Читать книгу Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht - Anne Hahn - Страница 238

3.2.2 Wettbewerbsrechtliche Regulierung

Оглавление

40

Die Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 schließen mit den Programmanbietern (Free-TV) sog. Einspeiseverträge, bei denen sich die Kabelnetzbetreiber zum Empfang, Einspeisung und Transport der Programmsignale und die Programmanbieter zur Entrichtung eines Einspeiseentgeltes verpflichten (Einspeisemarkt). Bei Verbreitung von Free-TV Programmen erbringen die Kabelnetzbetreiber gegenüber den Programmanbietern eine von diesen nachgefragte Transportdienstleistung (sog. Transportmodell). Die mit der Kabelverbreitung erzielte technische Reichweite des Programms ist ein entscheidender Faktor für die Bemessung der Werbeentgelte gegenüber der werbetreibenden Wirtschaft. Hiervon abzugrenzen ist die Verbreitung von Pay-TV-Programmen, bei denen der Kabelnetzbetreiber als Nachfrager von bestimmten Programmen auftritt. Der Kabelnetzbetreiber entrichtet an die jeweiligen Programmanbieter entsprechende Lizenzentgelte und wird im Gegenzug berechtigt, die Programme in eigenen Programmpaketen gegen ein entsprechendes Abonnemententgelt an Endkunden zu vermarkten. In diesem sog. Vermarktungsmodell steht nicht die Transportdienstleistung, sondern die Vermarktung eines eigenen Programmproduktes, welches aus ausgewählten Programmangeboten besteht, im Vordergrund. Für die Installation eines Kabelanschlusses und die Lieferung von Rundfunksignalen an die angeschlossenen Kabelnetzbetreiber der Netzebene 4, die Wohnungswirtschaft oder Privathaushalte, erhalten die Kabelnetzbetreiber ebenfalls ein entsprechendes Entgelt. Die Einspeiseentgelte vergüten Leistungen für den Programmempfang, die technische Aufbereitung der Signale sowie deren Verbreitung in den tieferen Netzebenen. Die Endkundenentgelte werden für die Verbreitung der Programme in den Verteil- und Anschlussnetzen entrichtet, so dass es hinsichtlich der Programmverbreitung in Kabelnetzen zu einer anteiligen Kostentragung durch Sender und Endkunden kommt. Sowohl die Einspeiseentgelte als auch die Endkundenentgelte unterlagen in der Vergangenheit der Preisregulierung durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP).[82] Nach Inkrafttreten des TK-Rechtsrahmens und nach Durchführung der Marktanalyse in dem von der Europäischen Kommission definierten Marktsegment, dem sog. Markt 18 (Markt für Rundfunkübertragungsdienste) und den Festlegungen der Präsidentenkammer zur Marktanalyse wurde diese Regulierung im Wesentlichen fortgeschrieben, so dass die drei großen Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 weiterhin einer nachträglichen Preisregulierung nach § 38 TKG im Einspeisemarkt unterlagen. Ferner unterlagen die Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 im sog. Signallieferungsmarkt hinsichtlich ihres Vorleistungsproduktes, dem Rundfunksignal, gegenüber Netzebene 4-Betreibern einer gesonderten nachträglichen Preisregulierung. Entgelte, die gegenüber den Kunden der Wohnungswirtschaft oder Einzelendkunden erhoben werden unterlagen keiner speziellen telekommunikationsrechtlichen Regulierung. Ferner mussten die regulierten Kabelnetzbetreiber ein Diskriminierungsverbot nach § 19 TKG und § 42 TKG beachten und zudem waren weitere Auflagen wie beispielsweise die Veröffentlichung eines Standardangebots nach § 23 TKG zu befolgen.[83] Aufgrund der seitens der EU-Kommission durchgeführten überarbeiteten Märkteempfehlung wurde angesichts des stark angestiegenen Infrastrukturwettbewerbes, bei dem meist mehrere Infrastrukturanbieter im Wettbewerb um die Programmverbreitung bzw. um die Versorgung mit Programmangeboten stehen, der sog. Markt 18 aus der Liste der zur Regulierung empfohlenen Märkte gestrichen.[84] Die Bundesnetzagentur hat in der Festlegung der Präsidentenkammer vom 7.10.2010 entschieden, dass an einer sektorspezifischen Regulierung des Einspeisemarktes und des Signallieferungsmarktes für Kabelnetzbetreiber nicht länger festzuhalten sei, weshalb die Regulierungsauflagen in einem zweiten Schritt widerrufen wurden. Durch die Aufgabe der sektorspezifischen Regulierung durch die BNetzA nach Maßgabe des TKG ist nunmehr das Bundeskartellamt auf der Basis des allgemeinen Kartellrechts zuständig, um individuelle Fallkonstellationen auf ihre Wettbewerbskonformität zu überprüfen.

41

Bei der Erbringung von Internetdienstleistungen und Telefonie haben die Betreiber von Breitbandkabelnetzen in der Regel keine beträchtliche Marktmacht und unterliegen deshalb keiner restriktiven Zugangsregulierung, sondern müssen vor allem die allgemeinen Bestimmungen des TKG und die ergänzenden Verordnungen beachten. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Vorschriften zum Kunden- und Datenschutz.

42

Nur im sog. Markt 1, dem Markt für Terminierungsleistungen in das eigene Telefonnetz, unterliegen Breitbandkabelnetzbetreiber einer weiteren speziellen telekommunikationsrechtlichen Regelung. Hierbei legt die Bundesnetzagentur im Rahmen einer ex ante-Regulierung gem. § 31 TKG die Entgelte fest, die für die Entgegennahme von Telefonanrufen auf der untersten Netzkoppelungsebene erhoben werden dürfen. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die unterste Netzkoppelungebene eine PSTN-Schnittstelle eines entsprechenden Ortsnetzes ist (so z.B. bei der Deutschen Telekom) oder eine NGN-Schnittstelle eines modernen IP-basierten Telefonnetzes (so z.B. bei Kabelnetzbetreibern wie Unitymedia).

43

Ferner sind für die Verlegung von Kabelnetzen auf öffentlichem Grund die Vorschriften der §§ 68 ff. TKG zum öffentlichen Wegerecht von besonderer Bedeutung. Danach ist der Bund gem. § 68 TKG berechtigt, die öffentlichen Wege zum Zwecke der Verlegung von Telekommunikationslinien zu nutzen. Die Bundesnetzagentur kann gem. § 69 TKG dieses Nutzungsrecht auf Antrag einem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit übertragen, so dass dieser in die Lage versetzt wird, öffentliche Straßen und Plätze zwecks Verlegung von Kabelanlagen zu nutzen. Für die Verlegung von Kabelnetzen auf privatem Grund ist der Kabelnetzbetreiber – sofern kein Ausnahmetatbestand des § 78 TKG vorliegt – verpflichtet, zuvor einen entsprechenden Gestattungsvertrag mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer abzuschließen, um dadurch ein privatrechtliches Nutzungsrecht zu erwerben. Die Regelung des § 77a TKG gibt Telekommunikationsunternehmen Zugang zu passiver Infrastruktur und erleichtert dadurch den Auf- und Ausbau von modernen Infrastrukturen. Basierend auf der Kostensenkungs-Richtlinie (2014/61/EU) wurden zudem mit dem sog. DigiNetz-Gesetz weitere Vorschriften in das TKG aufgenommen, um den Ausbau von leistungsstarken Infrastrukturen für die Versorgung der Bevölkerung mit hohen Internetgeschwindigkeiten zu fördern und zu beschleunigen. Die wichtigsten Bereiche sind der Zugang zu passiven Infrastrukturen (§§ 77a, d TKG), die Koordinierung von Bauvorhaben (§§ 77h, i TKG), ein Netzabschlussrecht im Gebäude inklusive Mitnutzungsanspruch passiver Hausinfrastruktur (§§ 77k TKG) sowie eine Verpflichtung zur Verlegung von passiver Infrastruktur (insbesondere Kabelschächte) und Glasfaser in Neubaugebieten (§§ 77i TKG).

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

Подняться наверх