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Tag 4

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Montag. Der Tag des Anrufes bei der Frauenärztin, der das Schicksal des Ungeborenen besiegeln sollte, die Weichen stellte und alle entsprechenden Konsequenzen zur Folge hatte.

Gleich nachdem ich Simon, Valentin und Adrian in die Kindertagesstätte gebracht hatte, nahm ich mir die Zeit, auf dem Weg zur Arbeit mein Auto in einer kleinen Seitenstraße zu parken, um das entscheidende Telefonat zu führen. Nervös war ich und aufgeregt, jedoch euphorisch mit einem festen Ziel vor Augen. Einen letzten prüfenden Blick in den Rückspiegel, ob die Frisur sitzt und die Schminke nicht verwischt war. Fast so, als hätte ich eine Verabredung oder einen wichtigen Termin wie ein Bewerbungsgespräch, bei welchem mein Äußeres perfekt aussehen sollte. Beim Betrachten meines Spiegelbildes stellte ich mir selbst die Frage, ob ich die Entscheidung tatsächlich fällen will und diese ruhigen Gewissens tragen könne. Das Erlebte vom Wochenende kramte ich aus meinem Gedächtnis und redete dies mir so lange schön, bis ich mir selbst ein klares „Ja“ laut und deutlich zurief und kramte in der Handtasche, die auf dem Beifahrersitz stand, nach meinem Handy. Nur gut, dass mich niemand sehen, geschweige denn hören konnte. Passanten hätten mich, eine sich selbst anschreiende Frau, für wirr und verrückt gehalten.

Nun hielt ich also den kleinen schwarzen Kasten vor mir und öffnete das Anrufprotokoll, aus dessen ich die Telefonnummer der Frauenarztpraxis aufrief und anwählte. Es versuchte, eine Verbindung aufzubauen und ich wartete vergebens auf das Freizeichen. Nach einer gefühlten Ewigkeit und tatsächlichen zwanzig Sekunden blickte ich auf das Handy. Die Verbindung war abgebrochen, kein Empfang. „Na klasse“, dachte ich. Gestern wäre ich noch ins Grübeln gekommen, ob dies ein schlechtes Omen sei, doch heute verschwendete ich keinerlei Zweifel an Schicksal, Zufall oder ähnlichen. Entschlossen probierte ich es erneut und plötzlich ertönte das Freizeichen, gefolgt von der netten Stimme der Sprechstundenhelferin. „Guten Morgen, die Frauenarztpraxis Frau Doktor Funke. Sie sprechen mit Schwester Hilde. Was kann ich für Sie tun?“

„Guten Morgen, hier spricht Frau Jakobi. Ich war bereits am Freitag bei Ihnen zur Untersuchung und habe mit Frau Doktor Funke vereinbart, mich zu melden.“

„Ach ja, ich weiß Bescheid Frau Jakobi“, fiel sie mir ins Wort. Nun zögerte ich einen Augenblick. Wenn sie und die Ärztin es wussten, wer trug noch Kenntnis von meinem Zustand oder noch besser gefragt, warum wusste die Schwester so genau Bescheid? Ich hoffte, sie entnahm die Informationen meiner Patientenkurve oder sollte ich etwa Freitag nach Feierabend Gesprächsstoff der Praxis gewesen sein? Insgeheim wünschte ich mir die erste Variante herbei und wartete auf einen weiteren Satz der Sprechstundenhilfe.

„Haben Sie eine Entscheidung getroffen?“

Ich nickte und wartete weiter.

„Frau Jakobi?“, fragte Hilde nach, „sind Sie noch dran?“

„Äh… Entschuldigung“. Ich vergaß, dass sie meine Kopfbewegung nicht sehen konnte und gestand mir selbst ein, gerade ein wenig durch den Wind zu sein. „Ja, wir haben uns entschieden. Gegen das Kind.“

Schwester Hilde wiederholte meinen Satz „Gegen das Kind“ und fuhr im gleichen Atemzug fort. „Ich stelle Ihnen die Überweisung für das Krankenhaus aus, die Sie sich abholen können.“

Jetzt unterbrach ich sie und hackte nach. „Kann ich dann gleich vorbeikommen? In zehn Minuten?“

„Ja, das passt. Die Praxis ist geöffnet. Kommen Sie einfach zu unserem Anmeldetresen.“

„Okay, so machen wir es. Bis gleich und vielen Dank“, verabschiedete ich mich von ihr, verstaute mein Handy wieder in der Tasche und startete das Auto. Was ich gleich erledigen konnte, hatte ich erledigt sowie hinter mich gebracht und ließ mir selbst keine Chance zu, mich doch noch von meinem Vorhaben umstimmen zu lassen.

Zwiespalt

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