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Zwei Krieger

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Delia arbeitete bereits über ein Jahr in dem Gasthaus, als eines Abends zwei etwas abgerissene, nichtsdestotrotz aber gutgelaunte Männer das Haus betraten. Draußen regnete es in Strömen und die beiden zogen eine wahre Schlammflut hinter sich her. Der Eine war riesengroß und von kräftiger Statur, blond mit einem Zottelbart und blauen ernsten Augen. Er trug eine abgenutzte Lederrüstung, ein kurzes Kettenhemd und ein riesiges Schwert auf dem Rücken. Sein Partner war etwas kleiner und schmaler, dunkelhaarig mit verschmitzten braunen Augen. Er war mit einem Langschwert bewaffnet und ebenfalls in Leder und Kettenhemd gekleidet.

„He, Wirt“, rief der Kleinere. „Wie wäre es mit einem Zimmer, einer warmen Mahlzeit, ein paar Bier und Unterkunft für unsere Pferde?“

„Wenn ihr im voraus bezahlt, sollte das kein Problem sein“, brummte Germer. Der Sprecher grinste seinen Freund an. „Freund Siler, wir scheinen keinen vertrauenerweckenden Eindruck zu machen.“

Dann wandte er sich wieder Germer zu und zückte einen prallen Beutel.

Germer nahm seine Bezahlung in Empfang, dann rief er: „Delia, los kümmere dich um die Pferde und dann wisch den Boden auf!“

Delia rannte gehorsam nach draußen. Als sie später den Boden schrubbte, beobachtete sie mit sehr gemischten Gefühlen wie Zilla und Tima sich den beiden Männern näherten. Die zwei waren den Frauen beileibe nicht abgeneigt und bald hockte Zilla auf Silers Schoß, während Tima den anderen namens Mohar umgarnte. Da die beiden die einzigen Gäste waren, genossen sie die ungeteilte Aufmerksamkeit der Frauen.

Außer Germer ließ sich nur einer seiner Männer blicken - und das war kein gutes Zeichen, soviel hatte Delia inzwischen gelernt.

Als Siler den Wunsch nach einem warmen Bad äußerte, scheuchte Zilla Delia in die Küche. In schweißtreibender Arbeit brachte das Mädchen den riesigen Wasserkessel zum Kochen und schleppte dann keuchend Eimer für Eimer ins obere Stockwerk, wo Germer inzwischen einen großen Zuber in Silers Zimmer gestellt hatte.

Sie schüttete gerade die letzten Eimer in die Wanne, als Siler mit Zilla im Arm das Zimmer betrat.

Als Delia an ihm vorbei nach draußen huschen wollte, fing sein langer Arm sie ab und hob sie hoch.

„Vielen Dank hübsches Kind“, grinste er sie an. Delia schlug eine kräftige Bierfahne entgegen, aber er schien noch nicht allzu sehr betrunken zu sein. Überraschend pflanzte er ihr einen Kuss auf den Mund. Dann ließ er sie wieder nach unten fallen und griff erneut nach Zilla. Delia taumelte mit pochendem Herzen nach draußen. In dem dunklen Korridor drückte sie sich erstmal gegen die Wand und versuchte ihrer Verwirrung Herr zu werden.

Es war nicht das erste Mal, dass ein Mann sie auf diese Weise oder noch unangenehmer angefasst hatte, aber dieser hier war zumindest nett dabei geblieben - und seine blauen Augen hatten sie eigentlich sehr freundlich angesehen. Zum ersten Mal beneidete sie Zilla ein bisschen, dass ihr mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Als sie mit noch wild klopfendem Herzen die enge Stiege nach unten lief, prallte sie prompt gegen Mohar, der gerade mit Tima im Schlepptau nach oben kam.

„Nun mal langsam, kleines Häschen“, lachte er und schob sie wieder nach oben. Seine Augen blitzten sie dabei humorvoll an.

„Erstens bin ich größer, zweitens stärker und drittens genieße ich das gastliche Vorfahrtsrecht.“

„Entschuldigt, Herr“, stotterte Delia. „Ich wollte Euch nicht im Weg sein.“

„Hast du nichts zutun“, schalt Tima, die sich eng an den dunkelhaarigen Mann schmiegte.

„Ich habe gerade Wasser geschleppt“, verteidigte sich Delia. Mohar lachte.

„Na, da wird Siler ja begeistert sein. - Kleines, was hältst du davon, wenn du mir noch eine Flasche Wein besorgst?“

„Sofort, Herr.“ Delia rannte hastig an ihm vorbei nach unten und in die Küche. Germer drückte ihr grinsend zwei Flaschen in die Hand. „Eine gib dem anderen - auf Kosten des Hauses. Die zwei sollen sich ruhig vollaufen lassen.“

In Delias Bauch bildete sich ein Knoten, aber sie ließ sich nichts anmerken und rannte wieder nach oben. Als sie zaghaft an Silers Tür klopfte, dröhnte ihr sofort ein lautes „Reinkommen!“ entgegen. Siler hockte in dem Waschzuber und ließ sich von einer nur halb bekleideten Zilla den muskulösen Rücken schrubben. Delia näherte sich ihm sichtlich verlegen. Kaum traute sie sich, ihn anzusehen.

„Auf Kosten des Hauses“, murmelte sie und streckte ihm die Weinflasche entgegen. Siler umfing lächelnd ihr Handgelenk und zog sie ganz zu sich heran. Erschrocken blickte Delia in seine freundlichen Augen.

„Vielen Dank, kleines Hasenherz. Sag deinem Herrn und Meister, wir werden ihn uns schmecken lassen.“

Zu Delias Erleichterung ließ er sie wieder los und nahm ihr die Flasche ab. Ein Blick in Zillas Gesicht sagte ihr, dass sie besser schnell verschwand und so hastete sie nach draußen.

Mohar öffnete seine Zimmertür selbst. Inzwischen hatte er wie Siler seine Rüstung abgelegt und trug nur noch ein Paar Hosen. Ein rascher neugieriger Blick zeigte Delia, dass Tima sich bereits völlig nackt auf dem Bett räkelte. Mohar nahm lächelnd die Flasche an sich und kniff ihr freundlich in die Wange.

„Besten Dank hübsches Kind. - Wie heißt du?“

„Delia.“ murmelte sie schüchtern und konnte dabei kaum den Blick von seinem entkleideten Oberkörper nehmen. Er war nicht nur muskulös, sondern trug auch viele Narben. Ein Zeichen, dass er schon so manche Kämpfe hinter sich hatte. Mohar entging das nicht. Immer noch lächelnd umfasste er ihr Kinn und hob es hoch.

„Nun kleine Delia, wenn du dich von meinem Anblick losreißen kannst, wäre es sehr nett, wenn du noch einmal nach den Pferden schauen könntest.“

Von Tima unbemerkt schob er ihr während dieser Worte einige Münzen in die Hand. Dann schloss er die Tür und ließ eine aufgeregte Delia zurück. Ein kurzer Blick zeigte ihr ein paar Kupferstücke und einen ganzen Silbertaler! Soviel Geld hatte sie noch nie als Trinkgeld erhalten. Schnell stopfte sie das Geld in ihre Gürteltasche und beschloss, Germer nichts davon zu erzählen. Er würde ihr das Geld mit Sicherheit abnehmen, zumindest den Silbertaler.

Als sie zur Treppe huschte, hörte sie Stimmengemurmel. Leise stieg sie hinab und spähte in den Schankraum. Erschrocken sah sie, dass inzwischen alle Männer aufgetaucht waren und sich leise unterhielten. Atemlos lauschte sie, aber sie war zu weit weg, als dass sie etwas vernehmen konnte. Also schlich sie sich vorsichtig hinter den Schanktisch und in die Nähe der Kerle. Germers Stimme war jetzt deutlich zu verstehen.

„Ich denke, es wird sich lohnen. Der Dunkelhaarige hatte einen prallen Beutel und der Große wird bestimmt ebenfalls was dabei haben. Die Waffen scheinen auch von guter Qualität zu sein.“

„Aber die beiden sehen nicht ungefährlich aus“, brummte einer. Germer lachte nur.

„Keine Sorge. Wenn die Mädchen erst mit denen fertig sind und der Wein getrunken ist, schlafen sie tief und fest. Wir werden keine Probleme mit ihnen haben. - Also, wenn die Mädchen runter kommen, warten wir noch etwa eine halbe Stunde und dann - das Übliche.“

Delia hockte ängstlich hinter dem Tisch und überlegte, was sie tun sollte. Es war immerhin das erste Mal, dass sie klar und deutlich aus Germers Mund von seinem üblen Vorhaben erfuhr. Und eigentlich waren ihr dieser Siler und dieser Mohar sehr sympathisch. Andererseits, falls sie dabei erwischt wurde wie sie die beiden warnte, konnte es sie leicht das Leben kosten.

Leise krabbelte sie bis zur Küche und eilte durch die Hintertür nach draußen zu den Ställen. Die Pferde der beiden Krieger standen schläfrig nebeneinander und schienen sich ganz wohl zu fühlen. Vorsichtig streichelte Delia ihre weichen Mäuler. Immer noch kreisten ihre Gedanken wild hin und her. Schließlich eilte sie entschlossen auf das Gasthaus zu. Germer blickte sie misstrauisch an, als sie eintrat.

„Wo kommst du her?“

„Ich sollte noch einmal nach den Pferden sehen.“

Delia versuchte so natürlich zu wirken wie immer, und es gelang ihr offenbar auch ganz gut.

„Mach, dass du in deine Kammer kommst“, knurrte Germer. „Und lass dich heute Nacht nicht mehr blicken.“

Delia eilte gehorsam die Stiege nach oben. Aber anstatt sich hinzulegen lauschte sie mit aufgeregt pochendem Herzen auf den Gang hinaus. Es dauerte lange, bis die Frauen die Kammern der beiden Gäste verließen. Erst huschte Tima und einige Zeit später auch Zilla den Gang entlang nach unten. Delia biss die Zähne zusammen und beschloss, keine Zeit zu verlieren. Leise schlich sie zu Silers Kammer und öffnete die Tür. Der große Mann lag laut schnarchend auf dem Rücken und roch beträchtlich nach Bier und Wein. Zaghaft stupste Delia ihn in die Seite. Ohne Erfolg. Sie atmete nervös ein und rüttelte ihn etwas heftiger. Silers Schnarchen brach ab und er drehte sich brummend auf die Seite.

„Herr, wacht auf. Bitte wacht auf.“

Delia zerrte heftig an seinem Arm. Schließlich hielt sie ihm einfach die Nase zu. Endlich hatte sie Erfolg. Siler schnaufte erst und saß mit einem Mal aufrecht im Bett. Ehe Delia sich’s versah, hatte er sie am Kragen gepackt und aufs Bett gezerrt.

„Was soll das“, knurrte er sie an. Delia unterdrückte mit Mühe einen erschreckten Ausruf.

„Bitte Herr, nicht so laut. - Bitte, Ihr tut mir weh“, jammerte sie leise. Siler schüttelte sie nur, aber er senkte immerhin seine Stimme.

„Erst erklärst du mir, was du hier zu suchen hast.“

„Ich wollte Euch doch nur warnen. Germer und seine Männer wollen Euch und Euren Freund töten und ausrauben. Bitte glaubt mir, ihr müsst fliehen.“

Siler schnaufte verächtlich. „Vor diesem fetten Wirt und diesem Stallburschen?“

„Es sind noch fünf andere dabei. Au, bitte lasst mich los.“

Siler ließ endlich die Hand sinken, und Delia rieb sich den schmerzenden Nacken. Ängstlich hockte sie auf seinen Beinen und blickte ihm ins Gesicht. Seine Augen funkelten mittlerweile hellwach in der Dunkelheit.

„Soso, zu siebt sind sie also. - Und warum warnst du uns? Du gehörst doch wohl zu ihnen.“

„Oh nein“, versicherte Delia schnell. „Germer hält mich hier fest, weil ich eine billige Arbeitskraft für ihn bin - und weil ich ihm dummerweise erzählt habe, dass meine Eltern tot sind. Er glaubt, dass mich keiner vermissen und suchen wird.“

„Soso“, brummte Siler wieder. „Und hat er damit recht?“

Delia schluckte nur und senkte den Kopf. Siler stieß sie an.

„Na, Kopf hoch Kleines. - Pass jetzt gut auf. Du weckst genauso leise Mohar und erklärst ihm die Situation. Sag ihm, dass am besten jeder in seiner Kammer bleibt, schließlich wissen wir nicht, wen sie als erstes besuchen werden. Beim ersten Kampflärm kommt der andere zu Hilfe. Und du schleichst dich inzwischen zu den Ställen und sattelst die Pferde. Klar?“

Delia nickte schnell. Siler gab ihr einen Klaps.

„Na, dann ab mit dir.“

Mohar war wesentlich schneller wach als Siler, und ehe Delia reagieren konnte, hatte er ihr bereits ein Messer an die Kehle gelegt. Dann erst erkannte er sie und lachte leise.

„Na so was, was machst du denn hier? Ist dir zu kalt in deinem Bett?“

Mit sanfter Gewalt zog er sie aufs seine Matratze und presste sie eng an sich. Delia war völlig überrumpelt.

„Oh nein - nein“, stammelte sie und hastig sprudelte sie ihre Warnung und Silers Nachricht hervor. Mohar lauschte erst verblüfft und dann sichtlich erheitert.

„Nein so was, eine Räuberspelunke auf dieser Straße, wer hätte das gedacht? Vielen Dank für deine Warnung, kleine Delia. Ich fürchte fast, diese Halunken hätten Erfolg haben können. Zumindest Siler schläft meistens wie ein Bär im Winterschlaf.“

„Das stimmt“, bestätigte Delia. „Er hat entsetzlich laut geschnarcht.“

Mohar kicherte.

„Das ist eine schreckliche Seite an ihm, wirklich wahr! – Nun, deinen Silberling hast du dir wirklich verdient. - Glaubst du, dass du unbemerkt zu den Ställen kommst?“

Delia zögerte.

„Ich weiß nicht recht. Die werden die Treppe im Auge behalten - und Germer hat mir verboten das Zimmer zu verlassen.“

„Hm, wir wollen kein Risiko eingehen“, brummte Mohar und stieg aus dem Bett. Vorsichtig öffnete er das Fenster und spähte auf den Hof. Er war stockdunkel und menschenleer.

„Kannst du gut springen?“

„Es ... es geht so“, stammelte Delia. Es war nicht schwer zu erraten, was der Krieger vorhatte. Mohar winkte sie heran.

„Pass auf, das Fenster liegt nicht hoch. Wenn ich dich nach unten lasse, hast du vielleicht noch zwei Meter bis zum Boden. Traust du dir das zu?“

„J... ja.“ Delia nahm allen Mut zusammen und ließ sich von Mohar auf das Fensterbrett heben. Mit sicherem Griff ließ er sie nach unten. Als er sie losließ, landete sie mit einem lauten Knirschen am Boden. Erschrocken lauschte sie, aber aus der Schankstube klang unvermindertes Gemurmel. Leise huschte sie in die Ställe und sattelte die Pferde. Dann spähte sie auf den Hof und wartete.

Es dauerte nicht lange und einige wütende Schreie drangen aus dem Gasthaus. Heftiges Schwertgeklirre brandete auf, und dann erscholl ein schriller Schrei, der plötzlich abriss. Mit klopfendem Herzen zerrte Delia die Pferde auf den Hof. Und tatsächlich eilten schon zwei Gestalten auf sie zu.

Siler und Mohar schwangen sich lachend in den Sattel. Delia stand ängstlich zwischen ihren Pferden. Im Sternenlicht sah sie die funkelnden Schwerter, blutbesudelt.

Aus dem Gasthaus drang Germers wütende Stimme.

„Das zahl ich euch heim, elende Halunken“, brüllte er und stürzte mit einer langen Axt in der Hand auf den Hof. Durch sein Gesicht zog sich eine klaffende Wunde.

Delia starrte ihn entsetzt an. Als Germer ihre kleine Gestalt sah, stutzte er erst, aber dann brüllte er wütend auf.

„Du! Du kleines Miststück. Na warte, wenn ich dich zwischen die Finger kriege.“

Mohar lachte ihm spöttisch entgegen.

„Überlege dir lieber, wie du deinen Kopf aus der Schlinge ziehen kannst. Ich bin mir sicher, dass gewisse Leute sehr daran interessiert sein werden, dich und deine reizenden Freunde an den nächsten Baum zu knüpfen. Und deine liebreizenden Frauen gleich daneben.“

„Schönen Gruß noch an Zilla. Sie hat wirklich einen prachtvollen Hintern“, grölte Siler. Dann langte seine freie Hand nach Delia und zog das völlig verstörte Mädchen vor sich auf den Sattel. Immer noch lachend gaben die beiden Krieger ihren Pferden die Sporen.

Ängstlich drückte sich Delia an Silers Brust. Der schob sich das Schwert auf den Rücken und hielt sie beruhigend umfasst. Nach einiger Zeit verfielen die Pferde in einen leichten Trab.

„Wenigstens regnet es nicht mehr“, meinte Mohar und reckte seine Arme. „Und was jetzt? Weiterreiten oder weiterschlafen?“

Siler zuckte die Schultern und warf einen Blick auf das Mädchen in seinem Arm. Dieses wirkte alles andere als müde und blickte ihn mit großen, aufgeregten Augen an.

„Die Nacht ist sowieso fast vorbei“, brummte er. „Lass uns noch ein Stück reiten.“

Mohar nickte zustimmend.

Erst im Morgengrauen machten sie Rast. Mohar entzündete ein kleines Feuer und kochte Tee. Delia hockte zähneklappernd neben ihm, während Siler die Pferde abrieb. Mohar schob Delia eine Decke zu.

„Hier, wickle dich darin ein. Fehlte noch, dass du krank wirst.“

Schließlich saßen die drei am Feuer und tranken das entsetzliche Gebräu, das Mohar als Tee bezeichnete. Delia würgte es nur mit größtem Widerwillen hinunter, - aber zumindest war es heiß.

„Und was fangen wir jetzt mit ihr an?“ brummte Mohar und warf ihr einen nachdenklichen Blick zu.

„Keine Ahnung.“ Siler war genauso ratlos. „Aber du musst zugeben, dass wir sie schlecht dalassen konnten.“

Mohar grinste dünn. „Wohl wahr. Dieser Germer hatte eine außerordentlich blutrünstige Laune.“

Delia wurde bei dem Gedanken an Germers wütendes Gesicht sichtbar blasser. Siler klopfte ihr beruhigend auf den Rücken.

„Keine Sorge, Kleines. Den siehst du wohl nicht wieder.“

„Erzähl uns was über dich, Delia“, forderte Mohar sie auf. Siler gluckste.

„Delia? Ein hübscher Name, aber Mo hat recht. Erzähl uns mal was.“

Zögernd berichtete Delia von ihrer Schiffsreise und dem Unwetter. Allerdings ließ sie die wesentlichen Teile ihrer Rettung aus und behauptete, dass ihr Floß an die Westküste getrieben worden war, und dass sie sich auf den Weg in die nächste Stadt gemacht hatte.

„Soso“, brummte Mohar. „Eine Kaufherrentochter aus Trand. – ´Ne ziemlich langweilige Insel, wenn du mich fragst. Hast du noch Verwandte da?“

„Nur einen Onkel.“ Delia verzog ihr hübsches Gesicht. „Aber Onkel Pyrus ist nicht nett. Mama hat immer gesagt, er sei eine fette, gierige Schlange.“

Mohar und Siler grinsten. „Na, dann wird er sich ja freuen, dass er deine Eltern beerben kann“, vermutete Mohar. Delia blickte traurig auf.

„Das ist mir egal. – Ich wünschte nur, dass..., dass...“ Bei dem Gedanken an ihre Eltern wurde ihr ganz elend zumute und sie presste den Kopf gegen die Oberschenkel.

Etwas unbehaglich musterten die beiden Krieger das bebende Kind. Bisher waren sie noch nie in eine Situation gekommen, in der sie sich um Kinder kümmern mussten. Diese waren für sie eher lästig gewesen.

„Na, komm schon“, brummte Siler schließlich und zog sie an sich. Delia schlang ihre schmalen Arme um seinen Hals und drückte sich heftig an ihn. Unbeholfen streichelte er ihren Kopf. Mohar feixte unwillkürlich, als er das sah, was ihm einen wütenden Blick und lautlose Verwünschungen einbrachte.

Das Problem Delia war für die beiden Krieger tatsächlich nicht so einfach. Auf dem Weg in die Stadt hofften sie darauf, dass sich dort eine Gelegenheit bieten würde, das Mädchen loszuwerden. Delia fühlte sich dagegen in der Gegenwart ihrer neuen Freunde sehr wohl. Die beiden Gefährten entpuppten sich als zwei raue, aber dennoch liebenswerte Gesellen. Delia ritt abwechselnd bei dem einen oder anderen mit und blühte richtiggehend auf. Mit Begeisterung half sie ihnen, wo sie nur konnte. Sie versorgte die Pferde, sammelte Feuerholz und kümmerte sich um die Zubereitung der Mahlzeiten. Das ließen sich die Männer natürlich gerne gefallen, und als wenige Tage später die Stadt vor ihnen auftauchte, hatten sie das aufgeweckte Mädchen bereits in ihr Herz geschlossen.

Drachenkind

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