Читать книгу Später, Lena, später - Anne Karin Elstad - Страница 8

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Wenn Kjell am härtesten arbeitet, setzt sie sich an ihre Schularbeiten, mit denen sie immer im Rückstand ist, aber es kommt auch vor, daß sie irgendeine Klassenkameradin besucht. Dann merkt sie, daß sie das vermißt hat, Mädchengespräche, die gekicherten, verrückten Unterhaltungen über Jungen, Kleider, Filme und Musik, über die Schule, die Lehrer und über gar nichts. Aber sie merkt auch die Distanz zwischen ihnen. Keine von ihnen führt wohl so ein Leben wie sie. Bei diesem Gedanken schämt sie sich, und oft hat sie das Gefühl, von ihrer ungezwungenen Gemeinschaft ausgeschlossen zu sein. Im Grunde wird ihr Bedürfnis nach Freundinnen von Synnøve gedeckt. Synnøve, aus der sie einfach nicht schlau wird. Synnøve, die an einem Tag strahlender Laune und am nächsten verquer und mürrisch sein kann. Eines Abends wartet Synnøve auf sie, als sie von Kjell kommt. Forschend mustert sie Lenas blasses, angespanntes Gesicht. „Du bist ganz schön abhängig von ihm, was?“

„Synnøve“, sagt Lena verzweifelt. „Kannst du mir sagen, was eine sichere Periode ist?“

„Aber Himmel. Lena, du willst doch nicht etwa behaupten, du wüßtest das nicht? Wo bist du bloß hineingeschliddert?“

„Ich glaub’ ja, ich weiß das. Mitten dazwischen ist es gefährlich, nicht wahr? Aber ich weiß nie, wann das ist. Manchmal liegen vier Wochen dazwischen, manchmal sechs oder sieben. Einmal hat es fast ein halbes Jahr gedauert.“

„Himmel, stimmt das? Ich kann die Uhr danach stellen. Es kommt auf den Tag genau. Daß du dabei nicht durchdrehst!“

„Für dich ist wohl gar nichts schwer, Synnøve, oder?“

„Ich hab’ jedenfalls gelernt, daß ich den Problemen nicht hinterherlaufen darf, aber wir reden jetzt von dir. Wenn das so ist, Lena, dann darfst du nicht. Du mußt an dich selber denken. Ihm darfst du einfach nicht glauben. Du mußt damit rechnen, daß er auch nicht mehr weiß als du.“

„Wie machst du es denn?“

„Bin ausgewichen, wenn das ging. Und er durfte nie kommen, wenn er in mir war. Auch mit Kondom nicht. Die Dinger können Löcher haben, weißt du das? Ich kenn’ eine, die dadurch schwanger geworden ist. Du darfst nicht, Lena.“

„Glaubst du, mit mir stimmt was nicht, Synnøve?“

„Vielleicht, aber ich kenn’ noch mehr, denen es so geht wie dir. Bist du mal beim Arzt gewesen?“

„Spinnst du? Zu wem sollte ich denn wohl gehen? Zu Kjells Vater etwa? Zum Schularzt hier? Hältst du mich denn für blödsinnig?“

„Du kannst doch in die Stadt fahren?“

„Und woher soll ich das Geld nehmen? Außerdem trau’ ich mich nicht. Dann muß es eben so weitergehen.“

„Mit Kjell?“

„Ja, jedenfalls damit.“

„Sag ihm das doch und sieh dann weiter.“

„Verflixt, warum muß denn alles so schwierig sein?“

„Ja, das ist eine gute Frage, Lena. Du kannst ja versuchen, nein zu sagen, wenn er das nächstemal fragt, ob es schön für dich ist.“

„Hast du das schon mal gemacht?“

„Nein. Nein, natürlich hab ich’s nicht gemacht. Das geht nicht, dann glauben sie bloß, mit uns stimmt was nicht.“

„Synnøve, woher weißt du eigenlich so viel?“

„Weil ich gelernt hab’, Lena. Weil ich Augen und Ohren aufsperre, weil ich das hier benutze, verstehst du“, sagt sie und klopft mit einem Fingerknöchel an ihre Schläfe. „Und dann hab’ ich ja meine Schwestern vor Augen. Beide haben früh geheiratet. Mein Bruder und seine Frau waren erst achtzehn. Jetzt sitzen sie da mit den Kindern und haben kein Geld. Mein Bruder muß im Winter auf dem Bau arbeiten und im Sommer auf dem Hof helfen. Er und Turid haben eine Mansarde für sich, sonst sind sie immer mit meinen Eltern zusammen. Armes Mädchen. So ähnlich geht es auch meinen Schwestern. Aber sie sind ja selber dran schuld. Mir tun sie nicht leid. Sie sind wie meine Mutter. Haben einfach keine Energie.“

„Aber magst du deine Geschwister denn nicht?“

„Mögen? Doch, schon, aber ich komm’ mir so ganz anders vor. Begreifst du das? Die einzige Ähnlichkeit zwischen uns ist, daß wir aus demselben Bauch gekommen sind.“

„Synnøve! Jetzt redest du häßliche Sachen, pfui Spinne, wie häßlich. Daß du sowas sagen kannst, wo du doch weißt, daß deine Eltern sich abplacken, damit du zur Schule gehen kannst! Deine Geschwister vielleicht auch.“

„Hab’ ich darum gebeten, auf diesem blöden Hof geboren zu werden? Das ist sowieso gar kein Hof, das ist höchstens eine Hütte. Kannst du dir vorstellen, wie das ist?“

„O ja, ein bißchen weiß ich schließlich auch Bescheid.“

„Du! Wo dein Vater einen Laden hat. Bei euch zu Hause ist es sicher schön, Bücher im Regal, feine Möbel, alles sauber. Bei euch riecht’s bestimmt nicht nach dem Dreck von schmutzigen Stallstiefeln, Lena? Oder?“

„Doch, das kommt auch vor.“

„Quatsch. Und dann bist du mit dem Sohn vom Arzt zusammen. Du weißt ja gar nicht, wovon du redest. Mein Vater arbeitet im Winter auf dem Hof, meine Mutter schuftet sich mit allem anderen ab. Sie sieht aus wie 70, ich schäm’ mich, mit ihr zusammen unter die Leute zu gehen. Weißt du, wie schlimm das ist? Aber ich werd’ nicht so. Niemand wird mir mein Leben kaputtmachen, kein Kerl, niemand.“

„Gehst du deshalb nicht mit irgendwem, fest, meine ich?“

„Ja, das ist es ja. Ich will nicht. Ich finde, es gibt wichtigere Dinge, als an einem hängenzubleiben, der nicht vorwärts kommen kann.“

Lena sieht das harte Gesicht an, findet es einen Moment lang fast häßlich. Synnøve bemerkt ihren Blick und lächelt. Ihr Gesicht glättet sich, ist wieder hübsch.

„Zum Henker mit dir, Lena. Jetzt hast du mich zum Reden gebracht. Aber du verrätst niemandem etwas, ist das klar? Übrigens hätte ich eigentlich Lust auf Stein“, lächelt sie. „Ich glaub, der will was erreichen. Will er sich nicht um einen Platz in Zahnmedizin bewerben?“

„Dumme Kuh. Bei Stein gibt’s keine Hoffnung. Der geht zu Hause mit einer. Übrigens ein nettes Mädchen. War auf der Handelsschule. Dieses Jahr hilft sie ein bißchen bei uns im Laden aus, und sie lernt Sprachen, Korrespondenz. Nicht schlecht, finde ich.“

„Und ansonsten dreht sie Däumchen und wartet auf ihn?“

„Nehm’ ich an.“

„Wir werden sehen“, grinst Synnøve, und ihre Augen funkeln.

Nein, Lena wird aus Synnøve nicht klug. In vieler Hinsicht ist sie ihr eine Stütze, aber vieles von dem, was sie sagt, verstört Lena. Synnøve weiß so viel, nicht nur über Jungen, Lena lernt viel von ihr. Synnøve bringt Lena bei, ihr Haar so zu tönen, daß es dunkler wird und glänzt. Sie bringt ihr bei, sich zu schminken, vorsichtig nur, damit Kjell sich nicht aufregt. Er findet Mädchen, die sich zu stark schminken, vulgär. Und Lena lernt, ihre Kleider anders zu tragen. Einen Schal fesch zu binden, ihre Haare anders zu kämmen, in diesem Bereich gibt es fast nichts, was Synnøve nicht weiß. Sie hat eine Schublade voller Zeitungsartikel mit guten Ratschlägen für alles, was mit Kleidern und Aussehen zu tun hat.

Synnøve verbringt viel Zeit mit ihrer Körperpflege. Benutzt die Höhensonne. Bräunt nach und nach ihren ganzen Körper. Vierzehn Tage mit Sonne, vierzehn Tage ohne. Lena darf die Höhensonne leihen, wird aber nur rot und schält sich. Sie gibt auf.

„Du bist so ungeduldig“, meint Synnøve.

„Ich hab’ nicht solche Haut wie du!“

„Quatsch. Das ist die reine Willensfrage. Mir ist’s zu Anfang auch nicht anders gegangen.“

Für Lena ist es nur anstrengend. Sie schafft es nicht. Und Synnøve macht abends auf ihrem Zimmer Gymnastik. Lena findet schon das Schulturnen mehr als genug. Einmal vertraut Synnøve ihr an, daß ihre goldenen Haare eigentlich aschblond sind. Sie hat sie schon mit 14 getönt. Sie zupft sich die Augenbrauen, entfernt Haare, immer soll irgend etwas noch besser werden. Lena begreift das nicht. Synnøve hat das doch nicht nötig, sie ist auch ohne das alles schön genug. Sie hat einen Kasten voller Cremes und Schminksachen aller Art. Wenn sie morgens verschlafen hat, herrscht Katastrophenstimmung. Lena stürzt mit zerzausten Haaren und schlaftrunkenen Augen aus dem Haus. Synnøve schwänzt lieber die erste Stunde, als bei ihrer Morgenkosmetik zu pfuschen.

Eines Tages durchwühlt Lena Synnøves Schminksachen.

„Meine Güte, wie kannst du dir das alles bloß leisten?“

„Die Frage ist doch einfach, was dir wichtig ist. Manchmal das Essen ausfallen lassen, Aufschnitt, unnötige Sachen.“

Unten im Kasten liegt ein Stück Karton. Es ist ein Bild von Lauren Bacall, vollgekritzelt mit Pfeilen und Strichen. Lena wird es heiß. Sie fühlt sich wie ein Voyeur am Schlüsselloch, der Synnøve beim Ausziehen beobachtet hat. Denn nun weiß sie, mit wem Synnøve Ähnlichkeit hat, begreift auch, daß sie sich beim Schminken an diesem Bild orientiert. Der grüne Lidschatten, die goldenen Haare, der schwere Blick, die Art, wie sie ihre Wangen einsaugt. An der Wand hängt ein großes Foto desselben Gesichts. Lena starrt es schokkiert an. Himmel, Synnøve ist wirklich tüchtig. Die Ähnlichkeit ist unverkennbar, fast schon unangenehm.

„Du, Synnøve, weißt du, mit wem du Ähnlichkeit hast?“

„Nein? Mit wem denn?“

„Mit der da“, sagt Lena und zeigt auf das Bild.

„Wie witzig“, meint Synnøve leichthin. „Weißt du, das hat mir auch mal einer gesagt, als wir zusammen im Kino waren. Findest du das wirklich?“

„Ja, es ist fast unheimlich.“

„Könnte ja mit schlechteren Leuten Ähnlichkeit haben, oder?“

Danach blättert Lena in Synnøves Fotoalbum. Darin gibt es Synnøve in jeglicher Form, allein oder zusammen mit anderen. Synnøve im Badeanzug und Synnøve im Regenmantel, aber immer in derselben Positur. Schwerer von-unten-nach-oben-Blick, geblähte Nasenlöcher, ein Lächeln, das viele Zähne zeigt, ein Lächeln, das nie die Augen erreicht. Synnøve, die samstags manchmal schon um sieben ins Bett geht statt auf ein Fest. Lena hat Synnøves Gründe immer für Bagatellen gehalten, sie war mit ihren Haaren oder mit anderen Nebensächlichkeiten unzufrieden, aber jetzt versteht Lena sie. Jetzt versteht sie, daß es nicht leicht sein kann, so hübsch zu sein wie Synnøve. Sie begreift, was das kostet. Synnøve – steinhart und souverän.

Was Synnøve über Stein gesagt hat, war ernst gemeint, aber es ist unmöglich. Er ist von ihr völlig unbeeindruckt. Manchmal gehen sie zusammen ins Kino, tanzen miteinander. Stein bringt Synnøve bis zur Haustür, mehr geschieht nicht. Das erhöht Synnøves Interesse an ihm, und sie glaubt, er verhielte sich so, weil er sie respektiert. Das erzählt sie Lena, und Lena wagt nicht, etwas dazu zu sagen. Sie kennt ihren Bruder. Er ist nicht der Typ, der mit anderen herumspielt.

Eines Abends platzt die Seifenblase. Alle vier sitzen in Lenas Zimmer, Kjell hat den Arm um sie gelegt. Da schlägt Synnøve zu.

„Du, Stein, sollen wir die Turteltauben nicht allein lassen? Wir gehen rüber zu mir, ich hab’ ein paar neue Platten, die wir hören können.“

„Okay“, sagt Stein, und Lena hört den Unwillen in seiner Stimme.

Lena sitzt wie auf glühenden Kohlen, Kjell grinst.

„Du brauchst keine Angst um deinen Bruder zu haben. Der kann schon auf sich selber aufpassen. Außerdem hat er wirklich kein Interesse. Er sieht dasselbe wie ich.“

Lena hat das Gefühl, Synnøve verteidigen zu müssen. „Sie ist nicht so, wie ihr denkt.“

„Ist sie das nicht?“ grinst Kjell.

Stein ist schon bald wieder da, allein. Er grinst, aber Lena sieht, daß er verlegen und wütend ist.

„Teufel auch“, sagt er. „Gehen wir, Kjell?“

„Die Stimme der Vernunft“, lacht Kjell mit neugierigen Augen. „Schlafenszeit für kleine Mädchen.“

Sie hört sie auf der Treppe lachen, und kaum ist die Tür hinter ihnen ins Schloß gefallen, da steht auch schon Synnøve in ihrem Zimmer. Eine Synnøve, die sie noch nie gesehen hat. Ihr Gesicht ist wutverzerrt, ihre Tränen strömen. „Ja, jetzt bist du wohl zufrieden, was? Hast du gehört, wie sie gelacht haben? O Gott, ich bring’ ihn um, ich bring’ ihn um, weißt du das?“

„Himmel, was hat er dir denn getan?“

„Getan? Getan?“ weint Synnøve hysterisch. „Gegrinst hat er. Weißt du das? Dieser Mistkerl, den du zum Bruder hast, hat über mich gegrinst! Und ich hab’ mir eingebildet, ich wär’ in ihn verliebt!“

„Aber ich hab’ dir doch gesagt, Synnøve, daß das keinen Zweck hat. Ich hab’ dich gewarnt. Oder etwa nicht?“

„Halt die Fresse! Ich weiß, was los ist. Ich bin nicht gut genug für ihn. Du hast ihm gesagt, wo ich herkomme, nicht wahr? Ich bin nicht gut genug für diesen Snob, bin nicht gut genug für deine feine Familie!“

„Synnøve, was redest du da! Was soll ich denn gesagt haben? Du glaubst doch wohl nicht, wir wären etwas Besseres als du?“

„Du lügst. Du hast ihm gesagt, wie arm wir zu Hause sind.“

„Synnøve, hör auf mit dem Quatsch!“

„Die Mühe kannst du dir sparen. Und bist du vielleicht was Besseres? Wie lebst du denn überhaupt? Du lebst, als wärst du schon verheiratet, oder? Und wenn das die feinen Familien von dir und Kjell wüßten? Wie? Nein, ihr könnt euch doch alle zum Teufel scheren. Du, dein Bruder, der ganze Dreck. Das seid ihr nämlich, Dreck, scheinheiliger Mist!“

„Synnøve“, flüstert Lena. „Bitte!“

„Bitte!“ äfft Synnøve sie höhnisch nach. „Scheiße!“

Wie gelähmt sitzt Lena da, als die Tür hinter Synnøve zugeschlagen wird. Stein hat Synnøve an ihrer empfindlichsten Stelle getroffen. Zum erstenmal in ihrem Leben hat Synnøve erlebt, daß ein Junge sie abgewiesen hat. Lena kennt sie gut genug, um zu wissen, daß sie das nie vergessen und daß sie, Lena, dafür bezahlen wird.

In den ersten Tagen redet Synnøve nicht mit ihr. Sie gehen nicht zusammen in die Schule, besuchen sich abends nicht mehr. Schließlich wird Synnøve wieder so wie in der ersten Zeit, überlegen, streitsüchtig, immer bereit zu spitzen Bemerkungen. „Na, wie geht’s dem Ehepaar? Sehen wir bald ein Ergebnis?“

Synnøve hat sich in der Schule einer besonderen Clique angeschlossen. Einer Clique, in der alle akzeptabel aussehen, tüchtig sind, die richtigen Kleider haben und überhaupt alle Voraussetzungen erfüllen, um populär zu sein. Wenn Lena ihnen begegnet, hört sie in ihrem Rücken ihr Lachen. Was Lena Synnøve erzählt hat, sickert durch, und sie bereut bitter, sich Synnøve dermaßen ausgeliefert zu haben. Ihre Klassenkameradinnen berichten ihr über den Klatsch, vieles ist gelogen, aber sie kann sich nicht dagegen wehren. Die Gerüchte kommen auch Kjell zu Ohren, und er ist wütend auf Lena, weil sie Synnøve so viel erzählt hat. Als ihn die Gerüchte über Stig erreichen, explodiert Kjell.

„Pfui Teufel, wie konntest du bloß so dumm sein!“

„Ich konnte doch nicht wissen, daß sie so gemein ist! Ich dachte, sie wäre meine Freundin.“

„Deine Freundin!“ schnaubt Kjell. „Weißt du, manchmal bist du so kindisch, daß es nicht zum Aushalten ist. Meinst du vielleicht, ich hätte das nicht gewußt? Das über dich und dieses Schwein? Ich hab’s aus seinem eigenen Mund gehört, Lena, als wir noch nicht zusammenwaren. Ich hab’ darauf gewartet, daß du das von selber erzählst. Du hast vielleicht gedacht, ich wär so blöd, daß ich das nicht begreife, was? Daß ich dich für eine Jungfrau gehalten habe? Aber dieser verdammten Kuh hast du alles erzählt, und nun weiß es die ganze Schule. Langsam hab’ ich genug, mehr als genug.“

„Heißt das, du willst Schluß machen?“ fragt sie mit steifen Lippen.

Er zuckt die Schultern. „Ich weiß nicht, Lena. Vielleicht.“ Und dann läßt er sie stehen.

Sie macht Synnøve schwere Vorwürfe, aber die streitet alles ab. Lena friert, als sie ihre kalten, zufriedenen Augen sieht.

„Zieh mich bloß nicht in deine Angelegenheiten hinein. Wenn du dumm genug gewesen bist, um mir alles zu erzählen, hast du es sicher auch anderen gesagt. Außerdem sind doch wohl noch mehr Leute aus deinem Dorf hier auf der Schule? Meinst du vielleicht, die wüßten das nicht? Hör bloß auf, das Unschuldslamm zu spielen, das ist doch unanständig, oder?“

Es hat keinen Zweck, gegen Synnøve zu kämpfen. Sie könnte mit gleicher Waffe zurückschlagen, erzählen, was Synnøve ihr anvertraut hat, aber sie kann sich nicht aufraffen, zu diesen Mitteln zu greifen. Außerdem würde ihr das auch nicht helfen. Würde ihr Kjell nicht zurückgeben.

Mehrere Tage hindurch geht er ihr aus dem Weg. Schließlich traut sie sich nicht mehr in die Schule. Als sie zwei Tage zu Hause geblieben ist, kommt er. Sie weint in seinen Armen, und er streichelt ihre Haare, drückt sie an sich. „Du mußt verstehen, Lena, ich wollte unbedingt Schluß machen. Du hast mich so enttäuscht, verstehst du das?“

„Ja, Kjell“, weint sie, „und das tut mir so schrecklich leid. Kann alles wie früher sein, was meinst du?“

„Ich weiß nicht, Lena. Vielleicht nicht. Vielleicht doch.“

„Es muß einfach möglich sein, Kjell. Ich weiß sonst nicht, was ich tun soll. Wenn alles wieder gut wird, dann werd’ ich dir nie mehr wehtun, dich nie mehr enttäuschen, das versprech’ ich dir, hörst du?“

„Vielleicht bin ich ein Feigling, aber ich kann das auch nicht aushalten. Wenn ich dich bloß nicht so verdammt liebhätte.“

„Danke, Kjell, das werd’ ich nie vergessen.“

Später, Lena, später

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