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Sein Bett war leer

Sie war spät aufgewacht, guckte auf die Uhr und dachte, dass Mathilda jetzt bald auf dem Weg nach Östersund zu ihrer Schwester war. Das würden langweilige Osterferien werden ohne Mathilda.

Aber dann fiel ihr ein, dass Arne und sie sich ein Kinoprogramm zusammengestellt hatten. Heute Abend wollten sie anfangen und morgen würde Runo auch mitkommen. Dann wollten sie sich zusammen diesen 3-D-Weltraumfilm angucken, auf den Arne ganz wild war.

Sie blieb im Bett liegen und hörte sich ein bisschen Simon & Garfunkel an, bevor sie aufstand, um Runo zu wecken und zu klären, wer von ihnen beiden mit Brötchenholen dran war. Sie war ganz sicher, dass er an der Reihe war, und während sie durch den Flur tappte, sang sie »Cecilia, you’re breaking my heart«. Bei »heart« riss sie seine Tür auf.

Da entdeckte sie es.

Sein Bett war leer. Niemand hatte darin geschlafen, es sah noch genauso aus wie gestern Abend, als sie eine Weile hier gesessen und Sunniva Gute Nacht gesagt hatte. Das machte sie immer, wenn sie allein zu Hause war. Tat so, als ob alles wie früher wäre und als ob nicht er jetzt in diesem Zimmer wohnte.

»Warte mal eben, ich will nur noch die Seite zu Ende lesen«, sagte Sunniva und legte ihre Hand auf Maries Hand, während sie las.

»So«, sagte sie und legte das Buch auf ihren Bauch. Sie guckte Marie an und lächelte, fragte, ob sie Spaß gehabt habe.

»Leg dich eine Weile zu mir«, sagte sie dann und Marie legte sich neben sie. Und sie lagen einfach da und fühlten sich wohl, bis Sunniva sie in die Seite stupste.

»Jetzt muss ich schlafen und du auch. Mach bitte das Licht im Flur aus, wenn du gehst.«

Sie schob das Bild von Sunniva beiseite und sah sich im Zimmer um, das nun Runo gehörte. Seine Bücher und sein Bass, seine Kleider auf dem Stuhl, seine Strümpfe auf dem Fußboden. Aber er selber war nicht da.

Obwohl sie wusste, dass sie nichts finden würde, machte sie das, was sie immer tat, wenn sein Bett leer war. Sie suchte nach einer Nachricht. Hörte den Anrufbeantworter ab. Nichts. Guckte auf der Bank im Flur, auf dem Tisch in der Küche, an der Wohnungstür nach. Kein Zettel, nichts. Er war einfach weg. Wie immer.

Sie hätte ihn anschreien mögen. Nein, sie würde ihn schlagen. Ihn zwingen, sich wie ein normaler Papa zu benehmen. So was tut man nicht! Väter tun so was nicht! Väter kommen jeden Abend nach Hause oder wenigstens nachts, falls sie Überstunden machen müssen. Aber sie kommen nach Hause.

Kapierst du das nicht?, möchte sie ihn anschreien.

Aber er war ja nicht da. Er konnte nicht kapieren, was sie meinte.

Sie rief Mathilda an, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war. Während sie darauf wartete, dass sich jemand meldete, fiel ihr ein, was sie tun würde.

Das geschah ihm recht!

Sie legte auf und rief die Inland-Zugauskunft an. Erfuhr, dass der Zug nach Storlien, der um 18.04 Uhr in Östersund hielt, um 12.10 vom Hauptbahnhof abfuhr. Den Zug musste sie kriegen.

Noch genau zwei Stunden. Das konnte sie schaffen.

In der Spardose lagen fünf Hunderter. Die steckte sie in die Innentasche des Rucksacks, stopfte einen warmen Pullover, Zahnbürste und Unterwäsche hinein, schnappte sich ein paar Bananen und knallte die Wohnungstür hinter sich zu.

Vor dem Haus blieb sie stehen. Sollte sie bei Arne vorbeigehen? Oder ihn anrufen? Sie wollten sich doch so viele Filme angucken.

Aber nach genauerem Nachdenken: nein. Für ihn würde es nur kompliziert werden, wenn er etwas wusste, das er auf keinen Fall weitersagen durfte. Selbst wenn er Geheimnisse für sich behalten konnte – nein, es war besser, nichts zu sagen.

Natürlich würde er sauer und enttäuscht sein, wenn sie nicht zu Hause war und nichts von sich hören ließ. Aber er würde es verstehen, wenn er den Grund erfuhr.

Sie ging geradewegs zur U-Bahn-Station.

Eine neue Familie für Marie

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