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9.Tag: Lagos, 27. August

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Auch heute kann ich noch einmal ganz entspannt auf meinem Balkon frühstücken. Da ich mir gestern Vollkornbrötchen besorgt habe, ist mein Frühstück fast wie zu Hause und ich genieße die vertraute, zurückgezogene Atmosphäre. Es ist einfach schön, ohne so viele verschiedene fremde Menschen den eigenen Weg gehen zu können. Ich genieße mein Vollkornfrühstück, zumal hier in Portugal, so wie ich es vom letzten Jahr in Spanien gewohnt bin, fast ausschließlich weißes Brot verkauft wird. So sitze ich entspannt auf „meinem“ Balkon, beobachte die Leute und fühle mich nur wohl. Schön! Auf den Straßen unter mir herrscht inzwischen reges Treiben, die Menschen gehen einkaufen, halten mit dem Nachbarn ein Schwätzchen und dazwischen manövriert sich immer wieder mal vorsichtig ein Auto hindurch. Die Gassen sind hier so schmal, so dass sie eigentlich überhaupt nicht für den Autoverkehr ausgelegt sind. In den Altstadtbereichen wird das Auto zwar geduldet, aber nicht hofiert. Für mich ist auffällig, dass um diese Zeit keine Kinder auf den Straßen zu sehen sind. Offensichtlich befinden diese sich am Vormittag in der Schule. So trubelt das Leben vor meinen Blicken und ich fühle mich beim Zuschauen wie vor dem Fernseher, nur dass dieses hier das reale Leben ist.

Nach meinem Frühstück muss ich das erste Mal hier in Portugal von der Bank Geld holen, was sich als gar nicht so einfach erweist, da ich zwar eine Bank finde, wo ich jedoch, als ich den innen liegenden Automaten benutzen will, die Meldung erhalte – keine geeignete Karte – so in etwa soll es wohl ins Deutsche übersetzt heißen. Etwas verunsichert gehe ich nun zum Schalter, warte endlos, bis ich an der Reihe bin und frage auf Englisch. Zuerst erklärt mir der Bankangestellte, dass ich zwanzig Kilometer weiterfahren müsste, bis er mich dann endlich versteht. Der EC-, Visa- usw. Automat befindet sich draußen an der Straße und nicht in der Bank. So gehe ich nach draußen und hier gelingt mir mein Ansinnen problemlos, jedoch liegt das Limit bei 200,00 Euro, so dass ich bei den Preisen an der Algave wohl nicht allzu lange mit meinem Geld auskommen kann.

Froh, dieses Problem nun gelöst zu haben, laufe ich mit meiner Barschaft und der EC-Karte, beides sicher in meiner Bauchtasche verstaut, in mein Quartier, welches mir doch, da es privat ist, so sicher erscheint, dass ich meine Wertsachen, zwar versteckt, aber doch im Apartment lasse. Das ist auch notwendig, da ich meine Wertsachen nicht mit an den Strand nehmen will und kann, da mir das zu gefährlich erscheint, wenn ich auch am Strand laufen oder baden möchte.

Nun mache ich mich für den Strand fertig. Den „Hausstrand“ von Lagos kann ich von meinem Quartier aus problemlos innerhalb von zehn Minuten erreichen, da dieser im Gegensatz zu vielen anderen Stränden der Algarve direkt in der Stadt liegt. Hier kann ich gut zu Fuß gehen, wenn ich zu dem Strand gehe, der als Sandstrand, von Felsen umrahmt, liegt. Der zweite Strandabschnitt befindet sich dann auf der anderen Seite eines flussähnlichen Meeresarmes, so dass ich hier eine Fähre benutzen müsste. Auf dem Weg zum Strand komme ich an der berühmten alten Kirche von Lagos, der „Igreja de Santo Antonio“, dem „Monumento National“ und einer der schönsten Kirchen Portugals vorbei, bei der ich mir meinen Pilgerstempel holen möchte und die ich mir noch gerne ansehe. Jedoch ist die Kirche verschlossen und wird nur zu bestimmten Besuchszeiten geöffnet.

So entscheide ich, eine halbe Stunde bei einem Café com Leite zu warten. Hier in der Fußgängerzone herrscht eine reges Treiben, ein Kommen und Gehen. Zwei, drei Pärchen sitzen nebeneinander und schweigen sich an. Ist ihnen bei diesem schönen Wetter die Urlaubslaune verregnet? Familien mit Kindern sitzen hier, mit den Kindern locker im Gespräch vertieft. Aber auch Einzelreisende haben Platz genommen und genießen die Pause zur Mittagszeit.

Als ich dann schließlich die Kirche besichtigen will, schließt das angrenzende Museum gerade. Man teilt mir mit, dass ich heute Nachmittag ab 14.00 Uhr kommen könne.

Also gehe ich doch zuerst zum Strand, der mich mit seinem Felsenpanorama begeistert. Zwischen einzelnen Strandabschnitten gibt es Durchgänge durch die Felsen, die Wasser umspült, zum nächsten Strandabschnitt den Zugang frei geben. Bereits vorgestern habe ich auf der Bootstour gehört, dass man bei Niedrigwasser fast durch alle Felsendurchgänge hindurchlaufen könne. Zurzeit jedoch ist das Wasser recht hoch, so dass ich nur bis zur nächsten Bucht komme.

So liege ich in der Sonne und genieße das südliche Ambiente, muss mehrfach ins Wasser gehen, weil mir am Strand einfach zu heiß ist und ich mich abkühlen will. Das Wasser ist in meiner kleinen Bucht zwar etwas wärmer, als ich es die letzten Male beim Baden erlebt habe, aber es ist immer noch ziemlich kalt. Deswegen tauche ich nur kurz unter, um mich zu erfrischen und genieße diese schöne Landschaft lieber von meinem Badetuch aus.

Ich sitze mit dem Rücken am Felsen und kann so wundervoll das Strandleben beobachten: Viele Kinder tollen im Wasser herum, offenbar macht es ihnen nichts aus, dass das Meer so kalt ist. Viele schwimmen bis zu einem großen Felsen, der eine flache Oberfläche hat, um dann von dort mit einem Kopfsprung ins Wasser zu springen. Ab und zu tuckert ein Ausflugsboot an meiner Bucht vorbei und manchmal saust auch ein Motorboot, das auf dem Weg zu den nahe liegenden Felshöhlen und Grotten ist, an der Bucht entlang. Am Strand liegen viele Menschen unter selbst mitgebrachten Sonnenschirmen oder im Schatten der Felsen. Insgesamt ist hier der Strand jedoch weit weniger voll als in Albufeira. Die Möwen fliegen schreiend um die Felsen herum, während das Meer rauscht und die Wellen auf jedes Boot reagieren.

Im Laufe des Nachmittags sinkt der Wasserstand deutlich, so dass ich zu Fuß zwei weitere Buchten erreichen kann. In den Durchgängen durch die Felsen steht nur noch wenig Wasser, so dass ich fast trockenen Fußes hindurchklettern kann. Es ist einfach ein idyllisches Leben hier am Strand.

Auf meinem Rückweg gehe ich noch einmal an der Kirche vorbei und dieses Mal habe ich Glück: Das Museum, durch das die Kirche betreten werden kann, ist geöffnet. Ich zahle zwei Euro Eintritt und kann die Kirche, die nicht allzu groß ist, besichtigen. Sie ist an den Wänden völlig aus Holz mit geschnitzten Figuren, Rankpflanzen und Verzierungen gestaltet, die allesamt vergoldet sind. In den Wandflächen befinden sich zudem große, düster gehaltene Ölgemälde. Von der Empore am Ende des Raumes her fällt durch ein fast rundes Fenster Licht in die Kirche ein. Die Decke ist vollständig in rötlichen Tönen mit etwas Blau bemalt und zwar so, dass eine Tiefenwirkung entsteht und die Kirche dadurch erheblich höher wirkt. Im unteren Bereich der Wände sehe ich in ca. 1,20 Meter Höhe die hier für Portugal so typischen Kacheln in Weiß-Blau-Tönen. Der Altarraum ist erleuchtet und befindet sich in einer erhöhten Nische und dominiert die gesamte Kirche. Diese Kirche ist ein portugiesisches Kulturdenkmal und stammt aus dem 18. Jahrhundert, wobei der Altar erhalten geblieben ist, während andere Teile der Kirche zerstört und wieder aufgebaut wurden. Neben der Kirche befindet sich noch ein kleines Museum, welches ich mir mit ansehen kann. Hier werden alte, kirchliche Gewänder, alte Münzen und Scheine verschiedener Währungen, Bilder, neue Fotografien und eine riesige Sammlung von Muscheln gezeigt. In dieser Sammlung befinden sich zwei derart riesige, weiße Muscheln, die ca. einen Meter breit und lang sind, dass ich Derartiges noch nicht gesehen habe. Ich staune und freue mich, was ich so nebenbei alles mitbekomme.

Beim Herausgehen frage ich nach, ob ich hier einen Pilgerstempel bekommen kann. Die Dame an der Kasse versteht mich nicht, holt aber sofort einen jungen Kollegen, der mir auf Englisch erzählt, dass Stempel auf Portugiesisch „Carimba“ heißt. Da dieser junge Mann nicht genau weiß, ob es hier in dieser Kirche Stempel gibt, läuft er sehr freundlich mit meinem Pilgerpass los, um nachzuschauen. Lächelnd kehrt er zurück und übergibt mir meinen nächsten Stempel im Pilgerpass, zu dem nun nur noch das Datum eingetragen werden muss. Anschließend verwickelt mich dieser freundliche junge Mann noch in ein Gespräch und möchte wissen, seit wann ich schon unterwegs bin, woher ich komme usw. Wir reden eine ganze Zeit lang mit einander auf Englisch und er erzählt mir unter anderem, dass hier schon manchmal Pilger vorbeikommen und nach einem Stempel fragen. Jedoch ist das so selten, dass er sich dieses Mal zuerst nicht mehr erinnern konnte, wo der Stempel liegt.

Fröhlich und beschwingt durch das nette Gespräch verlasse ich die Kirche und gehe in mein Quartier zurück. Inzwischen kenne ich mich gut aus und laufe im Zickzack durch sämtliche Gassen und bin auf kürzestem Weg in meinem Apartment. Es ist schon erstaunlich, wie schnell man sich an neue örtliche Gegebenheiten gewöhnen kann. Bei mir jedenfalls habe ich den Eindruck, dass meine Orientierungsfähigkeit sich von Tag zu Tag verbessert. Es ist eben alles eine Frage der Übung.

Am Abend muss ich erst einmal meinen Rucksack fertig packen, das Apartment aufräumen, kontrollieren, ob ich nichts liegen gelassen habe, und Geschirr spülen. Immer, wenn ich mehrere Tage – und dieses Mal waren es vier Tage in Lagos – an einem Ort – war, habe ich doch einen großen Teil meines Rucksackes ausgeräumt. Zumal ich am Strand einige Dinge benötigte, die ich sonst nicht gebrauche. Weiterhin gilt es, die Verpflegung zusammenzustellen: Für morgen gibt es wieder viermal 0,5 Liter-Flaschen Selters und zwei Brötchen mit Käse. Zum Frühstück morgen habe ich noch eine Banane. Diese Vorbereitungen für den nächsten Tag erledige ich immer am Abend vorher, damit ich morgens nicht unter Zeitdruck gerate. Ich möchte nämlich nicht, dass mein früher Aufbruch am nächsten Morgen stressig wird.

Da es so schön lau draußen ist, laufe ich am Abend doch noch einmal in die Stadt. Hunderte von Menschen spazieren mit der Familie oder mit Freunden die Straßen entlang, sitzen in den Restaurants oder Bars draußen und genießen ihre Ferien, die laue Luft, die freie Zeit. Es wird gelacht und geredet, viel Musik klingt durcheinander und alles in allem herrscht eine fröhliche, ausgelassene Stimmung vor. Die Geschäfte haben noch geöffnet und viele bummeln an den Ständen und in den Läden herum.

Ich setze mich draußen in einer Bar dazu, habe aber dieses Mal Pech, denn es ergibt sich kein weiteres Gespräch, alles scheitert an den Sprachbarrieren. So gehe ich gegen 22.00 Uhr allmählich in mein Quartier, da ich morgen wieder mit Handywecker um 6.30 Uhr aufstehen will. Der Trubel in der Stadt geht jedoch – wie jede Nacht – weiter, wird sogar noch lauter, bis er gegen 3.00 Uhr in der Frühe endlich verstummt. Ich werde durch die Geräuschkulisse immer mal wach, bin aber so müde, dass ich schnell wieder einschlafe.

Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus

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