Читать книгу Es wird eine lange Zeit in Frieden und Wohlstand kommen - und sie wird eingeleitet von den Frauen - Anne Wilson Schaef - Страница 13

Mein Leben während der feministischen Phasen

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Ich wurde im Jahre 1934 geboren und erbte einige der Vorteile der ersten feministischen Phase. Doch mein Feminismus reichte viel weiter zurück.

Ich glaube, ich war bereits vor meiner Zeugung eine Feministin, da ich in einem Cherokee-Haushalt aufwuchs, der aus Feministinnen bestand. Die inneren Konflikte, die ich bei diesen Frauen erlebte, waren eine lebenslange Herausforderung. Als starke Frauen fanden sie sich und ihre DNA in einer Welt wieder, in der sie ständig darum kämpften, zu gedeihen und zu überleben. Obwohl mein Vater das gleiche kulturelle DNA-Erbe besaß, war er meiner Meinung nach an- fälliger und empfänglicher für das Denken, die Überzeugungen und Gepflogenheiten der herrschenden Kultur als meine Mutter, Großmutter und Urgroßmutter es waren. Diese drei Frauen legten den Grundstein für die Art und Weise, wie ich aufgezogen und „genährt“ wurde, bis ich ins College ging. Ich erinnere mich, dass ich nach kurzer Zeit im College einen Brief nach Hause schrieb: „Ihr habt mich nicht so aufgezogen, dass ich in diese Kultur passe“, und ich bin immer noch dabei zu klären, was das für mich bedeutet. Sicher, ich wurde so aufgezogen, dass ich mit dieser Kultur intellektuell und konzeptionell umgehen konnte, und ich war in der Weise und Methodik des Systems ausgebildet, wobei ich Wissenschaft, Mathematik und Literatur liebte. Und, meine Seele, mein Sein, mein Geist und mein lebendiger Prozess (die wichtigen Dinge) waren irgendwo anders und wurden von meiner formellen Ausbildung nicht angesprochen – ich war immer divergierend in meinem Denken. Konvergent zu denken war leicht und erforderte wenig Mühe meinerseits.

Erst später in meinem Leben (als ich in meinen Fünfzigern war) erkannte ich, dass ich eine Cherokee-Indianerin bin und dass ich bis zum Eintritt in das College auf traditionelle Cherokee-Weise aufgezogen wurde. Zur Zeit meiner Geburt war es nicht „cool“, indianischer Abstammung zu sein, und indianische Kinder wurden in Internate verfrachtet, damit sie dort lernten, sich an die herrschende Kultur anzupassen, sich zu „assimilieren“. Meine Familie fasste den schmerzhaften Entschluss, sich als Weiße auszugeben, sodass ich die vermeintlichen Vorteile hätte, und dennoch wollten sie nicht, dass ich einer Gehirnwäsche unterzogen wurde. Nichts wurde gesagt – sie taten es einfach. Nichts schien sehr anders zu sein, da alle um mich herum im US-Bundesstaat Oklahoma Cherokees waren. Ich lebte in dieser Wiege des Cherokee-Lebens bis zum Alter von sieben Jahren, als mein Vater für die Regierung zu arbeiten begann. Ich bin im Laufe der Zeit dahintergekommen, dass diese Cherokee-Weise des In-der-Welt-Seins und das Leben in einer matrilinearen Gesellschaft und Familie einen immensen, tiefgreifenden und machtvollen Einfluss auf meinen Feminismus hatten und auf meine Art, die Welt zu sehen und zu erleben.

Was für eine Freude war es, diese Stränge meiner DNA zum Leben zu erwecken; sie sind mit meinem Feminismus verflochten und mein Feminismus mit ihnen. Was für eine Freude war es, Denise K. Hennings Artikel „Yes My Daughters, We Are Cherokee Women“ (dt.: Ja, meine Töchter, wir sind Cherokee-Frauen) in der Zeitschrift Making Space for Indigenous Feminism (dt.: Raum machen für indigenen Feminismus), zu lesen, die von Joyce Green herausgegeben wurde! So viele Abschnitte auf meiner Reise des persönlichen, spirituellen und seelischen Reifens bestehen darin, meinen Feminismus und mein Cherokee-Sein miteinander zu verflechten! Als ich entdeckte, dass ich sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits Cherokee-Blut in mir trage, sagten all die indigenen Ältesten, die meine Mentoren und Mentorinnen, Lehrer und Lehrerinnen, Freundinnen und Freunde sowie Familienangehörige geworden waren: „Ich wusste das! Ich habe nur darauf gewartet, dass du es herausfindest.“

Wenn ich also meine Erfahrungen in Worte fasse, wie ich den Teppich meines Lebens webe und dies in der Fülle seiner Möglichkeiten lebe, gibt es da viele Stränge, die die Farben und Fäden meines Cherokee-Seins und meines Feminismus darstellen und den geschmeidigen Webstuhl bilden, auf dem mein Lebensteppich gewoben wird. Wir Cherokee-Frauen sind großartige Weberinnen – wir weben mit Ideen, Erfahrungen, Worten oder Wolle.

Ich wuchs also in einer Familie auf, die jede Anstrengung unternahm, um sich in äußerlichen Dingen anzupassen, sich aber in den wichtigen Dingen hartnäckig gegen jede Assimilation sträubte. Man brachte mir bei, die wissenschaftlichen /objektiven Beobachtungen durch Gefühle, Intuition, inneres Wissen und ein Bewusstsein für die Bedeutung des Unsichtbaren auszugleichen. (Meine Mutter sagte immer zu mir: „Denke daran, Elizabeth Anne, das Wichtigste ist das Unsichtbare.“)

Was bedeutet also Feminismus für mich? Für mich ist er ein Glaubenssystem, der in die Ganzheit des Lebens integriert ist. Er bedeutet viel mehr als Frauenthemen und Anliegen von Mädchen und Frauen, und doch gehören diese Themen dazu, weil das herrschende System mit diesen Forderungen und Themen nicht gut umgeht. Und, Feminismus ist viel mehr. Er öffnet die Tür zu einer anderen Art des Menschseins auf diesem Planeten: Mit Ehre und Respekt und seinem ganzen Sein nimmt der Mensch teil am Leben anderer, an der Natur und der Gesamtheit der Schöpfung, am Bekannten und Unbekannten, am Sichtbaren und Unsichtbaren. Deshalb geht mich als Feministin alles etwas an. Vielleicht ärgere ich mich über die bewussten oder unbewussten Verhaltensweisen, die Männer manchmal an den Tag legen, und vielleicht ärgere ich mich über die bewussten oder unbewussten Verhaltensweisen, die wir Frauen manchmal praktizieren – und ich mache mir Gedanken über all unsere Belange und über alles, was uns begrenzt, verbiegt und daran hindert, die Menschen zu sein, die wir sein könnten unter gleichzeitiger Achtung der ganzen Schöpfung. Als Feministin gibt es nichts, was außerhalb meines Zuständigkeitsbereiches liegt, und ich kann und werde mich für alles einsetzen, was dem Wachstum eines Einzelnen, der Gesellschaft oder eines Teils der Schöpfung förderlich ist. Ich werde mich gegen jede Person und jedes Glaubenssystem auflehnen, die in meinen Augen das Heilen, Wachsen und die Entwicklung eines Wesens oder einer Nation oder eines Planeten beschneiden. Als Feministin ist mir nichts zu klein und nichts zu groß. Ich stelle mich dem, statt es nicht auf mich zu nehmen und/oder kümmere mich darum. Und ich habe die Verantwortung, für mich selbst zu sorgen und meine eigene, persönliche Entwicklungsarbeit zu leisten, damit ich in der Lage bin, die Türen zu durchschreiten, die sich mir öffnen, sodass ich das, was mir möglich ist, zu aller Schöpfung beitragen kann. Meine Wirklichkeit handelt nicht nur von mir, sie schließt mich ein und erfordert meine Teilnahme, mein Engagement. Deshalb ist es meine Pflicht, mit dem, was mir dieses Leben schenkt, zu arbeiten und, soviel ich nur kann, beizutragen zum Wachstum anderer, zum Heilen und Wachsen der ganzen Menschheit, zur Förderung von Harmonie und Gleichgewicht.

Ich weiß, dass ich als Person, als Frau und als Feministin viele Fehler mache und machen werde. Meine Aufgabe ist es, meine Fehler zu akzeptieren und an ihnen zu wachsen. So einfach ist das.

Ich bewege mich also in immer größere Zusammenhänge hinein. Und als Ergebnis dieser Einstellung zum Leben befassen sich dieses Buch und die darin enthaltenen Sichtweisen weitgehend mit der Entwicklung der Menschheit und es untersucht, wo wir vom Wege abgekommen sind – zu unserem eigenen Schaden und dem des Planeten. Wir müssen die Rolle erkennen, die wir mit unserem Wissen um Lebensentwürfe, die sich vom herrschenden System unterscheiden, übernehmen und vertreten, damit wir durch unsere umfassendere Teilnahme die Menschheit und alles auf diesem Planeten zurück auf einen Kurs bringen können, der heilsamer und erfüllender ist. Das zu übernehmen ist nicht viel, wenn wir nicht zu viel denken! Einige Leute wollen ihre Welt „klein“ und „kontrollierbar“ halten – viel Glück dabei. Dies nur als Hinweis – kehren wir also zurück zu den Phasen des Feminismus und wie ich sie erlebte und durchlebte.

Ich sehe mich definitiv als Feministin der zweiten feministischen Phase aktiv werden. Als echte Feministin engagierte ich mich in den 1950er und 1960er Jahren in der amerikanischen Antikriegsbewegung sowie in der Bürgerrechtsbewegung. Der Kampf gegen Ungerechtigkeit war natürlich mein Thema seit meiner Kindheit. Als ich in den 1930er Jahren ein Kind war, hatte meine Mutter für die Rechte der Schwarzen, der Armen, der Behinderten und anderer und insbesondere der Tiere gekämpft. Warum sollten also die Bürgerrechte aller Menschen und die Schöpfung nicht auch meine Sache sein?

Dem von mir heute als ideologischen Feminismus des amerikanischen Ostens bezeichneten Feminismus gehörte ich definitiv nicht an, und ich fühlte mich von ihm unterstützt. Ich war in den Schützengräben des amerikanischen Mittleren Westens und Westens und arbeitete mit Frauen.

Ich glaube, mein Feminismus wurde von den Frauen (und Männern!) geweckt, mit denen ich als Therapeutin in Einzelsitzungen, in Gruppen und dann in Seminaren arbeitete, die ich in den ganzen USA, in Kanada und später in Europa und den Ländern des Südpazifiks abzuhalten begann.

Ich veranstaltete meinen ersten Frauenworkshop mit Colleen (Cokey) Kiebert, einer befreundeten Künstlerin. Sie hatte kleine Frauengruppen gegründet, die Collagen und andere künstlerische Dinge machten. Ich hatte als Therapeutin gearbeitet und Ausbildungen bei Fritz Perls, Carl Rogers, Virginia Satir, J. L. Moreno und anderen absolviert und sah mich deshalb an vorderster Front der humanistischen und transpersonalen Psychologie; wir waren beide erpicht darauf, das Gelernte in einem Workshop für Frauen auszuprobieren.

Die Erfahrung, die ich mit diesen Frauen machte, werde ich mein Leben lang nicht vergessen!

Cokeys Collagen hatten unser Leben zum Thema – unser bewusstes und unbewusstes Leben. Angeregt durch meine Arbeit bei Fritz und anderen hatte ich Matratzen auf dem Boden liegen und keine Angst vor dem, was sich – natürlich durch mich begleitet – ergeben würde. Ohne wirklich zu wissen, was wir taten, schufen wir eine „sichere“ Umgebung, in der, ausgelöst durch die Collagen und das Erzählen unserer sich damals unschuldig anhörenden Geschichten, Jahre von aufgestautem Ärger, Enttäuschung und Schmerz wie Raketen explodierten.

Die Frauen „gingen los“ wie Feuerwerkskörper. Es war mir/uns unmöglich, die Kontrolle zu behalten. Wir alle mussten helfen, die Frauen zu begleiten und zu versuchen, für unsere Sicherheit zu sorgen, während diese Frauen tobten, ihren Schmerz herausheulten, schrien und Ströme von Tränen vergossen.

Da wir nicht wussten, was wir tun sollten, taten wir nichts. Wir griffen nicht ein, versuchten nicht, die Kontrolle zu übernehmen oder die Prozesse zu erleichtern. Wir bemühten uns alle um die Sicherheit der Frauen, die ihre Tiefenprozesse durchlebten, und kamen ihnen nicht in die Quere.

Ich erinnere mich, dass in den Mittagspausen Cokey und ich Arm in Arm in unsere Hütte stolperten und uns bis zur nächsten Sitzung erschöpft aufs Bett warfen. Ich erinnere mich nicht, während des gesamten Wochenendes etwas gegessen zu haben. Dies war eines der intensivsten Wochenenden meines Lebens. Wir waren total entsetzt über das Ausmaß an Schmerz und Wut, das „normale“ Frauen in sich eingeschlossen hatten und das sie vergiftete.

Dieses Wochenende war der Beginn einer langen Reihe von Wochenenden, wochen- oder monatelangen Frauenworkshops, die zum Mittelpunkt meiner Arbeit werden sollten. Nie wieder hatte ich ein Büro ohne Matratzen darin. Etwas später, nach weiterer „Bewusstseinserweiterung“ und der Entdeckung, dass die meisten psychologischen, medizinischen und psychotherapeutischen Theorien und Praktiken von Männern und für Männer entwickelt wurden, mit Forschungen und Theorien von Männern und für Männer aus einer männlichen Perspektive heraus, beschloss ich, in meiner Praxis nur mit Frauen zu arbeiten, da Männer überall Hilfe bekommen konnten. Es waren aufregende und berauschende Zeiten – ich hörte Frauen zu und begleitete sie, wenn sie ihr Herz ausschütteten und Unterstützung von anderen Frauen bekamen. Das war der Beginn der Heilungsarbeit, die ich auf der ganzen Welt mache und heute Leben im Prozess nenne. Das war der Grund, warum ich das Gebiet der Psychologie verließ, denn ich begann zu erkennen, dass sie (die Psychologie) nicht Teil der Lösung war. Sie war Teil des Problems, und das Problem lässt sich nicht mit dem Problem lösen. Mein Eindruck war, dass Psychologie/Psychotherapie nicht darauf ausgelegt waren, Menschen zu heilen und sie darin zu unterstützen, ihr Potenzial in jeder Facette ihres Menschseins voll zu entwickeln – sie zielten darauf ab, den Menschen zu helfen, sich einem dysfunktionalen System anzupassen. Damit wollte ich nichts zu tun haben.

Ich erinnere mich, dass der Präsident des amerikanischen Psychologenverbandes mich inständig bat zu bleiben und dabei zu helfen, eine Veränderung innerhalb des Systems herbeizuführen, und meine schmerzvolle Antwort war:

„Ich kann nicht. Ich kann nicht tun, was ich tun muss, und lernen, was ich lernen muss, wenn ich innerhalb des Systems bleibe.“ Also musste ich gehen. Man muss aus der Umweltverschmutzung heraus, um sie zu sehen – zumindest war das bei mir so.

Ja, wir Frauen der zweiten feministischen Phase waren zornig. Wie konnten wir das nicht sein, wenn uns Ungerechtigkeit, Herabsetzungen, Abwertung und Missbrauch bewusst wurden, die unser täglich Brot waren. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich Direktorin eines Behandlungszentrums für Kinder und Jugendliche in einem psychosomatischen Krankenhaus in Alton, Illinois, war. Ich sah mich als gleichrangig mit allen anderen Abteilungsleitern und war vom stellvertretenden Direktor und Chef des Ministeriums für mentale Gesundheit gebeten worden, dort zu arbeiten. Sehr schnell fiel mir auf, dass es nur zwei Abteilungschefinnen auf leitender Ebene gab – die Leiterin der Krankenpflege und ich selbst. Mit meinem neuen „Bewusstsein“ brauchte ich nicht lange, um zu merken, dass jedes Mal, wenn ich eine gute Idee einbrachte und aussprach – NIEMAND SIE HÖRTE! (Selbst die andere Frau nicht!) Nach ein paar Minuten wurde dann die gleiche Idee von einem der Männer vorgebracht und als Geschenk Gottes für die Gruppe aufgegriffen. Natürlich schmeckte mir das nicht, und ich lernte schnell, dass diese Erfahrung damals zum Alltag der Frauen in leitenden Positionen gehörte (und es gibt sie auch heute noch!).

Wie ich es gelernt hatte, besprach ich diese Erfahrung mit meinen Freundinnen, die sich alle damit identifizierten. (Wir waren wütend, als wir unsere Erfahrungen austauschten.) Ich erinnere mich an eine wunderbare Frau, die immer wie eine viktorianische Kamee aussah und geholfen hatte, die Bewegung der amerikanischen Black Panther ins Leben zu rufen. Sie sagte: „Ja, ich habe in meinem ganzen beruflichen Leben für die Kirche gearbeitet und genau diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Mir wurde mit der Zeit klar, wenn ich Anerkennung und Lob für meine Ideen wollte, keine von ihnen jemals akzeptiert würde. Ich kam dahinter, wenn ich meine Ideen wertschätzte und ich sie für wichtig hielt, ich sie einem Mann (ohne sein Wissen) zuspielen musste, dann würde er sie einbringen und sie würden Gehör finden. Auf diese Weise wurden einige meiner Ideen verwirklicht.“ Beim Erzählen liefen ihr die Tränen über die Wangen. Wir weinten alle miteinander.

Ja, wir waren wütend und leider wussten wir damals nicht immer, wie wir unsere Tiefenarbeit machen konnten, ohne sie anderen überzukübeln. Das tut mir heute leid. Und um unseren Ärger zu wissen und ihn zu spüren, war heilsam für uns.

Ich erinnere mich noch gut an meine, wie ich sie heute nenne, Wutphase. Bis dahin waren nur kleine Ärgerfeuer in mir aufgeflammt und meiner Wutphase war noch nicht Genüge getan.

Ich wurde eingeladen, an einem NTL-Seminar (National Training Laborato- ries) als eine der hauptverantwortlichen Leiter teilzunehmen. Ich liebte NTL, die Prinzipien der Gruppendynamik und das Sensibilisierungstraining. Im College hatte ich diese Ideen und Vorgehensweisen kennengelernt, mich dort zur NTL- Trainerin ausbilden lassen und später weitere NTL-Ausbildungen gemacht. Heute erkenne ich, dass es bei dieser Arbeit etwas gab, das im Einklang war mit dem, was ich tief innen wusste. Also ging ich durch den Prozess, mit einem Mentor zusammenzuarbeiten, um als NTL-Trainerin anerkannt zu werden. Mein Mentor wollte mich als Trainerin für den Führungskräfte-Bereich. Er wurde jedoch darauf hingewiesen, dass alle diese rein männlichen Gruppen für einen weiblichen Trainer nicht bereit seien. Ich vergab ihnen (und dachte insgeheim, dass NTL für diesen revolutionären Schritt nicht bereit war), und liebte und unterstützte weiterhin das Konzept und die Organisation, mit der und für die ich gelegentlich arbeitete. Diese Freiwilligenarbeit umfasste auch das Organisieren und die Ausbildung einer Gruppe schwarzer Trainer in der Gegend um St. Louis, denn meiner Meinung nach brauchten wir mehr afroamerikanische Trainer für die Workshops, die sich auf Bürgerrechtsthemen fokussierten. Im gesamten Netzwerk gab es damals auf nationaler Ebene nur einen schwarzen Ausbilder. Die „Ausbildung“ dieser afroamerikanischen Trainer war eine kraftvolle und manchmal schmerzhafte Lektion und Erfahrung, da die Trainer darauf bestanden, mich meinem eigenen Rassismus zu stellen.

Ich befand mich also als Senior-Partnerin bei einem gemischten Workshop und mein damaliger Mann wurde gebeten, als Junior-Ausbilder teilzunehmen. Außerdem sollte ich mit einigen der „alten NLP-Hasen“, die ich nicht kannte, zusammenarbeiten. Was für eine tolle Chance! Außerdem war der klinische Berater der Leitungsgruppe ein alter Freund. „Was für eine einmalige Konstellation!“, dachte ich.

Bei NTL lief es immer so ab, dass sich das Team immer für zwei oder mehrere Tage zuvor traf, um den Workshop auf die betreffende Gruppe und die Leitung abzustimmen. In der Vergangenheit hatte ich diese Planungssitzungen geliebt!

Am Ende des ersten Planungstages stellte ich fest, dass einer der „alten NTL- Hasen“ mich keinen Satz hatte ausreden lassen! Ich kochte vor Wut (und war traurig, enttäuscht und verletzt – was zur Wut gehört). Ich war die einzige Frau im Team.

Beim Abendessen setzte ich mich ihm absichtlich gegenüber. Gegen Ende des Essens sagte ich ruhig: „Jerry (ein Pseudonym), mir ist aufgefallen, dass du mich heute nicht einen Satz hast aussprechen lassen. Ich gehöre zum Leitungsteam und bin hier, um zu helfen, diesen Workshop zu planen und zu begleiten. Dies ist eine Kampfansage. Ich lasse mich nicht so behandeln. Wenn du mich weiterhin unterbrichst, werde ich dich damit konfrontieren. Und man wird mich hören.“ Dann stand ich auf und ließ eine Runde sprachloser Männer zurück.

Nun, das war der offizielle Beginn meiner „Wutphase“. In meiner persönlichen und feministischen Arbeit war ich an einen Punkt gekommen, an dem ich nicht mehr stillhalten und versuchen konnte, die täglichen Beleidigungen, Herabsetzungen, das Übersehenwerden und die offenkundige Gewalt, die meiner Person und meinem Wesen entgegenschlugen, hinzunehmen, die teilweise, das erkannte ich, unbewusst waren. Ich musste „meine Stimme finden“ und für mich und all jene den Mund aufmachen, die durch Ignorieren, Ausgrenzung oder Einschüchterung zum Schweigen gebracht wurden. Ich fühlte, dass meine Seele dieses Unrecht nicht mehr ertragen konnte.

Mir wurde klar, dass ich einfach meine Wut „ehren“ musste, wenn ich unbeschadet überleben wollte. Das war ich meiner Gesundheit und meinem Wohlergehen einfach schuldig, selbst wenn ich dadurch meinen Mann, meine Kinder, meine Freunde, meine beruflichen Kontakte und anderes verlieren würde. Ich stellte mir vor, einen Kreis von etwa 10 Meilen Durchmesser um mich herum ziehen zu müssen und jeden, der ihn betrat, einfach „abzuknallen“. Als ich dann später wirklich in voller Fahrt war, beschloss ich jeden „abzuknallen“, der auch nur dem Anschein nach die Absicht haben könnte, in meinen Kreis einzudringen – ich würde ihn „abknallen“, für alle Fälle.

Ich war schrecklich. Ich kann nicht sagen, dass ich mich unglücklich fühlte, obwohl ich in diesem Prozess durch viel Schmerz ging. Es war im Allgemeinen auch kein Drama für mich. Dieser Prozess war einfach etwas, was ich um meiner Seele und meiner geistigen Gesundheit willen durcharbeiten musste. Und so machte ich es.

Ich hatte nie Angst vor Wut gehabt – weder vor meiner eigenen noch vor der Wut anderer, und hatte mir den Ruf einer Therapeutin erworben, die sich mit der Wut anderer wohlfühlte, und deshalb fiel mir dieser Prozess vielleicht etwas leichter als anderen. (Schließlich hatte ich eine irisch-indianische Mutter, die leicht wütend wurde, ohne dass es hinterher ein Nachspiel gab. Ich lernte, dass diese Art von Ärger viel weniger zerstörerisch war als die schwelende, unausgesprochene Variante.)

Wut war für mich so etwas wie ein himmlischer Einlauf. Es ging nicht um andere. Es ging um mich.

Ich verlor meinen Mann nicht. Ich verlor meine Kinder nicht. Ich verlor meine Freunde nicht. Ich verlor einige meiner beruflichen Kontakte. NTL bat mich nie mehr, zurückzukommen und einen Workshop abzuhalten. Das war schmerzhaft – und – es war es wert. Ich habe viel Mitgefühl für die vielen Frauen, die ich kenne, die wie ich geballte Wut mit sich herumtragen. Dadurch, dass ich meinen Wutprozess ehrte, konnte ich tatsächlich jedem auf eine viel authentischere Weise liebevoll und einfühlsam begegnen, obgleich jene Wutphase für mich und die Meinen keine einfache Zeit war. Sie befreite mich tatsächlich von einem Großteil dessen, was meiner Meinung nach Wut auf die Kultur ist, und seitdem bin ich innerlich viel ruhiger. Es leuchtet mir ein, dass jede Person ihren eigenen Weg finden muss, und das, was ich machte, funktionierte für mich.

Ich habe gelernt, dass wir einige der Schichten der kulturellen Konditionierung abstreifen müssen, die sich wie eine Haut anfühlen können, wenn wir unsere wahre Menschlichkeit und unser spirituelles Selbst erfahren wollen. Ich verstehe also, warum wir Feministinnen der zweiten Phase als wütend galten. Nicht verstehen kann ich jedoch, wie man es auf irgendeine Art, in irgendeiner Form und Weise für legitim halten kann, die, die wir waren, und was wir damit leisteten, zu verunglimpfen. Für mich war diese Zurückweisung eine Taktik des herrschenden Systems.

Das Beste an dieser zweiten Phase war für mich das Zusammenkommen von Frauen – aller Arten von Frauen – alt, jung, hetero, bisexuell oder lesbisch – aller Hautfarben – aller sozialen Schichten – alle. Und dank meiner Arbeit hatte ich das Privileg, auf der ganzen Welt Frauen aus vielen Kulturen zu treffen, was meine Perspektive definitiv erweiterte und mir half, nicht so „provinziell“ zu sein.

Aufgrund der Anfragen von Menschen, die bei mir ein Training machen wollten, bewarben wir uns erfolgreich um Geldmittel vom Fonds für die Entwicklung von Weiterbildung, um einen stärker auf Frauen zentrierten Therapieansatz zu entwickeln. Obwohl ich immer mit Einzelpersonen und Gruppen von Individuen arbeitete, war ich total fasziniert von den immer größeren Bildern und der Form, den Prozessen und den Strukturen von Systemen, Kulturen, Nationen/ Staaten und der Menschheit insgesamt. Mein Denken und meine Forschungen gingen deshalb immer vom Individuum aus hin zu Familie (Virginia Satir half mir dabei), zu Gemeinschaft/Nachbarschaft, zu den Institutionen, zu Kultur, zu Nationalität, bis hin zur Ebene des Planeten und des gesamten Kosmos des Sichtbaren und Unsichtbaren – und umgekehrt. Deshalb muss selbst das kleinste Teil, das Individuum, seinen Kontext sehen und in seinem Kontext gesehen werden – und umgekehrt. Keine von uns kann oder sollte darüber hinwegsehen, dass wir im Kontext leben. Unsere westliche reduktionistische Wissenschaft war uns bei diesem Aspekt unserer Realität nicht sehr hilfreich. Mein erstes Buch Weibliche Wirklichkeit – das Entstehen eines weiblichen Systems in einer weißen männlichen Gesellschaft – entstand in dieser Zeit und wurde ein Bestseller.

Als wir deshalb mit den Planungen für das Fraueninstitut für alternative Psychotherapie begannen, behielt ich all diese Zusammenhänge im Kopf. Jede/r konnte Mitglied werden – selbst Männer, wenn sie es wollten. Die Planung der Funktionsweise des Instituts sollte in den Händen von Frauen liegen, sie sollte inklusiv sein und wir würden versuchen, einander in einem neuen Paradigma zu unterstützen.

Therapeutinnen, Klientinnen, potenzielle Klientinnen, Feministinnen, Frauen verschiedenster Fachrichtungen, Heteros, Lesben, interessierte Männer wurden alle eingeladen, an der Planung des neuen Institutes mitzuwirken. Während des gesamten Prozesses der Ausarbeitung des Lehrplans, auf dem Weg zur Akkreditierung bis hin zu dem Punkt, an dem wir bereit waren, Bewerberinnen aufzunehmen, waren unsere heftigsten Kritiker und Angreifer – Frauen. (War dies der Beginn der dritten Phase?)

Die Psychologinnen dachten, nur zugelassene Psychotherapeutinnen und Diplompsychologinnen, jedoch gewiss keine zukünftigen Klientinnen, sollten den Lehrplan konzipieren und alles kontrollieren. Sie schienen wütend zu sein, dass nicht sie das Sagen hatten und fanden es lächerlich, dass potenzielle Nutzerinnen der Dienstleistung in die Planung einbezogen wurden.

Eine bekannte Feministin, die wir gern im Vorstand gehabt hätten, weil wir dachten, das sei politisch vorteilhaft, entschied sich, als Direktorin die Führung zu übernehmen. Da ich in ihren Augen ein „Niemand“ war (nach meiner Erfahrung sehen viele Leute von der US-amerikanischen Ostküste jeden, der aus Gebieten westlich des Potomacflusses kommt, als einen „Niemand“ an), unternahm sie den Versuch, mich meines Postens zu entheben und unser Institut als Basis zum Aufbau ihrer „Frauenarmee“ zu benutzen. Sie scheiterte damit.

Die sogenannten marxistischen Feministinnen attackierten uns mit dem Vorwurf, elitär, weiß und bourgeois zu sein und nicht interessiert an der Sache der Arbeiterinnen (das genaue Gegenteil dessen, warum uns die „Professionellen“ angriffen!).

Die uralte Taktik, die Karl Rove mittlerweile für die Republikanische Partei übernommen hat, dem anderen das vorzuwerfen, was der Kritiker selbst tut, wurde mit voller Macht praktiziert, ebenso wie die Taktik, die andere Person als so „giftig“ hinzustellen, dass niemand etwas mit ihr zu tun haben will.

Außerdem fanden wir später heraus, dass zumindest zwei der Frauen, die bei uns aufkreuzten und „sich einbringen wollten“ (wir waren so offen und naiv, dass wir „Natürlich gern!“ sagten) und die später alles taten, um unser Fraueninstitut zu schließen, Kontakte zu dem FBI oder der CIA hatten, und an der Beseitigung von mindestens zwei weiteren feministischen Projekten beteiligt waren (der Rotstrumpf-Attacke auf Gloria Steinem und der Auflösung des feministischen Therapieprojekts des Goddard College). Alle bei uns Beteiligten waren so arglos und so sehr damit beschäftigt, sich aktiv für den Feminismus einzusetzen, dass wir nichts bemerkten und erst Jahre später, nach der Abwicklung des WIAP (Fraueninstitut für Alternative Psychotherapie), einige dieser Fakten entdeckten.

Das alles waren ziemlich schmerzhafte Erfahrungen und als wir mit unseren finanziellen Förderern darüber sprachen, erhielten wir zur Antwort: „Einige dieser Frauen haben uns kontaktiert und scheinen ziemlich verrückt zu sein. Wir mögen und respektieren, was ihr tut, und wir befürchten, dass sie sich an die Regierung wenden und weitere unserer Projekte gefährden.“ Wir sahen das ein und zogen unser Gesuch um weitere finanzielle Unterstützung freiwillig zurück.

Unsere Antwort auf diese Vorgänge: „Wir dachten nicht, dass das, was wir taten, so wichtig war!“

Keine von uns war wirklich politisch erfahren, und wir hatten wenig oder keine Erfahrung mit der Welt der Politik.

Wir interessierten uns einfach für Heilung – der Heilung von uns selbst und anderen, dem Begünstigen einer heilsameren Lebensweise und wollten zum Entstehen eines Systems beitragen, das, so schien es uns, uralt ist und gleichzeitig das Wissen umfasst, das Frauen tief in ihrem Inneren besitzen.

Wir zogen uns fürs Erste zurück. Wir hörten nie auf, Feministinnen zu sein. Ich bin also als feministische Therapeutin zum Feminismus gekommen, wobei ich mich für meine eigene Heilung und die Heilung anderer engagierte. Ich war eine der Urheberinnen des Konzepts der feministischen Therapie und erkannte erst später, dass das ganze Konzept und der Therapieansatz etwas sehr Beängstigendes hatten. Die Schriften der Frauen jener Epoche waren wie ein warmes Bad für mich und für eine Weile las ich nur Frauenschriften, als Gegenmittel dazu, dass mein Kopf mit männlich orientierten Ideen und Theorien vollgestopft war. Ich lernte, dass kein anderer wirklich wissen kann, was wir brauchen oder was wirklich in unserem Inneren vor sich geht, weil es nicht „rational oder logisch“ ist. Interpretationen sind bedeutungslos, meistens untauglich und oft destruktiv.

Für mich war die zweite feministische Phase aufregend, berauschend, schmerzhaft, wichtig und das Wachstum fördernd. Ich begann beim Individuum und ging von da aus zum größtmöglichen Bild, zu den größeren Zusammenhängen. Ich schrieb mein erstes Buch darüber und beschrieb darin:

1. Ein Weißes Männliches System (WMS): Das vorherrschende patriarchale, wissenschaftliche, religiöse Paradigma für die westliche Kultur, bei dem für alle, die sich in jenem System befinden, das Selbst und die Arbeit im Mittelpunkt des Universums stehen. Alles andere muss sich um das Selbst und die Arbeit drehen und wird durch das selbstzentrierte Selbst und die Arbeit definiert. Das heißt, dass alles andere im Leben vom selbstzentrierten Selbst und der Arbeit, die man tut, definiert und umschrieben wird.

2. Ein Reaktives Weibliches System (RWS), das mit dem WMS verbunden ist und aus dem heraus Frauen handeln, um innerhalb des WMS zu überleben und darin sicher zu sein. Es wird vom WMS definiert und bietet einen Weg, wie man für das System akzeptabel sein kann. Das RWS ist kein reales, funktionelles System, es ist ein „konzeptionelles“ und für das Überleben entwickeltes System und entspricht hauptsächlich der abstrakten männlichen Vorstellung darüber, wie Frauen sein sollten, um die Männer und ihr selbstzentriertes Selbst und ihre Arbeit zu unterstützen. In diesem künstlichen System versuchen Frauen, das Selbst der Männer und deren Arbeit in den Mittelpunkt ihres Lebens zu stellen, während sie die Absichten der Männer für sich selbst und ihre Absichten für die Frauen übernehmen. Dieses System ist nicht natürlich, es wurde erdacht und erlernt.

3. Dann beschrieb ich das, was ich als ein sich Entfaltendes Weibliches System (EWS) erkannte, ein System, in dem Frauen auf das uralte DNA-Wissen und ihr Wesen zurückgreifen und eine Lebensweise und Ganzheit entwickeln, die den indigenen Systemen viel näher stehen als alles andere, was wir auf dieser Welt haben. Für mich hat diese Analyse, die von den spezifischen Erfahrungen ausgeht und zum Ganzen kommt, immer noch ihre Gültigkeit. Und, ich bin weitergegangen.

Später interessierte ich mich für Süchte und Abhängigkeiten und erkannte, dass meine Ausbildung, was das Verständnis von Süchten anbetraf, große Lücken aufwies. Deshalb stürzte ich mich darauf, alles zu lernen, was ich darüber lernen konnte, wobei ich damals noch nicht erkannte, dass die Suchtthematik ein Teil des größeren Bildes für mich war.

Ich hielt eine Rede über Süchte und Abhängigkeiten vor etwa 1.000 Leuten im südlichen Minnesota, als ich mich sagen hörte: „Das, was ich früher als das Weiße Männliche System bezeichnete (da weiße Männer die Macht, den Einfluss und die Begrifflichkeiten jenes Systems entwickelt haben und in Händen halten), nenne ich jetzt das Suchtsystem, denn die Prozesse und Merkmale der beiden Systeme sind die Gleichen. Was wir im Suchtsystem als „Charakterfehler“ bezeichnen (die Illusion von Kontrolle, Selbstzentriertheit, Unehrlichkeit etc.), sind genau die Eigenschaften, die ich als Merkmale des Weißen Männlichen Systems (WMS) identifiziert habe.

Da war Stille, eine Pause, und dann stand die ganze Zuhörerschaft auf und applaudierte. Gemeinsam hatten wir neue Erkenntnisse gewonnen.

Mein „Feminismus“ hatte sich in einen viel breiteren Kontext hinein entwickelt, der Männer und Frauen aller Arten und jeder Hautfarbe umfasste. Wir alle wurden davon beeinflusst – Männer und Frauen, Junge und Alte.

Von da aus war es nur ein kurzer Sprung zu der Erkenntnis, dass das, was ich das Reaktive Weibliche System (RWS) genannt hatte, in Bezug auf das Weiße Männliche System genau übereinstimmt mit der Rolle eines Al-Anons/Co-Abhängigen, der den Alkoholiker/Süchtigen unterstützt und erhält.

Daraus folgt, dass das sich Entfaltende Weibliche System, in dem Beziehungen – alle Beziehungen – im Mittelpunkt des Universums stehen, ein vollkommen anderes Paradigma und ein System der Ganzheit ist und in keinem Zusammenhang zum WMS/RWS-Dualismus steht. Im Zentrum des EWS-Systems stehen alle Beziehungen – einschließlich der Beziehung zu sich selbst, zu der ei- genen Arbeit und allem anderen im Leben. UND, dieses System wird dadurch definiert, dass alles im Prozess ist.

Später habe ich das Weiße Männliche System in das „Technologische, Mechanistische, Materialistische System“ (TMMS) umbenannt, das durch die gegenwärtigen Partnerschaften zwischen der Wissenschaft und Religion gebildet und das von weißen westlichen Männern geschaffen, entwickelt und erhalten wird – mit der Hilfe von uns allen als Co-Abhängige (RWS).

Während also das entstand, was einige die dritte Phase des Feminismus nennen – so war meine Erfahrung –, konzentrierte ich meine Aufmerksamkeit darauf, die Prozesse von Sucht und Co-Abhängigkeit zu verstehen und über das Spezifische hinaus auf das Systemische und Globale zu blicken. Diese Themen sind global und der ganze Planet, selbst indigene Kulturen, werden vom TMM- System infiziert und beherrscht.

Was manche Leute als dritte Phase des Feminismus bezeichnen, würde ich aus meiner Erfahrung heraus einen reaktiven Feminismus nennen. In meinen Augen war diese Phase für einige Menschen eine verständliche Reaktion auf den Feminismus ihrer Mütter. Für mich war es Ärger – oder vielleicht sogar mehr, da es so indirekt war – auf die zweite feministische Phase, wobei sich ein Großteil des Ärgers gegen die „Mütter“ der Frauenthemen richtete.

Und, was am wichtigsten war: In meinen Augen und nach meiner Erfahrung ging es – wie einige Feministinnen der dritten Phase analysieren und berichten – um Macht.

Nun habe ich selbst kein Problem mit Macht oder mit starken Frauen. Ich wurde als starke Frau erzogen und bin selbst eine.

Und meine Erfahrung mit der dritten Phase des Feminismus war, dass Frauen nach einer Macht strebten, wie Männer sie definieren und auffassen. Ich sah, dass diese Generation von Frauen versuchte, wie Männer zu sein. Sie wollten die Institutionen und die Kultur nicht verändern. Sie wollten dieselbe Macht wie Männer. Es war wie bei meiner Erfahrung mit dem Schwarzen, den ich als junge Feministin gefragt hatte: „Wir haben dieselben Probleme. Warum bündeln wir nicht unsere Kräfte?“ Er wich zurück und blaffte: „Machst du Witze? Ich will nicht da unten bei euch sein. Ich will bei denen da oben sein!“

Die dritte Phase des Feminismus schien in meinen Augen sexuelle Macht und Freiheit in einer Form zu fordern, wie sie von der männlichen Kultur, in die wir eingebettet sind, definiert wird. Und gleichzeitig wollten jene Frauen ihr eigenes sexualisiertes Sexobjekt nach Definition der Männer sein und ihre Sexualität ausbeuten.

Sie schienen sich nach Lust und Laune kleiden und mit ihrer Kleidung scho- ckieren zu wollen, wobei sie meiner Meinung nach nicht erkannten, dass diese „Kleiderfreiheit“ der männlichen Vorstellung von Sexualität direkt in die Hände spielt. Aus meiner Sicht wollten sie beweisen, dass sie in allem, was Männer tun, mindestens ebenso gut waren, ohne Rücksicht darauf, wie dies ihr inneres Wesen beeinflusst. Und sie sind meiner Ansicht nach ärgerlich. Warum sollten sie es auch nicht sein? Wie die Männer hatten sie sich das Recht erkämpft, übermäßig zu arbeiten und sich mit Essen, Alkohol, Drogen, Stress, immenser Selbstzent- riertheit und Sinnverlust in ihrem Leben umzubringen. Wir haben es geschafft, Mädels, wir haben bewiesen, dass wir ebenso wie die Männer in unserer Kultur ohne Bodenhaftung leben können. Puh! Das war doch nicht zu schwer, oder?

Was nun?

Auf die Gefahr hin, den Tod des Feminismus beklagen zu müssen, machte ich an diesem Punkt in meinem Leben mit meiner Arbeit weiter, wartete ab und beobachtete – weil für mich der Feminismus ein sehr umfassender, sehr langwieriger Prozess ist, so wie der Prozess der Menschheit auch. Rückblickend erkannte ich, dass wir einige seiner Aspekte erkennen können, ihn in seiner Gesamtheit jedoch nie sehen werden, da Feminismus selbst ein Prozess und immer im Prozess des Werdens begriffen ist.

Diese kulturellen Wandlungsprozesse werden uns auf viele Umwege führen – manche kurz, manche lang –, wenn wir uns dahin entwickeln, die zu werden, die wir sein könnten. Wobei wir nie vergessen dürfen, dass alle diese Umwege zu unserer Heilung, unserem Wachstum und unserer Bewusstheit als Individuen, als Frauen und als Menschen beitragen –, wenn wir es zulassen.

Natürlich war der Feminismus in meinen Augen nicht tot, wie einige es meinten. Alles, was etwas taugt und von Wert ist, wird auf Umwege führen und kann Umwege zulassen. Der Feminismus ist an den Umwegen nicht gestorben. Es ist zu hoffen, dass er aus ihnen lernt und klüger wird.

Aus einer größeren Perspektive heraus werden wir vielleicht die Umwege, ihre Komponenten und den Prozess dieser Umwege frühzeitiger erkennen und brauchen nicht so viel Zeit auf sie zu verwenden. Wir werden sehen.

Das eigentliche Thema sind jedoch nicht die Umwege, sondern dass wir aus ihnen lernen. Wir menschlichen Wesen sind als Individuen und als Menschheit so konzipiert, dass wir Fehler machen, natürlich werden wir Fehler machen, wir sind schließlich Menschen. (Ich weiß, dies könnte ein Schock für einige Männer sein und für Frauen, die zu einer anderen Auffassung gekommen sind!) Und: Es ist unsere Aufgabe, Fehler zu entdecken, uns mit unserem inneren Wissen oder unserem Schöpfer wieder zu verbinden und aus Fehlern zu lernen (was ganz reizvoll und amüsant sein kann). Wenn wir das getan haben, kön- nen wir wieder loslegen.

Während der dritten Phase des Feminismus war ich zeitweise verzweifelt und fürchtete, der Feminismus sei tatsächlich tot und alles sei vergeblich gewesen. Wir Feministinnen der zweiten Phase hatten für Frauen Türen geöffnet und jene, die sie durchschritten, sahen nicht so aus, wie wir es uns vorgestellt hatten. Was für ein Schock! Und der war wohl notwendig. Es schien, als seien wir im Begriff, die Weisheit unserer Großmütter und das Bewusstsein um den grundlegenden Wert unserer Einzigartigkeit als Frauen und das, was wir einbringen können, zu verlieren. Wir schienen uns darauf zu konzentrieren, uns dem herrschenden System anzupassen und Macht zu erlangen, anstatt Botschafterinnen des Wandels für ein neues Lebensparadigma auf dieser Erde zu sein. Wir hatten die Bedeutung der heimtückischen Natur des Patriarchats im weiteren Sinne aus den Augen verloren. Wir befanden uns in den Fängen der „Ich“-Generation.

Dann erinnerte ich mich an etwas, was ich damals, als ich den Suchtprozess zu verstehen begann, gelernt hatte und was für Heilung notwendig ist: Wiedergutmachung zu leisten.

Ich schrieb einen Artikel mit dem Titel: „It’s Time for Feminists to Make Amends“ (dt.: Es ist Zeit, dass Feministinnen Wiedergutmachung leisten). Die Kernaussage war, dass wir beim Durcharbeiten unseres Schmerzes und unserer Wut manchmal jene übergangen oder geschädigt hatten, die uns am meisten liebten und uns auf irgendeine Weise unterstützten (andere Frauen, die Männer in unserem Leben, unsere Kinder und selbst Institutionen, die auf ihre vielleicht unbeholfene Art versucht hatten, uns zu helfen und uns nicht unterdrückten oder kleinmachten).

Wir mussten uns – als Bewegung – eingestehen, was wir jenen angetan hatten, denen wir wissentlich oder unwissentlich Schaden zugefügt hatten. Wir mussten eine innere Inventur von uns selbst als Individuen und als Bewegung machen, um zu erkennen und zu verstehen, wo wir Schaden angerichtet und Fehler gemacht hatten, sodass wir Wiedergutmachung leisten, weiter vorankommen und alle heilen und wachsen konnten. Dies nicht zu tun, wäre der Beweis dafür, dass wir das WMS vollständig internalisiert hatten. Ich glaube, dieses Buch ist Teil dieses Prozesses. Nicht perfekt zu sein hat den Vorteil, uns zu helfen, aus unseren Fehlern zu lernen, und hoffentlich gibt es viele Fehler, damit wir durch sie wachsen können.

Wir müssen uns anschauen, wie gemein wir gegenüber anderen Frauen waren, die nicht „unserer Art“ von Feminismus anhingen. Wir müssen uns den Egoismus in unserer Selbstgerechtigkeit ansehen. Wir müssen zu unserem Ärger gegenüber jenen stehen, die mit unserer Sichtweise nicht übereinstimmten, während wir ihre Sichtweise auch nicht gelten ließen, und gleichzeitig erkennen, dass im Grunde kein Mensch einen anderen bestätigen kann. So ist es eben. Annehmen – ja. Bestätigen – nein.

Im Prozess der Wiedergutmachung begann ich mich wieder hoffnungsvoll zu fühlen.

Dann machte ich eine sehr interessante Erfahrung. Ich kam in Verbindung mit einer Gruppe normaler junger Frauen aus Hawaii, die ihren Feminismus durch Schreiben und Theaterspielen erforschten. Sie hörten sich sehr wie die Feministinnen der zweiten Phase an, doch waren sie mit mehr Sachwissen und mehr geschichtlicher Erfahrung ausgestattet. Sie hatten die gleichen Themen: ungleiche Bezahlung, das Recht der Frau über ihren Körper und ihre Fortpflanzung, die Weigerung, sich von unterdrückenden Institutionen unterdrücken zu lassen und so weiter und so fort.

Der Feminismus lebte und blühte, in neuem Gewand.

Später fiel mir in London ein Buch in die Hände mit dem Titel: Reclaiming the F Word: The New Feminist Movement (dt.: Das F-Wort zurückfordern: die neue feministische Bewegung), aus dem Jahre 2010. Die Frauen in diesem Buch hörten sich nicht wie die Feministinnen der dritten Phase an. Sie hörten sich an wie die jungen Frauen auf Hawaii. Ah! Wie aufregend.

Im Vorwort bringen sie zweierlei zum Ausdruck: 1. Sie hatten zusammengefunden durch ein gemeinsames Interesse an der Einstellung junger Frauen zum Feminismus und 2. waren sie der leidenschaftlichen Überzeugung, dass Feminismus heute so wichtig ist wie eh und je und dass in den letzten paar Jahren eine dynamische feministische Bewegung in Gang gekommen ist, die exponentiell zu wachsen scheint.

Und weiter schreiben sie:

„Doch gleichzeitig sind wir verdutzt und enttäuscht darüber, wie der Feminismus dargestellt wird. Es ist, als lebten wir in einer Parallelwelt. Ein Artikel nach dem anderen verkündet den Tod des Feminismus und erklärt, dass insbesondere junge Menschen an dieser einmal so vitalen Bewegung nicht interessiert seien. Wir lesen Artikel, in denen der fehlende Aktivismus der Frauen beklagt wird. Wir erleben Podiumsdiskussionen zu Themen wie ‚Ist der Feminismus tot?’ oder ‚Brauchen wir einen neuen Feminismus?’. Feministische Akademikerinnen scheinen die Beteiligung junger Menschen am Feminismus zu übersehen. Wir erhalten E-Mails, in denen uns vorgeworfen wird (sehr amüsant!): ‚Alles, was ihr Feministinnen macht, ist herumzusitzen und eine Show abzuziehen und euch darüber zu ereifern, dass Lebkuchenmänner heutzutage Lebkuchenleute genannt werden sollten ...‘“

„Wir wollen zeigen, dass Feminismus befreiend ist, vielfältig, herausfordernd, aufregend, wichtig und inklusiv, und wir hoffen, zu weiterem Engagement zu inspirieren.“

Während ich damit beschäftigt gewesen war, meinen Fokus auf Heilung zu erweitern, war der Feminismus in einer neuen Generation lebendig, gesund und am Wachsen! Warum hatten mich die Medien nicht über diese Realität auf dem Laufenden gehalten?! Ich weiß natürlich, warum.

Toll! Klasse! Wie wunderbar – das ist meine Erfahrung. Der Feminismus ist nicht tot, die Jungen wissen das. Es ist einfach nur so, dass einige Frauen mittleren Alters ihren Weg vergessen haben oder – wie zumindest viele von uns – davon abgekommen sind. Nur weil die Medien nicht darüber berichten, heißt das nicht, dass es uns nicht mehr in voller Kraft gibt.

Gehören diese Frauen zur dritten Phase, zur Postmoderne, zur vierten Phase? Wer schert sich darum? Sie sind die Jüngsten im Prozess der feministischen Bewegung, die es schon so lange gibt wie Frauen auf diesem Planeten – eine Bewegung der Frauen! – unsere BEWEGUNG!

Doch so ist das bei Prozessen – sie kommen in Wellen und bauen in Bewusstheit, Einsicht, Weisheit und Macht aufeinander auf.

„Bewegungen“ sind vielleicht anders.

Ich habe entdeckt, dass wir uns allzu oft einer „Sache“ verschreiben, ohne unsere persönliche innere Arbeit, unser Weiten und Wachsen zu tun oder fortzuführen, was uns deshalb weniger effektiv macht. Unser persönliches Wachstum und unser spirituelles Wachstum müssen schon vor der Geburt beginnen und gehen über unseren Tod hinaus – das ist eines der Geschenke des Menschseins. Niemand anderes kann dafür sorgen, dass dieses Bedürfnis zu wachsen unser ganzes Leben hindurch erfüllt wird. Es liegt an uns, dafür zu sorgen, und wir müssen so viel wie möglich lernen. Alles, was wir lernen können.

Hat also diese achtzigjährige Feministin, die während der zweiten Phase des Feminismus in ein neues feministisches Bewusstsein gestoßen wurde, irgendetwas gemein mit dieser vergangenen dritten Phase oder der postmodernen Phase von Feministinnen? Natürlich habe ich das. Wir brauchen einander.

Als sich auf Hawaii die Hawaiianer für die Unabhängigkeitsbewegung rüsteten, wiesen die Ältesten darauf hin, dass alle in den Prozess einbezogen werden mussten. Akua (der Schöpfer) – die Vorstellung aller von einer Macht größer als man selbst – sollte im Zentrum des Regierens stehen. Dann sollten die kapuna als die Ältesten, die sie sind, geehrt werden, da sie länger gelebt und – hoffentlich – an Weisheit gewonnen hatten und aufgrund ihrer Stellung im Lebenskreislauf näher bei Akua sind. Die Erwachsenen, makua, würden die physischen Arbeiten der Nation übernehmen und die keiki (Kinder) wären sozusagen die „Beine“ und zuständig für das Laufen und Holen. Für einen Wandel mussten alle einbezogen werden. Ich sah diese Vorgehensweise in Aktion und war erstaunt, wie gut sie funktionierte.

Natürlich muss jede Person, jede Generation, ihren eigenen Weg finden, und jene, die sich weigern, von ihren Vorgängern zu lernen, sind unnötigerweise benachteiligt.

Es leuchtet ein: Wenn wir unser Wissen, unsere Erfahrung und unsere Informationen bündeln, werden wir alle stärker. Sonst trotten wir weiter im Kreis und in der gleichen Spur, so, als ob wir mit einem Fuß am Boden festgenagelt wären.

Jede neue Gruppe von Feministinnen wird mit ihren eigenen persönlichen Dämonen sowie mit den kulturellen und systemischen Dämonen ihrer Zeit und ihrer Kultur umgehen müssen – wobei eine breitere Sichtweise hilfreich sein kann.

Die vor uns liegende Aufgabe ist immens. Seit Jahrhunderten wurden wir alle von diesem Herrschaftssystem konditioniert und geschult. Wir müssen uns nicht nur damit befassen, was wir denken, wir müssen uns auch mit der tatsächlichen Art und Weise unseres Denkens auseinandersetzen und wie wir es uns vorstellen, dass es andere Wirklichkeiten zu entdecken gibt. Wir werden den uns antrainierten Glauben überwinden müssen, diese TMM-Kultur sei die alleinige Realität und im Laufe der Zeit erkennen müssen, dass es viele Wirklichkeiten gibt. Und je besser wir sie verstehen, umso besser sind die Chancen, einen Lebensprozess zu entwickeln, der unserer Realität entspricht und für die Menschheit kein so großer Umweg wie das WMS/TMM-System ist. Feministinnen meiner Generation sagen oft, der von ihnen geführte Kampf sei deshalb so schwierig, weil „der Vorposten des Feindes in unseren eigenen Köpfen sitzt“. Das stimmt noch immer. Und es trifft weniger zu dank der Frauen, die uns vorangingen, und dank jener Frauen, die auf die Arbeit der Feministinnen der zweiten Phase aufgebaut und einige dieser „Vorposten“ niedergerissen haben.

Um vorwärtszukommen, müssen wir bereit sein, einige der von uns am meisten geschätzten Vorstellungen loszulassen, und erkennen, dass sie Illusionen sind, die wir in unserem persönlichen und kulturellen Bewusstsein geschaffen haben. Wir werden unsere eigenen Denkweisen und Wahrnehmungen infrage stellen müssen und ob das, wie und was wir denken, real ist. Dabei sind es nur trügerische Konstrukte, die wir mit unserem Denken aufgebaut haben. Wir werden darauf vertrauen müssen, dass wir mit der Zeit lernen, aus diesen Konstrukten von „Realität“, die uns beigebracht wurden, herauszukommen und der Realität unserer Wahrnehmungen, Erfahrungen und unseres inneren Wissens im jeweiligen Kontext zu vertrauen. Wir alle werden in diesem Prozess Unterstützung brauchen und können diese Unterstützung über die Generationen hinweg miteinander teilen.

Wir haben einen Punkt in der Geschichte erreicht, an dem es bei all unserer Unterschiedlichkeit gerade unsere Einzigartigkeit ist, die zur Rettung des Planeten benötigt wird – nicht unsere Fähigkeit, uns dem gegenwärtigen Herrschaftssystem anzupassen und etwas aufrechtzuerhalten, was sowieso nicht gut funktioniert.

Die heutigen Frauen/Feministinnen wissen, dass sie starke Frauen sind und viel beitragen können. Es ist Zeit zu erkennen, dass die wichtigsten Eigenschaften, die wir einzubringen haben, gerade die sind, die wir als Frauen und als Farbige und als Indigene haben, und dass wir eine andere Perspektive mitbringen. Farbenblindheit und Genderblindheit werden uns keine guten Dienste leisten.

Wir brauchen nicht länger dadurch abgelenkt zu werden, dass wir mit anderen Frauen, die unter uns sind, kämpfen, denn wir haben etwas viel Wichtigeres miteinander zu tun. Wir müssen unsere Welt transformieren und freundlich mit ihr umgehen, sodass wir auch untereinander freundlich sein können, und das können wir nur, wenn wir das TMM-System als das erkennen können, was es ist – eine Illusion.

Dies ist also eine aufregende Zeit in der Geschichte der Menschheit und aus meiner Sicht haben wir Feministinnen eine wichtige Rolle in der Zukunft der Menschheit und des Planeten zu spielen. Glücklicherweise gibt es genug Frauen, um diesen Wandel herbeizuführen!

„Im Laufe der Jahre habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass es einer feministischen Identität bedarf, um gesellschaftlichen Wandel und soziale Gerechtigkeit zu erreichen.“

Erinn Michelle Treff

Bei dem, was wir tun müssen, geht es nicht nur um Frauen oder Frauenbelange. Es geht um alles und alle, und wir Frauen nehmen eine Schlüsselposition ein bei der Aufgabe, uns in ein neues Paradigma des Lebens für die Menschheit und den Planeten zu führen. Es geht um Ganzheit auf allen Ebenen.

Was ich jetzt mit achtzig Jahren sehe, ist ein Muster: Wir greifen immer wieder die gleichen Probleme als „neue“ Themen oder als eine weitere Ebene der alten Themen auf und werden auf diese Weise abgelenkt von dem größeren systemischen (Menschheits-)Thema.

Seit Kurzem beobachte ich ein neues Interesse für Frauenbelange und an dem, was wir beitragen und beitragen müssen. Frauen stehen auf und sprechen für sich und für andere Frauen. Wir scheinen nicht mehr die „Ursünde als Frau geboren zu sein“ anzunehmen und fühlen uns besser mit uns selbst und miteinander. Es scheint eine größere Zustimmung und Akzeptanz dafür zu geben, dass wir Frauen stark, toll und kraftvoll sind und etwas einzubringen haben.

Und, ich habe einen neuen „Stopper“ entdeckt, der sich einschleicht (Stopper erörtere ich im Detail später im Buch). Von vielen Frauen höre ich ein Mantra, das in etwas lautet: „Wir wollen nicht als Frauen gesehen werden. Wir wollen, dass die anderen ‚gender-blind’ sind und uns einfach als Personen sehen, die die Aufgabe erfüllen können. Wir wollen als Menschen mit Kompetenzen gesehen werden – nicht als Frauen.“

Hoppla!

Ich erinnere mich, dass sich Afro-Amerikaner über Ähnliches empörten: „Wir möchten, dass die Leute farbenblind sind und uns als die sehen, die wir sind, und was wir anzubieten haben – und nicht als schwarze Männer und Frauen.“

Was für ein raffinierter Stopper! Und wir können sehen, wie gut dies für die Afro-Amerikaner funktionierte!

Im Grunde drückt dieser Satz folgendes aus: „Sieh in mir nicht die, die anders ist als du. Akzeptiere mich als die, die so sein kann wie du.“ SEHR TRICKREICH.

Wir haben einen Punkt in der Geschichte erreicht, an dem es bei all unserer Unterschiedlichkeit gerade unsere Einzigartigkeit ist, die zur Rettung des Planeten benötigt wird – nicht unsere Fähigkeit, uns dem gegenwärtigen Herrschaftssystem anzupassen und etwas aufrechtzuerhalten, was sowieso nicht gut funktioniert.

Die heutigen Frauen/Feministinnen wissen, dass sie starke Frauen sind und viel beitragen können. Es ist Zeit zu erkennen, dass die wichtigsten Eigenschaften, die wir einzubringen haben, gerade die sind, die wir als Frauen und Farbige und Indigene haben, und dass wir eine andere Perspektive mitbringen. Farbenblindheit und Genderblindheit werden uns keine guten Dienste leisten.

Also, packen wir’s an. Einverstanden?

Es wird eine lange Zeit in Frieden und Wohlstand kommen - und sie wird eingeleitet von den Frauen

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