Читать книгу Märchenaugen - Annette Bethmann - Страница 10

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6. Veränderung

Ich suchte nach den genaueren Zeichen der Veränderung, also diese Leere in mir war anders, ja eindeutig. Es fühlte sich an, wie ein Kribbeln, wie ein sanftes Vibrieren, und es blieb nicht nur in mir, nein es schien sich auch in eine Veränderung im Außen auszuweiten. Eine Veränderung in meinen Handlungen. Es war als würde ich meine Kinder mit anderen Augen ansehen, nicht diese Pflicht, diesen Druck spüren, sondern diese Liebe, welche sie verdienten. Ich nahm tatsächlich jedes meiner Vier in den Arm und sagte ihnen wie sehr ich sie liebte! Keine nahm es mir übel, sondern sie erwiderten alle

„Wir dich auch, Mama.“

Da war er, der Sonnenstrahl, wie ein kurzes Aufleuchten. Das Licht am Eingang meiner Abstellkammer.

Bis am Abend war er geblieben dieser kleine Funke, als beim Zubett gehen meine jüngste Tochter mich bat, ihr noch etwas zu erzählen. Und in Ermangelung einer neuen, noch unbekannten Geschichte, fing ich an ihr mein Märchen zu erzählen:

„Es war einmal und es war auch nicht, in fernen Zeiten ein kleiner Kobold namens Cüce, der im Kopf von Leuten herum spuken

konnte, ….“

Das erste Mal war mein Mädchen nicht eingeschlafen, sondern bis zum Ende wachgeblieben, damit sie nur ja nichts verpasste. Dann nahm sie mich in die Arme und sagte:

„Mama, ich glaube ich mag diesen kleinen Kobold, vor allem wenn er den Leuten das Wort Phantasie erklärt“!

Daraufhin gähnte sie und war auch schon in ihre eigenen kleinen Träumen entschlummert.

Und ich spürte dieses kleine Flackern wieder, diese vibrierende, kleine Flamme. Ich hatte keine Ahnung wieso, aber ich hatte so ein wirkliches zaghaftes, kleines Gefühl in mir. Ein Gefühl als hätte ich heute alles irgendwie richtig gemacht.

Es verging eine knappe Woche ohne weitere Zwischenfälle. Ich hatte mich zur Vernunft gerufen; Es war ja nicht wirklich möglich. Also einfach arbeiten und tun. Hände bewegen und sich beschäftigen, keine Gedanken zulassen, ein Tuch darüber decken, es war ja nicht wirklich wahr!

Der Versuch diesen Funken, der ab und zu auf flackerte zu ignorieren.

Abends Vorhänge schließen, Gute-Nacht Bussis und leises Geflüster. Meine Kleinste ließ aber von nun an nicht mehr locker und fragte nun doch immer wieder nach einer weiteren Cüce-Geschichte. Also musste ich doch das Tuch hoch heben, gezwungenermaßen hier weitermachen. Suchen, in der Abstellkammer, das Suchen nach der Schublade, in der ich es gefunden hatte!

Und mit einem Mal fand ich es. Es war leicht, und einfach, es war wie das Öffnen eines Buches, es war da. Geschichten aus 1001 Nacht, in meinem Kopf. Von weitem winkte ein lächelnder Elf. Es war erst stockend,ein zögerliches Erzählen und dann wurde es mit einem Mal zu einem sanften Fließen, und es kam mehr und mehr...

Cüce war nicht besonders groß; das andere Wort hasste er, wenn man das sagte. Aber er war eine wichtige Person in seinem Reich. Er war der erste Berater und Minister seines Königs, des Prinzen mit dem Namen Can. Dieser Märchenprinz Can herrschte über ein wundervolles Königreich, - ich sah vor meinen Augen meinen Traumprinzen mich lächelnd anschauen und mit diesem Bild, kamen immer wieder neue Bilder! – Es war ein warmes Land, in dem sehr viel die Sonne schien und die Untertanen sehr freundliche Wesen waren. Sie waren stets gastfreundlich und hilfsbereit und auch wenn sie nicht viel besaßen, halfen sie sich gegenseitig. Sie konnten viele Dinge, waren handwerklich sehr geschickt und sehr fleißig; sie besaßen nur einfache kleine Werkzeuge, aber mit diesen konnten sie alles reparieren und herstellen. Sie waren alle nicht besonders groß, aber der kleinste unter ihnen war Cüce, doch dafür war er ein sehr vornehmer und sehr angesehener Herr.

Das Königreich war voller Freundlichkeit und Wärme, es wuchsen überall verschiedenste Bäume mit Früchten daran, welche eine köstlicher als die andere schmeckte. Es gab große Flüsse und hohe Berge, es gab wunderbare Naturschönheiten, wie Kalksteinfelsen und warme Quellen, und besondere Orte, an denen heilkräftige Pflanzen wuchsen und es war ein sehr großes weitläufiges Königreich. In allem, selbst im kleinsten Stein konnte man diesen märchenhaften Zauber spüren und erkennen, so als hätte ein Magier alles aus seinem dunkelblauen Samtmantel hervor gezaubert.

Als hätte er seine Arme ausgebreitet und in seinem Mantelinnern, in diesem dunkelblauen Samt, glitzerten Milliarden kleiner Sterne und Lichter, die auch des Nachts am Himmel über diesen freundlichen Wesen zu sehen waren. Und jedes dieser kleinen Lichter stand für einen Wunsch, und wenn sie ausgingen, dann war er erfüllt worden. So erfüllten sich manche ganz schnell von ihnen, sie fielen geradezu wie Sternschnuppen herunter, andere erfüllten sich langsamer, verloschen, verglommen, verglühten ganz sanft.

Es genügte, dass die Bewohner dieses Königreiches einen Wunsch mit ihren Blicken in den Himmel sandten und ganz fest daran dachten, denn sie wussten ja, irgendwann genau in dem Moment, als sie ihn schon fast vergessen hatten und ihn losgelassen hatten, genau dann erfüllte er sich. Und sie vertrauten darauf und lebten ihr Leben ohne Sorge und Angst........

Meine jüngste Tochter wurde von Tag zu Tag ungeduldiger, zappeliger und aufgeregter. Wissen, Hören, Weitererzählen. Und es allen mitteilen wollen. So kam es, hatte ich doch am Anfang nur ihr erzählt, dass meine Zuhörerschar jeden Abend größer wurde. An einem der nächsten Abende saß die Zweitjüngste mit auf dem Bett, erwartungsvoll:

„Mama – ich möchte auch bei der Geschichte zuhören und dann werde ich auch brav schlafen gehen.“

Ich sah zwei Mädchen in ihren Pyjamas, selbstständig gerichtet mit geputzten Zähnen, Kuscheldecken, erwartungsvoll, Geruch von Zahnpasta, Eile, nur ja nichts verpassen wollen. Und das Leuchten dieser Augen. Vertrauensvolle Augen, die mich anblickten.

Märchenaugen

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