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Kapitel 7 - Nick
ОглавлениеGutgelaunt, das leichte Zwicken meines Bauches ignorierend, mustere ich Hazel. Hazel – ich lasse mir den Namen auf der Zunge zergehen. Ihre Augen funkeln teils wütend, teils sehe ich auch, dass sie sich amüsiert. Und sie hat mich definitiv abgecheckt, von oben bis unten gemustert, dabei ist sie tomatenrot geworden. Sie ist authentisch, einfach echt, natürlich und ungekünstelt, dass es mir bis in Mark und Beine geht. Ganz anders als Sally oder eine der Frauen, die sich ein Bein ausreißen, damit sie mir gefallen. Ich mag sie wirklich, ihre Antworten, ihren Humor und ihren Duft – sie riecht leicht nach Vanille. Mir bleibt keine Wahl, ich muss sie besser kennenlernen. Richtig kennenlernen, sonst werde ich verrückt. Dieser Entschluss ist gefasst, unwiderruflich. Sie hat recht mit dem Korb, aber hier geht es um mehr. Viel mehr. Das ist mir bis eben nicht bewusst gewesen, doch es ist so. Sie ist die erste Frau, die mich tatsächlich reizt und neugierig macht. Nicht nur eine Spielerei, nein. Vielleicht liegt es daran, dass ich mit den Mädels auf der Insel aufgewachsen bin und die Beachbunnys sowieso nur eine Saison hier sind. Irgendwas an ihr ist anders, spricht etwas anderes in mir an als reines Verlangen oder Lust. Sie weckt meinen Jagdinstinkt und ich glaube sogar einen kleinen Neandertaler. Am liebsten würde ich sie mir über die Schulter werfen und in meine Höhle tragen, die Keule schwingen, um die anderen Männer zu vertreiben. Ich weiß nicht wieso, aber ich spüre, dass diese Frau etwas besonders für mich sein wird. Sie bringt mein Herz aus dem Takt, was beinahe an Magie grenzt. Ich habe noch keine Frau wie sie, die so hart mit mir ins Gericht geht, getroffen. Mags wird sie ebenfalls gefallen, sie nimmt auch kein Blatt vor den Mund. Sie sagt immer, ich brauche jemanden, der mir mal die Ohren langzieht. Recht hat sie.
Für meinen Geschmack hält Brad schon zu lange ihre Hand und ich räuspere mich. »Nimm deine Flossen wieder zu dir, Kumpel«, ermahne ich ihn. Er blickt mich wissend an, zwinkert mir dann schelmisch zu. Mit den Händen formt er ein Herz, als Hazel sich zu mir dreht. Ich schnalze daraufhin mit der Zunge. Hazel schaut zwischen uns hin und her.
»Ernsthaft? Herzen? Wo sind wir, Grundschule?« Sie greift nach ihrem Glas vom Boden, trinkt einen tiefen Schluck, lässt uns dabei allerdings nicht aus den Augen.
»Dann hätte Nick dir einen Liebesbrief geschrieben, so in der Art: Willst du mit mir gehen?«, teilt Brad ihr mit und sie verschluckt sich fast am Smoothie, als sie auflacht. »Darin ist er früher echt gut gewesen.«
»Jungs, was wollt ihr noch?« Ihre Schokoaugen richten sich auf mich.
»Das habe ich dir gesagt.« Ich zucke mit den Schultern, kampflos gebe ich nicht auf. Ich will dieses Date unbedingt. Komme, was wolle.
»Hast du das?« Sie hebt angriffslustig eine Augenbraue. »Ich habe dir auch gesagt, was ich möchte.«
»Ja, ein Date und du bist mich los – für heute.« Ich lege meine Sonnenbrille wieder an und richte mich in meiner vollen Größe auf. Das kann sie doch nicht völlig kalt lassen.
»Weißt du, Ninjaelfe, Nick redet nur noch von dir. Ich glaube, du machst ihn verrückt, weil du ihn ablehnst. Das kann der Gute gar nicht leiden. Hat was mit dem Ego zu tun. Wenn du ihn loswerden willst, triff dich mit ihm und zack, er verliert das Interesse.« Brad legt den Arm um ihre Schultern, sie versteift sichtlich, ihre Hand am Glas zittert leicht, was mir ein flaues Gefühl vermittelt. Warum geht sie so auf Abstand? Was hat sie erlebt?
»Brad!« In meiner Stimme liegt ein warnender Unterton. Er soll seine Hände bei sich lassen. Er will mich triezen und leider hat er damit sogar Erfolg.
»Was? Das ist bis jetzt immer so gewesen und ihr beide bekommt euren Willen. Vielleicht bricht sie dir auch das Herz, wer weiß das schon?«
»Oder er meins? Genau wegen so etwas habe ich keine Lust auf Dates. Einer ist immer der Verlierer.« Sie tritt von Brad weg.
»Hast du nicht längst verloren, wenn du es gar nicht erst versuchst?« Ich schaue sie abwartend an, sie beißt sich auf die Lippe. Sie denkt über meine Worte nach, während ich mich frage, ob ihr Mund so schmeckt, wie er aussieht – so verlockend wie die verbotene Frucht im Garten Eden.
»Manchmal ist es sicherer, es nicht zu versuchen, oder man hat keine andere Wahl.« Sie zuckt mit den Schultern und ich habe das Gefühl, es steckt mehr in ihren Worten, als ich verstehe.
»Also, ich hätte dich nicht für einen Feigling gehalten«, locke ich sie, diesmal auf einer anderen Schiene.
»Und ich dich nicht für einen Psychopathen, der mich in meinen vier Wänden belästigt. So kann man sich täuschen, oder?« Brad muss wieder lachen, während Hazel und ich uns anlächeln. Sie ist tough, teilt ordentlich aus, aber steckt gleichermaßen ein, das muss ich ihr lassen. Was verbirgt sich noch alles hinter ihrem schönen Gesicht?
»Sag mal, müsst ihr nicht eigentlich arbeiten?« Sie mustert unsere Uniformen, außerdem ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass wir verschwinden sollen.
»Ja, deswegen stimme endlich zu. So sehr ich mich auch amüsiere, aber langsam wird es Zeit. Wir müssen Kätzchen von Bäumen retten und solchen Kram. Total spannend.« Brad streckt sich ausgiebig, greift danach einen Stock, der vor ihm auf dem Boden liegt, und wirft ihn für den Hund weit weg.
»Kätzchen?« Hazels Mundwinkel zuckt wieder, als sie Brad anschaut. »Ich habe gedacht, das macht die Feuerwehr?«
»Freund und Helfer, in allen Lebenslagen, Mylady.« Brad betont all das für meinen Geschmack zu deutlich. Bei ihm hat das Ganze einen zweideutigen Unterton, das kann er sich gleich mal sparen. Es hat sich sichtlich zum Ziel gesetzt, mich zu reizen. Mission erfolgreich.
»Ich gehe abends gern mit Storm an den Strand.« Hazels Blick richtet sich auf mich.
»Wann abends?« Ich verschränke die Arme vor der Brust, juble innerlich über diesen Sieg. Ich gewinne, wir haben ein Date. Meine Hartnäckigkeit zahlt sich aus.
»Tja, wenn es dir so wichtig ist, mich zu treffen, musst du das wohl herausfinden, du Supercop«, erwidert sie keck, sammelt ihre Sachen zusammen. »Und solltet ihr keinen Durchsuchungsbefehl haben, könnt ihr euch mein Haus jetzt von draußen angucken, denn wir gehen.« Sie dreht sich um und stolziert davon, ohne uns noch eines Blickes zu würdigen. »Storm«, ruft sie, ihr Ton duldet keinen Widerspruch. Der Hund zögert kurz, blickt sehnsüchtig vom Stock in Brads Hand zu seinem Frauchen und rast ihr dann hinterher, springt bellend um ihre Beine.
Wir beobachten, wie beide im Haus verschwinden, ehe Brad sich zu mir dreht. »Du bist am Arsch, Kumpel. Aber so was von.« Er lacht mich aus.
»Warum sollte ich am Arsch sein?«, will ich wissen, während wir zum Streifenwagen gehen, ich dabei noch einen Blick in Richtung Haus werfe. Leider glaube ich, dass er recht hat. Ich bin so dermaßen am Arsch. Bei mir hat es gefunkt, und wie. Es macht mir sogar ein wenig Angst.
»Weil du total verknallt bist. Dass ich das noch erlebe.« Er grinst wie ein Honigkuchenpferd. »Wenn das die anderen hören. Die glauben mir niemals.«
»Verknallt? Spinn nicht rum. Ich kenne sie kaum«, brumme ich, wohlwissend, dass ein Funken Wahrheit darin liegt. Ich wende das Auto, erhasche dabei noch einen kurzen Blick auf die Fenster. Ich sehe sie dort stehen, weiß dabei ziemlich sicher, dass sie zufrieden grinst, weil wir uns endlich vom Acker machen und sie glaubt, gewonnen zu haben. Aber sie täuscht sich, auch wenn ich die ganze Nacht am Strand hocken werde. Ich kriege mein Date. Sie wird mich kennenlernen, so schnell gebe ich nicht auf.
»Da ist ja der erste Hinweis versteckt. Wann gibst du dir mal die Mühe, ein Date so sehr zu bekommen wie eben? Nie. Das hat der große Nick nicht nötig. Das reimt sich fast, oder? Egal, diese Lady wird dir das Herz brechen oder neben dir am Altar stehen. Hör auf meine Worte als dein bester Freund! Da verwette ich meine Unterhosen drauf. Eins von beiden, du wirst sehen. Auch wenn du es leugnest, du findest sie mehr als nur heiß.«
Er hält mir die Hand hin. Seine Worte jagen mir einen Schauer über den Rücken. Altar? Jetzt übertreibt er. Ja, sie macht mich neugierig, aber gleich vom Altar zu sprechen, ist etwas weit hergeholt. »Wer will schon deine Unterhosen?« Ich rümpfe die Nase, lenke geschickt ab.
»Gut, gut, mehr Einsatz.« Er grübelt kurz, wobei ich mich grinsend in seine Richtung drehe.
»Da du dir so sicher bist, hast du ja nichts zu verlieren, oder?«, bohre ich nach.
»Oho, was kommt jetzt? Willst du ein Pony? So ein süßes Zwergteil, das ihr euch in den Garten stellen könnt, welches euer Gras frisst?«
»Nein, solltest du recht behalten, wirst du meine Flitterwochen auf Bali zahlen«, verlange ich, wissend, dass es nicht dazu kommen wird. Ich und heiraten? Definitiv nicht geplant! Der Gedanke ist eher furchteinflößend.
»Deal! Dafür werde ich jedoch Pate eures ersten Kindes.«
Ich lache laut los. »Du bist wie Rumpelstilzchen, Brad. Ernsthaft. Aber okay. Sollte deine kuriose Fantasie sich bewahrheiten, ist das der Deal.« Ich schlage ein. »Und wenn du verlierst?«, will ich wissen, doch er zuckt mit den Schultern.
»Dann bist du schon bestraft genug.« So etwas sagt nur ein wahrer Freund und ich weiß nicht, ob mir der Gedanke gefällt, dass ich verlieren könnte. Wir schweigen auf dem weiteren Weg und ich denke dabei nach. Hazels Verhalten ist widersprüchlich. Sie ist erst fröhlich, anschließend fast panisch. Erst lachen ihre Augen, dann steht plötzlich tiefe Trauer in ihnen.
An der Strandbar parken wir den Wagen, schlendern über die Promenade. Außer vereinzelte Touris ist wenig los. Jedenfalls nichts, was unsere Aufmerksamkeit bedarf. Ich nicke Nadja, mit der ich vor einigen Jahren ein kleines Techtelmechtel gehabt habe, hinter dem Eisstand zu. Seitdem hasst Sally sie, doch es beruht auf Gegenseitigkeit. Wir sind Freunde geblieben. Beziehungen liegen mir nicht, sie machen mir sogar Angst, wenn ich ehrlich bin. Dieser Gedanke, jemanden so sehr zu lieben … Es macht mich angreifbar. Ich behalte gerne die Kontrolle über mein Leben und alleine habe ich das. Andererseits … »Aber sie ist cool, oder?« Ich bleibe stehen, schaue meinen Freund an, der mir nicht folgen kann. Sie lässt mir keine Ruhe, verdammt. Die ganze Zeit schwirren meine Gedanken nur um sie.
»Wer? Nadja?« Brad wirkt ratlos. Ich verdrehe daraufhin die Augen.
»Hazel. Ich rede von Hazel, Brad. Bleib bei der Sache.«
Er schüttelt schmunzelnd den Kopf. »Sie geistert in deinem Kleinhirn ja mächtig rum. Ja, sie ist cool, das wird Sally so gar nicht gefallen, warte ab. Sally hat dich immerhin dazu auserkoren, ihre neue Beute zu sein.«