Читать книгу Nico & Silas - falling for you - Annika M. - Страница 9
Kapitel 1
ОглавлениеDonnerstag, 21. Mai
»Ihr glaubt nicht, wie ich mich freue, dass ihr heute alle Zeit habt!«
Ich brauchte Samantha nicht anzuschauen, um zu wissen, wie glücklich sie aussah. Ich sah bildlich vor mir, wie ihre grünen Augen mit dem grauen Stich zufrieden funkelten und uns zeigten, dass sie sich wohlfühlte. Ihre langen hellbraunen Haare hatte sie zu einem unordentlichen Zopf zusammengefasst, doch das störte niemanden von uns. Wir waren es gewohnt, dass es Samantha egal war, wie sie in unserer Gegenwart aussah. Sie genoss es, uns um sich zu haben und gemeinsam den Tag ausklingen zu lassen.
Wir befanden uns bei mir zu Hause und außer Samantha und mir war auch der Rest unserer Gruppe anwesend: Valentin, der Jüngste in unserem Kreis, und Kilian saßen nebeneinander auf dem Sofa und spielten UNO, während Timo neben mir auf dem Boden lag und meinte, dass er viel zu viel gegessen habe. Seine gelblich-braunen Augen hatte er geschlossen, konzentriert atmete er ein und aus, um Herr über die Übelkeit zu werden, die ihn aufgrund des vielen Essens plagte.
Es war ein Abend, wie wir ihn so oft versuchten zu planen, doch meistens kam irgendwem etwas dazwischen, sodass wir nur selten zu fünft und damit vollständig waren. Nicht, dass wir nicht auch unvollständig unseren Spaß haben konnten, vor allem wenn Samantha dabei war, kam es nicht oft vor, dass uns langweilig wurde. Doch mit allen vereint war es immer noch am schönsten.
»Was macht ihr in den Ferien? Hat irgendwer Pläne?« Timo hatte sich aufgerappelt und begab sich auf den Weg in Richtung Küche, als Valentin seine Frage stellte.
»Wann sind Ferien?«
»Nächste Woche ist noch Schule, danach zwei Wochen Ferien«, antwortete ich, während Samantha Timos Platz einnahm und sich neben mich legte. Mit dem Unterschied, dass sie ihren Kopf auf meinem Bauch platzierte. Meine Finger wanderten wie von selbst in ihre Haare und spielten mit den langen Haarsträhnen, bei denen sie schon seit Monaten überlegte, ob sie sie abschneiden sollte. Noch hatte sie es sich nicht getraut. Zufrieden seufzte sie.
»Ich bin mit meinen Eltern weg. Glaub‘ ich zumindest«, antwortete Timo auf Valentins Frage, als er mit einem Glas Wasser aus der Küche zurückkam. Er trank es in wenigen großen Zügen aus, was in mir die Frage aufkommen ließ, ob sich das so gut mit seiner Übelkeit vertragen würde. Sonderlich glücklich über seine verplanten Ferien sah er nicht aus, sein Gesicht hatte sich zu einer Grimasse verzogen, die zeigte, wie wenig ihm der Gedanke an zwei Wochen Urlaub mit der Familie gefiel. Was ich bei seiner Familie nachvollziehen konnte. Nicht, dass ich sie nicht mochte, doch bei seiner Vielzahl an Geschwistern konnte es schnell laut und hektisch werden, seine Eltern hatten alle Hände voll zu tun, damit die Mehrzahl zufrieden war.
»Warum fährst du eigentlich immer mit, obwohl du keinen Bock hast? Deine Eltern lassen dich doch mit Sicherheit allein zu Hause, wenn du fragst«, hakte Kilian nach, ohne den Blick von seinen Karten zu nehmen. Timo seufzte leise und setzte sich zu Valentin und Kilian, um in der nächsten Runde mitzuspielen.
»Ich habe nur keinen Bock auf meine Familie. Trotzdem will ich nicht zwei Wochen hierbleiben, wenn ich stattdessen im Urlaub sein könnte.« Darauf wusste niemand etwas zu sagen, wünschten wir uns doch alle, hier zumindest für eine kurze Zeit wegzukommen. Der eine mehr, der andere weniger.
Ich gehörte zu denen, die ganz zufrieden hier waren und sich nicht daran störten, die Ferien zu Hause zu verbringen. Während die anderen überlegten, was sie in der freien Zeit anstellen könnten, drifteten meine Gedanken wie so oft in den letzten Wochen ab. Ich dachte wieder an den Zusammenstoß mit dem blonden Typen zurück, dessen Namen ich noch immer nicht kannte. Es war mehr als ein Monat vergangen, doch seine dunkelbraunen Augen und seine warme Stimme wollten mir nicht aus dem Kopf gehen.
»Nico?«
Erschrocken zuckte ich zusammen, als Samantha mir in die Seite pikste.
»Hmm?«
Meine Reaktion brachte die anderen zum Lachen.
»Eigentlich wollte ich wissen, ob du irgendwas vorhast, aber jetzt interessiert mich mehr, warum du so oft in letzter Zeit überhaupt nicht bei der Sache bist.«
Ich war mir sicher, dass nicht nur Samanthas Blick vor Neugierde triefte. Doch ich wusste nicht recht, was ich ihnen sagen sollte. Weder hatte ich meinen Freunden von dem Zusammenstoß erzählt, noch von dem Typen, den ich umgefahren und der mich so in seinen Bann gezogen hatte. Ich hatte nicht gewusst, wie ich es ihnen erklären sollte, verstand ich doch selbst nicht, was mich so an ihm faszinierte. Und jetzt, fünf Wochen später, davon zu erzählen, kam mir genauso komisch vor, weshalb ich es vorzog, die Sache mit einem leichten Schulterzucken abzutun und nur auf den ersten Teil der Frage einzugehen.
»Ich weiß nicht, ob ich frei habe. Unabhängig davon werde ich viel durch die Gegend laufen und mir Sachen anschauen.«
Mittlerweile wunderte es niemanden mehr, dass ich schon vor Jahren eine Vorliebe für lange Spaziergänge durch unsere immer gleiche Stadt entwickelt hatte, die in seltenen Fällen von Samantha oder Timo begleitet wurden. Besonders mit Samantha waren diese Erkundungstouren schön, denn ähnlich wie ich konnte sie sich schnell in Kleinigkeiten verlieren, dasitzen und die Schönheit eines versteckten Brunnens oder eines alten zerfallenen Hoftores bewundern. Anders als mir fehlte ihr aber die nötige Geduld, um solche Orte ausfindig zu machen, weshalb sie für Unterhaltung sorgte, anstatt nach interessanten Objekten Ausschau zu halten. Ich liebte ihre aufgeweckte Art, wie sie anderen Menschen anfangs zwar oft distanziert begegnete, es aber dennoch schaffte, ihnen innerhalb kürzester Zeit Dinge zu entlocken, die sie sonst nicht erfahren hätte. Es wunderte mich, dass sie es bisher nicht geschafft hatte, etwas von dem blonden, braunäugigen Typen mitzubekommen.
»Genau das meine ich, du driftest ständig in deine Gedanken ab, ohne es überhaupt zu merken. Das ist sonst gar nicht so dein Ding«, murmelte sie mir ins Ohr, während sich ein freches Grinsen auf ihre Lippen legte.
Die anderen drei waren in eine neue Partie UNO vertieft und schienen das Interesse an unserer Unterhaltung verloren zu haben, obwohl Samantha und ich nach wie vor auf dem Boden lagen und leise redeten.
»Was auch immer es sein mag, sei dir sicher, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis ich weiß, was dich beschäftigt.«
»Ach ja?« Provokant grinsend schaute ich sie an. Es war ja gar nicht direkt mein Plan, ihr den Zusammenstoß zu verschweigen, ich wusste nur nicht, was ich von meiner Reaktion auf den unbekannten Typen halten sollte.
»Natürlich«, meinte sie selbstsicher, hob ihren Kopf und fing dabei meinen provozierenden Blick auf. »Was wäre ich denn für eine beste Freundin, wenn ich das nicht herausfinden würde?« Ich grinste breit, für mich war das Thema damit vorerst erledigt.
»Du weißt aber schon, dass du jederzeit mit mir reden kannst, falls es etwas gibt, das dich beschäftigt?« Prüfend sah sie mich an. Mein Grinsen wurde bei ihren Worten eine Spur breiter.
»Ich weiß«, antwortete ich leise. Als sie ihren Kopf zurück auf meinen Bauch legte, fanden meine Finger wie von selbst den Weg in ihre Haare, um sie zu kraulen.