Читать книгу Nico & Silas - falling for you - Annika M. - Страница 15
Kapitel 7
ОглавлениеFreitag, 19. Juni
Die nächsten Tage verliefen ähnlich: Ich stand morgens müde auf, quälte mich durch die Schulstunden, bevor ich entweder im Schuppen, im Wald oder im Tattoostudio war. Lia versuchte hin und wieder, mich zum Reden zu bekommen, doch ich wich jedes Mal aus. Auch wenn ich sonst super mit ihr über meine Probleme sprechen konnte, war es diesmal anders. Weder über Silas und über meine verwirrenden Gefühle für ihn, noch über den Vorfall mit der Tankstelle wollte ich mit ihr sprechen. Diese Gedanken gehörten mir und ich hatte nicht vor, sie mit jemandem zu teilen, der nicht Silas war.
Seit er Montag aus unserer Tür gegangen war, hatte er sich nicht mehr gemeldet, war nicht wieder aufgetaucht. In der Schule achtete ich darauf, ob irgendwer erneut etwas bezüglich des Überfalls erwähnte, doch so spannend es anfangs gewesen war, so schnell schien es ein vergessenes Thema zu sein.
Jedes Mal, wenn ich aus der Schule kam, hatte ich die Hoffnung, dass Silas im Garten saß, mich nachdenklich anschaute und sich durch die schwarzen Haare strich. Wann immer ich den Schuppen betrat, hoffte ich, dass er auf einer der Matratzen saß und zeichnete. Selbst wenn ich das Tattoostudio betrat, wünschte ich mir, dass er zufälligerweise genau dort und genau zu dieser Uhrzeit auftauchte, um sich ein weiteres Kunstwerk stechen zu lassen. Doch weder das eine noch das andere war der Fall.
* * *
»Du wirst mit Sicherheit nicht darüber reden wollen, was dich die letzten Tage so beschäftigt hat, habe ich recht?« Meinen Freunden war nicht verborgen geblieben, wie unkonzentriert ich war und wie ich ihnen aus dem Weg zu gehen versuchte. Valentin lehnte an der Tür vor mir, durch welche ich als einer der Letzten das Zimmer verlassen wollte. Innerlich seufzte ich, grinste ihn aber dennoch schief an.
»Da hast du absolut recht.« Ich war dankbar für meine Freunde und war froh, dass sie sofort bemerkten, dass etwas nicht in Ordnung war, doch mit ihnen war es ähnlich wie mit Lia: Ich wollte Silas nicht mit ihnen teilen. Vor allem nicht jetzt, wo ich gar nicht wusste, was geschehen war.
»Dachten wir uns schon.« Es war nicht das erste Mal, dass ich mich für einen kurzen Zeitraum von meinen Freunden abschottete, weshalb Valentin auch nicht danach aussah, als würde ihn meine Antwort stören. Er grinste lediglich und zuckte mit den Schultern, bevor er weiterredete.
»Wir treffen uns jedenfalls nachher am Fluss, wollten den Tag gemeinsam ausklingen lassen. Ich weiß, dass du arbeiten musst, doch du kannst nachkommen, wenn du willst.«
Innerlich rang ich kurz mit mir. Einerseits war mir nicht danach, meinen Abend mit jemandem, der nicht Silas war, zu verbringen. Andererseits hatten mir die letzten Tage gezeigt, dass es wenig Sinn ergab, einen weiteren Tag damit zu verschwenden, nur darauf zu warten, dass er wiederkam. Ich war mir sicher, dass er wieder auftauchen würde. Doch erst, wenn er bereit dazu war. Und bis dahin konnten Tage, oder sogar Wochen vergehen. Er wusste genau, wann ich zu Hause anzutreffen war, und da er noch immer unseren Haustürschlüssel hatte, musste er nicht einmal warten, bis Lia oder ich nach Hause kamen.
»Gut, ich komme mit. Kannst du mich gegen 19 Uhr abholen? Du weißt, dass ich manchmal vergesse, dass ich etwas geplant habe.« Verlegen kratzte ich mich am Kopf, während Valentin leicht auflachte. Wie oft wir uns schon gestritten hatten, weil ich immer und immer wieder Termine verpasst hatte, bis ihm endlich klar geworden war, dass ich gar nicht absichtlich nicht auftauchte, sondern lediglich vergaß, dass ich etwas geplant hatte.
»Kann ich machen. Dann bis später. Egal, was bei dir gerade so abgeht, ein wenig Ablenkung wird dir mit Sicherheit nicht schaden.« Er grinste mich noch einmal an, bevor er sich umdrehte, sodass wir den Raum verlassen konnten.
* * *
»Wenn du willst, kannst du gehen.« Erstaunt hob ich meinen Kopf und löste den Blick vom Bildschirm. Joe stand vor mir und grinste mich zufrieden an.
»Es ist doch noch gar nicht 19 Uhr«, meinte ich verwundert, nachdem ich einen schnellen Blick auf die Uhr geworfen hatte.
»Ich weiß. Aber heute ist sowieso nicht viel los und du warst die letzten Tage so durch den Wind, dass es dir bestimmt guttut, etwas Zeit mit deinen Freunden zu verbringen.« Mit einem Nicken deutete er auf Valentin, welcher vor dem Fenster des Studios stand und die dort ausgelegten Motivideen betrachtete. Joe hatte ihm schon öfter angeboten, drinnen auf mich zu warten, doch Valentin fühlte sich im Inneren des Studios nicht wohl genug, als dass er dieses freiwillig betreten würde. Er mochte die Atmosphäre und die Musik nicht, die im Hintergrund lief. Vor allem wenn Kunden anwesend waren, betrat er nur äußerst ungern das Studio. Er betrachtete zwar neugierig alle möglichen Tattoodesigns oder Ideen, konnte sich aber nicht vorstellen, jemals eins gestochen zu bekommen.
Ich bedankte mich bei Joe, nahm mir meine Sachen und verließ das Studio. Valentin und ich redeten nicht viel auf dem Weg zu den Anderen, welche direkt nach der Schule zum Fluss gegangen waren. Als wir ankamen, befanden sich Samantha und Kilian in einem erbitterten UNO-Kampf, während Timo daneben saß, ihnen abwechselnd in die Karten schaute und vorherzusagen versuchte, wer das Spiel gewinnen würde.
»Als Valentin meinte, dass er dich dazu überreden konnte, vorbeizuschauen, habe ich es ihm ehrlich gesagt nicht geglaubt.« Zufrieden grinsend begrüßte er uns, als wir uns neben ihm niederließen und zuschauten, wie Samantha das Spiel für sich entschied. Es machte Spaß, ihr dabei zuzusehen, wie sie sich freute und uns mit ihrer Freude ansteckte.
»Wollt ihr mitspielen?«, erkundigte sie sich, als sie die Karten mischte. Sie wusste genau, dass meine Antwort negativ ausfallen würde, gab es doch kaum ein Spiel, das ich so wenig genoss, wie es bei UNO der Fall war.
Während die vier eine neue Runde begannen, reichte es mir vollkommen, neben ihnen sitzen und zusehen zu können. Vielleicht war es gar keine schlechte Idee gewesen, mitzukommen. Es fühlte sich gut an, neben den Leuten zu sitzen, die mich seit Jahren kannten und die wussten, wann sie mich in Ruhe lassen mussten. Wie Valentin gesagt hatte, war Ablenkung genau das, was ich brauchte. Mit Silas würde sich alles schon wieder klären.
* * *
»Willst du wirklich nicht darüber reden?« Es war dunkel geworden, die Karten hatten wir weggepackt und stattdessen saßen wir nebeneinander und ließen die Füße im kühlen Wasser baumeln. Samantha saß neben mir, ihr Kopf lehnte an meiner Schulter, während ich meinen Arm um sie gelegt hatte.
»Worüber?« Ich war so in der Gegenwart, dass ich nicht direkt begriff, worauf Kilian hinauswollte, als er mir seine Frage stellte. Er rollte mit den Augen, bevor er mich mit hochgezogenen Augenbrauen von der Seite anschaute.
»Du weißt genau, was ich meine. Du bist ständig in Gedanken versunken und kannst dich kaum konzentrieren. Du bist deutlich distanzierter als sonst und gehst uns aus dem Weg.«
Ich zuckte leicht mit den Schultern und wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Nach den letzten Stunden kam es mir albern vor, dass ich mich so zurückgezogen hatte, denn ihre Gesellschaft tat mir gut. Meine Sorge, dass Silas nicht mehr wiederkam, schien plötzlich belanglos zu werden. Instinktiv wusste ich, dass er unsere gemeinsame Zeit genossen hatte und aktuell nur etwas Zeit für sich brauchte. Sobald er bereit war, würden wir in Ruhe über alles reden. Egal, was passiert war, egal, was Silas mit dem Überfall zu tun hatte, wir würden schon eine Lösung finden, damit umzugehen. Wir durften nur nicht alles so schrecklich kompliziert machen.
All das wurde mir mit einem Mal so richtig bewusst, doch ich war mir nicht sicher, wie und ob ich meinen Freunden davon erzählen sollte, weshalb ich einfachheitshalber mit einem Schulterzucken antwortete.
»Ich wette, dass Nico komplett verliebt ist.« Samantha grinste mich frech an, weshalb mir das Blut ins Gesicht schoss. Wie war sie bitte darauf gekommen?
»Wow, was haben wir verpasst?« Erstaunt schaute Timo zwischen mir und Samantha hin und her, während ich unruhig mit den Fingern Grashalme aus der Wiese zupfte.
»Ich will Details: Wer, wann und wie? Dass wir das noch mal erleben dürfen: Nico verliebt.« Auch Valentin stieg mit ein, schließlich wusste er, wie gern ich die anderen neckte, wenn sie verliebt waren. Mir hätte klar sein müssen, dass ich nichts anderes zu erwarten hatte, doch ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet, dass es mich jemals so heftig erwischte, dass ich es nicht vor meinen Freunden leugnen konnte. Zwar hatte ich immer mal wieder die unterschiedlichsten Menschen attraktiv und anziehend gefunden und für manche über einen längeren Zeitraum hinweg geschwärmt, aber das war auch schon alles gewesen. Dieses Chaos, welches Silas in mir auslöste, war mir vollkommen fremd.
Ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was ich antworten sollte, weshalb ich weiter Grashalme aus dem Boden rupfte.
»Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen. Du musst ja nicht gleich sagen, wer es ist, aber ein bisschen mehr wäre schon nice zu wissen. Seit wann kennst du sie? Oder ihn, je nachdem.« Timo sprach seine Worte so selbstverständlich aus, als würde es niemanden wundern, wenn ich ihnen erzählen würde, dass ich mich in einen Typen verliebt hatte.
Doch war dem wirklich so? Ich hatte mich nie im klassischen Sinne geoutet, hatte hin und wieder Andeutungen gemacht, dass ich sowohl Jungs als auch Mädchen attraktiv fand, aber da ich ihnen bislang weder eine Freundin noch einen Freund vorgestellt hatte, war nie direkt auf das Thema eingegangen worden. Mir war es nie wichtig gewesen, den anderen meine sexuelle Orientierung mitzuteilen, da ich angenommen hatte, dass es sie nicht weiter interessierte.
Doch nun kamen mir Zweifel. War es notwendig, sich zu outen? Eigentlich ging das niemanden außer mich etwas an, oder? Würde mich einer meiner Freunde anders als bislang wahrnehmen?
Ich wünschte, ich hätte mir schon früher mehr Gedanken über das Thema gemacht und hinterher mit ihnen darüber gesprochen. Meine Eltern hatten mir von Anfang an klargemacht, dass ihnen egal war, zu welchem Geschlecht ich mich hingezogen fühlte, weshalb ich mir nie den Druck gemacht hatte, großartig über meine Sexualität nachzudenken. Für mich war immer alles klar gewesen: Wenn ich jemanden cool fand, dann fand ich ihn cool.
»Nicooo«, jammerte Samantha und stieß mir ihren Ellenbogen in die Seite. »Wir wollen Infos! Oder zumindest eine eindeutige Ansage, dass du nicht darüber reden willst.« Erneut zögerte ich kurz, bevor ich hoffte, Timos Selbstverständlichkeit, mit der er seine Frage gestellt hatte, richtig gedeutet zu haben, und ihnen eine leise Antwort gab.
»Es ist keine sie, es ist ein er.« Grinsend schaute Valentin mich an. Weder ihn noch einen der anderen schienen meine Worte zu verwundern. Was meine Freunde anging, wusste ich genau, was ich an ihnen so wertschätzte. Tiefe Erleichterung machte sich in mir breit.
»Das wird ja immer besser. Also, wie lange kennst du ihn schon?« Die Fragen und die neugierigen Blicke, die auf mir lagen, sorgten dafür, dass in mir eine Schleuse geöffnet wurde, welche einen Fluss an Worten zurückgehalten hatte, die sich nun ihren Weg nach draußen bahnte.
»Wir sind uns das erste Mal einige Wochen vor den Pfingstferien begegnet und Anfang der Ferien haben wir uns wieder getroffen.« Leicht zuckte ich mit den Schultern und versuchte, mein Grinsen zu unterdrücken, was mir nicht gelang. Etwas unangenehm waren mir die begeisterten Blicke, die auf meine Worte folgten schon, doch das wusste ich zu ignorieren. War das nicht die beste Reaktion, die man von seinen Freunden erhalten konnte, wenn man dabei war ihnen zu erzählen, dass man jemanden gefunden hatte, den man mochte?
»Wie habt ihr euch kennengelernt?«
»Ich habe ihn mit dem Fahrrad über den Haufen gefahren, als er über die Straße gehen wollte.« Lautes Lachen folgte auf meine Antwort.
»Das ist doch mal eine tolle Geschichte, die man seinen Kindern später erzählen kann«, sagte Kilian grinsend, während Valentin schon die nächste Frage formulierte.
»Wie sieht er aus?«
»Verdammt gut.«
Ein weiteres Lachen folgte und meine Wangen färbten sich erneut rot. Ich war es nicht gewohnt, die Person zu sein, welche solche Fragen beantwortete; normalerweise war ich derjenige, der eine neugierige Frage nach der anderen stellte.
»Wenn er dich nach so kurzer Zeit so dermaßen in seinen Bann gezogen hat, scheint er wirklich nicht schlecht auszusehen. Lass mich raten: Er hat dunkle oder gefärbte Haare.« Samantha schien es zu gefallen, ein Ratespiel aus der Sache zu machen, und die Anderen stimmten begeistert mit ein.
Leicht nickte ich.
»Tattoos?« Valentin traf genau ins Schwarze, weshalb ich erneut nickte.
»Piercings?« Ich schüttelte meinen Kopf, bis ich innehielt.
»Einen Ohrring, wenn das als Piercing zählt.« Die Unterhaltung machte mir mehr Spaß, als ich mir jemals hätte ausmalen können.
»Links oder rechts?«
»Rechts, warum?« Fragend schaute ich Timo an, welcher leicht mit den Schultern zuckte.
»Hab‘ mal gehört, dass sich viele schwule Männer rechts einen Ohrring stechen lassen. Nicht, dass ich weiß, ob das überhaupt stimmt oder irgendetwas zu bedeuten hat.« Bei Timos Worten kam mir erstmals in den Sinn, dass ich gar nicht mit Sicherheit wusste, ob Silas Interesse an Männern hatte. Bisher hatte es ihn nie gestört, wenn ich mich an ihn gelehnt oder gekuschelt hatte. Solange er nichts dagegen sagte, konnte ich mich weiter so verhalten, oder nicht? Eine weitere von Samanthas Fragen verhinderte, dass ich meine Gedanken vertiefen konnte.
»Hat er grüne Augen?« Ich schüttelte meinen Kopf, weshalb Samantha etwas enttäuscht schaute.
»Schade. Ich kann mir so perfekt vorstellen, dass du auf Typen mit schwarzen Haaren und grünen Augen stehst.«
»Ich hab das Gefühl, dass es Nico ziemlich egal ist, welche Augenfarbe jemand hat, solange er im Blick der anderen Person versinken kann.« Timo lachte und wackelte mit den Augenbrauen, weshalb ich ihm die Zunge herausstreckte. Dabei konnte ich trotzdem nicht verhindern, dass meine Wangen anfingen zu glühen. Leise grummelnd wartete ich darauf, dass sich das Thema änderte. Doch bei meinen Freunden war das Interesse erst geweckt worden.
»Also blaue oder braune Augen?«
»Braun, so extrem dunkelbraun. Fast schwarz.« Ich verkniff mir eine Angabe dazu, wie schön seine Augen waren und wie sie mir absolut nicht mehr aus dem Kopf gehen wollten. So deutlich musste ich auch wieder nicht machen, dass Samantha mit ihrer Aussage, ich sei komplett verliebt, verdammt richtig gelegen hatte.
»Wie alt ist er?«
»Neunzehn.« Ich erinnerte mich nicht genau an das Gespräch, in dem unser Alter zur Sprache gekommen war, doch wir hatten unseren Altersunterschied mit einem Schulterzucken abgetan.
Je mehr Fragen meine Freunde stellten, desto stärker vermisste ich Silas. Ich wollte nicht mit meinen Freunden herumsitzen und ihnen erzählen, wie sehr er mir gefiel, wollte stattdessen endlich klären, was es mit dem Überfall auf sich hatte. Wollte mich für meine Worte entschuldigen.
Valentin schien zu bemerken, dass ich mit meinen Gedanken nicht mehr bei ihren Fragen war, weshalb er sich an Samantha wandte und versuchte, das Thema möglichst geschickt zu wechseln.
»Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, dass Nico verliebt ist? Das war so ziemlich das Letzte, mit dem ich gerechnet hätte.«
Samantha zuckte mit den Schultern. »War nur so ein Gefühl. Ich habe Nico nie so gesehen, also musste es etwas sein, das er bisher nie oder zumindest nicht so oft erlebt hat. Und da ist mir das als Erstes eingefallen und je weiter ich darüber nachgedacht habe, desto mehr Sinn hat es ergeben. Ich habe trotzdem das Gefühl, als wäre da noch etwas anderes. Irgendwas, was er uns nicht erzählen will. So als habe er sich gestritten und wüsste nicht mit der Situation umzugehen.«
Mir war nicht klar, woher sie diese Feinfühligkeit hatte, mit welcher sie mein Verhalten perfekt deutete. Ich wusste nur, dass mir das zu weit ging. Die Fragen waren ja ganz lustig, aber über die Auseinandersetzung mit Silas wollte ich nicht sprechen, wusste ich doch nach wie vor selbst nicht, was passiert war.
»Können wir bitte das Thema wechseln? Ich will da gerade echt nicht drüber reden.« Spätestens als sie meine Bitte hörten, musste sie wissen, dass Samantha ins Schwarze getroffen hatte.
»Sorry, falls ich mit den Fragen oder mit der Aussage zu weit gegangen bin. Ich bin nur wahnsinnig neugierig und schieße dabei manchmal etwas über das Ziel hinaus. Ich freue mich so, dass du verliebt bist, obwohl du immer meintest, dass Beziehungen nichts für dich sind. Tut mir leid, falls du dich dadurch bedrängt gefühlt hast.« So ehrlich, wie sie mich anschaute, konnte ich ihr nicht lange böse sein. Lächelnd lehnte ich mich zu ihr und umarmte sie fest.
»Alles gut, ich will, wie gesagt, nur nicht darüber reden.«
»Und falls doch, weißt du ja, wo du uns findest.« Sie erwiderte die Umarmung genauso fest, wie ich sie begonnen hatte, und drückte mir anschließend einen Kuss auf die Wange.
»Ich freue mich darauf, ihn kennenzulernen.«
Ich lachte, da ich nur zu gut wusste, wie intensiv Samantha neue Partner unter die Lupe nahm. Wie sich Silas wohl bei dieser Prüfung schlagen würde?
»Ist das ein guter Moment, um euch zu erzählen, dass ich eine Freundin habe?« Kilian fuhr sich schüchtern durch die Haare, während Samantha direkt Feuer und Flamme war. Timo konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Es war typisch Kilian, dass man von seinen Beziehungen erst erfuhr, wenn sie schon fast wieder vorbei waren. Zumindest war es in der Vergangenheit so gewesen. Ich wünschte mir für ihn, dass es diesmal anders war. Er war ein ruhiger und ausgeglichener Mensch, dem ich alles Glück der Welt wünschte.
»Was habe ich noch verpasst? Timo, Samantha, ihr eröffnet mir jetzt aber nicht, dass ihr schon seit einer Weile zusammen seid?«, erkundigte Valentin sich trocken, was mich zum Schmunzeln brachte, bis mir die knallrot angelaufenen Gesichter von Samantha und Timo auffielen.
»Echt jetzt?« Nicht nur ich starrte die beiden verblüfft an, auch Valentin schien keine Sekunde daran geglaubt zu haben, dass seine Frage nur einen Funken Realität innehatte.
»Wir sind nicht zusammen, wir ...« Zaghaft suchte Samantha nach den richtigen Worten. Es kam nicht oft vor, dass sie ins Stocken kam, was mich noch mehr zum Grinsen brachte.
»Wir mussten nur ein paar Sachen ausprobieren und klarstellen«, kam Timo ihr zur Hilfe. Bestätigend nickte Samantha, bevor sie ihren Kopf wieder an meine Schulter lehnte und ihr Gesicht an meinem Hals versteckte.
»Und warum erfahren wir erst jetzt davon?«, fragte ich sie leise, weshalb sie seufzte. Doch ich spürte, dass es sie nicht störte, dass wir es nun wussten. Ein Blick zu Timo machte mir klar, dass es ihm genauso ging. Ihrer Freundschaft schien das Ausprobieren und Klarstellen dieser gewissen Sachen nicht geschadet zu haben.
»Wusste nicht, wie ich beginnen soll.« Sie verstummte und ich nahm an, dass das Thema Beziehungen und alles, was damit weiträumig zu tun hatte, für heute beendet war, doch Samantha fügte ihren Worten noch etwas hinzu.
»Finde es aber ganz gut, dass du jetzt davon weißt«, murmelte sie an meinem Hals, sodass es die anderen nicht mitbekommen konnten. Mein Grinsen wurde weicher; ich freute mich darüber, dass wir alle gemeinsam nebeneinandersaßen und wir einige Dinge ausgesprochen, diese nicht länger vor den Anderen versteckt hatten. Ich war mehr als froh, Valentins Einladung gefolgt zu sein.