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III. Verbreitungsinfrastrukturen

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Aufgrund des Prozesses der technischen Konvergenz zwischen Verbreitungswegen und rundfunktauglichen Empfangsgeräten stehen für die Verbreitung von Kommunikationsangeboten je nach Inhalt, Art und Weise der Kommunikationsform unterschiedliche Verbreitungswege zur Verfügung. Als klassischer Verbreitungsweg für die Individualkommunikation (Telefonie und E-Mails) wurden früher in erster Linie eine schmalbandige Festnetzverbindung (Kupferdoppelader bzw. twisted pair) genutzt. Als klassische Verbreitungswege für die Massenkommunikation in der Form des Rundfunks stehen in erster Linie die Breitbandkabelnetze und Satelliten sowie die ehemals vorherrschende terrestrische Funktechnik zur Verfügung. Nach dem Verkauf der Breitbandkabelnetze von der Deutschen Telekom an private Investoren in den Jahren 2000 bis 2003 wurden die Breitbandkabelnetze rückkanalfähig ausgebaut, so dass im Rahmen von Triple Play-Angeboten neben Rundfunk auch Internet und Telefonie über diese Infrastruktur angeboten werden. An diese Entwicklung knüpfen nunmehr Satellitenbetreiber an, die diesen Verbreitungsweg ebenfalls für diese Formen der Individualkommunikation umstellen. Überdies wurden im Zuge der technischen Konvergenz noch weitere Übertragungswege für die Rundfunknutzung erschlossen wie beispielsweise DSL-Netze, die eine Fernsehübertragung unter Nutzung des Internet Protokolls ermöglichen (IPTV). Ferner entsteht derzeit eine Vielzahl neuer breitbandiger Verbreitungsinfrastrukturen. So errichten in den Ballungszentren kommunale Netzbetreiber häufig zusammen mit den örtlichen Stadtwerken neue Glasfaserinfrastrukturen. Hingegen wurden in den ländlichen Gebieten überwiegend terrestrische Infrastrukturen aufgebaut wie beispielsweise die LTE-Technologie (Long Term Evolution), die insbesondere die langwelligeren terrestrischen Funkfrequenzen oberhalb von 790 MHz nutzen, oder WLAN-Netze, die über Richtfunkstrecken an ein Glasfaser-Backbone angeschlossen werden. Die ehemals gehegten Erwartungen an DMB, DVB-H oder UMTS-Netze als die aus damaliger Sicht wichtigsten breitbandigen Zukunftstechnologien sind hingegen nicht erfüllt worden. Deshalb werden nunmehr zunehmend auch in ländlichen Gebieten unter Inanspruchnahme von staatlichen Fördermitteln breitbandige Glasfaserinfrastrukturen errichtet. Ferner bauen auch private Kabelnetzbetreiber ihre Netze in ländlichen Regionen weiter aus und durch die Nutzung der Vectoring-Technologie ist auch die Deutsche Telekom in der Lage, höhere Internet-Bandbreiten anzubieten, die eine Fernseh-Übertragung ermöglichen.

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Verbreitungswege mit großen Übertragungskapazitäten sind aber nicht nur wegen der heutzutage besonders nachgefragten Internetnutzung, sondern vor allem wegen ihrer Möglichkeit zur Übertragung von Rundfunkinhalten seit jeher von besonderer gesellschaftspolitischer Bedeutung. Im Hinblick auf den Zugang von Rundfunkinhalten zu Verbreitungswegen hat das Bundesverfassungsgericht in einer Zeit, die fast ausschließlich von einer terrestrischen Verbreitungstechnik dominiert war, festgestellt, dass „eine Übertragungstechnik, bei der ein Empfang der Sendungen für alle sichergestellt ist“[35] als Bestandteil der Bestandsgarantie des Rundfunks zu qualifizieren ist, und die Nutzung der Verbreitungswege mithin einen wichtigen Bestandteil der durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützten Rundfunktätigkeit darstellt. Die damalige Ausgangssituation, die durch einen extremen Mangel an terrestrischen Übertragungskapazitäten geprägt war, hat sich heute durch die weit verbreitete Nutzung der Satelliten und der Kabelinfrastrukturen grundlegend geändert. Im Hinblick auf die digitale Verbreitungstechnik ist meist nur noch bei den terrestrischen Infrastrukturen ein Kapazitätsmangel vorhanden. Bei der Auferlegung von Übertragungsverpflichtungen an Infrastrukturbetreiber ist jedoch immer mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Übertragungskapazitäten ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen den Interessen des Rundfunkunternehmens einerseits und den nach Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG andererseits geschützten Interessen der Eigentümer der jeweiligen Infrastruktur zu schaffen.[36] Im Rahmen des 10. RÄStV haben die Landesgesetzgeber im Rahmen der sog. „Plattformregulierung“ erstmals versucht, alle digitalen Verbreitungsvorgänge einem einheitlichen Regulierungsansatz zuzuführen. Ob der begrüßenswerte Ansatz einer technologieneutralen Infrastrukturregulierung auch in der Praxis tatsächlich zu einer regulatorischen Gleichbehandlung der unterschiedlichen und miteinander im Wettbewerb stehenden Verbreitungsinfrastrukturen führte, muss angesichts der dynamischen Veränderungsprozesse, die beispielsweise durch Internetdienste wie Google-TV ausgelöst werden, indes bezweifelt werden.[37]

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