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Destruktive Menschen und wie du dich schützen kannst

»Heilung bedeutet, dass der Mensch erfährt, was ihn trägt, wenn alles andere aufhört, ihn zu tragen.«

WOLFRAM VON ESCHENBACH

Im Zusammenhang mit Beziehungen begegnen wir immer wieder den Begriffen destruktiv oder toxisch (mehr dazu auf der nächsten Seite). Besonders in den sozialen Medien wird man vor solchen Beziehungen gewarnt. Doch was sind das für Menschen, mit denen man in eine destruktive Beziehung gerät, und wie kannst du dich vor ihrem schädlichen Einfluss schützen?

Die Destruktivität eines Menschen definiert sich durch seinen Charakter, seine Haltung und seinen Umgang mit anderen. Besonders nahestehende Menschen wie Partner, Familienmitglieder, Freunde oder auch Kollegen können destruktiv auf dich wirken, einfach weil sie mehr Raum und Zeit in deinem Leben einnehmen als andere. Häufig dauert es lange, bis ein Betroffener realisiert, dass ein Mensch ihm nicht guttut, das Problem dauerhaft ist und er oder sie in der Lage ist, sich selbst zu helfen oder sich helfen zu lassen.

Merkmale für destruktives Verhalten

Manipulation

Die fragwürdige Kunst der Manipulation beherrschen destruktive Menschen normalerweise par excellence. Und die anderen brauchen meist eine Weile, bis sie überhaupt bemerken, dass sie manipuliert wurden – wenn sie es überhaupt bemerken. So kann es passieren, dass ein destruktiver Mensch ein ganzes Umfeld gegen sein Opfer aufbringt, beispielsweise mit dem Erzählen von Unwahrheiten über ihn oder sie. Dem Opfer gegenüber zeigt sich der destruktive Mensch allerdings äußerst freundlich und es schöpft keinen Verdacht.

Toxisch – destruktiv

Toxisch (wörtlich: giftig) bezeichnet innerhalb der Psychologie einen Menschen, der einige der auf diesen Seiten beschriebenen Eigenschaften aufweist. Die Auswirkungen seines Handelns sind destruktiv. Ich verwende beide Begriffe im Wechsel, auch im Zusammenhang mit Beziehungen.

Angriff des Selbstwerts

Unser Selbstwertgefühl ist für unsere gesamte Lebensgestaltung von großer Bedeutung. Die wenigsten Menschen schreiten mit einem unantastbaren Selbstwertgefühl durch die Gegend. Meist ist es mehr oder weniger berührbar bis angreifbar. Und genau dort setzen destruktive Menschen mit Vorliebe an. Das tun sie beispielsweise durch überzogene Erwartungen, Beleidigungen und indem sie Schuldgefühle erzeugen.

Egoismus – der destruktive Mensch im Mittelpunkt

Die Bedürfnisse anderer nehmen destruktive Menschen kaum wahr – oder sie bedeuten ihnen nichts. Im Mittelpunkt ihrer Wahrnehmung stehen nur die eigenen Bedürfnisse und deren bedingungslose Erfüllung. Hier ist die Nähe zum Narzissmus erkennbar, denn destruktive Menschen tragen häufig auch narzisstische Züge. Sie verhalten sich also selbstverliebt, empfinden sich als wichtiger als andere, sind auf sich selbst bezogen und schenken anderen Menschen wenig Beachtung.

Druck durch Schuldgefühle

Destruktive Menschen können einen immensen Druck auf ihre Mitmenschen ausüben. Oft sorgen sie für Schuldgefühle bei anderen. Im Gegensatz zu diesen scheinen destruktive Menschen selbst von Schuldgefühlen unbehelligt zu sein und üben ihr schädliches Verhalten meist ungerührt weiter aus.

Schmerzhafte Strafen

Neben Schuldgefühleverursachen kommen auch andere Arten von »Strafen« zum Einsatz. Destruktive Menschen fühlen sich häufig in der Position, über das Verhalten anderer zu richten und dementsprechend bestrafen zu dürfen. Eine der beliebtesten Strafen ist es, der in Ungnade gefallenen Person die kalte Schulter zu zeigen und sie mit Schweigen oder gar Nichtachtung zu strafen. Da wir Menschen soziale Wesen sind, ist diese Art von Bestrafung besonders schmerzvoll. Darüber hinaus ist sie auch denkbar schwer zu klären: Ein Streit oder eine Meinungsverschiedenheit lässt sich nur aus dem Weg räumen, wenn sich beide Personen kooperativ zeigen und für ein Gespräch bereit sind. Doch genau dazu sind destruktive Menschen nicht willens oder gar nicht imstande.

Sturheit und Starrsinn

Ein weiteres Kennzeichen destruktiver Menschen ist ihre Sturheit. Selten sind sie in der Lage, einen Fehler einzusehen, und zeigen generell wenig Bereitschaft, sich zu ändern.

Streiten um nichts

Sie scheinen das Drama zu lieben oder eine Art von Befriedigung aus Konflikten zu ziehen: Destruktive Menschen brechen leicht Streit vom Zaun, wo es gar keinen Grund dafür gibt. Vielleicht liegt die Ursache tief verborgen in ihrer Unzufriedenheit mit sich selbst.

Übergriffigkeit – ohne Grenzen und Scham

Destruktive Menschen überschreiten häufig Grenzen. Seien es Grenzen innerhalb der Beziehung oder ganz persönliche Grenzen. So rühren sie beispielsweise immer wieder an wunden Punkten und verletzen den anderen damit. Auch versuchen sie, sich in das Leben anderer Menschen einzumischen und es zu kontrollieren.

Ein wichtiges Merkmal: dauerhafte problematische Phase

Jeder Mensch hat einmal einen schlechten Tag oder geht durch eine problematische Phase. In diesen Momenten handeln wir nicht immer so, wie wir es sonst tun würden, und verletzen unsere Mitmenschen womöglich, ohne es zu beabsichtigen. Das macht uns noch nicht zu destruktiven Menschen. Ein wichtiges Kennzeichen einer solchen Person ist, dass ein derartiges problematisches Verhalten dauerhaft und nicht nur ausnahmsweise einmal auftritt.

Destruktivität hat viele Gesichter

Diese Aufzählung ist bei Weitem nicht vollständig. Vielleicht kannst du an diesem Punkt schon destruktive Menschen in deinem Leben ausmachen und fühlst dich ihnen ausgeliefert. Doch das bist du nicht. Es gibt Wege, dich vor ihnen zu schützen, auch wenn du ihnen physisch nicht ausweichen kannst – also zum Beispiel mit einem destruktiven Menschen eine Wohnung teilst.

Das Wichtigste ist, dass du Ausdauer beweist, denn ein destruktiver Mensch wird immer wieder versuchen, seine alten Verhaltensmuster einzusetzen, um erneut Kontrolle über dich und dein Leben zu erlangen. Lass dich davon nicht beeindrucken, bleib stark!

Die vier Schritte zur Selbstermächtigung

Fallen dir an jemandem immer wieder eines oder mehrere der gerade beschriebenen Merkmale auf, so handelt es sich dabei um einen Menschen, der dir nicht guttut. Ist es jemand, den du meiden kannst, dann tue genau das, um dich zu schützen, auch wenn es eventuell bedeutet, eine langjährige Freundschaft zu kappen. Das ist natürlich nicht immer möglich. Wann immer es in Betracht kommt, beispielsweise bei einem Kollegen oder einem Mitglied der erweiterten Familie, nutze die folgenden Schritte, um der Person die Macht über dein Leben zu nehmen.

Schritt 1: Erkennen und entscheiden

Zuallererst musst du erkennen, wer dein Leben vergiftet. Du hast einen destruktiven Menschen in deinem Leben identifiziert und vielleicht lange unter dieser Person gelitten – doch heute ist der Tag, an dem du beginnst, dieser Person die Stirn zu bieten und wieder die Kontrolle über dein Leben zu erlangen. Entscheide dich eindeutig dafür, dass es nun reicht und dass du selbst dein Leben in die Hand nehmen wirst.

Schritt 2: Klare Grenzen setzen

Überlege dir: An welchen Stellen überschreitet die destruktive Person deine Grenzen? Wo trifft sie dich, wo verletzt sie dich oder Personen, die du schützen möchtest (beispielsweise deine Kinder)? Wo genau musst du also Grenzen setzen? Und wie genau sollen die aussehen?

Schritt 3: Glasklare Kommunikation

Wenn man unmissverständlich Grenzen setzt, so ist das eine Form der nachdrücklichen Kommunikation. Im ersten Schritt hast du eine Entscheidung für dich getroffen. Im zweiten Schritt hast du deine Grenzen definiert und formuliert. Nun geht es daran, dem anderen diese Grenzen mitzuteilen. Wenn dir bei dem Gedanken daran mulmig zumute wird, so ist das durchaus verständlich. Verabrede einen Termin mit der destruktiven Person, der du deine neuen Grenzen kommunizieren möchtest, und nimm gegebenenfalls jemanden zur Verstärkung mit. Dies kann beispielsweise ein Partner oder eine gute Freundin sein. Lass jedoch nicht jemand anderen für dich sprechen.

Bring deine Forderungen mit erhobenem Haupt und fester Stimme vor. Vermeide den Konjunktiv und Wörter wie »vielleicht« oder »möglicherweise«. Bleib höflich und weitestgehend freundlich, besonders wenn es sich um eine Person aus deinem beruflichen Umfeld oder um Nachbarn handelt, mit denen du noch lange auskommen musst.

Mach dich nicht klein – du hast etwas zu sagen und sollst gehört werden.

Vermutlich fällt die Reaktion deines Gesprächspartners nicht allzu positiv aus. Grenzen entziehen destruktiven Menschen einen Teil ihrer Macht. All ihre schädlichen Taktiken sind fruchtlos, wenn die Opfer sie plötzlich nicht mehr zulassen, und das spüren sie. Gib dem anderen ein wenig Zeit und beobachte seine Reaktion.

Schritt 4: Standhaft bleiben

Nachdem die Grenzen gezogen wurden, gilt es, nun standhaft zu bleiben. Ein destruktiver Mensch wird deine Haltung schlimmstenfalls für einen Bluff halten. Du weißt, dass es nicht so ist – mach es deutlich. Um an dieser Stelle nicht schwach zu werden und unter Gewissensbissen zusammenzubrechen, ist es wichtig, dass du dir eines bewusst machst: Das Problem bist nicht du und das destruktive Verhalten hast du weder verdient, noch bezieht es sich überhaupt auf dich. Vermutlich übt die destruktive Person ihre schädlichen Verhaltensweisen mit allen Menschen aus, die es zulassen.

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