ehemaligen Brunnen und gar nicht weit davon entfernt den Platz, wo offensichtlich die Toten nach den Gefechten verbrannt wurden. Beim Rundgang fasziniert mich sehr der mit weißlichen, unterschiedlich großen Platten gepflasterte Rundweg. Es ist schon erstaunlich, dass diese Pflasterung über Jahrhunderte in einem derartig guten Zustand erhalten geblieben ist. Als ich jedoch an der kleinen Kirche vorbeikomme, muss ich feststellen, dass die Tür zwar geöffnet ist und einen Einblick in das Innere gestattet, dass jedoch ein Gitter davor gestellt wurde, weil zurzeit Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Also gibt es wieder keinen Pilgerstempel für mich und meinen Pilgerpass.

Beim Herausgehen aus der Anlage frage ich zwar noch einmal an der Kasse, an der ich beim Hereingehen 1,50 Euro Eintritt gezahlt habe, nach einem Stempel. Jedoch kann man mir dort nicht weiterhelfen.

So laufe ich zurück zur Bushaltestelle und frage noch einmal in der gegenüber liegenden Touristeninformation, bei der ich schließlich meinen heutigen Pilgerstempel erhalte.

Als ich nun an der Bushaltestelle auf meinen Bus zurück warte und auf der Bank Platz genommen habe, kommt eine sympathische Frau mittleren Alters auf mich zu und spricht mich auf Deutsch an: „Hallo, sind wir uns nicht vorhin schon am Cabo San Vincente begegnet?“ – „Ja, richtig, Sie sind mir dort auch schon aufgefallen. Reisen Sie auch allein?“ – „Ja, ich bin mit einer Reisegruppe in einem Hotel in der Nähe von Lagos. Aber ich fühle mich ziemlich einsam, denn in meinem Hotel sind nur Pärchen und Familien. Wahrscheinlich habe ich das falsche Hotel gewählt. Ich bin einfach kurz entschlossen noch einmal für eine Woche in den Süden geflogen.“ Als ich ihr daraufhin erzähle, dass ich vorhabe, sechs Wochen alleine herumzureisen, staunt sie, da sie bereits nach drei Tagen früher abreisen will, weil sie sich einsam fühlt. Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile miteinander und sie erzählt mir, dass sie aus Göttingen stammt. Schließlich kommt unser Bus, der uns beide nach Lagos bringen soll. Da meine neue Bekannte vier Kilometer vor Lagos aussteigen will, überlegt sie, ob sie bis Lagos fahren muss, um dann wieder mit einem anderen Bus zurückzufahren. Schließlich tut sie das, was sie bei den anderen Fahrgästen beobachtet hat: Sie drückt auf den Klingelknopf über ihrem Sitz, der ein Surren von sich gibt, und wirklich, der Fahrer fährt die nächste Haltemöglichkeit an und meine Bekannte kann aussteigen. Wir wünschen uns gegenseitig noch eine schöne Reisezeit und verabschieden uns voneinander.

Der Bus bringt mich schließlich zurück nach Lagos, wo ich den Abend in Ruhe ausklingen lasse. Nun brauche ich erst einmal Zeit, um all die neuen Eindrücke zu verarbeiten.

Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus

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