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1.Die Vorgeschichte des Ethikunterrichts Schule vermittelte „Ethik“ schon immer

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Wann ist mit dieser Geschichte zu beginnen? Letztlich im Jahre 1774, als Maria Theresia die allgemeine Schulpflicht einführte. Seitdem stellt sich das Problem, welches Ethos die Schule vermitteln soll, was aber nur selten auf dem Niveau philosophischer Ethik reflektiert wurde. Gemäß dem ersten Methodenbuch für Landschulmeister von 1777 sollen Schüler „fleißig, fromm, sittsam, vorzüglich gehorsam und ehrerbietig sein“.14 Ein weiteres wichtiges Jahr ist 1934, als in düsteren Zeiten das bis heute geltende Konkordat in Kraft trat,15 ohne Parlamentsbeschluss, unterzeichnet von Kardinal Pacelli, der als Papst Pius XII. schon bald das aus dem alten Persien stammende Machtsymbol der Tiara tragen sollte, und Bundeskanzler Dollfuß, der wenige Monate später von den Nazi-Putschisten ermordet wurde. Das Konkordat ist die Basis für das Religionsunterrichtsgesetz vom 13. Juli 1949 (RelUG), gemäß dem konfessioneller Religionsunterricht „Pflichtgegenstand“ ist, von dem Eltern ihr Kind abmelden können (von Bildnerischer Erziehung nicht), ab dem vollendeten vierzehnten Lebensjahr die SchülerInnen sich selber.16 Dieser Unterricht wird inhaltlich und personell von den Religionsgemeinschaften verantwortet, aber vom Staat bezahlt. In Ermangelung rechtlicher Grundlagen orientieren sich die Ethikschulversuche bis auf den heutigen Tag an diesem Bundesgesetz.

Als Anfangsjahr wäre auch 1962 in Betracht zu ziehen. Während die USA und UdSSR um ein Haar in einen Atomkrieg taumelten, beschloss das österreichische Parlament jenen Satz, der redundant für die Rechtfertigung der Ethikschulversuche herangezogen wurde und wird: „Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen … mitzuwirken“ (§ 2, Abs. 1, SchOG)17. Damals, als ein Puch 500 und Urlaub in Jesolo erschwinglich wurden, gehörten 95 Prozent der ÖsterreicherInnen der katholischen Kirche an, knapp die Hälfte besuchte sonntäglich die Eucharistie und schaute kniend auf den Rücken des lateinisch zelebrierenden Priesters. Die meisten Kinder saßen im Religionsunterricht, dem Garanten nicht nur für religiöse Unterweisung, sondern auch für sittliche Bildung. In den Lektionen, oft von Kaplänen gehalten, erst vereinzelt von Laien, lasen die SchülerInnen im weit verbreiteten „Katholischen Religionsbüchlein“ von Wilhelm Pichler auch Sätze wie: „Doch wehe, wenn du eine schwere Sünde nicht bekennen wolltest! Denke ans Sterben, denke ans Gericht!“18

Schon ein Jahrzehnt später, vier Jahre nach den in Österreich zahmen Studentenrevolten, präsentierte sich die Situation anders. Zu Schuljahresbeginn verteilten Jungsozialisten vor den Gymnasien Flugblätter an die religionsmündigen SchülerInnen: „Beginnt damit, den Religionsunterricht auszutrocknen. Massenhaft. Dann wird der Weg frei für einen kritischen Unterricht.“ Die Kärntner Jungsozialisten beschlossen am 18. September 1976 einstimmig die Forderung, „dass der Religionsunterricht an allen Schultypen verboten und abgeschafft wird“.19 Die Wiener Jungsozialisten forderten ein Fach „Sozialismus“, die Körperschaft der Kirchenfreien Österreichs „Vergleichende Religionsgeschichte und freigeistige Ethik“.20

Der Ethikunterricht in Österreich

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